Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Parteien haben einen Unfallsversicherungsvertrag mit einer Laufzeit von 27. 6. 1996 bis 1. 7. 2006 und einer Versicherungssumme für dauernde Invalidität von S 4,4 Mio (= EUR 319.760,47) abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 1995) zugrundegelegt wurden.
Der Kläger wurde am 19. 11. 1997 bei einem Verkehrsunfall verletzt. Zwischen den Parteien ist allein strittig, ob die aus den Unfallsfolgen resultierende Invalidität des Klägers 15 % oder 25 % beträgt. Der auf Seiten des Klägers dem Verfahren beigetretene Nebenintervenient hatte in einem neurologischen Gutachten über die Unfallsfolgen die Invalidität mit 25 % angenommen. Der im Auftrag der beklagten Partei befasste Sachverständige Dr. K***** hatte die Invalidität mit 15 % eingeschätzt. Der in der Folge vom Nebenintervenienten und Dr. K***** iSd Art 15 Punkt 4 AUVB 1995 zum Vorsitzenden der Ärztekommission gewählte Dr. D***** schloss sich der Meinung Dris. K***** an, worauf die beklagte Partei Versicherungsleistungen für eine 15 %-ige Invalidität erbrachte.
Der Kläger meint, 25 % wären richtig und begehrt im vorliegenden Prozess von der Beklagten daher weitere EUR 31.976,05 (sA).
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 184 Abs 1 VersVG wäre die Invaliditätseinschätzung der Ärztekommission von 15 % nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwiche. Das sei aber nach den - auf dem Gutachten der von ihm beigezogenen Sachverständigen basierenden - Sachverhaltsfeststellungen nicht der Fall.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
In der Zulassungsbeschwerde seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes trete Invalidität nicht nur bei einem akuten Krankheitsbild, sondern auch schon dann ein, wenn feststehe, dass ein Defekt möglicherweise zu Spätfolgen führen könne. Zu dieser - im vorliegenden Rechtsstreit im Hinblick auf das beim Kläger festgestellte Spätfolgenrisiko - entscheidenden Frage fehle oberstgerichtliche Judikatur.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen vermag der Revisionswerber keinen tauglichen Zulassungsgrund aufzuzeigen:
Gemäß § 184 Abs 1 VersVG sind die von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen über das Maß der durch den Unfall herbeigeführten Einbuße an Erwerbsfähigkeit für die Parteien nur dann nicht verbindlich, wenn nachgewiesen wird, dass sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. "Offenbar" im Sinne der zitierten Bestimmung weicht eine Sachverständigenfeststellung von der Wirklichkeit nur dann ab, wenn sich deren Unrichtigkeit dem Sachkundigen aufdrängt. Es muss zwar der Fehler nicht schnell erkennbar sein, aber offen zutage treten, sodass er sich bei einer durch Sachkundige vorgenommenen Prüfung mit Deutlichkeit ergibt (vgl [zu dem im Wesentlichen wortgleichen § 64 Abs 1 VersVG]: SZ 54/167 = VersR 1984, 696; VR 1989, 154 = VersR 1989, 425; RIS-Justiz RS0080431).
Von einer in diesem Sinne offenbaren, erheblichen Abweichung kann im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rede sein, weil feststeht (vom Erstgericht ausdrücklich festgestellt wurde), dass nach nunmehr 5 anfallsfreien Jahren das Restrisiko des Klägers nur mehr "äußerst gering höher als das normale statistische Risiko" eines epileptischen Anfalles ist und auch die Wahrscheinlichkeit einer "aufsteigenden Infektion der Gehirnhäute" sehr gering ist, weshalb die Annahme einer bleibenden Invalidität auf Grund dieser nicht mit Sicherheit ausschließbaren Komplikation medizinisch unvertretbar ist. Da also Spätkomplikationen nur in einem vernachlässigbaren Umfang befürchtet werden müssen, kann keine Rede davon sein, dass die Invaliditätseinschätzung der Ärztekommission mit 15 % iSd § 184 Abs 1 VersVG von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen würde, weil Spätkomplikationen nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Die Bewertung allfälliger Spätkomplikationen bei Bemessung der Invaliditätsrate ist der Tatfrage zuzuordnen. Im vorliegenden Fall fanden dabei mögliche Spätfolgen auf Grund ihrer Unwahrscheinlichkeit keine perzentuelle Berücksichtigung. Die Bekämpfung dieser Ansicht stellt aber keine erhebliche Rechtsfrage dar.
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