OGH 14Os137/99

OGH14Os137/999.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerald S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Juli 1999, GZ 5 Vr 1.213/99-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Nach dem angefochtenen Urteil hat Gerald S***** "das Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB" (richtig:

das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall und 15 StGB) dadurch begangen, dass er in Graz mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung

1. am 2. April 1999 in mehreren Angriffen verschiedenen Personen im Merkur-Sanatorium Bargeld wegzunehmen versuchte, wobei die Vollendung des Diebstahls jeweils mangels Auffindung einer Beute oder infolge Betretung scheiterte,

2. am 29. April 1999 dem Dr. Hans F***** 1.500 S Bargeld wegnahm, wobei er auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen Helmut G***** anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, indem er ihn an der Kleidung im Nackenbereich erfasste, zu Boden riss und die Flucht fortsetzte.

Der ausschließlich gegen die Qualifikation des unter Punkt 2 bezeichneten Diebstahls nach § 131 erster Fall StGB aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Schöffengericht stützte sich bei der Feststellung der qualifizierenden Umstände auf die als glaubwürdig beurteilte Aussage des Krankenpflegers Helmut G***** und ging davon aus, dass der Genannte vom eingeholten Täter in der Absicht, sich dadurch die Beute zu erhalten, gewaltsam zu Sturz gebracht wurde, wobei die bekämpfte Einwirkung im Urteil dahin beschrieben wird, dass Harald S***** den Verfolger an der Kleidung im Nackenbereich erfasste und dann "zu Boden riss" (US 2, 10, 11) bzw "kräftig .... stieß" (US 7) bzw "zu Boden schleuderte" (US 11).

Dabei konnten die Tatrichter den ca 20 cm langen Einriss in der Kleidung im Nackenbereich ohne Verstoß gegen die Denkgesetze (Z 5) als Indiz für die Richtigkeit der belastenden Aussage des Krankenpflegers werten.

Die unterschiedliche Beschreibung der den Sturz auslösenden Einwirkung stellt im Blick auf die marginale Bewertungsdifferenz keine Undeutlichkeit des Urteils dar.

Dass der Zeuge G***** bei der Polizei ausdrücklich davon sprach, dass er - nachdem er am Nacken erfasst worden war - kräftig zu Boden gestoßen wurde (S 51), während er in der Hauptverhandlung nicht mehr wusste, ob der Angeklagte ihn "wegdrückte oder wegschleuderte" (S 159), stand mangels relevanten Unterschiedes der logisch und empirisch einwandfreien Ableitung der dazu getroffenen Konstatierungen aus dieser Aussage nicht entgegen.

Die Begründung der subjektiven Tatseite der bekämpften Deliktsqualifikation kritisiert der Beschwerdeführer unter Vernachlässigung der mängelfrei konstatierten Gewaltanwendung nicht prozeßförmig.

Mit der Behauptung, dass mangels Sicherstellung "nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachvollziehbar ist", ob die Beschädigung des Hemdes des Krankenpflegers "tatsächlich aus dem verfahrensgegenständlichen Vorfall resultiert", wird abermals kein Begründungsmangel in der Bedeutung des angezogenen Nichtigkeitsgrundes dargetan.

Der Beschwerde (nominell auch Z 5a) zuwider mussten die Aussagen der Zeugen Rosa E***** und Josefine T*****, wonach Helmut G***** - der in der Haupverhandlung die ihn letztlich zu Boden befördernde Handgreiflichkeit nicht genauer beschreiben konnte und dies damit begründete, dass er "damals ziemlich aufgeregt war" und "alles so schnell ging" (S 158) - ihnen unmittelbar nach der Tat die festgestellte Sturzursache nicht berichtete, bei gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht gesondert erörtert werden.

Nach Prüfung der Akten anhand des übrigen Beschwerdevorbringens ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine Bedenken gegen die Richtigkeit der den Ausspruch über die in Rede stehende Diebstahlsqualifikation tragenden Tatsachenfeststellungen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Zu der vom Erstgericht vorgenommenen Aufspaltung des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten räuberischen Diebstahls ist zu bemerken, dass nach dem Zusammenrechnungsprinzip des § 29 StGB alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung eine Subsumtionseinheit bilden, sodass die getrennte Annahme eines Vergehens des Diebstahls neben einem Verbrechen des Diebstahls unzulässig (Ratz in WK2 § 29 Rz 5 f; RZ 1997/83 = JBl 1998, 396; Mayerhofer/Rieder StGB4 § 29 E 5) und nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO anfechtbar ist. Diese Gesetzesverletzung wirkte sich jedoch trotz des bei der Strafbemessung erschwerend gewerteten Zusammentreffens eines Verbrechens mit einem Vergehen für den Verurteilten nicht nachteilig im Sinn des § 290 Abs 1 StPO aus (Ratz aaO Rz 6 aE, aA 15 Os 13/99; vgl auch RZ 1994/67). Denn an Stelle dieses Erschwerungsumstandes wäre von einer Tatmehrheit auszugehen gewesen (EvBl 1994/70). Der aus der gesetzwidrigen Aufteilung der Subsumtionseinheit resultierende Nachteil wird somit durch das Hinzukommen des rechtens anzunehmenden, den gleich gewichtigen Unrechtsgehalt einer zweifach einschlägigen Delinquenz umfassenden Erschwerungsumstandes aufgewogen (vgl 15 Os 69/91; ZVR 1980/26). Auch andere Nachteile sind dem Angeklagten aus der unrichtigen Anwendung des Strafgesetzes nicht erwachsen, sodass kein Anlass für ein Vorgehen nach § 290 StPO bestand.

Über die (nicht ausgeführte - S 214) Berufung wird der zuständige Gerichtshofs zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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