OGH 16Ok5/00

OGH16Ok5/009.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer, Dkfm. Joachim Lamel, Dkfm. Dr. Erich Zeillinger und Dr. Thomas Lachs in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundesarbeitskammer, *****, gegen die Antragsgegnerinnen (zugleich Anmelderinnen der Gründung der M*****gesellschaft mbH, *****, und der F*****gesellschaft mbH, *****, als Zusammenschlüsse) 1. E***** Gesellschaft mbH, *****, 2. Fa*****gesellschaft mbH, *****, 3. A***** KG, *****, alle vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung einer Rahmengebühr im Verfahren betreffend die Feststellungsanträge zu 25 Kt 260/99 und 25 Kt 193/99 sowie die Anmeldungen als Zusammenschlüsse zu 25 Kt 94/99 und 25 Kt 100/99, über den Rekurs der Antragsgegnerinnen und zugleich Anmelderinnen der Zusammenschlüsse gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 2. Februar 2000, GZ 25 Kt 134, 138, 193, 260/99-54, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Schriftsatz vom 5. 3. 1999, 25 Kt 94, 100/99, meldeten die E***** Gesellschaft mbH, die Fa*****gesellschaft mbH und die A***** KG die Gründung der M*****gesellschaft mbH als Gemeinschaftsunternehmen sowie die Gründung der F*****gesellschaft mbH an. Die Bundesarbeitskammer hat hinsichtlich beider Zusammenschlüsse zu 25 Kt 134, 138/99, ein Prüfungsverfahren beantragt, den Prüfungsantrag jedoch nach einem umfangreichen Verfahren zurückgezogen. Zu 25 Kt 260/99 und 25 Kt 193/99 hat die Bundesarbeitskammer jeweils Anträge auf Feststellung gem § 8a Abs 1 KartG eingebracht, über die das Erstgericht mit Beschluss vom 29. 9. 1999, 25 Kt 100, 193, 260/99-43, dahin entschieden hat, dass die Gründung der M*****gesellschaft mbH als Zusammenschluss durch Gründung eines konzentrativen Gemeinschaftsunternehmens nach § 41 Abs 2 KartG und die Gründung der F*****gesellschaft mbH (im Zusammenhang mit den festgestellten Nebenabreden) als Absichtskartell (§ 10 KartG) zu beurteilen sei, ohne ein Bagatellkartell (§ 16 KartG) zu sein; dieser Beschluss erwuchs - nach Rückziehung eines Rekurses der Antragsgegnerinnen - in Rechtskraft.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die von den Anmelderinnen (zugleich Antragsgegnerinnen) zu entrichtenden Rahmengebühren mit 300.000 S für die (verbundenen) Prüfungsverfahren und mit 40.000 S für die (verbundenen) Feststellungsverfahren. Auf die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen sei im Geschäftsjahr 1997/1998 ein Umsatz von insgesamt mehr als 5 Mrd Schilling entfallen; die wirtschaftspolitische Bedeutung der Verfahren sei - ebenso wie der mit den Verfahren verbundene Aufwand - groß. Bei den Gebühren für das Feststellungsverfahren sei darauf Bedacht genommen worden, dass der dazu erforderliche Aufwand bereits weitgehend mit dem Prüfungsverfahren verbunden gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Anmelderinnen (zugleich Antragsgegnerinnen) wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Rahmengebühr auf die Mindestgebühr (nämlich für die Prüfungsverfahren auf 20.000 S, für die Feststellungsverfahren auf 5.000 S) herabzusetzen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 80 Z 10a KartG ist für ein Verfahren über die Anmeldung eines Zusammenschlusses dann, wenn ein Prüfungsantrag nach § 42b KartG gestellt wurde, eine Rahmengebühr von 20.000 S bis 400.000 S, gemäß § 80 Z 10b KartG für ein Verfahren nach § 8a KartG eine Rahmengebühr von 5.000 S bis 200.000 S zu entrichten. Gemäß § 84 KartG wird die Höhe der Rahmengebühr nach Abschluss des Verfahrens nach freiem Ermessen festgesetzt; hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben hat.

Die Rekurswerberinnen stellen die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens mit dem Argument in Frage, die Gründung der F*****gesellschaft mbH sei in Wahrheit ein Bagatellsachverhalt. Diese Betrachtungsweise ist nicht zielführend, weil sie willkürlich aus einem Gesamtsachverhalt einen bloßen Teilaspekt herausgreift; eine solche isolierte Bewertung läßt unberücksichtigt, dass die Rahmengebühr für insgesamt vier verbundene Verfahren festzusetzen war, in denen die angesprochene Unternehmensgründung nur einen Teil eines Gesamtsachverhalts bildet. Insgesamt besitzen die an dem Zusammenschlussvorhaben beteiligten Unternehmen am inländischen Markt der Getreidevermahlung einen Anteil von knapp 29 %, auf dem Markt für paketiertes Mehl sogar von rund 48 % (jeweils ohne Berücksichtigung der Importe; siehe S 24 f des in den Feststellungsverfahren ergangenen Beschlusses ON 43); das Erstgericht ist deshalb zu Recht von einer großen wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens ausgegangen.

Zutreffend weisen die Rekurswerberinnen zwar darauf hin, dass keine einzige mündliche Verhandlung vor dem Erstgericht stattgefunden hat; mit diesem Parameter allein ist aber die Frage nach dem Verfahrensaufwand nicht abschließend beantwortet. Mit Amtshandlungen verbundener Aufwand schlägt sich nämlich nicht nur in Verhandlungen, sondern auch darin nieder, wie umfangreich das vom Gericht zu bearbeitende Material (Eingaben der Parteien, Protokolle und Gutachten des Paritätischen Ausschusses, vorgelegte Urkunden uä) war. Allein aus der Tatsache, dass der Akt bis zum angefochtenen Beschluss bereits mehr als 360 Seiten in 54 Ordnungsnummern aufweist, folgt zwanglos, dass der vom Erstgericht zu leistende Verfahrensaufwand überdurchschnittlich groß war. Das Kartellobergericht hat im Übrigen schon bisher die Auffassung vertreten, dass auch der Sitzungsaufwand des Paritätischen Ausschusses (hier: 11 Sitzungen) bei Ausmessung der Rahmengebühr nicht gänzlich unbeachtet zu bleiben hat (ÖBl 1988, 139), wenn er auch nur "sehr maßvoll" in Anschlag zu bringen ist (Okt 13/94); daran ist (entgegen Barfuß/Wollmann/Tahedl, Östereichisches Kartellrecht, 140, die diesen Faktor wegen der gesonderten Vergütungspflicht des § 85 KartG völlig unberücksichtigt lassen wollen) festzuhalten, weil auch die Tätigkeit des Paritätischen Ausschusses vom Gericht zu bearbeitendes Verfahrensmaterial erzeugt.

Die Rekurswerberinnen werfen dem Erstgericht vor, es habe die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen nicht erhoben und verkenne den "wahren wirtschaftlichen Sachverhalt", wonach die hohen Umsatzerlöse der Beteiligten nur darauf zurückzuführen seien, dass die E***** Gesellschaft mbH ein Beteiligungsunternehmen der A***** AG sei, welche über andere Gesellschaften (die mit der Mühlenindustrie nichts zu tun hätten) allein einen Umsatz von 9 Milliarden S erziele. Demgegenüber lägen die Erlöse der E***** Gesellschaft mbH nur bei 343 Mio S, während die F*****gesellschaft mbH zuletzt einen Jahresverlust von 5,8 Mio S habe hinnehmen müssen, worin sich die angespannte Situation der österreichischen Mühlenindustrie wiederspiegle. Diese Ausführungen überzeugen nicht:

Gemäß § 84 KartG ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen, das sind hier gem § 82 KartG die Anmelderinnen (zugleich Antragsgegnerinnen), abzustellen; die F*****gesellschaft mbH fällt nicht darunter, weshalb ihr Jahresverlust in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt. Dass aber die Anmelderinnen wirtschaftlich nicht in der Lage wären, die ohnehin nur mit rund 56% des Höchstbetrags festgesetzte Rahmengebühr zu entrichten, wurde nicht behauptet.

Zuletzt vertreten die Rechtsmittelwerberinnen die Ansicht, sie hätten zwar - ihrer gesetzlichen Verpflichtung entsprechend - durch ihre Anmeldung Anlass für die Amtshandlung gegeben; der hohe Verfahrensaufwand sei aber letztlich auf die Bundesarbeitskammer zurückzuführen, der die gesamte weitere Initiative im Verfahren zuzuschreiben sei. Diese Argumentation übersieht, dass sich der von den Anmelderinnen vertretene Rechtsstandpunkt, die Gründung der F*****gesellschaft mbH sei als Zusammenschluss zu beurteilen, unter anderem auf Grund des im Prüfungsverfahren ermittelten Sachverhalts als unzutreffend erwiesen hat. Der Prüfungsantrag war also insoweit zielführend und hat letztlich auch zum Antrag der Anmelderinnen auf Genehmigung eines (Wirkungs-)Kartells geführt; auch für dieses Bewilligungsverfahren wird der im Prüfungsverfahren ermittelte Sachverhalt von großer Bedeutung sein. Unter diesen Umständen ist es nicht unbillig, den Anmelderinnen auch den Verfahrensaufwand im Prüfungsverfahren anzurechnen.

Dem Erstgericht ist kein Fehler bei der Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens unterlaufen. Dem Rekurs kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.

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