OGH 1Ob19/03f

OGH1Ob19/03f29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, und die Nebenintervenientin K***** Gesellschaft m. b. H. & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mag. Werner S*****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 31.352,85 EUR sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. November 2002, GZ 16 R 222/02p-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Juni 2002, GZ 3 Cg 137/01s-19, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.723,00 EUR (darin 287,17 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. und 18. 12. 1997 wurde in einer Tageszeitung ua der - vermögenslose - (spätere) Mandant des in Medienrechtssachen erfahrenen beklagten Rechtsanwalts als "Mörder" bezeichnet. Des gleichen Begriffs hatte sich ferner eine Wochenzeitung bedient. Der von den Presseberichten Betroffene war einst rechtkskräftig wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt worden. Er fühlte sich durch die Bezeichnung "Mörder" in seinen Rechten verletzt und strebte deshalb "medienrechtliche Schritte" an. Wegen der Presseberichte nahm Ende Jänner/Anfang Februar 1998 ein anderer Rechtsanwalt, der ebenso Medienrechtsexperte ist, Kontakt mit dem Beklagten zur Erörterung der medienrechtlichen Fragen auf. Jener hatte beim Landesgericht St. Pölten als Vertreter des durch die Berichterstattung Betroffenen wegen des in der Wochenzeitung erhobenen Vorwurfs einen medienrechtlichen Entschädigungsantrag gegen den Medieninhaber eingebracht. Danach brachte am 18. 2. 1998 der Beklagte beim Landesgericht für Strafsachen Wien als Vertreter des durch die Berichterstattung Betroffenen einen solchen Antrag wegen des in der Tageszeitung erhobenen Vorwurfs gegen den Medieninhaber ein und behauptete, sein Mandant habe "niemals einen Mord begangen". Mit Beschluss dieses Gerichts vom 23. 3. 1998 wurde dem Medieninhaber der Auftrag erteilt, eine bestimmte Mitteilung gemäß § 8a Abs 5 MedG zu veröffentlichen. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Beklagten am 9. 4. 1998 zugestellt. Dagegen wurde der Antrag auf Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 8a Abs 5 MedG im Parallelverfahren vor dem Landesgericht St. Pölten schon in erster Instanz abgewiesen. Das Erstgericht war der Ansicht, die inkriminierte Berichterstattung sei nicht geeignet gewesen, den Antragsteller zu kränken. Die Berichterstattung sei zwar ungenau, eine Anstiftung zum Mordversuch treffe jedoch "im Kern" das, was der Leser mit der Bezeichnung "Mörder" verbinde. Somit sei es richtig, jemanden, der in der Erscheinungsform einer Bestimmungstäterschaft oder des Versuchs gehandelt habe, ebenso als "Mörder" zu bezeichnen. Das Oberlandesgericht Wien gab der dagegen erhobenen Beschwerde mit der Begründung nicht Folge, die Berichterstattung sei "wenngleich unpräzis, so jedoch ihrem wesentlichen Inhalt nach richtig" gewesen. Die Gesellschaft unterscheide nicht danach, ob jemand einen Mord ausgeführt oder nur versucht habe. Deren Unwerturteil sei gleich, wenn die Deliktsverwirklichung infolge von Umständen außerhalb des Einflussbereichs des Täters - also von ihm ungewollt - unterblieben sei.

Das Parallelverfahren wurde nach der Entscheidung der Beschwerdeinstanz eingestellt. Davon erfuhr der Beklagte erst nach dem 9. 7. 1998. Der Rechtsanwalt, der den Antragsteller im Parallelverfahren vertreten hatte, forderte den Beklagten auf, den gegen den Medieninhaber der Tageszeitung erhobenen Entschädigungsantrag wegen Aussichtslosigkeit zurückzuziehen, waren doch beide Rechtsanwälte nach Erörterung der Rechtslage zur Überzeugung gelangt, es mangle nach den Gründen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien im Parallelverfahren an einer "Möglichkeit auf Erfolg, weil wahrscheinlich der gleiche Senat" zur Entscheidung über eine Beschwerde "zuständig gewesen wäre". Daraufhin zog der Beklagte "sämtliche Anträge" mit Schriftsatz vom 23. 7. 1998 zurück. In der Folge wurde auch dieses Verfahren eingestellt.

Mit Beschluss vom 26. 8. 1998 ermächtigte das Landesgericht für Strafsachen Wien den Medieninhaber der Tageszeitung, eine Mitteilung gemäß § 39 Abs 2 MedG in der gemäß § 13 MedG angeordneten Form zu veröffentlichen. Die Einschaltkosten wurden - vorbehaltlich eines Rückersatzanspruchs gegen den Antragsteller nach § 39 Abs 4 MedG - dem Bund auferlegt. Letzterer ersetzte dem Medieninhaber die Kosten der Veröffentlichung über den Verfahrensausgang von 406.221,60 S. Als Grundlage für den Ersatz dieses Aufwands erwirkte der Bund ein Versäumungsurteil gegen den Antragsteller. Dessen Vermögenslosigkeit war weder ein Grund für die Einleitung des medienrechtlichen Entschädigungsverfahrens noch für die Antragszurückziehung. Der Beklagte schloss mit dem Medieninhaber auch keinen Vergleich im Namen des Antragstellers ab, weil der Medieninhaber "im Vergleichsweg mit Straftätern keine Konzessionen macht".

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 431.424,60 S (= 31.352,85 EUR) sA. Sie brachte vor, sie habe die Pfändung der Schadenersatzforderung des Antragstellers wegen des medienrechtlichen Entschädigungsverfahrens gegen den Beklagten, aber auch sonstige Forderungen aus dessen Vertretungstätigkeit aufgrund des gegen ersteren erwirkten Versäumungsurteils erwirkt. Diese Forderungen seien ihr bis zur Höhe des vollstreckbaren Anspruchs zur Einziehung überwiesen worden. Der Beklagte hafte dem Verpflichteten für den in dessen Vermögen wegen Schlechtvertretung im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren verursachten Schaden. Schon die Verfahrenseinleitung sei unvertretbar gewesen, weil dem Beklagten die strafgerichtlichen Verurteilungen des Verpflichteten bekannt gewesen seien. Er hätte ihn deshalb von der Verfahrenseinleitung abhalten müssen. Außerdem habe er durch die Antragszurückziehung die Weiterverfolgung des Anspruchs iSd § 39 Abs 4 MedG unterlassen. Die für die Leistungspflicht des Bundes gegenüber dem Medieninhaber maßgebende Verfahrenseinleitung sei überdies sittenwidrig und daher auch materiell rechtswidrig gewesen. Der Beklagte habe die durch die Anstiftung zur Verfahrenseinleitung bewirkte Schädigung des Bundes im Bewusstsein der Unrichtigkeit des Standpunkts des Antragstellers im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren in Kauf genommen.

Der Beklagte wendete ein, keinen anwaltlichen Kunstfehler begangen zu haben. Er habe im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren durch das Handeln im Interesse des Klienten seine anwaltliche Pflicht gemäß § 9 Abs 1 RAO erfüllt. Diesem Handeln sei eine sorgfältige Abwägung der bisherigen Rechtsprechung vorangegangen. Die Verfahrenseinleitung beruhe auf einer zumindest vertretbaren Rechtsansicht. Die Bezeichnung des Klienten als "Mörder", obgleich er bloß wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt worden sei, sei als üble Nachrede tatbildlich gewesen. Das Gericht sei deshalb "im guten Glauben angerufen" worden. Die Ansicht der Gerichtsinstanzen im medienrechtlichen Parallelverfahren vor dem Landesgericht St. Pölten sei als "Judikaturwechsel" bzw als "neue Judikatur" anzusehen. Der durchschnittlich gebildete Leser einer Tageszeitung sei kein "studierter Strafrechtler". Deshalb gebe es für einen solchen - anders als "für den Strafrechtler" - "keinen Mord ohne Leiche". Die Antragszurückziehung nach der Entscheidung der Beschwerdeinstanz im erwähnten Parallelverfahren sei geboten gewesen. Die Weiterführung des Verfahrens trotz nunmehriger offenkundiger Aussichtslosigkeit wäre "rechtsmissbräuchlich, rechtswidrig, standes- und sittenwidrig gewesen". Sollte der Mandant tatsächlich einen Schadenersatzanspruch erworben haben, so habe er darauf gleich nach dessen Entstehen schlüssig verzichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht war das Verhalten des Beklagten vertretbar. Selbst die Gerichtsinstanzen hätten den Vorwurf "Mörder" für ungenau gehalten. Die Grenze zwischen einer ungenauen und unrichtigen Berichterstattung sei fließend. Für die Vertretbarkeit des Verhaltens des Beklagten spreche auch, dass der Antrag auf Veröffentlichung einer medienrechtlichen Mitteilung im Anlassfall erfolgreich gewesen sei. Nach der Entscheidung der Beschwerdeinstanz im Parallelverfahren hätte die Fortführung des Entschädigungsverfahrens gegen den Medieninhaber der Tageszeitung "wenig Sinn gehabt". Wäre der Prozessstandpunkt der klagenden Partei zutreffend, so "könnte der Rechtsanwaltsberuf fast nicht mehr ausgeübt werden".

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Vertretbarkeit des Verhaltens des Beklagten. Der Rechtsanwalt sei zur allgemeinen, umfassenden und möglichst vollständigen Beratung des Klienten verpflichtet. Er müsse für die Unkenntnis von Gesetzen, nicht aber für die Folgen einer "irrigen, jedoch vertretbaren Gesetzesauslegung" einstehen. Die Antragszurückziehung sei vor dem Hintergrund der im medienrechtlichen Parallelverfahren ergangenen Entscheidung der Beschwerdeinstanz gerechtfertigt gewesen. Es sei nicht erwartbar gewesen, die Beschwerdeinstanz werde in einem identischen Fall künftig anders entscheiden. Daher sei die Antragszurückziehung im Dienste einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung "durchaus sachgerecht" gewesen. Der Beklagte habe bei Einbringung des Antrags nicht damit rechnen müssen, er werde mit dem für den Mandanten geltend gemachten Anspruch jedenfalls nicht durchdringen können. Von einer materiell rechtswidrigen Verfahrenshandlung könne keine Rede sein. Dem Beklagten sei entgegen der Ansicht des Bundes auch keine - eine aussichtslose Verfahrenshandlung betreffende - "Mittäterschaft" bzw "Anstiftung" vorwerfbar. Die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Die Revision ist wegen einer erforderlichen Klarstellung zur Auslegung des § 39 Abs 4 MedG zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Materiell rechtswidrige Verfahrenshandlung

1. 1. Der Bund hält an seiner Auffassung fest, der Beklagte hafte als "Mittäter, Anstifter oder Gehilfe" einer materiell rechtswidrigen Verfahrenshandlung, hätte er doch "als Medienrechtsexperte keine Handlungen setzen" dürfen, die dem Mandanten "verboten" gewesen seien und diesen gegenüber dem Bund verantwortlich machen. Dem Beklagten hätte schon vor Einbringung des Antrags im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren vor dem "Hintergrund des StGB zur Einheitstäterschaft und der weiteren Bestimmung des § 15 StGB" bewusst sein müssen, dass die Antragsbegründung "geradezu aussichtslos" gewesen sei. Danach ist die klagende Partei selbst der - zutreffenden - Ansicht, dass die Einleitung des konkreten medienrechtlichen Entschädigungsverfahrens nur dann eine materiell rechtswidrige Verfahrenshandlung sein könnte, wenn der Schädiger die Unrichtigkeit - also nicht bloß die möglicherweise gegebene Unrichtigkeit - der die Antragsbegründung tragenden Rechtsansicht hätte erkennen müssen. Auch die klagende Partei zweifelt somit nicht daran, dass eine vertretbare Verfahrenshandlung jedenfalls nicht materiell rechtswidrig sein kann.

1. 2. Das Erstgericht hatte dem Veröffentlichungsantrag im medienrechtlichen Ausgangsverfahren gemäß § 37 Abs 1 MedG stattgegeben und sich damit der Rechtsansicht des Antragstellers zur inkriminierten Berichterstattung angeschlossen. Dementgegen war ein gleichartiger Antrag in einem medienrechtlichen Parallelverfahren bei identischem Sachverhalt schon in erster Instanz gescheitert; den angefochtenen Beschluss bestätigte die Beschwerdeinstanz mit der einen erheblichen Wertungsspielraum indizierenden Begründung, der inkriminierte Vorwurf sei "unpräzis", jedoch seinem "wesentlichen Inhalt nach richtig" gewesen. Dieser Wertungsspielraum schloss es auch dort aus, die von den Gerichtsinstanzen letztlich getroffene Entscheidung mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren. Die klagende Partei ist daher auch nicht im Entferntesten in der Lage, eine materiell rechtswidrige Verfahrenshandlung des Beklagten bei Einleitung des im Anlassfall maßgebenden medienrechtlichen Entschädigungsverfahrens plausibel zu machen. Demgemäß ist der Ansicht der Vorinstanzen beizutreten, dass die Verfahrenseinleitung nicht als materiell rechtswidrige Verfahrenshandlung zu qualifizieren ist, weil die der Antragstellung zugrunde liegende Rechtsansicht auf dem Boden des zu beurteilenden Sachverhalts zumindest vertretbar war. Somit kann aber der Beklagte auch nicht als "Mittäter, Anstifter oder Gehilfe" einer materiell rechtswidrigen Verfahrenshandlung haften.

2. Auslegung des § 39 Abs 4 MedG

2. 1. Die klagende Partei verficht den Standpunkt, der Beklagte habe seinem Mandanten durch die Zurückziehung aller Anträge im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren geschadet, weil er ihn dadurch einer Regressforderung des Bundes nach § 39 Abs 4 MedG ausgesetzt habe. Es hätte demnach das durch die Entscheidung der Beschwerdeinstanz im medienrechtlichen Parallelverfahren aussichtslos gewordene Verfahren "bis zum bitteren Ende" - also bis zur Antragsabweisung - weitergeführt werden müssen. In diesem Kontext fällt auf, dass zunächst die Verfahrensfortsetzung "bis zum Vorliegen einer Berufungsentscheidung" für richtig gehalten (ON 26 S. 4 1. Abs), wenig später jedoch erklärt wird, die Lösung gerade dieser Frage - Erfordernis der Einbringung einer Berufung - könne dahingestellt bleiben (ON 26 S. 4 2. Abs).

2. 2. Gemäß § 8a Abs 5 MedG ist § 39 Abs 2 bis 6 MedG sinngemäß anzuwenden, wenn - wie hier - eine Veröffentlichung im Sinne des § 37 MedG erfolgte und das Verfahren ohne die Zuerkennung einer Entschädigung an den Antragsteller beendet wurde. Nach der Entscheidung 1 Ob 33/86 (= SZ 59/181) ist es für den Regressanspruch des Bundes (nunmehr) gemäß § 39 Abs 4 MedG unbeachtlich, weshalb "der Privatankläger die weitere Verfolgung unterließ". Dieser Anspruch bestehe auch dann, wenn "die Weiterverfolgung ohne sein Verschulden unterblieben" sei. Dieser Entscheidung lag die Einstellung von Privatanklageverfahren gemäß § 46 Abs 3 StPO zugrunde, weil der Privatankläger zu den anberaumten Hauptverhandlungen nicht erschienen war. Dieser Sachverhalt ist mit der hier relevanten Tatsache der Zurückziehung aller Anträge wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der Weiterverfolgung des erhobenen Entschädigungsanspruchs nach einer Entscheidung der Beschwerdeinstanz über den Antrag auf Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung gemäß § 8a Abs 5 MedG in einem medienrechtlichen Parallelverfahren mit identischem Sachverhalt nicht vergleichbar. Könnte sich der Antragsteller nur durch wissentliche Fortsetzung eines - wie es die klagende Partei ausdrückt - nunmehr offenkundig aussichtslosen Verfahrens "bis zum bitteren Ende" dem Regressanspruch des Bundes entziehen, so müsste er einen nicht abwendbaren höheren Kostenersatzanspruch des Medienunternehmers (siehe dazu Berka/Höhne/Noll/Polley. Mediengesetz § 39 Rz 17; Brandstetter/Schmid, Kommentar zum Mediengesetz § 8a Rz 15), aber auch höhere, dem Bund nach den strafprozessualen Vorschriften zu erstattende Kosten auf sich nehmen. Gleichzeitig müsste er sich mit staatlicher Billigung bewusst bestehender Rechtsschutzeinrichtungen bedienen dürfen, um einen erst nach der Verfahrenseinleitung als offenbar aussichtslos erkennbaren und erkannten medienrechtlichen Entschädigungsanspruch weiterzuverfolgen. Eine Verpflichtung des Anspruchswerbers, einen Regressanspruch nach § 39 Abs 4 MedG durch Weiterverfolgung eines aussichtslos gewordenen Anspruchs um den Preis höherer Kostenersatzansprüche des Medienunternehmers und des Bundes jedenfalls vermeiden zu müssen, ist aus dem Gesetz nicht ableitbar. Die gegenteilige Ansicht der beklagten Partei ist unzutreffend. Müsste der Entschädigungswerber einen erst nach der verfahrenseinleitenden Antragstellung als offenbar aussichtslos erkennbaren und erkannten medienrechtlichen Entschädigungsanspruch im Licht der erörterten Voraussetzungen weiterverfolgen, so hieße das im Ergebnis, dem Gesetzgeber den Willen zum erlaubten Missbrauch staatlicher Rechtsschutzeinrichtungen zu unterstellen; eine solche - unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten absurde - Absicht ist dem Gesetzgeber nicht zusinnbar. Das verdeutlicht unmissverständlich das erste Tatbestandsmerkmal des § 39 Abs 4 MedG: "Antragstellung wider besseres Wissen", an das der Gesetzgeber den Regressanspruch des Bundes zur Deckung der dem Verleger ersetzten Veröffentlichungskosten anknüpfte. Löst eine Antragstellung wider besseres Wissen den erörterten Regressanspruch aus, so muss ihn jedenfalls - in Vermeidung eines Wertungswiderspruchs - auch die Weiterverfolgung eines medienrechtlichen Entschädigungsanspruchs wider besseres Wissen auslösen, sobald der Anspruchswerber eine erst nach der verfahrenseinleitenden Antragstellung erkennbare offenkundige Aussichtslosigkeit tatsächlich erkannte. Wurde die offenbare Aussichtslosigkeit erst nach dem verfahrenseinleitenden Akt erkennbar und vom Entschädigungswerber auch erkannt, so kann die Rechtmäßigkeit der Zurückziehung aller Anträge überdies nicht von der Klärung der Bereitschaft des Medieninhabers als Antragsgegner abhängen, auf den Anspruch gegen den Bund auf Zahlung der Veröffentlichungskosten gemäß § 39 Abs 2 MedG zu verzichten (siehe zu dieser Fragestellung etwa die Glosse von Weis zur Entscheidung 6 Ob 351/97d = MR 1998, 118). Hier steht indes ohnehin fest, dass das betroffene Medientunternehmen keinen Verzichtsvergleich abgeschlossen hätte, weil es "im Vergleichsweg mit Straftätern keine Konzessionen macht".

Die bisherigen Ausführungen sind somit wie folgt zusammenzufassen: Der Begriff Unterlassung der "Weiterverfolgung seines Anspruchs" ist in teleologischer Reduktion dahin auszulegen, dass der in § 39 Abs 4 MedG geregelte Regressanspruch des Bundes auch dann nicht entsteht, wenn der Antragsteller das Verfahren zur Durchsetzung eines erst nach dessen Einleitung als offenkundig aussichtslos erkennbar gewordenen medienrechtlichen Entschädigungsanspruchs nicht bis zur Antragsabweisung fortsetzt, sondern den Entschädigungsantrag und allfällige weitere Anträge im Zuge des Verfahrens, nach dem er die offenbare Aussichtslosigkeit der weiteren Anspruchsverfolgung erkannt hat, zurückzieht.

3. Ergebnis

Aus allen diesen Erwägungen folgt, dass das Klagebegehren jeder Rechtsgrundlage entbehrt. Der Revision ist somit nicht Folge zu geben.

4. Kosten

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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