Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Nebenintervenient organisierte im Oktober 2000 eine Ausstellung, die von der beklagten Partei durch die Vermittlung von Sach- und Geldsponsoren subventioniert werden sollte.
Wegen einer Zwischenfinanzierung wandte sich derjenige, der als Generalsekretär des Nebenintervenienten auftrat (in der Folge angeblicher Generalsekretär), an die klagende Partei, die sich, unter der Voraussetzung, dass die beklagte Partei die Rückführung des aufgewendeten Betrags garantiere, bereit erklärte, ATS 200.000,-- zur Verfügung zu stellen. Dies wurde vom angeblichen Generalsekretär zugesagt.
In der Folge übermittelte der damalige Kulturberater des Landeshauptmanns (in der Folge Kulturberater), auf Briefpapier des Amtes der Landesregierung, der klagenden Partei einen mit 25. 9. 2000 datierten Brief des Inhalts:
"Wir bestätigen - wie mit ... (dem angeblichen Generalsekretär) vereinbart - für die Finanzierung der Ausstellung .... vorläufig bis zu einer Höchstsumme von S 200.000,-- (in Worten: ...) aufzukommen. Wir dürfen Sie ersuchen, auf dem von Ihnen eingerichteten Sonderkonto eine Zwischenfinanzierung im Ausmaß von S 200.000,-- abzuschließen. Der aushaftende Betrag wird gegen Vorlage der Belege von uns über Sponsoren bis zu Beginn der Ausstellungseröffnung am 18. Oktober 2000 aufgebracht."
Der Brief war vom Kulturberater mit dem Vermerk "Kulturberater des Landeshauptmannes" unterfertigt. Zuvor gab es Besprechungen zwischen ihm und dem Landeshauptmann, der davon wusste, dass die beklagte Partei die Ausstellung unterstützt. Im Sinn dieser Besprechungen erfolgte die Abwicklung durch den Kulturberater, ohne dass die "Einzelheiten", wie etwa das oben zitierte Schreiben, in der Folge "abgesprochen" wurden. Neben dem Brief gab es keine weiteren Kontakte zwischen den Streitteilen.
Die klagende Partei leistete jeweils gegen Vorlage von Belegen insgesamt Zahlungen in Höhe von ATS 191.148,51 an den Nebenintervenienten.
Die beklagte Partei leistete durch (Sach- und Geldleistungen) insgesamt ATS 284.180,-- an den Nebenintervenienten.
Die klagende Partei begehrt, unter Berücksichtigung von Finanzierungskosten in Höhe von ATS 28.683,72, eines weiteren Barbetrags für Fotos in der Höhe von ATS 9.312,-- und abzüglich eines vom Nebenintervenienten gezahlten Betrags von ATS 13.500,- -, die Zahlung von ATS 215.644,23 sA. Die beklagte Partei habe in ihrem Brief die Rückführung der aufgewendeten Beträge garantiert.
Die beklagte Partei wendete ein, zwischen den Streitteilen sei kein Vertragsverhältnis zustandegekommen: Der Kuturberater sei nicht berechtigt gewesen, die beklagte Partei zu vertreten, im Übrigen weise das Schreiben die erforderliche Fertigungsklausel nicht auf. Aus der Textierung sei ein Auftragsverhältnis nicht zu entnehmen. Die beklagte Partei habe ohnehin Leistungen von S 284.180,-- (an den Nebenintervenienten) erbracht; die Verpflichtung könne sich zudem nur auf einen Höchstbetrag von ATS 200.000,-- beziehen.
Der Nebenintervenient bestritt das Zustandekommen einer Vereinbarung mit der klagenden Partei mangels Vertretungsmacht des in ihrem Namen handelnden angeblichen Generalsekretärs.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus der Formulierung des Briefes sei nicht ersichtlich, dass sich die beklagte Partei verpflichtet habe, einen Betrag von ATS 200.000,-- an die klagende Partei zu zahlen, sondern lediglich, dass der aushaftende Betrag gegen Vorlage von Belegen über Sponsoren aufgebracht werde. Es sei nicht erkennbar, dass der beklagten Partei Belege zugekommen wären. Die beklagte Partei sei ihrer Verpflichtung (durch Leistung von ATS 284.180,-- an den Nebenintervenienten) mehr als hinreichend nachgekommen.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es führte ergänzend aus, der Inhalt des Briefes sei weder als Auftrag iSd §§ 1002 ff ABGB noch als Anweisung iSd §§ 1400 ff ABGB noch als sonstiger Vertrag, der die beklagte Partei zur Leistung des Begehrens an die klagende Partei verpflichte, zu qualifizieren. Es liege eine bloße Bestätigung, also eine Wissenserklärung, vor, dass die beklagte Partei bis zu einem bestimmten Betrag aufkommen werde. Dem sei die beklagte Partei ohnehin nachgekommen. Die Abgrenzung von Wissens- und Willenserklärung in diesem Fall sei allerdings schwierig; ein "wirklich vergleichbarer" Fall sei noch nicht entschieden worden, sodass die Revision zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Auch wenn Fragen der Vertragsauslegung in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, ist hier eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten, ist doch dem Berufungsgericht - in Abweichung von den durch die ständige Rechtsprechung gefestigten Auslegungsgrundsätzen - eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen, die zur Wahrung der Rechtssicherheit eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf.
Als streitentscheidende Kernfrage ist zu überprüfen, ob der Inhalt des Briefes vom 25. 9. 2000 als Willens- oder als bloße Wissenserklärung der beklagten Partei zu qualifizieren ist.
Die Bedeutung einer Erklärung richtet sich danach, wie sie der Empfänger nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen musste. Es kommt also auf den objektiven Erklärungswert und nicht auf den Erklärungswillen des Erklärenden an (vgl RIS-Justiz RS0014160, zuletzt 8 Ob 29/03b). Für die Annahme einer Willenserklärung ist das wirkliche Vorliegen rechtsgeschäftlichen Willens nicht entscheidend; es kommt nur darauf an, ob der Erklärungsempfänger bei sorgfältiger Deutung einen solchen erschließen durfte und erschlossen hat (RIS-Justiz RS0014158, insb 7 Ob 692/86, 7 Ob 57/98b). Ob sich daher die beklagte Partei verpflichten wollte, Zahlungen direkt an die klagende Partei zu leisten, oder bloß zu bestätigen gedachte, dass Zahlungen an den Nebenintervenienten erfolgen würden, ist dabei ohne Bedeutung. Vielmehr kommt es darauf an, wie die klagende Partei als redliche Erklärungsempfängerin den Inhalt der Erklärung auffassen durfte. Bei der Auslegung ist besonders zu beachten, dass die klagende Partei das Schreiben vom 25. 9. 2000 als Reaktion auf ihr Begehren auf Sicherstellung erhalten hat und weitere Kontakte zwischen den Streitteilen nicht stattfanden. Der Brief enthält das "Ersuchen" - bereits nach dem Wortsinn ein Ausdruck des Wollens, - auf dem Konto des Nebenintervenienten bei der klagenden Partei eine (weitere) Zwischenfinanzierung im Ausmaß von ATS 200.000,-- "abzuschließen", sowie die Zusicherung, den "aushaftenden Betrag" gegen Vorlage von Belegen "aufzubringen". Mangels jeglichen Hinweises darauf, dass Zahlungen nicht an die klagende Partei, sondern direkt an den Nebenintervenienten geleistet wurden, ist vor dem Horizont des Erklärungsempfängers zweifellos ein Verpflichtungswille der beklagten Partei zu ersehen, zumal die Vertreter der klagenden Partei annehmen konnten, die beklagte Partei sei über deren Wunsch, eine bindende Verpflichtungserklärung als "Sicherheit" zu erhalten, informiert. Die Erklärung, den "aushaftenden" Betrag aufzubringen, spricht eindeutig für die Bereitschaft, Zahlungen an die klagende Partei zu leisten, soweit das Sonderkonto (bis zu maximal ATS 200.000,- -) im Debet ist, weil Beträge wegen der Zwischenfinanzierung durch die klagende Partei nur im Verhältnis zu dieser "aushaften" konnten, nicht aber gegenüber dem Nebenintervenienten.
Diese Haftungserklärung lässt sich grundsätzlich als Garantieerklärung oder als Schuldbeitritt qualifizieren. Da auf Seiten der beklagten Partei ein unentgeltliches Geschäft vorliegt, ist jedoch im Zweifel davon auszugehen, dass sich diese eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte (§ 915 ABGB). Aufgrund der Akzessorietät des Schuldbeitritts zur Hauptschuld bildet dieser gegenüber der Garantieerklärung, die eine Haftung auch unabhängig vom Bestehen der Hauptschuld begründet, die geringere Verpflichtung. Darüber hinaus kommt eine Qualifikation als Garantieerklärung schon deshalb nicht in Betracht, weil allfällige Formerfordernisse des abzuschließenden Geschäfts auch für die Vollmachtserteilung gelten, sofern sie nicht bloß die Feststellung des Inhalts bezwecken (vgl nur Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I, 185 mwN). Da für die Garantieerklärung das Formgebot der Schriftlichkeit gilt, hätte auch die Vollmachtserteilung zur Abgabe einer Garantieerklärung schriftlich erfolgen müssen, um den Übereilungschutz als Zweck des Formgebots zu wahren.
Die klagende Partei durfte somit davon ausgehen, dass die beklagte Partei einer Schuld des Nebenintervenienten als Primärschuldner aus dem Vertragsverhältnis mit der klagenden Partei bis zu einer Höchstgrenze von ATS 200.000,-- beitreten wollte. Grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Schuldbeitritts ist das Bestehen - oder spätere Entstehen - eines Schuldverhältnisses zwischen den "Hauptparteien", hier also ein wirksames Vertragsverhältnisses zwischen der klagender Partei und dem Nebenintervenienten, dem die beklagte Partei als Mitschuldner beitreten konnte. Da Feststellungen zur Frage der Vertretungsbefugnis des angeblichen Generalsekretärs fehlen, ist eine abschließende Klärung, ob der Nebenintervenient durch diesen wirksam verpflichtet wurde, nicht möglich.
Entgegen der Auffassung der beklagten Partei ist die vom Kulturberater des Landeshauptmanns als solchem abgegebene Willenserklärung der beklagten Partei auch zurechenbar.
Zwar hat gemäß § 867 ABGB derjenige, der mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts einen Vertrag abschließt, die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen zu beachten und auch dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht gekannt hat (siehe RIS-Justiz RS0014699 mwN), weil die in Organisationsvorschriften enthaltenen Beschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe sind zum Schutz der Interessen der juristischen Person öffentlichen Rechts auch im Außenverhältnis wirksam sind (SZ 54/111; SZ 64/154; 2 Ob 7/98p ua), doch besteht neben der organschaftlichen Vertretung wie bei anderen juristischen Personen die Möglichkeit der Vertretung durch sonstige Personen, die von den satzungsmäßig berufenen Organen dazu rechtsgeschäftlich bevollmächtigt wurden (vgl 6 Ob 690/87; 6 Ob 593/91). Der Landeshauptmann als vertretungsbefugtes Organ der beklagten Partei überließ die Durchführung der Subventionierung nach Besprechung des Grundsätzlichen in den Einzelheiten seinem Kulturberater. Dieser konnte daher im Rahmen der ihm somit rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht zur Erledigung der gewöhnlichen Angelegenheiten auch die beklagte Partei nach außen hin verpflichten.
Auch das Fehlen der in § 13 K-GOA vorgesehenen Fertigungsklausel schadet der Wirksamkeit der vorgenommenen Vertretungshandlung nicht. Welche Rechtsfolgen an die Außerachtlassung gesetzlicher Formgebote geknüpft sind, ist den einschlägigen Vorschriften entweder unmittelbar oder nach deren Sinn und Zweck zu entnehmen (1 Ob 668/88 = JBl 1989,308). § 12 K-GOA regelt die Genehmigung von Erledigungsentwürfen, die dem entscheidungsbefugten Organ von einem ihm unterstellten Sachbearbeiter vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall hat jedoch das entscheidungsbefugte Organ selbst - nämlich der vom Landeshauptmann hiezu bevollmächtigte Kulturberater - gehandelt, weshalb eine Genehmigung im Sinn des § 12 K-GOA schon begrifflich ausscheidet. Die Verwendung einer bestimmten Fertigungsklausel (wie in § 13 K-GOA) ist in der Regel auch nicht Gültigkeitsvoraussetzung für Handlungen nach außen, sondern vielmehr eine bloß im Innenverhältnis zu beachtende Ordnungsvorschrift. Soweit die beklagte Partei als Trägerin von Privatrechten auftritt, ist das wirksame Zustandekommen eines Vertrags, nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zu prüfen. Durch die Verwendung des Briefpapiers der beklagten Partei sowie die Fertigung als "Kulturberater des Landeshauptmanns" ist klar erkennbar, dass der Kuturberater für die beklagte Partei kontrahieren wollte, womit dem Offenlegungsgrundsatz Genüge getan ist.
Diesen Erwägungen zufolge ist - sofern eine Hauptschuld des Nebenintervenienten bei der klagenden Partei bestand - die Haftung der beklagten Partei aufgrund eines Schuldbeitritts für die Nominalbeträge der zu Lasten des "Sonderkontos" getätigten Auslagen der klagenden Partei bis zu einer Höchstsumme von ATS 200.000,-- (= 14.534,57 Euro) zu bejahen. Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung auf Ersatz der Auslagen ist vereinbarungsgemäß die Vorlage von Belegen durch die klagende Partei. Auf erbrachte Sachleistungen kann sich die beklagte Partei gegenüber der klagenden Partei nicht berufen, weil eine Abdeckung offener Geldleistungen nur durch Geldleistungen erfolgen kann.
Zu der von der klagenden Partei begehrten Erstattung der Finanzierungskosten ist darauf zu verweisen, dass solche mangels gegenteiliger vertraglicher Vereinbarung - auch über den Nominalbetrag von ATS 200.000,-- hinaus - allenfalls dann zu ersetzen sind, wenn die beklagte Partei mit ihrer Leistung (schuldhaft) in Verzug geraten sein sollte und die klagende Partei deshalb Fremdmittel zur Deckung hätte heranziehen müssen.
Feststellungen, ob bzw inwieweit der beklagten Partei Belege vorgelegt wurden, was Voraussetzung für die Fälligkeit wäre, wurden nicht getroffen (siehe dazu aber etwa Beilage ./1). Eine abschließende Beurteilung der Rechtssache ist somit mangels vollständiger Sachverhaltsgrundlage nicht möglich.
Die Rechtssache ist daher zur Ergänzung des Verfahrens an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Dieses wird mit den Parteien insbesondere die Frage der Vertretungsbefugnis des angeblichen Generalsekretärs für den Nebenintervenienten sowie die Fälligkeit und Höhe der Klageforderung zu erörtern haben.
Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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