OGH 9ObA68/03w

OGH9ObA68/03w27.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Johannes Denk als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Stefan M*****, Berufsfußballer, *****, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Othmar B*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert EUR 10.000) und Zahlung von EUR 265.236,52, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. April 2003, GZ 15 Ra 29/03-12, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. März 2003, GZ 42 Cga 225/02p-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit seiner beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrt der Kläger 1.) die Feststellung eines bestehenden bzw. in eventu eines früher bestandenen Arbeitsverhältnisses zwischen den Streitteilen 2.) die Feststellung der Haftung des Beklagten für zukünftig fällig werdende Entgeltansprüche des Klägers aus der vorzeitigen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum FC ***** und 3.) die Zahlung offener Gehälter sowie einer Kündigungsentschädigung und einer Abfertigung. Der Kläger begründet sein Begehren damit, dass der Beklagte nicht nur Präsident des zunächst alleinigen Dienstgebers FC ***** gewesen sei, sondern durch Haftungszusagen für Gehälter und durch in eigener Verantwortung und im eigenen Namen erteilte Weisungen ebenfalls in eine Arbeitgeberstellung gegenüber dem Kläger eingetreten sei.

Aufgrund einer Prozesseinrede der beklagten Partei, die das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und damit auch die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes bestritt, fasste das Erstgericht den Beschluss, dass die Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache dem Landesgericht Innsbruck in der Besetzung des Einzelrichters obliege. Ein Arbeitsverhältnis sei nicht ausreichend schlüssig dargetan worden.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs des Klägers Folge und sprach aus, dass das Verfahren in der in den §§ 11, 12 ASGG vorgesehenen Gerichtsbesetzung fortzuführen sei. Die vom Beklagten eingebrachte Rekursbeantwortung wies es zurück. Es sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil seine Entscheidung zwar durch höchstgerichtliche Judikatur gedeckt sei, allenfalls aber aus der Entscheidung 5 Ob 1/01k ein Abweichen von der früheren Judikatur zu § 37 Abs 3 ASGG abgeleitet werden könnte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern.

Die klagende Partei erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung, in der sie beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 526 Abs 2 ZPO) des Rekursgerichtes unzulässig; auch die Revisionsrekursbeantwortung ist als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Zur behaupteten Nichtigkeit bzw zur Einseitigkeit des Verfahrens nach § 37 ASGG:

Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0043996, zuletzt 1 Ob 2096/96h) ist das Rekursverfahren über einen nach § 37 Abs 3 ASGG gefassten Beschluss nicht zweiseitig. Eine analoge Anwendung des § 521a ZPO wird mit der Begründung abgelehnt, dass mit einem derartigen Beschluss die Rechtsdurchsetzung weder verweigert noch auf eine andere Verfahrensebene verlagert wird, weil die Rechtssache - wenn auch in anderer Besetzung - im streitigen Verfahren verbleibt. An dieser Auffassung ist auch im Hinblick auf die vom Revisionsrekurswerber zitierte Entscheidung des EGMR vom 6. 2. 2001 "Beer gegen Österreich", ÖJZ 2001/16, festzuhalten. In Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof (4 Ob 133/02s unter Zitat von Rkv 1/01) nämlich bereits dahin Stellung genommen, dass es zur Umsetzung des Erfordernisses der Waffengleichheit iSd Art 6 Abs 1 EMRK nicht erforderlich ist, jeden anfechtbaren Beschluss im Zuge des Verfahrens dem Regime eines zweiseitigen Rechtsmittelverfahrens zu unterwerfen. Vielmehr muss es darauf ankommen, ob mit dem angefochtenen Beschluss über einen Rechtsschutzanspruch abgesprochen wurde. Dies ist aber im vorliegenden Fall, in dem nur über die Frage der Besetzung ein und desselben Gerichtes entschieden wird, zu verneinen. Daraus ergibt sich die Unzulässigkeit sowohl der (von der zweiten Instanz zurückgewiesenen) Rekursbeantwortung der beklagten Partei als auch der Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei.

In der Sache selbst geht das Rekursgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aus, nach der die Frage der Zuständigkeit, aber auch der Besetzung eines Gerichtes dann allein auf Grund der Klagebehauptungen zu prüfen ist, wenn die die Zuständigkeit (bzw Besetzung) begründenden Tatsachen zugleich auch Anspruchsvoraussetzung sind (RIS-Justiz RS0112492). Dies trifft hier auf das Begehren auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses genauso zu wie auf das aus einem Arbeitsverhältnis abgeleitete Begehren auf Zahlung restlichen Gehalts, Kündigungsentschädigung und Abfertigung. Das Begehren auf Feststellung des aufrechten Arbeitsverhältnisses ist von der Behauptung getragen, dass ein solches tatsächlich besteht. Würde man diesbezüglich die vom Beklagten begehrte Schlüssigkeitsprüfung vornehmen, hätte dies regelmäßig zur Folge, dass bereits im Vorprüfungsstadium über die Berechtigung des Anspruches selbst mitentschieden würde. Dies würde aber den Intentionen der zitierten Judikatur zuwiderlaufen. Der dagegen erhobene Einwand des Revisionswerbers, damit könne sich jeder Kläger durch unschlüssige Behauptungen einen "Klägergerichtsstand" verschaffen, überzeugt nicht, weil ja die Unschlüssigkeit des Vorbringens - so sie tatsächlich vorliegt - letztlich ohnedies zur Abweisung des darauf gestützten Klagebegehrens führen müsste.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30. 1. 2001, 5 Ob 1/01k, steht zur einschlägigen Vorjudikatur nicht in Widerspruch. Dieser Entscheidung lag nämlich das Leistungsbegehren eines Handelsvertreters (Provisionsansprüche) zugrunde, der Arbeitnehmerähnlichkeit behauptete. In einem solchen Fall bedarf es freilich schlüssiger Behauptungen zur Arbeitnehmerähnlichkeit, weil hier die die Zuständigkeit (bzw Besetzung) begründenden Tatsachen nicht mit den anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erweist sich der Revisionsrekurs daher als nicht zulässig.

Auch die Revisionsrekursbeantwortung (einschließlich des darin enthaltenen Kostenbegehrens) ist aus den oben angeführten Gründen zurückzuweisen.

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