OGH 1Ob33/86

OGH1Ob33/8622.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei K*** Zeitungsverlag und Druckerei Aktiengesellschaft, Wien 7., Lindengasse 48-52, vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stefan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Heinrich P***, dzt. unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch Dr. Manfred Michalek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 90.717,-- s. A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Mai 1986, GZ. 13 R 306/85-19, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien sowie des auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 21. Juni 1985, GZ. 26 Cg 279/84-13, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der bestätigende Teil der Berufungsentscheidung bekämpft wird.

Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, an Kosten des Revisionsverfahrens der klagenden Partei den Betrag von S 2.472,-- und dem Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei den Betrag von S 3.319,20 (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer und S 600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3. Mai 1983 stellte der Beklagte als Privatankläger beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu 9 d E Vr 5180/83 Strafantrag gegen Wilfried J*** und Dr. Helmut R*** wegen übler Nachrede gemäß § 111 StGB, begangen durch ein Druckwerk, und am 5. Mai 1983 zu 9 d E Vr 5312/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Strafantrag gegen Wilfried J*** und den K***

Zeitungsverlag und Druckerei AG wegen übler Nachrede gemäß § 11 StGB, begangen als Medieninhaltsdelikt. Er beantragte jeweils gemäß § 37 MedienG die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete strafgerichtliche Verfahren. Mit Beschlüssen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. November 1983, 9 d E Vr 5180/83-9, und vom 27. Mai 1983, 9 d E Vr 5312/83-3, wurde dem Medieninhaber, der Firma K*** Zeitungsverlag und Druckerei AG, die Veröffentlichung von Mitteilungen gemäß § 37 MedienG aufgetragen. Diese Mitteilungen wurden in den Ausgaben des K*** vom 23. Februar 1984 und vom 15. Juni 1983 veröffentlicht. Zu den für den 5. April 1984 und den 17. Oktober 1983 anberaumten Hauptverhandlungen erschien der Beklagte als Privatankläger nicht, worauf die Verfahren jeweils gemäß § 46 Abs. 3 StPO eingestellt wurden, ohne daß auf Einziehung der Ausgaben, in denen die inkriminierten Artikel veröffentlicht worden waren, erkannt wurde. Beschwerden des Beklagten gegen die Einstellungsbeschlüsse wurden vom Oberlandesgericht Wien mit Beschlüssen vom 7. Juni 1984, 27 Bs 267/84-22, und vom 12. März 1984, 27 Bs 80/84-18, als unzulässig zurückgewiesen. Mit Beschlüssen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 2. Juli 1984, 9 d E Vr 5180/83-24, und vom 3. April 1984, 9 d E Vr 5312/83-20, wurde die Firma K*** Zeitungsverlag und Druckerei AG ermächtigt, eine bestimmt angegebene Mitteilung gemäß § 39 Abs. 2 MedienG auf Kosten des Bundes zu veröffentlichen. Eine solche Veröffentlichung erfolgte nur für das mit Strafantrag vom 5. Mai 1983 eingeleitete Verfahren. Die klagende Partei begehrt den Zuspruch des Betrages von S 90.717,-- samt Anhang, davon für die Einschaltungen im Verfahren 9 d E Vr 5312/83 vom 15. Juni 1983 S 33.099,-- und vom 2. Juni 1984 S 26.730,-- sowie für die Einschaltung im Verfahren 9 d E Vr 5180/83 vom 23. Februar 1984 den Betrag von S 30.888,--. Die Klage wird auf die Bestimmung des § 39 Abs. 3 MedienG gestützt.

Der Beklagte wendete ein, die Voraussetzungen für den Rückforderungsanspruch seien nicht gegeben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 68.787,-- statt (Kosten der Einschaltungen vom 15. Juni 1983 und 23. Februar 1984 zur Gänze sowie Zuspruch eines Teilbetrages von S 4.800,-- für die Einschaltung vom 2. Juni 1984); das Mehrbegehren von S 21.930,-- samt Anhang einschließlich eines Zinsenmehrbegehrens wies es ab. Ohne Belang sei es, aus welchem Grund der Beklagte die Hauptverhandlungen über die von ihm eingeleiteten Privatanklageverfahren nicht besucht habe. Eine Mitteilung gemäß § 39 Abs. 2 MedienG, zu deren Veröffentlichung der Medieninhaber nicht gezwungen werden könne, bei der es in seinem Belieben stehe, ob und wann sie veröffentlicht werde, sei aber nicht mit dem Inseratentarif zu verrechnen; es könnten nur die betriebswirtschaftlich tatsächlich aufgelaufenen Kosten begehrt werden. Diese lägen naturgemäß weit unter dem Inseratentarif und könnten im konkreten Fall nicht ohne aufwendiges Beweisverfahren durch Einholung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens festgestellt werden. Es sei daher unter Anwendung des § 273 ZPO nach richterlichem Ermessen der für die Veröffentlichung der Mitteilung vom 2. Juni 1984 gebührende Kostenbetrag mit S 4.800,-- festzusetzen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht, den Berufungen der klagenden Partei und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten mit Ausnahme der Bekämpfung der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es der klagenden Partei auch den Betrag von S 21.930,-- s.A. zuerkannte. Die Revision erklärte es für zulässig. In den beiden Privatanklageverfahren habe der Beklagte als Privatankläger die Weiterverfolgung seines Strafanspruches dadurch unterlassen, daß er und sein Vertreter zu den anberaumten Hauptverhandlungen trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen seien, was ohne Berücksichtigung des Grundes des Nichterscheinens gemäß § 46 Abs. 3 StPO als unwiderlegbare und unwiderrufliche Vermutung des Rücktritts von der Anklage gelte, sodaß die Strafverfahren eingestellt worden seien. Für die Rückersatzverpflichtung des Privatanklägers komme es nur auf das Unterlassen der weiteren Strafverfolgung nicht aber darauf an, ob und inwieweit ihm dies als Verschulden anzulasten sei. Für die Höhe der Kosten der Veröffentlichung nach § 39 Abs. 2 MedienG könne nichts anderes gelten als für die Kosten der Veröffentlichung nach § 37 MedienG, für die das übliche Einschaltungsentgelt zu entrichten sei. Der dritte Satz des § 39 Abs. 2 MedienG enthalte nur die grundsätzliche Regelung, daß die kurze Mitteilung über die Beendigung des Strafverfahrens in den angeführten Fällen auf Kosten des Bundes zu erfolgen habe, nehme aber zur Höhe dieser Kosten nicht näher Stellung. Aus dem vierten Satz ergebe sich ganz allgemein, daß für die Veröffentlichung das übliche Einschaltungsentgelt zu entrichten sei; es werde nur besonders auf die Entrichtung für die Veröffentlichung nach § 37 MedienG eingegangen, weil diese Veröffentlichung zunächst auf Kosten des Medieninhabers erfolge, wenn nicht eine Veröffentlichung in einem Ersatzmedium angeordnet worden sei. Der Satz, die Kosten der Veröffentlichung habe der Bund zu tragen, sage nicht aus, daß damit bloß die Selbstkosten gemeint seien, sondern stelle klar, wer für diese Veröffentlichung zahlungspflichtig sei; unter Kosten einer Veröffentlichung sei zwanglos das hiefür üblicherweise zu entrichtende Entgelt zu verstehen. Daß der Medieninhaber zur Veröffentlichung der Mitteilung über die Verfahrensbeendigung nach § 39 Abs. 2 MedienG bloß ermächtigt, also berechtigt werde, im Gegensatz zu § 37 MedienG aber zur Veröffentlichung nicht verpflichtet sei, sei kein Hinweis dafür, daß für eine solche Mitteilung bloß Selbstkosten zu vergüten wären; aus dieser Unterscheidung sei kein plausibles Argument für eine unterschiedliche Höhe des zu ersetzenden Betrages zu gewinnen. Soweit der Beklagte den bestätigenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes bekämpft, ist seine Revision unzulässig. Ist die Zulässigkeit der Revision von Geldbeträgen oder in Geld ausgedrückten Streitwerten abhängig, gelten gemäß § 55 Abs. 4 JN die Zusammenrechnungsvorschriften des § 55 Abs. 1 bis 3 JN. Mehrere von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei in einer Klage geltend gemachten Ansprüche sind gemäß § 55 Abs. 1 JN nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen. Ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen Forderungen wird angenommen, wenn jeder der mehreren Ansprüche für sich und unabhängig von den anderen nicht bestehen kann oder wenn die Forderungen aus einer gemeinsamen Tatsache und aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden sind (JBl. 1981, 260;

SZ 43/185). In rechtlichem Zusammenhang stehen Ansprüche etwa dann, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder auf Grund desselben schadensstiftenden Ereignisses abgeleitet wurden (JBl. 1981, 260;

SZ 47/13; Fasching I 344). In einem tatsächlichen Zusammenhang stehen Klagsansprüche, wenn sie aus demselben Klagssachverhalt abzuleiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn das für einen Anspruch erstattete Vorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne daß ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (SZ 52/75; JBl. 1981, 260 uva.; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 371). Im bestätigenden Teil wurde über Ansprüche auf Ersatz der Kosten für Veröffentlichungen auf Grund zweier verschiedener Strafverfahren entschieden, die jeweils den Betrag von S 60.000,-- nicht übersteigen. Insoweit ist die Revision unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist sie nicht berechtigt. Ist eine Veröffentlichung nach § 37 MedienG erfolgt und das darin erwähnte Verfahren, ohne daß auf Einziehung erkannt worden ist, beendet worden, so ist der Medieninhaber (Verleger) zu ermächtigen, eine kurze Mitteilung darüber zu veröffentlichen. Die Kosten der Veröffentlichung hat der Bund zu tragen. Er hat ferner das übliche Einschaltungsentgelt für die Veröffentlichung nach § 37 MedienG zu entrichten (§ 39 Abs. 2 MedienG). Wurde auf Beschlagnahme oder auf Veröffentlichung nach § 37 MedienG auf Grund des Antrages eines Privatanklägers erkannt und handelte dieser bei seiner Antragstellung wider besseres Wissen oder unterließ er die Weiterverfolgung seines Strafanspruches oder die Stellung eines Antrages auf Einziehung, so hat der Bund, der dem Geschädigten nach dem § 39 Abs. 1 oder 2 MedienG Ersatz geleistet hat, gegen den Privatankläger Anspruch auf Rückersatz (§ 39 Abs. 3 MedienG). Aus welchem Grund der Privatankläger die weitere Verfolgung unterließ, ist unbeachtlich. Er haftet dem Bund für den Rückersatz auch dann, wenn die Weiterverfolgung ohne sein Verschulden unterblieben ist (Hartmann-Rieder, Kommentar zum Mediengesetz 229).

Das Gesetz gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß es zwischen den Kosten verschiedener Veröffentlichungen differenzieren und in einem Fall nur die schwer errechenbaren Selbstkosten ersetzt wissen wollte. Das Gesetz läßt sich vielmehr zwanglos dahin verstehen, daß auch die Kosten der Veröffentlichung solche sind, die vom Medium üblicherweise für eine Veröffentlichung außerhalb des redaktionellen Teiles verlangt werden, also die Anzeigenkosten nach dem geltenden Tarif, die wiederum mit dem üblichen Einschaltungsentgelt gleichzusetzen sind. Daß der Medieninhaber zu einer Veröffentlichung nach § 37 MedienG verpflichtet war, wogegen er zu einer Veröffentlichung nach § 39 Abs. 2 MedienG nur ermächtigt ist, macht keinen Unterschied, wie sich aus den §§ 16 Abs. 2 und 17 Abs. 4 MedienG ergibt, wonach in den dort erwähnten Fällen der bloßen Ermächtigung zur Veröffentlichung dennoch grundsätzlich auch das angemessene, das heißt nach den Werbetarifen zu bestimmende (Hartmann-Rieder aaO 130) Einschaltungsentgelt, das nur im Falle des § 17 Abs. 4 MedienG wegen des möglichen, im Falle des § 39 Abs. 2 MedienG auszuschließenden enormen Umfanges der Veröffentlichung ermäßigt werden kann, zu entrichten ist. Auch Hartmann-Rieder aaO 228 f vertreten, wenn auch unter der irrigen, aus dem Gesetz nicht ableitbaren Annahme, es handle sich um einen Schadenersatzanspruch, was die Auffassung der Revision, es dürften nur die Selbstkosten ersetzt begehrt werden, rechtfertigen könnte, den Standpunkt, daß auch im Falle der Ermächtigung zur Veröffentlichung der Mitteilung über die Beendigung des Verfahrens, ohne daß auf Einziehung erkannt wurde, das übliche Einschaltungsentgelt vom Bund zu tragen und demnach auch diesem vom Privatankläger gemäß § 39 Abs. 3 MedienG zu ersetzen ist.

Der Revision ist, soweit sie zulässig ist, der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Da weder die klagende Partei noch der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient auf die teilweise Unzulässigkeit der Revision hinwies, ist Bemessungsgrundlage der Betrag von S 21.930,--.

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