OGH 2Ob89/03g

OGH2Ob89/03g12.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 21. Oktober 1991 geborenen, mj Valerie Kristin G*****, vertreten durch Dr. Anneliese Lindorfer, Rechtsanwältin in Kitzbühel, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Hans G*****, vertreten durch Dr. Peter, Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 14. Februar 2003, GZ 54 R 145/02y-54, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 2. Oktober 2002, GZ 5 P 109/01f-46, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichtes wird im Umfange der Anfechtung aufgehoben. Zugleich wird auch der Beschluss des Erstgerichtes in diesem Umfang aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Pflegebefohlene beantragte, den Vater rückwirkend im Zeitraum 1. 2. 2001 bis 31. 8. 2001 zur ergänzenden monatlichen Unterhaltsleistungen von S 6.675,- -, sowie beginnend mit September 2001 zur laufenden monatlichen Unterhaltszahlungen in der Höhe von S 15.000,-- zu verpflichten. Sie brachte dazu vor, der Vater erbringe keine nennenswerten Naturalleistungen, sondern überlasse ihr seit Februar 2001 lediglich einen monatlichen Betrag von S 5.000,- -. Dieser Betrag entspreche aber bei weitem nicht seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Unter Bedachtnahme auf ein von ihm erzieltes monatliches Einkommen von jedenfalls S 300.000,-- sei er zur Zahlung angemessener Unterhaltsbeiträge in der Höhe von monatlich S 15.000,-- zu verpflichten; lediglich für die Vergangenheit werde "der Einfachheit halber" ein niedriger Betrag begehrt.

Der Vater wendete ein, er sei lediglich zur Leistung von Naturalunterhalt verpflichtet, diese Verpflichtung werde von ihm nicht verletzt.

Dem hielt die Pflegebefohlene entgegen, dass sie seit September 2001 eine Mittelschule in München besuche. Von einer "gemeinsamen Haushaltsführung" könne nicht die Rede sein. Der Vater sei zur Leistung von Geldunterhalt verpflichtet, diese Verpflichtung verletze er. Weiters beantragte die Pflegebefohlene den Vater über die von ihr geforderten laufenden Unterhaltszahlungen hinaus zur Leistung monatlicher Sonderunterhaltszahlungen in der Höhe von S 13.077,-- zu verpflichten, weil sie seit September 2001 in München eine Schule für hochbegabte Kinder besuche und mit diesem Schulbesuch eine Halbinternatsunterbringung verbunden sei. Weiters solle der Vater dazu verhalten werden, die wöchentlichen Fahrtkosten sowie die Aufwendungen für eine in München angemietete Wohnung zur Hälfte zu übernehmen.

Dem trat der Vater mit der Begründung entgegen, es handle sich bei der von der Pflegebefohlenen besuchten Schule um ein "normales Gymnasium"; verglichen mit einem jederzeit möglichen Schulbesuch in Österreich seien keine Vorteile erkennbar.

Schließlich beantragte die Pflegebefohlene den Vater beginnend mit 1. 2. 2002 zu weiteren erhöhten Sonderunterhaltszahlungen von monatlich EUR 204,52 zu verpflichten, weil sie mit diesem Zeitpunkt in ein "Vollinternat" gewechselt sei. Der Grund sei ausschließlich in mit dem Scheidungsverfahren der Eltern zusammenhängenden psychischen Problemen gelegen. Durch die Internatsunterbringung sei gewährleistet, dass sich ihre in letzter Zeit stark zurückgegangenen schulischen Leistungen wiederum verbessern würden und sie sich generell psychisch konsolideren könne.

Dazu brachte der Vater vor, die Maßnahme diene nur dazu, die Mutter von den ihr obliegenden Betreuungsleistungen zu entbinden.

Der Vater hat mit Schriftsatz vom 19. 4. 2002 zwei Aufstellungen vorgelegt, in denen er die von ihm für die Pflegebefohlene im Zeitraum 8. 1. 2001 bis Ende März 2002 erbrachten zusätzlichen Leistungen aufschlüsselte. Diese Positionen wurden von der Pflegebefohlenen bestritten. Daraufhin legte der Vater ein Konvolut von Rechnungen vor. Er hat auch zugestanden, über ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich "zumindest EUR 4.250,- -" zu verfügen, also ein Einkommen zu erzielen, welches ihn grundsätzlich in die Lage versetze, Unterhaltszahlungen in Höhe des 2,5-fachen des Regelbedarfes zu leisten.

Regelmäßige Zahlungen in der Höhe von monatlich S 5.000,-- (EUR 363,36) wurden von der Pflegebefohlenen außer Streit gestellt.

Das Erstgericht hat den Vater beginnend mit 1. 3. 2001 zu regelmäßigen monatlichen Unterhaltszahlungen in der Höhe des 2,5-fachen des Regelbedarfes verpflichtet (März bis Juni 2001: EUR 605,- -; Juli bis September 2001: EUR 625,- -; ab 1. 10. 2001: EUR 720,- -) und ausgeführt, dass hierauf lediglich die von ihm regelmäßig erbrachten Geldleistungen (März 2001: EUR 457,84; ab 1. 4. 2001: EUR 363,36) anzurechnen seien. Weiters wurde der Vater verpflichtet, an Sonderunterhalt die Unterbringungskosten der Minderjährigen im Internat zur Gänze zu tragen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde abgewiesen.

In rechtliche Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei unter Zugrundelegung des vom Vater selbst zugestandenen monatlichen Nettoeinkommens nicht zweifelhaft, dass er den 2,5-fachen Regelbedarf zu leisten habe. Zu seinen Gunsten seien die von ihm monatlich geleisteten Geldzahlungen zu berücksichtigen, nicht aber darüber hinausgehende Aufwendungen. Vom Vater getragene Betriebskosten für das Haus in Kitzbühel seien zwar anrechenbar; im vorliegenden Fall sei es dem Vater im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse aber zumutbar, für diese Kosten allein aufzukommen, dies auch deshalb, weil die Pflegebefohlene das Haus seit 1. 9. 2001 nur noch selten bewohne. Da sich das Pflegschaftsgericht aber auch aus verfahrensökonomischen Gründen nicht imstande sehe, auf die jeweiligen Posten im Detail einzugehen, könnten ausschließlich die vom Vater bisher geleisteten Geldzahlungen Berücksichtigung finden.

Weiters führte das Erstgericht aus, die Kosten der Unterbringung im Internat im München seien als Sonderbedarf "anzuerkennen", weil feststehe, dass diese Maßnahme gerechtfertigte, in der Person der Minderjährigen gelegene Gründe habe. Auch die Tragung dieser Kosten sei dem Vater im Hinblick auf die aktenkundigen, vermutlich weit über dem zugestandenen Einkommen liegenden Einkünfte zumutbar. Die darüber hinausgehenden Fahrtkosten sowie die vorerst begehrten Mietkosten seien aber nicht zuzusprechen.

Das gegen den antragsstattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes angerufene Rekursgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass der Vater verpflichtet wurde, zum Unterhalt der Minderjährigen im September 2001 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von EUR 625,- -, sowie beginnend mit 1. 10. 2001 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von EUR 720,-- zu bezahlen, wobei die vom Vater vom 1. 9. 2001 bis zumindest 1. 8. 2002 regelmäßig freiwillig geleisteten Zahlungen in der Höhe von monatlich jeweils EUR 363,36 auf den Geldunterhaltsanspruch anzurechnen seien.

Das Mehrbegehren zur Zahlung weiterer Unterhaltsbeiträge wurde abgewiesen.

Weiters wurde der Vater verpflichtet, für die Pflegebefohlene einen monatlichen Sonderunterhalt für die Internatsunterbringung im nachstehenden Umfang zu leisten:

vom 1. 9. 2001 bis 31. 1. 2002 monatlich EUR 71,22

vom 1. 2. 2002 bis 31. 8. 2002 monatlich EUR 172,96

ab 1. 9. 2002 monatlich EUR 180,--

Das Mehrbegehren zur Erbringung weiterer Sonderunterhaltszahlungen wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, es änderte diesen Ausspruch über Antrag des Vaters aber mit Beschluss vom 11. 4. 2003 dahin ab, dass der Revisionsrekurs für zulässig erklärt wurde.

Hinsichtlich des Zeitraumes 1. 2. 2001 bis 31. 8. 2001 führte das Rekursgericht aus, der Vater habe seine Unterhaltsverpflichtung in dieser Zeit nicht verletzt.

Beginnend mit 1. 9. 2001 liege aber eine Unterhaltsverletzung vor, weil sich selbst unter Heranziehung der vom Vater vorgelegten Auflistung ergebe, dass die von ihm seitdem erbrachten Leistungen den tatsächlich geschuldeten monatlichen Unterhaltsbeitrag (EUR 625,- - im September 2001, EUR 720,- - ab 1. 10. 2001), nicht erreichten.

Daraus folge, dass der Vater ab 1. 9. 2001 Geldunterhalt (und zwar in Höhe des 2,5-fachen des Regelbedarfes) schulde; unstrittig sei, dass die von ihm regelmäßig erbrachten Geldzahlungen in der Höhe von EUR 363,36 darauf in Anrechnung zu bringen seien.

Eine Berücksichtigung der in der Aufstellung des Vaters enthaltenen und von der Mutter zugestandenen Optiker- und Augenarztkosten (S 5.380,- - = EUR 390,98) scheitere daran, dass es sich bei diesen Aufwendungen unzweifelhaft um Sonderbedarf der Pflegebefohlenen handle; dessen Tragung sei dem Vater im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse zumutbar und könne von der laufenden Unterhaltspflicht nicht in Abzug gebracht werden. Dies gelte auch für die Ausgaben des Vaters für die Krankenzusatzversicherung seiner Tochter. Gerade im Hinblick auf die aktenkundige Behinderung der Pflegebefohlenen handle es sich um einen hier nicht zu berücksichtigenden Sonderbedarf.

Hinsichtlich der Betriebskosten für das Haus in Kitzbühel führte das Rekursgericht aus, dass Aufwendungen, die der Unterhaltsschuldner lediglich deshalb erbringe, um die von den Unterhaltsberechtigten (mit-)benützte Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten, (auch) der Beistellung von Wohnraum für die Unterhaltsberechtigten diene und deshalb grundsätzlich als Naturalunterhaltsleistung zu beurteilen seien. Im vorliegenden Fall sei es unstrittig, dass der Vater derartige Leistungen für das Haus in Kitzbühel tatsächlich erbringe, doch scheide die von ihm begehrte "Drittelanrechnung" schon deshalb aus, weil bei einer solchen ein unverhältnismäßig hoher Anteil der zu erbringenden Unterhaltsleistungen auf den Wohnbedarf der Unterhaltsberechtigten entfiele und andere Bedürfnisse nicht mehr angemessen gedeckt werden könnten. Wenngleich eine geringfügigere Berücksichtigung der Leistungen in Frage komme, sei hier zu bedenken, dass sich die Pflegebefohlene seit 1. 9. 2001 bei weitem überwiegend in München aufhalte und das Haus in Kitzbühel nur noch an den Wochenenden und in den Schulferien benütze. Bei einer derart geringfügigen faktischen Nutzung durch die Minderjährige erscheine es unbillig, die vom Vater dafür erbrachten Aufwendungen auf den Geldunterhaltsanspruch in Anrechnung zu bringen.

Zur Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" in § 12a FLAG durch den Verfassungsgerichtshof führte das Rekursgericht aus, dass sich aus der vom Vater vorgelegten Einkommenssteuererklärung kein zu versteuerndes Einkommen ergebe. Allein im Hinblick darauf könne die vom Vater begehrte "steuerliche Entlastung" nicht erfolgen.

Daraus ergebe sich, dass der Vater beginnend mit 1. 9. 2001 zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeiträge in der Höhe des 2,5-fachen des Regelbedarfes verpflichtet sei und auf den Geldunterhaltsanspruch der Minderjährigen ausschließlich die von ihm monatlich erbrachten Geldzahlungen von EUR 363,36 angerechnet werden könnten.

Was die Unterbringungskosten der Pflegebefohlenen im Internat in München betrifft, vertrat das Rekursgericht die Meinung, dass die Mutter dessen ungeachtet Betreuungsleistungen erbringe, und zwar auch dann, wenn sich das Kind gegen den Willen des Vaters bei ihr aufhalte; selbst eine Verletzung der Betreuungspflicht durch die Mutter habe keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater.

Nach dem maßgeblichen Akteninhalt könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Internatsunterbringung nicht allein im Interesse der Mutter liege, sondern hiefür auch berücksichtigungswürdige Gründe in der Person des Kindes gegeben seien. Aus dem vom Erstgericht mit dem Schulleiter des M*****Stiftes in München geführten Telefonat ergebe sich, dass es sich bei dieser Schule um ein "gewöhnliches Gymnasium" handle, dessen Besonderheit nur darin bestehe, dass es eine reine "Mädchenschule" sei. Dies sei aber für die Pflegebefohlene von Vorteil, weil sie körperlich behindert sei. Der Schulleiter habe in diesem Telefonat darauf hingewiesen, dass "die erste Zeit sehr chaotisch gewesen sei", die Pflegebefohlene sei oftmals zu spät in die Schule gekommen und hätten sich ihre schulischen Leistungen sehr schlecht entwickelt. Deshalb habe er die Mutter vor die Entscheidung gestellt, die Pflegebefohlene entweder zur Gänze in das Internat zu geben oder sie von der Schule zu nehmen. Seit sie im Vollinternat untergebracht sei, entwickle sie sich sehr positiv. Seines Erachtens sei die nunmehr getroffene Regelung für die Pflegebefohlene notwendig, weil gewährleistet sei, "dass sie sich derart in Ruhe gelassen positiv entwickeln könne". Auch die Schulpsychologin des genannten Stiftes habe bestätigt, es sei sinnvoll, dass die Minderjährige zur Zeit aus familiären Gründen im Internat untergebracht werde. Hiezu komme, dass sich die Pflegebefohlene nach ihren eigenen Angaben im Internat sehr wohl fühle und sich einen Schulwechsel nicht vorstellen könne. Das Rekursgericht führte aus, unter Bedachtnahme auf all diese Umstände entspreche die seit 1. 9. 2001 bestehende Unterbringung der Pflegebefohlenen im Internat des M*****Stiftes in München (ab 1. 2. 2002: Vollinternat) dem Kindeswohl am Besten, weshalb der Vater auch dazu einen Beitrag zu leisten habe. Dabei erscheine aber die vom Erstgericht angeordnete Übernahme der gesamten Kosten durch den Vater überhöht. Doch sei es keineswegs unbillig, ihn mit der Hälfte der der Höhe nach jeweils belegten Internatskosten zu belasten, während die andere Hälfte aus dem ohnedies großzügig bemessenen Unterhalt aufzubringen sei.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil verschiedene im Rechtsmittel aufgeworfene Fragen einer Klärung durch den Obersten Gerichtshof bedürften.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, ihn derart abzuändern, dass

1.) der Antrag der Unterhaltsberechtigten auf Zuspruch von Sonderunterhalt-Internat abgewiesen werde;

2.) der Unterhaltsbeitrag unter Berücksichtigung des billigen Ausgleiches beginnend mit 1. 2. 2002 mit EUR 570,- - (EUR 720,- - EUR 150,- -) festgesetzt werde;

3.) der Naturalunterhalt von derzeit monatlich EUR 187,50 auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werde;

4.) die monatliche Krankenzusatzversicherung in Höhe von derzeit EUR 108,07 angerechnet werde und

5.) schließlich den bisher anzurechnenden Naturalunterhalt, Optiker- und Augenarztkosten von EUR 390,98 und Krankenzusatzversicherungsprämien in Höhe von monatlich EUR 103,44 ab September 2001 und EUR 108,07 ab Jänner 2002 in den Spruch als weitere anrechenbare Zahlungen auf einen eventuellen Unterhaltsrückstand aufzunehmen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Pflegebefohlene hat in der ihr eingeräumten Stellungnahme zum Revisionsrekurs des Vaters beantragt, dieses Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Der Vater der Pflegebefohlenen macht in seinem Rechtsmittel geltend, Sonderbedarf sei nur dann zuzusprechen, wenn dieser keine Deckung in der Differenz zwischen Regelbedarf (hier EUR 288,- -) und Bedarfsdeckelung = 2,5-facher Regelbedarf (hier EUR 720,- -) Deckung finde.

Weiters stellten die Kosten der Internatsunterbringung keinen Sonderbedarf dar, weil er immer dagegen gewesen sei und auch nicht zugestimmt habe. Schließlich habe die Mutter ihm vor der Unterbringung im Internat keine Möglichkeit zur Äußerung gegeben, weshalb von der kostengünstigeren Variante auszugehen sei. Da die Mutter kein Einkommen habe, komme es zu einer versteckten "Mitalimentierung".

Der Zuspruch des Sonderbedarfes sei daher vollinhaltlich abzuweisen.

Weiters sei das Rekursgericht von der Rechtsprechung abgegangen, wonach Naturalunterhalt für die Wohnung, in der sich das mj Kind nicht nur ausnahmsweise aufhalte, jedenfalls anzurechnen sei. Es könne nämlich bei den üblichen Schulferien von zumindestens drei Monaten im Jahr, zusammen mit den Wochenenden, keine Rede davon sein, dass dies nur ein vernachlässigbarer, kurzer Aufenthalt des Kindes in Kitzbühel sei. Es könne nicht wegdiskutiert werden, dass der diesbezügliche Aufwand im aliquoten Verhältnis aufgebracht werden müsse, um dem Kind den Aufenthalt in Kitzbühel zu ermöglichen. Möge auch eine Drittelanrechnung nicht Platz greifen, so wäre doch in billiger Weise nochmals der aliquote Teil von zumindest grob gerechnet der Hälfte anzurechnen gewesen.

Die Krankenzusatzversicherung sei im Einverständnis mit der Mutter geleistet worden, sie sei auf den zuzusprechenden Beitrag voll anzurechnen, noch dazu, wo diese Kosten im hohen Unterhaltsbeitrag Deckung fänden. Sehe man die Krankenzusatzversicherung als Sonderbedarf, dann finde dieser Sonderbedarf im 2,5-fachen Regelbedarf seine Deckung.

Auch die verfahrensgegenständlichen Optiker- und Augenarztkosten könnten nicht zusätzlich als Sonderbedarf zugesprochen werden, solange dieser Aufwand in der Differenz zwischen den geleisteten Unterhaltszahlungen und dem Regelbedarf gedeckt sei.

Auch die Ersparnis der Betreuungsleistung habe das Rekursgericht zu Unrecht vernachlässigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass die Pflegebefohlene voll im Internat sei, die Mutter sich also die Betreuungsleistung an zumindest fünf Tagen in der Woche erspare.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Über den Regelbedarf hinaus, kann ein Kind noch Sonderbedarf haben das ist jener Bedarf, der sich aus der Berücksichtigung der beim Regelbedarf bewusst außer Acht gelassenen Umstände des Einzelfalles ergibt (Stabentheiner in Rummel3, ABGB, § 140 Rz 3 mwN). Auch Ausbildungskosten können als Sonderbedarf anerkannt werden, auch die Kosten einer Unterbringung außerhalb des Hauses desjenigen Elternteiles, der einen Minderjährigen betreut, können Sonderbedarf sein, und zwar insbesondere dann, wenn eine gleichartige Berufsausbildung am Ort der Betreuung nicht möglich und eine tägliche Zureise vom Wohnort zum Ausbildungsort wegen der Verkehrsverhältnisse nicht möglich oder dem Kind nicht zumutbar ist (SZ 63/121; EFSlg 89.411 ua). Berücksichtigt man im vorliegenden Fall die besonders schwierige Situation der Pflegebefohlenen in dem von den Eltern gemeinsam bewohnten Haus in Kitzbühel und die offenbar mit der Internatsunterbringung verbundene Konsolidierung ihres psychischen Zustandes, bestehen nach Ansicht des erkennenden Senates keine Bedenken dagegen, die Kosten des Internates des M*****Stiftes in München als Sonderbedarf anzuerkennen.

Zutreffend verweist der Vater allerdings darauf, dass der vom Unterhaltspflichtigen zu bestreitende Sonderbedarf dann streng geprüft werden muss, wenn ohnehin regelmäßige Unterhaltsleistungen erbracht werden, die den Regelbedarf beträchtlich übersteigen. Eine solche Prüfung führt dazu, dass der Unterhaltspflichtige zur Deckung eines Sonderbedarfes nur dann verhalten werden darf, wenn der Unterhaltsberechtigte dartut, dass er trotz der den Regelbedarf erheblich überschreitenden Unterhaltsbeiträge außerstande wäre, diese Kosten auf sich zu nehmen. Ein solcher Beweis gelänge dem Unterhaltsberechtigten etwa dann, wenn er nachweisen könnte, dass der Überhang der regelmäßigen Unterhaltsleistungen durch die Bestreitung anderen anerkennenswerten Sonderbedarfes bereits aufgezehrt ist (RIS-Justiz RS0047525; EFSlg 89.397). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte lediglich deshalb nicht Unterhaltsbeiträge entsprechend der vollen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen erhält, weil er schon die Luxusgrenze erreicht hat; dann muss der Sonderbedarf zusätzlich zugesprochen werden, weil bei einer solchen Konstellation das Argument der nicht zu billigenden Überalimentierung des Unterhaltsberechtigten ins Leere ginge, sind doch Leistungen aus dem Titel des Sonderbedarfes zweckbestimmt und stehen nicht zur freien Verfügung des Unterhaltsberechtigten (Gitschthaler, Unterhaltsrecht, RZ 276). Entgegen der Ansicht des Vaters der Pflegebefohlenen ist daher der Antrag auf Zuspruch von Internatskosten nicht schon deshalb abzuweisen, weil sie in der Differenz zwischen dem Regelbedarf und der "Luxusgrenze" Deckung finden.

Allerdings muss in solchen Fällen dem Unterhaltspflichtigen auch bei der Berücksichtigung eines Sonderbedarfes ein zur Deckung der seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse entsprechender Betrag verbleiben (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 35 mwN). Eine Überschreitung der Prozentsatzkomponente ist nur bei existenznotwendigem Sonderbedarf oder bei sonst förderungswürdigen Kindern zulässig (EFSlg 86.095; 89.458 ua). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aber nicht gegeben.

Geht man von dem vom Vater zugestandenem durchschnittlichen Nettoeinkommen von EUR 4.250,-- aus, ergibt sich nach der Prozentmethode eine Unterhaltsverpflichtung von EUR 765,- -. Rechnet man zu dem vom Rekursgericht zugesprochenen Unterhalt von monatlich EUR 720,-- den Sonderunterhalt hinzu, so ergibt sich ein Betrag, der diese Summe übersteigt. Allerdings hat das Erstgericht das tatsächliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen nicht festgestellt, von der Pflegebefohlenen selbst wurde ein weitaus höheres Einkommen behauptet, als es der Vater zugestanden hat. Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Erstgericht das der Unterhaltsbemessung zugrundezulegende monatliche Nettoeinkommen des Vaters zu ermitteln haben. Nur dann, wenn der auf diese Weise nach der Prozentsatzmethode zu ermittelnde Unterhaltsbeitrag niedriger ist, als die Summe von allgemeinem Unterhalt und Sonderunterhalt, wird eine Kürzung des Sonderunterhaltes Internatskosten zu erfolgen haben.

Was nun die Frage der fehlenden Zustimmung des Vaters zur Unterbringung des Kindes im Internat in München betrifft, so kann dieser Umstand nicht dazu führen, dass die Pflegebefohlene den Anspruch auf den diesbezüglichen Sonderunterhalt verliert. Mag auch in einem solchen Fall nur jener Aufwand zu ersetzen sein, der bei einer den konkreten Lebensumständen des Kindes angemessenen Gebarung entstanden wäre (s hiezu Gitschthaler, aaO, Rz 298), so führt im vorliegenden Fall die Berücksichtigung des Wohles der Pflegebefohlenen dazu, die Kosten des Internates in München als Sonderbedarf anzuerkennen, weil sie sich dort psychisch konsolidieren konnte und wohl auch eine gewisse räumliche Distanz zu den Eltern ihrem Wohl dient.

Betreffend die Frage der Aufwendungen für das Haus in Kitzbühel, wird in einheitlicher Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass solche Aufwendungen, die der Unterhaltsverpflichtete lediglich deshalb erbringt, um die von den Unterhaltsberechtigten (mit-)benützte Wohnung im benützungsfähigen Zustand zu erhalten, also sogenannte Wohnungsbenützungskosten wie Betriebskosten, Kosten für elektrische Energie, Gas, Heizung udgl (auch) der Beistellung von Wohnraum für die Unterhaltsberechtigten dienen und deshalb als Naturalleistungen zu beurteilen sind (7 Ob 193/99d mwN). Kommen derartige anrechenbare Aufwendungen mehreren Personen zugute, so sind sie grundsätzlich nach Köpfen aufzuteilen (Schwimann, aaO. 96 mwN). Eine derartige "Drittelaufteilung" kommt aber hier schon deshalb nicht in Frage, weil sich die Pflegebefohlene nur während der Ferien und an den Wochenenden im Haus in Kitzbühel aufhält. Berücksichtigt man diesen Umstand, dann erscheint es angemessen, nur ein Drittel des auf die Pflegebefohlene entfallenden Drittelanteiles als Naturalunterhalt zu berücksichtigen. Sollte allerdings der Vater der Pflegebefohlenen maßgebliche Teile des Hauses für gewerbliche Zwecke nutzen, hätte eine entsprechende weitere Kürzung zu erfolgen. Da aber im vorliegenden Fall nicht feststeht, welche Naturalleistungen der Unterhaltspflichtige erbracht hat, ist auch aus diesem Grunde die Entscheidung des Erstgerichtes aufzuheben.

Hinsichtlich der Krankenzusatzversicherungsprämien wurde zum Teil die Ansicht vertreten, dass sie erbrachte Unterhaltsleistungen darstellen (EFSlg 88.334), zum Teil aber auch ausgeführt, sie seien nicht auf den Geldunterhaltsanspruch des Kindes anzurechnen (EFSlg 65.053). Der erkennende Senat schließt sich insoweit den Ausführungen von Gitschthaler, aaO, Rz 51 an, wonach bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen eine derartige Versicherung zum Lebensstandard gehört, während bei geringen Unterhaltsleistungen verhindert werden muss, dass durch die Anrechnung der Prämien zu wenig an tatsächlich geleistetem Geldunterhalt verbleibt. Bei den hier gegebenen überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen stellen daher die Krankenzusatzversicherungsprämien Naturalunterhalt dar.

Hinsichtlich der vom Vater bezahlten Kosten für Optiker- und Augenarzt wird im Rechtsmittel die Ansicht vertreten, diese seien zu berücksichtigen, weil sie in der Differenz zwischen den geleisteten Unterhaltszahlungen und dem Regelbedarf gedeckt seien. Hiezu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, wonach der Sonderbedarf zusätzlich zugesprochen werden kann, wenn der Unterhaltsberechtigte lediglich deshalb nicht Unterhaltsbeiträge entsprechend der vollen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen erhält, weil er schon die Luxusgrenze erreicht hat.

Letztlich ist hinsichtlich der Ersparnis von Betreuungsleistungen durch die Mutter darauf hinzuweisen, dass diese ihren Beitrag auch dann leistet, wenn das Kind unter der Woche zwecks Ausbildung auswärts lebt (EFSlg 73.910; 76.891 ua).

Abschließend sei auch noch darauf hingewiesen, dass das 2,5-fache des Regelbedarfes keine absolute Obergrenze der Unterhaltsverpflichtung darstellt. Es gibt also keinen allgemeinen, für jeden Fall geltenden Unterhaltsstopp etwa beim 2-, 2,5- oder 3-fachen des Regelbedarfes. Vielmehr hängt die konkrete Ausmittlung immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich ist allein die Verhinderung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung (2 Ob 5/03d mwN).

Es bedarf daher im fortgesetzten Verfahren jedenfalls eine Ermittlung des monatlichen Nettoeinkommens des Vaters und der Betriebskosten für das Haus in Kitzbühel.

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