OGH 9ObA37/03m

OGH9ObA37/03m9.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter HR DI Roland Bauer und Ulrike Kargl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz H*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei A*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Pallauf Pullmann Meissnitzer & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung des aufrechten Arbeitsverhältnisses (Streitwert EUR 726,73), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2002, GZ 12 Ra 227/02t-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Juni 2002, GZ 20 Cga 35/01a-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 199,87 (darin EUR 33,31 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger durch sein festgestelltes Verhalten die Entlassungsgründe des § 27 Z 1 3. Tatbestand AngG oder § 27 Z 4 2. Tatbestand AngG gesetzt hat, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Zum Anlass der Entlassung, nämlich dem Verlust zweier Busunternehmen als Werbekunden und den hiezu getätigten Äußerungen des Klägers, ist zunächst anzumerken, dass diesbezüglich keine konkrete Weisung des Geschäftsführers festgestellt werden konnte, der sich der Kläger beharrlich widersetzt hätte. Die allgemeine Anordnung, die Kundenakquisition zu verstärken und die Direktkontakte mit Kunden eines früheren Werbeauftrages zu pflegen, sind jedenfalls nicht als ausreichend konkret und deutlich aufzufassen (vgl Kuderna Entlassungsrecht2 , 113), sodass der Entlassungsgrund der Ablehnung einer berechtigten dienstlichen Anordnung (§ 27 Z 4 AngG 2. Tatbestand, 2. Modifikation) nicht erfüllt ist. Eine bloße Vernachlässigung allgemeiner Dienstpflichten ist - im Gegensatz zur Bestimmung des 82 lit f GewO - aber nicht dem Tatbestand der beharrlichen Dienstverweigerung iSd ersten Modifikation des § 27 Z 4 2. Fall AngG, sondern allenfalls demjenigen der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 3. Fall AngG zu unterstellen (Kuderna aaO 111). Dieser Entlassungstatbestand hat aber zur Voraussetzung, dass die Handlung oder Unterlassung des Angestellten diesen mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde (RIS-Justiz RS0029547). Da der Kläger nach den Feststellungen aber nicht untätig war, sondern seine Aktivitäten auf einen bestimmten Kundenkreis konzentriert hatte, kann von einer generellen Arbeitsunwilligkeit nicht die Rede sein. Was den konkreten Fall des Verlustes zweier Busunternehmen als Werbekunden anlangt, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass hiefür das Verhalten des Klägers maßgeblich war. Auch seine Reaktion auf den Vorwurf des Geschäftsführers, dass die Arbeitgeberin diese Kunden offensichtlich an eine andere Werbeagentur verloren habe, nämlich die Antwort "Man könne ja einmal vergessen darauf", ist viel eher als Unbeholfenheit denn als Dokumentation mangelnder Arbeitsbereitschaft oder Einsatzfreude zu beurteilen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass aus einem solchen Verhalten kein derartiger Vertrauensverlust abzuleiten ist, der die Fortsetzung des Dienstverhältnisses objektiv unzumutbar erscheinen ließe, ist daher frei von Rechtsirrtum.

Betreffend die Verwendung einer eigenen Visitenkarte im Kundenverkehr und die Anbringung des kaum lesbaren, auf die Initiative des Klägers hindeutenden Randvermerkes "Hill" auf Anzeigen wurde festgestellt, dass entgegenstehende Anordnungen schon erhebliche Zeit vor diesen, über einen längeren Zeitraum andauernden Verstößen ergangen waren. Zutreffend verweist das Berufungsgericht hiezu auf die Rechtsprechung, nach der in einem solchen Fall eine erneute Ermahnung erforderlich ist, um dem Arbeitnehmer vor Augen zu führen, dass sein längere Zeit geduldetes Verhalten künftig nicht mehr toleriert werde (RIS-Justiz RS0029466). Entgegen der Ansicht der beklagten Partei hatten diese Verstöße auch nicht das Gewicht, dass eine Ermahnung als bloße Formalität hätte sinnlos erscheinen müssen.

Letztlich kann auch dem Antrag der beklagten Partei auf Zustimmung des Behindertenausschusses zur Kündigung des Klägers (§ 8 BEinstG) nicht die Eigenschaft einer Ermahnung zukommen, zumal weder festgestellt werden konnte, dass darin das vorgenannte Verhalten des Klägers genannt wird, noch, dass der Inhalt dieses Antrages dem Kläger überhaupt zur Kenntnis gebracht wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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