OGH 3Ob4/03i

OGH3Ob4/03i26.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Jasmin F*****, geboren am 13. Mai 1991, und der minderjährigen Stefanie F*****, geboren am 24. Februar 1993, beide vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, infolge Revisionsrekurses des Vaters Manfred S*****, vertreten durch Dr. Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 30. Oktober 2002, GZ 21 R 262/02g-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bad Ischl vom 6. August 2002, GZ 1 P 8/02w-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 13. Mai 1991 und am 24. Februar 1993 geborenen Kinder werden von der Mutter in deren Haushalt betreut. Der uneheliche Vater ist als Tankwart beschäftigt und bezieht ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen (inklusive anteiligen Sonderzahlungen) von 923,77 EUR. Er ist für zwei weitere, am 14. August 1986 und am 26. Dezember 1984 geborene Kinder mit einem monatlichen Betrag von je 145,35 EUR unterhaltspflichtig. Er bewohnt eine Mietwohnung. Für den Ankauf eines PKW's haftet ein Kredit von 22.000 EUR aus.

Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters von je 72,67 EUR auf 130 EUR für seine ältere und auf 90 EUR für seine jüngere Tochter ab 1. Februar 2002. Ein Mehrbegehren wies es rechtskräftig ab.

Es ging davon aus, dass der Vater ein Einkommen von 1.050 EUR monatlich erzielen könnte. Bei Anwendung der Prozentmethode für alle Unterhaltsberechtigten würden ihm nur 400 EUR verbleiben; die Prozentsätze seien daher um je 3 % zu kürzen, sodass dem Vater monatlich 530 EUR verblieben.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es vertrat die Rechtsansicht, dass die Anspannung des Vaters auf eine höher entlohnte Berufstätigkeit hier wegen der konkret gegebenen Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht gerechtfertigt sei. Damit sei für den Vater nichts gewonnen; ihm verblieben nämlich monatlich 413,77 EUR zur Deckung seiner eigenen Bedürfnisse (Unterhaltsbemessungsgrundlage von 923,77 EUR minus Unterhaltsbeträge von 130 EUR, 90 EUR, 145 EUR und 145 EUR). Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im Rahmen der Unterhaltsbemessung könnten die Bestimmungen der Exekutionsordnung als Orientierungshilfe dienen. Die Grenze des § 291b EO könne jedoch im Hinblick auf § 292b EO nicht als Untergrenze der Belastung des Unterhaltsschuldners bei der Unterhaltsbemessung herangezogen werden. Die Unterhaltsbemessung könne vielmehr darüber hinaus gehen, doch sei zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige nicht soweit belastet werde, dass er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. Dem Unterhaltspflichtigen habe nur ein Betrag zu verbleiben, der zur Erhaltung seiner Körperkräfte und seiner geistigen Persönlichkeit notwendig sei, wobei eine genaue Berechnung dieses Betrags nicht möglich sei, sondern im Einzelfall eine nach den gegebenen Umständen für den Unterhaltsschuldner und die Unterhaltsberechtigten noch am ehesten tragbare Regelung zu treffen zu. Folgend der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 Ob 83/00d sei es im vorliegenden Fall gerechtfertigt, bei Vorhandensein mehrerer Sorgepflichten und niedrigem Einkommen des Unterhaltspflichtigen die Unterhaltsgrenze soweit herabzusetzen, dass dem Unterhaltspflichtigen nur noch rund 415 EUR zur Deckung seiner eigenen Bedürfnisse bleiben. Im vorliegenden Fall müsse er mit 413,77 EUR nach den Grundsätzen der Rsp des Obersten Gerichtshofs das Auslangen finden, zumal den Kindern hier kein zur Ergänzung fähiger, subsidiär zur Deckung verpflichteter betreuender Elternteil zur Verfügung stehe, weil die Mutter Hausfrau und daher offenkundig nicht in der Lage sei, neben ihrer Betreuungsleistung noch einen wesentlichen finanziellen Beitrag zum Unterhalt der Kinder zu leisten.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass an der Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Belastungsgrenze auch zuletzt Kritik geübt worden sei (Gitschthaler, Unterhaltsrecht [2001] Rz 270) und sich der Oberste Gerichtshof mit dieser neuerlichen Kritik an seiner Rsp bisher noch nicht auseinandergesetzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig.

Das Rekursgericht folgt bei seiner Entscheidung den Grundsätzen der stRsp des Obersten Gerichtshofs, wonach die Bestimmungen der Exekutionsordnung als Orientierungshilfe bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im Rahmen der Unterhaltsbemessung dienen. Die Grenze des § 291b EO kann jedoch im Hinblick auf § 292b EO nicht als Untergrenze der Belastung des Unterhaltsschuldners bei der Unterhaltsbemessung herangezogen werden. Die Unterhaltsbemessung kann vielmehr darüber hinaus gehen, doch ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige nicht soweit belastet wird, dass er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre (SZ 67/162 ua; RIS-Justiz RS0047455). Der sich aus § 291b EO ergebende Betrag bildet jedoch nicht in jedem Fall eine äußerste starre Untergrenze. Bei Nichtzulangen des nach Abzug des nach § 291b EO verbleibenden Existenzminimums für die Befriedigung der laufenden Unterhaltsansprüche müssen sich nicht nur alle Unterhaltsberechtigten einen anteiligen Abzug gefallen lassen, sondern haben sich der Unterhaltsschuldner und die Unterhaltsberechtigten den Fehlbetrag angemessen zu teilen. Eine genaue Berechnung scheidet jedoch aus, es ist vielmehr im Einzelfall einen nach den gegebenen Umständen noch am Ehesten tragbare Regelung zu treffen (SZ 67/162 ua; RIS-Justiz RS0013458). Dem Verpflichteten hat ein Betrag zu verbleiben, der zur Erhaltung seiner Körperkräfte und seiner geistigen Persönlichkeit notwendig ist (RIS-Justiz RS0008667).

In der Entscheidung 3 Ob 250/97d = ÖA 1998, 168 hat sich der Oberste Gerichtshof eingehend mit den Einwänden von Gitschthaler (in JBl 1995, 808) und - ihm folgend Schwimann (in Schwimann2, § 140 ABGB Rz 42) auseinandergesetzt und diese abgelehnt. Auch in der Folge hat der Oberste Gerichtshof an seiner Rsp festgehalten. Einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der von Gitschthaler (in Unterhaltsrecht [2001] Rz 270) ohne neue Argumente aufrechterhaltenen, bereits abgelehnten Meinung bedarf es daher entgegen der Ansicht des Rekursgerichts nicht.

Auch im Revisionsrekurs werden keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung aufgezeigt. Das Rechtsmittel ist demnach zurückzuweisen.

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