OGH 9ObA69/03t

OGH9ObA69/03t25.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Adrian K*****, Installateur, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Pennerstorfer Haftner Schobel Fischer Rechtsanwaltspartner in St. Pölten, wegen EUR 1.305,64 brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. März 2003, GZ 7 Ra 30/03p-22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO idF ZVN 2002, BGBl I 2002/76, ist anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung zweiter Instanz nach dem 31. 12. 2002 liegt (Art IX Abs 6 ZVN 2002; Stohanzl, MTK ZPO9 497). Hat das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Fall - ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, so kann in Streitigkeiten in Arbeitsrechtssachen eine außerordentliche Revision erhoben werden (§ 505 Abs 4 ZPO). Diese ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird allerdings von der Revisionswerberin in der Zulassungsbeschwerde nicht aufgezeigt:

Richtig weist die Revisionswerberin darauf hin, dass nach § 82 lit f zweiter Tatbestand GewO 1859 ein Entlassungsgrund dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten beharrlich vernachlässigt. Dieser Tatbestand umfasst auch den Verstoß gegen durch den Gegenstand der Arbeitsleistung gerechtfertigte Weisungen des Arbeitgebers (Kuderna, Entlassungsrecht² 112 f, 138 mwN; 9 ObA 242/02g; RIS-Justiz RS0060172, RS0104135 ua). Unter "beharrlich" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des zum Ausdruck gelangenden Willens des Arbeitnehmers zu verstehen, die geschuldeten Dienste oder die Befolgung der Anordnung zu verweigern (RIS-Justiz RS0029746, RS0104124). Richtig geht die Revisionswerberin auch noch davon aus, dass die Annahme einer beharrlichen Weigerung in der Regel voraussetzt, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber vor dem Ausspruch der Entlassung ermahnt (verwarnt) oder wiederholt zur Erfüllung seiner Pflichten aufgefordert worden sein muss (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 633 mwN; Kuderna aaO 115 f mwN). Ob Beharrlichkeit anzunehmen ist, wird von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles bestimmt, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen (RIS-Justiz RS0105987).

Hinsichtlich des ersten von der Revisionswerberin geltend gemachten Vorfalles, dem Fernbleiben des Klägers in der Zeit vom 7. bis 11. 1. 2002, steht zwar der Ausspruch einer Verwarnung durch die Beklagte, jedoch keine zugrundeliegende Verfehlung des Klägers fest. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, dass dem Kläger der Antritt des Grundwehrdienstes am 7. 1. 2002 auf Grund des an ihn ergangenen Einberufungsbefehles - ungeachtet der ihm erst am Vortag bekanntgewordenen Behauptung der Beklagten betreffend eines “Aufschubes" - nicht vorgeworfen werden kann, weil ihm der Bescheid des Bundesministeriums für Landesverteidigung über eine befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 3. 1. 2002 noch nicht zugestellt worden war, kann keine unvertretbare rechtliche Beurteilung erblickt werden. An der fehlenden Zustellung dieses Bescheides hätte auch ein allfälliges Gespräch des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten nichts geändert, weshalb aus den diesbezüglichen Überlegungen der Revisionswerberin nichts für deren Standpunkt zu gewinnen ist. Diese Verwarnung kann daher nicht zur Begründung der beharrlichen Vernachlässigung von Dienstpflichten herangezogen werden.

Stichworte