OGH 14Os40/03

OGH14Os40/033.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland H***** und andere Angeklagte wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Morris T***** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 19. Juni 2002, GZ 10 Hv 66/02d-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Morris T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Mitangeklagten Roland H*****, Friedrich H***** und Thomas N***** sowie einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch aller Angeklagten enthält, wurde Morris T***** (richtig) der Verbrechen des vollendeten (A I) und des versuchten (§ 15 StGB; A II) schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB (D), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (E) sowie des Betruges nach § 146 StGB (F) schuldig erkannt.

Danach hat er

A am 18. März 2002 in Eggenburg im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den Mittätern Roland H*****, Friedrich H***** und Thomas N***** anderen mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen, indem sie ihre Opfer umringten und Roland H***** sowie Friedrich H***** ihnen Messer anhielten oder gegen ihre Körper richteten, fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

I) den Berufsschülern Samed Z*****, Alexander G*****, Georg S*****

und Vanja B***** jeweils Zigaretten weggenommen und abgenötigt und II) den Berufsschülern Samed Z*****, Alexander G*****, Georg S***** jeweils Handys und Bargeld sowie den Berufsschülern Vanja B***** und Simon Mateyka „Zigaretten, Handy und Bargeld", wegzunehmen und abzunötigen versucht;

........

D in Wien anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung

I weggenommen, und zwar

  1. 1) Anfang Jänner 2002 dem Philipp R***** eine Jacke und 4, 36 EUR,
  2. 2) am 1. Feber 2002 Gewahrsamsträgern der Firma R***** Schuhe im Wert von 49,95 EUR und II) am 1. Feber 2002 Gewahrsamsträgern der Firma C***** eine Kappe und einen Pullover im Wert von 32, 56 EUR, wegzunehmen versucht;

    E Anfang Jänner 2002 vorsätzlich eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, und zwar den (beim Diebstahl D I 1 erbeuteten) Mopedausweis des Philipp R*****, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass dieser im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses gebraucht werde;

    F am 23. Feber 2002 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Niklas K***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Behauptung, sich dessen Handy nur für ein Telefonat ausborgen zu wollen, „zur Übergabe des Handys verleitet und es behalten".

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten Morris T***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10a erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist die subjektive Tatseite des Angeklagten zum Raub (A) formell einwandfrei begründet. Der Einwand, T***** habe zur Raubtat (einschließlich des Vorsatzes) kein Geständnis abgelegt und die Tatrichter hätten die Urteilsannahmen zu seinem Raubvorsatz nur auf das Geständnis des Mitangeklagten H***** gegründet, ist urteilsfremd. Tatsächlich stützt das Schöffengericht seine diesbezüglichen Feststellungen iS des gesetzlichen Gebotes zu gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ausreichend sowohl auf das in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis des Angeklagten T***** (S 227 f, 251 ff iVm S 229 ff und 291/II) als auch auf das objekive Tatgeschehen (US 9 f).

Die zudem kritisierte Wertung der konstatierten Äusserung der Angeklagten T***** und N*****, „lieber zu tun, was man von ihnen verlange", als Unterstützungshandlung für die beiden anderen Mittäter (US 8 oben) erschlossen die Erkenntnisrichter logisch und empirisch einwandfrei aus dem festgestellten Gesamtgeschehen. Dass diese Aufforderung - wie die Beschwerde vermeint - auch eine andere Würdigung zuließe, vermag den relevierten Begründungsmangel nicht zu bewirken. Den Bereicherungsvorsatz leiteten die Tatrichter formell fehlerfrei aus dem Geständnis des Angeklagten ab.

Das Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach der Z 10a orientiert sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt, weil es die Urteilsfeststellungen zum Raub außer Acht lässt. In Wahrheit argumentiert die Beschwerde bloß mit der Fiktion, dass der Schuldspruch wegen schweren Raubes aufgehoben wird. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet. Für eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO besteht - ungeachtet der verfehlten rechtlichen Subsumtion des dem Schuldspruch F zugrundeliegenden Sachverhalts als das Vergehen des Betruges (dazu näher 14 Os 51/03) anstatt ihn als weiteren Diebstahl zum Schuldspruch D (Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB) zu beurteilen - kein Anlass. Denn diese Gesetzesverletzung ist bei gleichbleibendem Strafrahmen (§ 143 erster Strafsatz StGB iVm § 5 Z 5 JGG) - trotz der wegen Wegfalls des Zusammentreffens (der verbleibenden Verbrechen und Vergehen) auch mit dem Vergehen des Betruges bewirkten Verringerung des Gewichtes eines Erschwerungsgrundes (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) - im Hinblick auf die hinzukommende Anhebung dieses Gewichtes durch erweiterte Tatwiederholung beim Diebstahl für den Angeklagten nicht nachteilig (Ratz in WK-StPO § 290 Rz 21 ff; Mayerhofer StPO4 § 290 E 32; vgl auch 14 Os 137/99, 14 Os 8/01, 14 Os 26/01, 14 Os 29/01).

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