Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 14. 3. 2000 eine Integritätsabgeltung in Höhe von EUR 91.561,91 zu bezahlen. Infolge Berufung der beklagten Partei bestätigte das Berufungsgericht die erstgerichtliche Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
Im Rechtsmittelverfahren erklärte Ing. Johann E***** (= Dienstvorgesetzter des Klägers) seinen Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten ist rechtzeitig, da sie innerhalb von vier Wochen nach Zustellung einer Ausfertigung des Berufungsurteiles an den Nebenintervenienten erhoben wurde (vgl Entscheidung des verstärkten Senates vom 13. 12. 2002, 1 Ob 145/02h = JBl 2003, 315 = ÖJZ-LSK 2003/58). Sie ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
Soweit der Nebenintervenient in seinen Ausführungen das Fehlen einer ausdrücklichen Zulässigerklärung seines Beitrittes als Nebenintervenient im gegenständlichen Verfahren rügt, ist darauf hinzuweisen, dass der Beitritt als Nebenintervenient gemäß § 18 Abs 1 ZPO durch Zustellung des die Beitrittserklärung enthaltenden Schriftsatzes an beide Parteien wirksam wird und das Gericht daher nur über einen - hier aber nicht vorliegenden - Antrag einer Partei auf Zurückweisung der Nebenintervention Beschluss zu fassen hat (MGA, ZPO15 E Nr zu § 18 mwN ua).
Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Prozessrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Prüft man die vorliegende Revision nach diesen Grundsätzen, so ergibt sich, dass darin keine Rechtsfragen angesprochen werden, die die Zulässigkeit rechtfertigen könnten. Der Revisionswerber vertritt den Standpunkt, dass im Gegensatz zur Rechtsansicht der Vorinstanzen der Arbeitsunfall des Klägers nicht durch die grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht wurde (§ 213a Abs 1 ASVG). Strittig ist, ob grobe Fahrlässigkeit vorlag. Die Vorinstanzen haben diese Frage unter Hinweis darauf bejaht, dass der vom Kläger bei Reparaturarbeiten am Welleternitdach einer Halle ohne Verwendung der für das Betreten eines solchen Daches vorgeschriebenen Laufstege oder Laufbretter erlittene Unfall (Durchbrechen durch das Dach) durch eine Verletzung der Bestimmung des § 18 Abs 6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl 1983/218 idgF verursacht wurde, diese Vorschrift auch bei früheren Reparaturen am Dach nicht beachtet wurde und von Seiten des Dienstgebers die vorgeschriebene Belehrung über die bei solchen Arbeiten erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen unterlassen wurde. Zur Frage der Abgrenzung zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit besteht bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Auch der erkennende Senat hat sich gerade im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Integritätsabgeltung in den letzten Jahren mit dieser Problematik wiederholt auseinandergesetzt (SSV-NF 6/61, 8/64, 8/111, 8/122, 9/9, 9/150, 12/130, 12/150 uva). Es trifft zu, dass nach diesen in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen das Zuwiderhandeln gegen Unfallverhütungsvorschriften für sich allein zur Annahme grober Fahrlässigkeit nicht ausreicht. Entscheidende Kriterien für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades sind auch nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die für den Arbeitgeber erkennbare Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes. Im Wesentlichen ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber als Adressat der Arbeitnehmerschutzvorschriften nach objektiver Betrachtungsweise ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat (vgl zuletzt 10 ObS 115/03i mwN uva).
Der Revisionswerber räumt selbst ein, dass die Beurteilung, ob im konkreten Fall ein Verhalten als grob fahrlässig zu beurteilen ist oder nicht, stets eine solche des Einzelfalles ist. Die Vorinstanzen sind bei ihrer Entscheidung von den von der ständigen Judikatur entwickelten Grundsätzen ausgegangen und sind dabei, entgegen der Ansicht des Revisionswerbers, nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in vergleichbaren Fällen abgewichen. Wenn die Vorinstanzen die nur allgemein gehaltene Belehrung des Klägers, "bei Arbeiten über den Boden seien geeignete Hilfsmittel zu verwenden", als nicht ausreichend beurteilt haben, haben sie den ihnen bei dieser Entscheidung eingeräumten Ermessensspielraum jedenfalls nicht überschritten. Da die im vorliegenden Verfahren zu lösende Rechtsfrage somit keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat, hat das Berufungsgericht mit Recht ausgesprochen, dass die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist.
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