European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:E70232
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.
Begründung:
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision mit Beschluss gemäß § 508 Abs 3 ZPO doch für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob ein bevorrangter Radfahrer, der - zulässigerweise oder nicht - in zweiter Spur neben einem anderen fahre, schon aus diesem Grund auch bei Annäherung an eine übersichtliche Kreuzung zu bremsbereitem Fahren verpflichtet sei.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass die Benützung von Rennfahrrädern durch den Kläger und seine Freundin - wie dem Rechtsmittelwerber zuzugeben ist - noch nicht ohne weiteres das Vorliegen einer Trainingsfahrt mit Rennfahrrädern im Sinne des § 68 Abs 2 StVO offensichtlich macht. Das Berufungsgericht hat aber richtig erkannt, dass der Schutzzweck des Rechtsfahrgebotes nach der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senates nicht auch den von rechts in den bevorrangten Fließverkehr eindringenden Verkehrsteilnehmern zugutekommt (2 Ob 2404/96k = ZVR 1997/131; vgl RIS‑Justiz RS0027759).
Es entspricht auch der ständigen Judikatur, dass grundsätzlich keine Verpflichtung des Vorrangberechtigten zu einem bremsbereiten Fahren besteht (RIS‑Justiz RS0073271), mag auch der Vorrang nicht von der Verpflichtung entbinden, die nach der Sachlage gebotene Vorsicht anzuwenden (RIS‑Justiz RS0074415, vgl RS0073128). Die Ansicht, das - wenn auch nicht unter § 68 Abs 2 StVO fallende - Nebeneinanderfahren von bevorrangten Radfahrern verpflichte diese noch nicht zu ständiger Bremsbereitschaft, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und ist auch im vorliegenden Einzelfall vertretbar.
Auch in der Revision wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden abgeänderten Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts - als unzulässig zurückzuweisen war.
Als verspätet zurückzuweisen war die Revisionsbeantwortung, weil sie entgegen § 507a Abs 3 Z 1 ZPO an das Erstgericht adressiert war und beim Berufungsgericht erst nach Ablauf der 4‑wöchigen Frist für ihre Erstattung einlangte (vgl Gitschthaler in Rechberger2 §§ 124 ff ZPO Rz 16 mwN).
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