Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.
Die Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Erstantragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners aus seiner Ehe mit dessen am 14. Jänner 2000 unter Hinterlassung einer letztweiligen Verfügung vom Pfingstsonntag 1991 verstorbenen Ehefrau (im Folgenden nur Erblasserin), die Zweitantragstellerin deren Tochter aus erster Ehe. Der Antragsgegner - der ungeachtet der Konkurseröffnung über sein Vermögen am 17. Dezember 2002 im Folgenden weiterhin so bezeichnet wird - und die Erblasserin hatten drei Liegenschaften auf Grund von Kaufverträgen aus den Jahren 1963 bzw 1967 erworben. "Der Hälfteanteil" der Erblasserin wurde vom Antragsgegner im Einvernehmen zwischen beiden unentgeltlich für seinen Betrieb benützt. Auf Grund ihres Testaments war der Antragsgegner zur Alleinerbschaft berufen. Auf Grund seines hohen Alters (Jahrgang 1919) wollte er seine Rechte aus dem Testament nicht mehr wahrnehmen. Daher entschlug er sich mit Erklärung vom 20. März 2001 seines Erbrechts unter Aufrechterhaltung seines Pflichtteilsanspruchs. Gleichzeitig schlossen die nunmehrigen Streitteile ein Erb- samt Pflichtteilsübereinkommen. Der Antragsgegner übernahm in Entfertigung seines Pflichtteilsanspruchs einen 6/10 Anteil an einer Liegenschaft in sein Eigentum, bedang sich an dem der Erstantragstellerin zukommenden 4/10 Anteil daran ein lebenslängliches unentgeltliches und hierauf grundbücherlich sicherzustellendes Belastungs- und Veräußerungsverbot und in Ansehung einer weiteren Liegenschaft mit Haus neben einem ebensolchen Verbot auch die Dienstbarkeit des gebrauchsweisen Wohnungsrechts aus. Die Antragstellerinnen verpflichteten sich als weiteres Entgelt für die Erbsentschlagungserklärung des Antragsgegners zu dessen lebenslänglicher Pflege und Betreuung.
Nach einem Entwurf dieses Erb- samt Pflichtteilsübereinkommens hätte der Antragsgegner Alleineigentümer der drei Betriebsliegenschaften werden sollen, während dafür die Erstantragstellerin die nunmehr zu 6/10 dem Antragsgegner zugefallene Liegenschaft zur Gänze in ihr Eigentum hätte übernehmen sollen.
Der Reinnachlass der Mutter der Antragstellerinnen belief sich auf 5,934.346,82 S. Die Verlassenschaft wurde den Antragstellerinnen als gesetzliche Erbinnen je zur Hälfte eingeanwortet, darunter auch der Hälfteanteil der Mutter an den drei für den Betrieb des Antragsgegners benützten Liegenschaften.
Ein Benützungsentgelt für diese Liegenschaften war nie Thema im Verlassenschaftsverfahren. Seitens der Streitteile bestanden noch in dessen Zuge Überlegungen, den Betrieb samt den Liegenschaften in eine neu zu gründende Gesellschaft einzubringen, an der alle Familienmitglieder beteiligt werden sollten. Dieser schon vorher vor dem Hintergrund einer geregelten Unternehmensübergabe entwickelte Gedanke wurde schließlich nicht weiter verfolgt, weil es zu erheblichen Differenzen der Streitteile kam. So erstattete der Antragsgegner Strafanzeige gegen die Antragstellerinnen, warf ihnen Diebstahl von Sparbüchern mit Einlagenständen von rund 10 Mio S vor und erhob Privatanklage wider sie sowie den Ehemann und einen Sohn der Erstantragstellerin wegen Datenbeschädigung. Den Ehemann, der in seinem Betrieb tätig gewesen war, entließ er. Die in ihren Erwartungen auf Übernahme aller Betriebsliegenschaften enttäuschten Antragstellerinnen begehrten im Hinblick auf die Auseinandersetzungen im Familienverband mit Schreiben vom 19. Juli 2001 ein Benützungsentgelt. Die von ihnen angesprochenen Beträge könnten aus dem Betrieb nicht finanziert werden.
Die Antragstellerinnen begehrten unter Berufung auf ihr auf Grund ihrer Miteigentümerstellung zu je ¼ auf Grund der Einantwortung den Ausspruch, der Antragsgegner benütze "ihre Liegenschaftsanteile" allein, in eventu überwiegend, und sei damit verpflichtet, "ein angemessenes (monatliches spätestens am 1. Oktober 2001 fälliges) Benutzungsentgelt" zu bezahlen. Gleichzeitig wolle das Außerstreitgericht die Höhe dieses Benützungsentgelts festsetzen.
Da der Antragsgegner die Betriebsliegenschaft für ein ihm als Einzelunternehmer gehörendes Betonwerk zur Gänze benütze, hätten die Antragstellerinnen Anspruch auf ein entsprechendes Benützungsentgelt. Ein solches sei mit zumindest 240.000 S (inklusive Umsatzsteuer) monatlich anzusetzen. Die Zweitantragstellerin habe gegen den Antragsgegner eine Forderung aus dem Titel Rückerstattung gewährter Darlehen und zur Verfügung gestellter Sicherheiten im Betrag von 736.703,08 S. Auch die Erstantragstellerin sowie deren Ehegatte hätten gegen ihn eine Forderung aus den selben Titel von 2,700.345,45 S sA. Es seien bereits Klagen und Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht worden.
Christine H***** habe es darauf abgesehen, das gesamte beträchtliche Vermögen des Antragsgegners in ihren Besitz zu bringen. Sie habe sich sein Vertrauen verschafft und zwischen ihm und den Antragstellerinnen massives Misstrauen gestiftet. Sie habe die Erstattung eines dubiosen Gutachtens durch eine Unternehmensberatungsfirma veranlasst, das sich gegen die Antragstellerinnen und ihre Familien richte. Das Gutachten laufe darauf hinaus, die Führung des in eine GmbH umzugründenden Unternehmens allein in die Hand jener Frau zu legen, der letztlich auch das Eigentum am Unternehmen verschafft werden solle. Der Antragsgegner beabsichtige nunmehr konkret, sich weitgehend bzw nahezu seines gesamten Vermögens zu entäußern und alles dieser Frau zu schenken.
Schon vor dem Tod der Erblasserin sei geplant gewesen, das nicht protokollierte Unternehmen in eine GmbH einzubringen, ebenso die Betriebsliegenschaften. Gesellschafterinnen hätten die Antragstellerinnen je zur Hälfte werden sollen. Auch nach dem Tode ihrer Mutter hätten die Antragstellerinnen davon ausgehen können, Eigentümerinnen des gesamten Unternehmens einschließlich der Hälfte des Antragsgegners zu werden. Daher sei die vorerst zwischen dem Antragsgegner und seiner Ehefrau bestandene Praxis (oder Vereinbarung) über die Benützung der Liegenschaften nicht aufgelöst und auch kein Benützungsentgelt gefordert worden. Es seien bereits Schenkungen zu Gunsten von Christine H***** erfolgt. Der Antragsgegner habe auch seine Gewerbeberechtigung zu ihren Gunsten zurückgelegt. Die für die vorerst unentgeltliche Überlassung der Hälfte der Betriebsliegenschaft maßgebenden Umstände hätten sich daher grundlegend geändert. Die Antragstellerinnen hätten die Vereinbarung, soweit sie ausdrücklich oder konkludent bestanden habe, aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung bzw soweit möglich auch rückwirkend mit dem Tod der Erblasserin aufgelöst. Schließlich habe der Antragsgegner im Juni 2000 eine ungerechtfertigte Strafanzeige gegen die Antragstellerinnen wegen des behaupteten Diebstahls von Sparbüchern erstattet und gegen sie sowie gegen den Ehegatten und einen Sohn der Erstantragstellerin Privatanklage wegen Datenbeschädigung erhoben. Den Ehegatten der Klägerin habe er unberechtigt entlassen. Aus all diesen Gründen sei den Antragstellerinnen die Aufrechterhaltung einer unentgeltlichen Zurverfügungstellung ihrer Hälfteanteile unzumutbar. Vorsichtshalber sei nochmals mit Schreiben vom 12. April 2002 die Auflösung der Benützungsvereinbarung aus den genannten wichtigen Gründen erklärt worden.
Das Testament der Erblasserin sei entgegen langjähriger erklärter Absichten auf massives Betreiben des Antragsgegners unterschrieben worden. Die Mutter habe aber ungeachtet mehrfacher Bekundungen nicht mehr die Kraft gefunden, die letztwillige Verfügung abzuändern. Im Bewusstsein, dass die Erbseinsetzung nicht dem wahren Willen seiner Ehegattin entsprochen habe, habe der Antragsgegner in das Erb- und Pflichtteilsübereinkommen eingewilligt. Damit sei dem wahren Willen der Verstorbenen wiederum Geltung verschafft worden. Es sei nicht nur stillschweigende, sondern sogar ausdrückliche Grundlage des Testaments gewesen, dass das Vermögen beider Eheleute letztlich deren Töchtern und ihren Familien zufallen solle. Im Hinblick auf das Testament verstoße die Vorgangsweise des Antragsgegners gegen Treu und Glauben.
Der Antragsgegner wendete im Wesentlichen ein:
Grundlage des Erb- und Pflichtteilsübereinkommens sei gewesen, dass der Antragsgegner zu seinen Lebzeiten für die Liegenschaften kein Benützungsentgelt zahlen müsse und sie allein benützen könne. Sonst wäre sein Verzicht auf ganz erhebliche Vermögenswerte, die noch dazu die Grundlage seiner Existenz darstellten, nicht begreiflich. Das geforderte Benützungsentgelt wäre im Übrigen aus Mitteln des Betriebs niemals zu erwirtschaften. Die Parteien hätten keine Vereinbarung über ein Benützungsentgelt geschlossen. Dies wäre schlicht unverständlich, wäre nicht Unentgeltlichkeit vereinbart worden. Auch seiner Ehegattin habe der Antragsgegner kein Benützungsentgelt bezahlt, weil eben Unentgeltlichkeit vereinbart worden sei. Richtig sei, dass er die Gewerbeberechtigung in der Zwischenzeit zurückgelegt habe und - allerdings wahrheitsgemäß - Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft erstattet und zwei Privatanklagen erhoben habe. Aus einer von ihm angedachten Veränderung der Gesellschaftsform seien keine Rechte der Antragstellerinnen abzuleiten. Das Ansinnen der Antragstellerinnen auf Freigabe der von ihnen zur Verfügung gestellten Sicherheiten stehe der getroffenen Vereinbarung entgegen. Die Bank sie auch nicht bereit, die als Sicherheit dienenden Sparbücher vorzeitig freizugeben. Ein Darlehen aus der Sphäre der Antragstellerinnen sei dem Antragsgegner nicht zugezählt worden. Zahlungen seien mit Widmung der teilweisen Schadensgutmachung im Zusammenhang mit einem treuwidrigen Verhalten des Ehegatten der Erstantragstellerin erfolgt.
Stillschweigende Geschäftsgrundlage für das Erb- und Pflichtteilsübereinkommens sei der Fortbestand der Benützungsregelung zwischen den Ehegatten betreffend die Betriebsliegenschaften gewesen. Aus wirtschaftlicher Sicht stelle der Erbverzicht eine unentgeltliche Zuwendung an die Antragstellerinnen unter der Prämisse des Fortbestands der Benützungsregelung dar. Mit der nunmehrigen Antragstellung verstießen sie krass gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Im Hinblick auf das Testament der Ehegattin des Antragsgegners stünde sein Verhalten, Vermögen an außerfamiliäre Personen zu übertragen, auch nicht im Widerspruch zum Willen der Erblasserin.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen nahm es eine den Antragstellerinnen auch wohl bekannte stillschweigende Vereinbarung zwischen der Erblasserin und dem Antragsgegner an, der zufolge dieser seit Jahrzehnten berechtigt gewesen sei, den Hälfteanteil der Erblasserin an den Betriebsliegenschaften unentgeltlich zu benützen. Diese Benützungsvereinbarung sei auf die Antragstellerinnen als gesetzliche Erben übergegangen. Die Antragstellerinnen seien dadurch, dass sich der Antragsgegner seines Erbrechts entschlagen habe, im hohen Maße begünstigt worden. Statt einem Pflichtteilsanspruch von insgesamt rund 2 Mio S hätten sie Vermögenswerte von rund 6 Mio S erhalten, von denen die dem Antragsgegner in Abgeltung seines Pflichtteils eingeräumten Rechts in Abzug zu bringen seien. Auf Grund dieser Umstände widerspreche das auf ein monatlichen Benützungsentgelt von 240.000 S gerichtete Begehren der Antragstellerinnen im konkreten Einzelfall den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die Erbsentschlagung sei als zweiseitiger Vertrag anzusehen, der auch Elemente der Entgeltlichkeit aufweise, bei dem aber der Charakter der unentgeltlichen Zuwendung überwiege. Auf Grund der mangelnden Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung widerspreche das Begehren der Antragstellerinnen dem natürlichen Rechtsempfinden. Es widerstreite den guten Sitten, Geschenknehmern zu ermöglichen, aus geschenkten Vermögenswerten Kapital in einem für das Einzelunternehmen des Geschenkgebers gar nicht finanzierbaren Umfang zu schlagen. Der Antragsgegner habe darauf vertrauen dürfen, auch nach Übertragung der Liegenschaftsanteile an die Antragstellerinnen die Betriebsliegenschaften zumindest so lange weiter unentgeltlich benützen zu können, als er selbst auf diesen sein Unternehmen betreibe. Außerdem fehle es auch an einem wichtigen Grund für die Kündigung der Benützungsvereinbarung. Am maßgeblichen Sachverhalt habe sich seit Abschluss des Übereinkommens in Wahrheit nichts geändert. Die ins Treffen geführten wichtigen Gründe resultierten allesamt aus allenfalls geänderten Absichten des Antragsgegners in Ansehung seiner Betriebs- und Vermögensnachfolge und aus damit einhergehenden Auseinandersetzungen aller Art. Davon bleibe aber die bestehende Miteigentümergemeinschaft im Grunde unberührt.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die zweite Instanz vertrat im Wesentlichen folgende Rechtsansicht:
Nach stRsp könne das aus einer Benutzungsregelung resultierende Dauerrechtsverhältnis aus wichtigen Gründen gelöst werden. Bei einseitiger Auflösungserklärung trete die Benützungsvereinbarung erst mit Neuregelung durch den Außerstreitrichter außer Kraft. Bei der Benützungsvereinbarung wirke die Gesamtrechtsnachfolge (hier der Antragstellerinnen) wie eine Vertragsübernahme, sofern nicht das Benützungsrecht als höchstpersönliches Recht begründet gewesen sei. Das treffe auf die Benützungsvereinbarung des Antragsgegners und seiner Ehegattin nicht zu. Die Antragstellerinnen seien daher mit der Einantwortung in diese Benützungsvereinbarung eingetreten. Der bloße Umstand, dass der Antragsgegner seine Konzession zurückgelegt habe, sei ohne rechtliche Relevanz, weil damit keine vermögensrechtliche Verschiebung verbunden sei. Das Unternehmen stehe nach wie vor im Eigentum des Antragsgegners. Dass das Unternehmen an familienfremde Personen überlassen werde, sei nicht festgestellt worden. Konkrete Maßnahmen des Antragsgegners in dieser Richtung hätten die Antragstellerinnen in erster Instanz beweisen müssen.
Nach herrschender Meinung sei ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Dauerrechtsverhältnisses, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen des Verlusts des Vertrauens in den Partner, schwerwiegender Leistungsstörungen oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar geworden sei. Entgegen der offensichtlichen Auffassung des Erstgerichts sei ein Begehren auf Benützungsentgelt überhaupt nur denkbar, wenn ihm eine wirksame Auflösungserklärung vorangegangen sei, die die Benützungsvereinbarung zu beseitigen geeignet sei. Die Antragstellerinnen seien, wie sich aus ihrem Vorbringen ergebe, nicht an einer Neuordnung der Benützungsverhältnisse, sondern überwiegend unter Beibehaltung derselben an der Zahlung eines Benützungsentgelts interessiert. Unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalls sehe das Rekursgericht in der Ausübung des Rechts der Antragstellerinnen auf Auflösung des Dauerrechtsverhältnisses eine missbräuchliche Rechtsausübung. Da sie lediglich aus der Erbrechtsentschlagung des Antragsgegners die Eigentumsanteile an den betreffenden Liegenschaften erlangt hätten, der Betrieb auf den Liegenschaften nach wie vor dem Antragsgegner gehöre und sie nunmehr aufgrund der gescheiterten Gesellschaftsgründung und nicht stattgefundenen Firmenbeteiligung ein Benützungsentgelt forderten, fehle ihnen ein geschütztes Ausübungsinteresse. In einem solchen Fall komme dem Grundsatz von Treu und Glauben iS einer missbräuchlichen Rechtsausübung Bedeutung zu. Dagegen sei die Höhe des Benützungsentgelts nicht von rechtlicher Bedeutung. Da wegen der Missbräuchlichkeit der Auflösungserklärung die bisherige Benützungsregelung nicht beseitigt werde, seien über die Höhe einer allfälligen Ausgleichszahlung keine Überlegungen anzustellen. Daher könne auch dahingestellt bleiben, ob die ins Treffen geführten Gründe für die Auflösung der Benützungsregelung ausreichend gewesen seien.
Zur missbräuchlichen Rechtsausübung im gegebenen Zusammenhang fehle es an Rsp des Obersten Gerichtshofs. Der Klärung der Frage, ob eine an sich gesetzlich gedeckte Auflösungserklärung eines Dauerrechtsverhältnisses aufgrund zu missbilligender Interessen der Erklärenden als sittenwidrig unwirksam sei, komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen, mit dem sie in erster Linie die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen in eine Antragstattgebung begehren, hilfsweise aber einen Aufhebungsantrag stellen.
Der Antragsgegner erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist iS seines Eventualantrags berechtigt.
Über das Vermögen des Antragsgegners wurde mit Beschluss vom 17. Dezember 2002 das Konkursverfahren eröffnet. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der Antragstellerinnen zurück, es möge aussprechen, dass das Verfahren zufolge Eröffnung des Konkurses unterbrochen sei (ON 21). An diese Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gebunden, weshalb die Frage einer allfälligen Unterbrechung des Verfahrens nicht weiter zu erörtern ist.
In ihrem Revisionsrekurs machen die Antragstellerinnen ausdrücklich Neuerungen geltend. Zum Ersten sei der Antragsgegner (am Tag der Beschlussfassung zweiter Instanz) in Konkurs gefallen und dessen Unternehmen werde vorläufig von einem Masseverwalter fortbetrieben. Weiters seien in der Hauptverhandlung vom 11. Dezember 2002 sämtliche Beschuldigte von allen vom Antragsgegner erhobenen Vorwürfen rechtskräftig freigesprochen worden.
Soweit sich die Antragstellerinnen auf diese Umstände zur Begründung ihrer Ansicht berufen, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht die Auflösungserklärung als rechtsmissbräuchlich oder als sittenwidrig unwirksam beurteilt, ist ihnen zu erwidern, dass im Verfahren außer Streitsachen nach stRsp neue Tatsachen, die erst nach der Entscheidung erster Instanz eingetreten sind, ungeachtet des § 10 AußStrG nicht zu berücksichtigen sind (6 Ob 190/02p; RIS-Justiz RS0006928). Auf das neue Vorbringen kann daher im Rahmen der Revisionsrekursentscheidung nicht Bedacht genommen werden.
Im Ergebnis zu Recht wenden sich die Antragstellerinnen allerdings gegen die Ansicht der Vorinstanzen, der Antrag auf Benützungsregelung bzw Festsetzung eines Benützungsentgelts müsse an missbräuchlicher Rechtsausübung ihrerseits scheitern bzw sei die vorgenommene Auflösungserklärung als sittenwidrig unwirksam.
Wie sich aus dem Rechtsmittel der Antragstellerinnen ergibt, bestreiten sie weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht, dass zwischen ihrer Rechtsvorgängerin im Miteigentum und dem Antragsgegner eine Benützungsvereinbarung stillschweigend zu Stande gekommen war, wonach dieser unentgeltlich die Gesamtliegenschaft für Zwecke seines Unternehmens benützen könne. Ebenso blieb die zutreffende Ansicht des Rekursgerichts unbestritten, wonach eine gerichtliche Benützungsregelung, aber auch bloß das Festsetzen eines Benützungsentgelts die Auflösung der bestehenden Benützungsvereinbarung (hier gestützt auf wichtigen Grund) zur Voraussetzung hat. Nach stRsp ist damit eine gerichtliche Benützungsregelung unzulässig, solange eine rechtswirksame Benützungsvereinbarung besteht (5 Ob 87/90 = ImmZ 1991, 270 = MietSlg 42/32; 5 Ob 108/92 = MietSlg 44/34; Gamerith in Rummel3 § 835 ABGB Rz 5 und Hofmeister/Egglmeier in Schwimann2 § 835 ABGB Rz 19 mwN auch der zweitinstanzlichen Rsp). Ein Benützungsentgelt ist auch dann vom Außerstreitrichter festzusetzen, wenn sich die Miteigentümer (wie auch offenbar hier) zwar über die Benützung des gemeinsamen Grundstücks, nicht aber über das hiefür zu leistende Entgelt einig sind. Erfolgte aber auch eine Einigung über das Benützungsentgelt, dann ist sohin für eine Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen kein Raum (2 Ob 624/86 = MietSlg 38.058 mwN). Die Antragstellerinnen haben nun bereits in erster Instanz mehrere wichtige Gründe behauptet, die ihrer Ansicht nach die vorzeitige Auflösung der Vereinbarung der entgeltfreien Benützung der gemeinsamen Liegenschaften durch den Antragsgegner rechtfertigen. Von diesen Gründen wurde von der zweiten Instanz nur jener abschließend beurteilt, der sich mit der Vereitelung der Erwartung der Antragstellerinnen befasst, das Familienvermögen übertragen zu erhalten. Im Übrigen hat sich die zweite Instanz aber ohne eine Berechtigung der Antragstellerinnen zur vorzeitigen Auflösung der Benützungsvereinbarung und darauf aufbauend auf gerichtliche Benützungsregelung anzuerkennen, zur Begründung der Abweisung des Antrags allein auf rechtsmissbräuchliches Verhalten ihrerseits gestützt. In diesem Zusammenhang ist der Auffassung der zweiten Instanz entgegenzutreten, der Oberste Gerichtshof habe bisher das Kriterium des augenscheinlich in Vordergrund stehenden Schädigungszwecks und des Zurücktretens anderer Ziele der Rechtsausübung nur im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen angewendet. Vielmehr ist er beispielsweise bereits zu § 1052 ABGB der Ansicht der Lehre gefolgt, missbräuchliche Rechtsausübung liege auch vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (SZ 62/169). In der Entscheidung SZ 63/49 wurden die in der Rekursentscheidung genannten Rechtssätze im Zusammenhang mit dem Erlöschen einer Rechnungslegungspflicht angewendet. In der Entscheidung 6 Ob 326/99f wurde anhand der genannten Kriterien die Wirksamkeit einer Stundungsvereinbarung geprüft.
Gerade, wenn man sich die noch darzustellenden Voraussetzungen für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, insbesondere aber einer Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern vor Augen hält, wird deutlich, dass in derartigen Fällen die Berufung auf schikanöse oder rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung in aller Regel nicht zu prüfen ist, weil bei Vorliegen von deren Voraussetzungen bereits die Berechtigung der Auflösung der Benützungsvereinbarung aus wichtigem Grund zu verneinen sein wird. Wäre nämlich das in Rsp und Lehre immer wieder betonte ganz krasse Missverhältnis zwischen den Interessen des Rechtsausübenden und den beeinträchtigten Interessen des Betroffenen (vgl etwa Krejci im Rummel3 § 879 ABGB Rz 138c) zu bejahen, müsste man schon - logisch vorher - das Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Beendigung der bestehenden Vereinbarung verneinen. So leuchtet keineswegs ein, dass es des Rekurses auf das Rechtsinstitut des Rechtsmissbrauches bedürfte, um die Auflösung der Benützungsregelung als unwirksam zu beurteilen, wenn dies, wie vom Rekursgericht, darauf gestützt wird, dass den Antragstellerinnen deshalb ein geschütztes Interesse fehle, weil sie nur durch die Erbsentschlagung des Antragsgegners Miteigentümerinnen der Liegenschaften geworden seien, der darauf geführte Betrieb nach wie vor dem Antragsgegner gehöre und die angestrebte Gesellschaftsgründung gescheitert sei. Es wäre wohl ein krasser Wertungswiderspruch, in solchen Umständen einen wichtigen Grund zu sehen, der "an sich" zur Auflösung berechtigen würde, dann jedoch aus denselben Umständen auf Rechtsmissbrauch zu schließen. Schließlich beruft sich das Rekursgericht selbst auf die Entscheidung 7 Ob 206/00w, wonach nur dann ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Dauerrechtsverhältnisses gegeben sei, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen des Verlusts des Vertrauens in den Partner, schwerwiegender Leistungsstörung oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar geworden sei.
Nach stRsp können Dauerschuldverhältnisse aus wichtigen Gründen aufgelöst werden, wenn einem Teil die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist, wobei die Auflösung das "äußerste Notventil" ist. Bei der Beurteilung, ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, ist daher ein strenger Maßstab anzulegen, die Gründe müssen ein erhebliches Gewicht haben (3 Ob 274/02v = immolex 2003/59 mwN). Das gilt auch für Benützungsvereinbarungen über im Miteigentum stehende Liegenschaften (Gamerith in Rummel3 § 834 ABGB Rz 4; Hofmeister/Egglmeier aaO § 834 ABGB Rz 26, je mN).
Ein derartig wichtiger Grund zur Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses wurde etwa bejaht, wenn ein Partner zumindest grob fahrlässig gegen Vertragspflichten verstieß (5 Ob 549/82). In so einem Fall könnte dem anderen die Fortsetzung des Schuldverhältnisses nicht zugemutet werden. Einem derartigen groben Fehlverhalten wird man auch eine zumindest grob fahrlässig unrichtige Strafanzeige bzw Privatanklage gegen die Miteigentümer gleich halten müssen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls kann auch die wiederholte Nichterfüllung von Vertragspflichten, die zu Klageführung nötigte, grundsätzlich einen Auflösungsgrund bilden (9 Ob 233/01g). Wenngleich bei Dienstbarkeiten und ähnlichen Verhältnissen, die nicht auf dem Fortbestand des gegenseitigen Vertrauens beruhen, besonders strenge Voraussetzungen für die vorzeitige Auflösung des Rechtsverhältnisses gelten sollen (RIS-Justiz RS0011519), kann dies für die Miteigentumsgemeinschaft, die jedenfalls bei der Verwaltung auch ein Zusammenwirken voraussetzt, nicht gelten.
Schon jetzt kann gesagt werden, dass die mangelnde Erfüllung der Erwartung der Antragstellerinnen in Bezug auf die Gründung einer Gesellschaft und die Erlangung des Unternehmens des Antragsgegners keinen wichtigen Grund zur Auflösung der seinerzeit zwischen dem Antragsgegner und ihrer Mutter geschlossenen Benützungsvereinbarung darstellen. Dass Derartiges bereits dieser Vereinbarung zugrunde gelegen wäre, wurde ja gar nicht geltend gemacht. Dann können aber nachträglich erweckte und in der Folge vereitelte Erwartungen der neuen Miteigentümerinnen die Unzumutbarkeit der weiteren unentgeltlichen Benützung durch den Antragsgegner nicht rechtfertigen.
Keinesfalls kann es auch einen wichtigen Grund zur Auflösung der Vereinbarung darstellen, dass infolge des Erb- und Pflichtteilsübereinkommens der behauptete tatsächliche Wille der Erblasserin letztlich ohnehin verwirklicht worden sei, wie auch noch im Revisionsrekurs vorgebracht wurde. Auch die Vermutung, dass die Erblasserin den Antragsgegner in Kenntnis der späteren Vorfälle nie zu ihrem Universalerben gemacht hätte, kann schon deswegen keine Rolle spielen, weil ja, wie bereits dargelegt wurde, der Antragsgegner sich dieses Erbrecht ohnehin mit der Wirkung entschlug, dass die beiden leiblichen Töchter (Antragstellerinnen) die Erbschaft antreten konnten. Dass die Überlassung von nicht im Zusammenhang mit dem Betonwerk und den im Miteigentum stehenden Liegenschaften stehenden Vermögenswerten an eine Außenstehende die Auflösung der Benützungsregelung nicht rechtfertigen, hat bereits das Rekursgericht zutreffend erkannt. Dagegen werden in Wahrheit auch im Revisionsrekurs keine Argumente vorgebracht.
Aus der dargestellten Rechtslage folgt, dass es im Zusammenhang mit dem behaupteten Strafanzeigen und Privatanklagen sowie den zivilrechtlichen Forderungen der Antragstellerinnen gegen den Antragsgegner an Feststellungen fehlt, die die Beurteilung ermöglichen würden, ob wichtige Gründe für die Auflösung der Benützungsvereinbarung vorliegen. Nur dies erfordert die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der außerstreitigen Rechtssache an das Erstgericht, das nach entsprechender Verfahrensergänzung erneut über den Antrag zu entscheiden haben wird.
Wie schon vom Rekursgericht davon ausgeführt wurde, gibt es im Verfahren außer Streitsachen - mangels hier nicht vorliegender Sonderregelungen - keinen Kostenersatz, weshalb die Parteien die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen haben.
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