OGH 13Os48/03

OGH13Os48/0330.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert F***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Reinhard Sch***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. Dezember 2002, GZ 13 Hv 225/02p-130, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Reinhard Sch***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Reinhard Sch***** wurde einer Anzahl von Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (I/3) und des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG (II/B/1) schuldig erkannt.

Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich

I/3) von 12. Juni 2001 bis 8. Jänner 2002 in F*****, O***** und anderen Orten Cannabis und Kokain durch Ankauf und Entgegennahme beim Konsum erworben oder besessen;

II/B/1) von März 2000 bis zur Jahreswende 2001/2002 in O*****, W***** und anderen Orten "mindestens 1000 bis 1300 Ecstasy-Tabletten und mindestens 1,5 bis 2,5 kg Cannabisprodukte" durch Verkauf an Norbert F***** in Verkehr gesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 3, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Soweit die Beschwerde - unter Berufung auf Z 3, aber ohne Benennung einer in der Hauptverhandlung verletzten Vorschrift, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt - das Vorkommen (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO) eines von dieser nicht unterschriebenen polizeilichen Protokolls über die Vernehmung der Claudia Sch***** kritisiert, ist ihr nach Maßgabe der inhaltlichen Ausrichtung (WK-StPO § 285d Rz 9) Folgendes zu erwidern:

Eine - aus Z 3 beachtliche - Verletzung des (eingeschränkten) Gebotes zu unmittelbarer Beweisaufnahme scheidet aus, weil der Beschwerdeführer mit dem Vorkommen dieses amtlichen Vernehmungsprotokolls nach § 252 Abs 1 Z 4 StPO einverstanden war (Bd IV, S 333), was er im Rechtsmittel auch einräumt. Dabei hatte er sich, von der Beschwerde ebensowenig kritisiert, statt wörtlicher Verlesung mit einem zusammenfassenden Referat des Vorsitzenden begnügt, sodass Nichtigkeit auch nach Z 5 vierter Fall ausscheidet (§ 258 Abs 1 StPO; vgl JBl 2000, 605).

Schon angesichts der Missachtung der Rügeobliegenheit der Z 2 ist das Protokoll auch unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes unbeachtlich, wozu kommt, dass ohnehin nur gerichtliche Akte davon erfasst sind und keine ausdrückliche Nichtigkeitsdrohung auf die Verweigerung einer Unterschrift abstellt (WK-StPO § 281 Rz 173 f, 183 ff).

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), wonach die zu II/B/1 getroffenen Feststellungen ausschließlich auf den Angaben des Michael L***** gründen, ist urteilswidrig. Mit denjenigen des Norbert F***** und des René P***** aber hat sich das Schöffengericht ausführlich auseinandergesetzt; auch mit der Behauptung F*****s, vom Beschwerdeführer kein Suchtgift bezogen zu haben (US 13 ff, 18). Welcher konkrete Widerspruch erörterungsbedürftig gewesen wäre, lässt die Beschwerde offen. Der Geldfluss zwischen F***** und Sch***** - wie die Annahme, aus dem Gewinn der Suchtgiftgeschäfte habe dieser seinen Lebensunterhalt bestritten, nur eine aus Z 5 nicht anfechtbare Erwägung, weil keineswegs einzig darauf die Feststellung einer entscheidenden Tatsache gründet (WK-StPO § 281 Rz 410) - ist mitnichten ohne Begründung geblieben (US 14 bis 16). Die - der Sache nach aus Z 9 lit b vorgetragene - Behauptung einer Doppelverurteilung in Hinsicht auf in Verkehr gesetzte Ecstasytabletten missachtet die dazu getroffenen Feststellungen. Einen darin gelegenen Widerspruch behauptet die Mängelrüge ohne jedes Substrat. Ohne Begründung sind sie, der Beschwerde zuwider, nicht geblieben (US 17 f). Davon abgesehen behauptet der Beschwerdeführer gar nicht, dass durch angeblich bereits von dem zum AZ 6a Hv 2492/01 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 12. Juni 2001 ergangenen Schuldspruch erfasste Ecstasytabletten der hier bekämpfte wegen nur eines Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG (vgl aber 13 Os 156/02, 13 Os 10/03) in Frage gestellt werden könnte.

Der Vorwurf mangelnder Feststellungen zur Frage, ob der Angeklagte die Tat vorwiegend deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), missachtet die Konstatierung, wonach Sch***** den Verkaufserlös "im Wesentlichen zur Finanzierung" seines (gemeint ersichtlich [WK-StPO § 281 Rz 19]:) gesamten "Lebens" verwendete (US 12). Soweit - im Widerspruch dazu - aus Z 10 allein mit Blick auf die festgestellte Gewöhnung die Subsumtion der Tat nach § 28 Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG kritisiert wird, sagt der Beschwerdeführer nicht, warum entgegen dem Gesetzeswortlaut die eben dargelegte weitere Bedingung für die Privilegierung des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG nicht erforderlich sein sollte (WK-StPO § 281 Rz 588).

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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