OGH 4Ob44/03d

OGH4Ob44/03d25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** AG, *****, vertreten durch Czernich Hofstädter Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Korn Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 35.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Teilbeschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 20. November 2002, GZ 1 R 211/02h-15, mit dem der Teilbeschluss des Landesgerichts Salzburg vom 25. September 2002, GZ 91 Cg 169/02k-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist das kommunale Versorgungsunternehmen der Stadt Innsbruck; sie beliefert Haushalte und Unternehmen in Innsbruck mit Strom.

Die Beklagte vertreibt bundesweit Strom. Sie hat mit der Nebenintervenientin einen Vertriebsvertrag geschlossen. Mitarbeiter der Nebenintervenientin suchen Privatpersonen in ihrer Wohnung auf, um mit der Behauptung, sie hätten ein "günstigeres Stromangebot", Stromkunden für die Beklagte zu gewinnen. Dabei benützen sie eine mit "Energiekostenvergleich" überschriebene Aufstellung, in der, nach Verbrauchsmengen von 3.500, 5.000, 7.500, 10.000, 12.500, 15.000, 17.5000, 20.000 und 25.000 kWh/Jahr gestaffelt, jeweils für "Gewerbe" und "Privat" die "Ersparnis in %" angegeben ist, die sich bei einem Strombezug bei der Beklagten ergeben soll. Die Ersparnis ist für "Gewerbe" mit Sätzen zwischen 8,4 % und 2,6 %, für "Privat" mit Sätzen zwischen 8,4 % und 7,5 % angegeben. Am seitlichen Rand der Aufstellung findet sich der parallel zur Längsseite gedruckte Vermerk

"Energiepreis-Vergleich auf Basis des kWh-Preises

Preis/kWh excl. MwSt, Netzkosten, Steuern und Abgaben

Quelle: e-control Tarifrechner, Stand 11. 6. 2002"

Wechselt ein Kunde von der Klägerin zur Beklagten, so erspart er sich viel weniger als 7,5 %, wenn auch die Kosten für Netznutzung, die Steuern und Abgaben einbezogen werden.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung

a) zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. Preisvergleiche zwischen ihren Preisen und den Preisen der "Gegnerin der gefährdeten Partei" (richtig: der gefährdeten Partei) für die Lieferung von Strom anzustellen, soferne diese Preisvergleiche sich nicht auf die gesamten Kosten (Netznutzungsentgelt, Steuern und Abgaben und Stromlieferung), die ein Kunde für seine Versorgung mit elektrischer Energie aufwenden muss, beziehen, insbesondere sofern die in Prozenten angegebene Ersparnis sich nicht auf diese Gesamtkosten bezieht.

in eventu

2. Preisvergleiche zwischen ihren Preisen und den Preisen "der Gegnerin der gefährdeten Partei" (richtig: der gefährdeten Partei) für die Lieferung von Strom anzustellen, wenn der Preisvergleich nicht klar und deutlich darauf hinweist, dass er sich nur auf weniger als ein Drittel der Gesamtkosten für die Stromversorgung bezieht;

3. Preisvergleiche zwischen ihren Preisen und den Preisen "der Gegnerin der gefährdeten Partei" (richtig: der gefährdeten Partei) für die Lieferung von Strom anzustellen, wenn der Preisvergleich nicht klar und deutlich darauf hinweist, dass er nur für solche Kunden der gefährdeten Partei gilt, die über keinen Nachtboiler verfügen;

4. Preisvergleiche zwischen ihren Preisen und den Preisen "der Gegnerin der gefährdeten Partei" (richtig: der gefährdeten Partei) für die Lieferung von Strom anzustellen, wenn der Preisvergleich nicht auch einen Strompreisvergleich für einen jährlichen Verbrauch unter 3.500 kWh/Jahr aufweist oder darauf hinweist, dass die Mehrheit der Haushalte weniger als 3.500 kWh pro Jahr verbrauchen;

5. sich anlässlich von Verkaufsgesprächen in eine besondere Verbindung mit der gefährdeten Partei zu setzen, insbesondere indem die Behauptung aufgestellt wird, es bestünde ein gutes Zusammenarbeitsverhältnis zwischen den Parteien, die Gegnerin der gefährdeten Partei sei das Ergebnis einer Fusion zwischen der gefährdeten Partei und Wiener Stromversorgern, ihre Mitarbeiter seien von der Klägerin geschickt und/oder die Kunden blieben weiterhin Vertragspartner der gefährdeten Partei, lediglich die Abrechnung erfolge durch die Gegnerin der gefährdeten Partei;

6. die Behauptung aufzustellen, die gefährdete Partei werde ab 1. 1. 2003 die Strompreise anheben.

b) die Gegnerin der gefährdeten Partei zu verpflichten, die mit "Energiekostenvergleich" überschriebene und mit dem Untertitel "switch-Tiwag, Innsbrucker Kommunalbetriebe" ausgewiesene Drucksorte (Beilage ./C) unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen.

Der Preisvergleich sei irreführend, weil maßgebliche preisbildende Faktoren nicht einbezogen seien. Für den Kunden sei entscheidend, um wie viel sich seine Gesamtkosten verringern. Die Gesamtkosten verringerten sich höchstens um 2,016 %. Rund 70 % der Haushalte verbrauchten weniger als 3.500 kWh pro Jahr. Im Verbrauchsbereich unter 3.500 kWh seien die Preise der Klägerin niedriger als die der Beklagten. Der Energiekostenvergleich beziehe sich nur auf den Regeltarif. Etwa 60 % der von der Klägerin versorgten Haushalte verfügten über einen Nachtboiler und/oder eine Nachtstromheizung. Die Tarife für Nachtstromanlagen seien wesentlich günstiger als die Regeltarife. Die für die Beklagte tätigen Vertriebsmitarbeiter nähmen in verschiedener Weise Bezug auf die Klägerin und nutzten damit deren Ruf aus. Die Behauptung, dass es zu einer Strompreiserhöhung komme, sei unrichtig.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Netzkosten der bisherigen Energieversorger seien der Beklagten nicht bekannt. Die Kosten seien bei allen Energieversorgern verschieden. Der Hinweis, dass sich der Preisvergleich nicht auch auf die zusätzlichen Kosten beziehe, sei ausreichend deutlich. Darüber hinaus würden die Kunden auf diesen Umstand auch in den Verkaufsgesprächen hingewiesen. Österreichweit betrage der durchschnittliche Stromverbrauch 3.500 kWh, wie er auch von der staatlichen Regulierungsbehörde, der e-control, angegeben werde. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, auf unterschiedliche und verwirrende Tarifstrukturen der Beklagten hinzuweisen. Im Übrigen träfen Strompreiskunden erfahrungsgemäß eine Kaufentscheidung erst dann, wenn sie sich weiter informiert haben. Die Verkaufsgespräche würden in sachlicher Atmosphäre geführt; unwahre Behauptungen würden nicht aufgestellt. Mit ihrem ersten Hauptbegehren verlange die Klägerin Unmögliches. Die Beklagte könne den geforderten Vergleich nicht anstellen, weil ihr die konkreten Daten der Klägerin nicht zur Gänze bekannt seien. Im Übrigen bestehe keine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen. Es sei auf den mündigen Verbraucher abzustellen; dieser wisse, dass er zusätzlich zu den Stromkosten etwas zahlen müsse. Er werde sich bei seinem Netzbetreiber erkundigen, wie hoch dieser Betrag sei. Müsste der reine Energielieferant die von ihm nicht beeinflussbaren Kostenanteile in seinen Preisvergleich einbeziehen, so erschiene seine eigene Leistung ungünstiger als sie tatsächlich sei.

Das Erstgericht verbot der Beklagten, Preisvergleiche zwischen den Preisen der gefährdeten Partei und den Preisen der Gegnerin der gefährdeten Partei für die Lieferung von Strom anzustellen, sofern diese Preisvergleiche sich nicht auf die gesamten Kosten (Netznutzungsentgelt, Steuern und Abgaben und Stromlieferung), die ein Kunde für seine Versorgung mit elektrischer Energie aufwenden muss, beziehen, insbesondere sofern die in Prozenten angegebene Ersparnis sich nicht auf diese Gesamtkosten bezieht. Ergänzend zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf das Erstgericht noch weitere Feststellungen. Die für die Beklagte tätigen Vertriebsmitarbeiter wiesen die von ihnen angesprochenen Kunden nicht darauf hin, dass der Switch-Preis sich nur auf den reinen Energiepreis beziehe und die Kunden weiterhin eine Rechnung von ihrem bisherigen Energieversorgungsunternehmen für die Netznutzung, Energieabgabe und Steuern erhielten. Dem durchschnittlichen Konsumenten sei die Aufteilung in Netznutzungsentgelt und Stromlieferung nicht geläufig. Der Normalverbraucher gehe vielmehr davon aus, dass die Lieferung von Strom und die Aufrechterhaltung einer Leitung ein ununterscheidbares Produkt sei, für dessen Bezug nur ein Entgelt gezahlt werde. Der Preisvergleich sei demnach zur Irreführung geeignet. Es würden maßgebliche preisbildende Faktoren verschwiegen. Der senkrecht angebrachte klein gedruckte Hinweis kläre auch den mündigen und verständigen Verbraucher nicht ausreichend auf.

Das Rekursgericht wies das Hauptbegehren zu lit a) Punkt 1) ab und trug dem Erstgericht "nach Fortsetzung des Sicherungsverfahrens eine Entscheidung über das gemäß lit a) Punkt 2) gestellte Eventualbegehren zum ersten (Haupt-)Sicherungsbegehren" auf, es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 4.000 EUR, aber nicht 20.000 EUR übersteige, und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Klägerin habe erst nach Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses mitgeteilt, "dass nur Punkt 2) des Verfügungsbegehrens ein Eventualantrag ist, während die Punkte 3) bis 6) Hauptbegehren sind". Da das Erstgericht nur über das Begehren zu lit a) Punkt 1) entschieden habe, habe es nur über einen Teil des Sicherungsantrags abgesprochen und nur einen Teilbeschluss erlassen. Das erstgerichtliche Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Erstgericht die von der Beklagten genannten Auskunftspersonen nicht vernommen habe. Die Mangelhaftigkeit sei aber für die Entscheidung über das erste (Haupt-)Sicherungsbegehren unerheblich, weil das Begehren ohnehin abzuweisen sei. Dem Begehren sei nicht zu entnehmen, warum die Beklagte derartige Preisvergleiche zu unterlassen habe. Auch wenn in Preisvergleichen nicht auf die gesamten Kosten hingewiesen werde, müssten die Vergleiche nicht irreführend sein. In Wahrheit solle der Beklagten geboten werden, Dienstleistungen in ihre Preiswerbung einzubeziehen, die sie nicht anbiete. Die Beklagte werde damit gezwungen, nicht Vergleichbares miteinander zu verglichen. Preisvergleiche hätten auch dann zu unterbleiben, wenn es nicht möglich sei, die Preise bestimmter Waren oder Dienstleistungen miteinander zu vergleichen, ohne gleichzeitig zu verwirren. Der Beklagten sei es auch gar nicht möglich, die Netzkosten der bisherigen Energieversorger in einen allfälligen Vergleich aufzunehmen. Damit würde der Beklagten eine unmögliche Leistung aufgetragen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht über das Eventualbegehren zum ersten (Haupt-)Sicherungsbegehren und über die übrigen Sicherungsbegehren abzusprechen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin verweist auf die ständige Rechtsprechung, wonach unvollständige Angaben gegen § 2 UWG verstoßen, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, so dass die Unvollständigkeit geeignet ist, das Publikum in für den Kaufentschluss erheblicher Weise irrezuführen (4 Ob 151/93 = ÖBl 1993, 237 - Reichweitenvergleich; 4 Ob 212/01g = ÖBl 2002/23 - Freiminuten uva). Dieser Grundsatz gilt auch für Preisvergleiche (4 Ob 3/93 = WBl 1993, 336 - Ersparnis S 150; 4 Ob 212/01g = ÖBl 2002/23 - Freiminuten ua).

Die Beklagte vergleicht in ihrem "Energiekostenvergleich" die bloßen Stromkosten, die nur einen Teil des für die Lieferung elektrischer Energie zu zahlenden Entgelts betragen. An bloßen Stromkosten zahlt der Kunde bei den angegebenen Verbrauchsmengen für von der Beklagten gelieferten Strom ein um die in der Aufstellung angeführten Prozentsätze geringeres Entgelt als für Strom, den er von der Klägerin bezieht. Die Ersparnis bei den bloßen Stromkosten ist aber für die Entscheidung, ob der Kunde den Strom weiterhin vom Netzbetreiber beziehen oder ob er zu einem anderen Stromlieferanten wechseln soll, nicht maßgebend. Da der Kunde weiterhin an den Netzbetreiber Netzkosten zahlen muss und da - wie sich auch aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt - die vom Netzbetreiber für seine Stromabnehmer kalkulierten Netzkosten nicht den Netzkosten gleich sind, die beim Strombezug von einem anderen Stromlieferanten zu zahlen sind, muss die Ersparnis bei den Stromkosten nicht der Gesamtersparnis gleich sein. Die Gesamtersparnis ist bei den im vorliegenden Fall verglichenen Stromkosten auch tatsächlich wesentlich geringer.

Der "Energiekostenvergleich" erweckt damit den irreführenden Eindruck, dass sich der Kunde bei einem Wechsel des Stromlieferanten wesentlich mehr an den für ihn allein maßgebenden (Gesamt-)Energiekosten erspare als tatsächlich zutrifft. Die Irreführungseignung kann weder durch den parallel zur Längsseite gedruckten Vermerk noch durch die von der Beklagten behaupteten aufklärenden Hinweise der Vertriebsmitarbeiter beseitigt werden. Auch wenn der Kunde nämlich erfährt oder ohnehin weiß, dass zum Strompreis noch Netzkosten, Steuern und Abgaben kommen, muss ihm deshalb noch nicht klar sein, dass die mögliche Ersparnis wesentlich unter den angegebenen Prozentsätzen liegt. Es könnte ja auch sein, dass die von den Netzbetreibern bei Festlegung ihres Strompreises kalkulierten Netzkosten den für den Strombezug von einem anderen Stromlieferanten kundgemachten Netzkosten entsprechen oder diese jedenfalls nicht wesentlich unterschreiten. Für die Entscheidung ist es daher unerheblich, ob die Vertriebsmitarbeiter, wie von der Beklagten behauptet, die Kunden darauf hinweisen, dass sich der Vergleich nicht auf die zusätzlichen Kosten bezieht. Es begründet somit im vorliegenden Zusammenhang keinen Verfahrensmangel, dass das Erstgericht die von der Beklagten genannten Auskunftspersonen nicht vernommen hat.

Mit dem wegen der Ausklammerung der Gesamtkosten in einem für den Kaufentschluss wesentlichen Punkt zur Irreführung geeigneten "Energiekostenvergleich" verstößt die Beklagte gegen § 2 UWG. Zu prüfen bleibt, ob das (Haupt-)Begehren der Klägerin berechtigt ist, der Beklagten Preisvergleiche zu untersagen, die sich nicht auf die Gesamtkosten beziehen.

Die Beklagte hat in erster Instanz eingewandt, dass ein Gesamtkostenvergleich unmöglich sei; das Rekursgericht ist ihr insoweit auch gefolgt. Nunmehr meint sie, dass es irrelevant sei, ob ein Gesamtkostenvergleich möglich sei oder nicht. Maßgebend sei, ob man mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts gezwungen werden könne, in den Preisvergleich Komponenten miteinzubeziehen, die überhaupt nicht vom eigenen Leistungsangebot erfasst sind. In Wahrheit werde die Beklagte damit gehindert, die Güte und Preiswürdigkeit ihrer Leistung darzustellen. Dem Kunden solle der Eindruck vermittelt werden, dass der Strom bei der Beklagten nur um 2,016 % billiger sei als bei der Klägerin. Ein Kunde, der glaube, sich bei einem Wechsel "nur" 2,016 % zu ersparen, werde davon Abstand nehmen. Dass diese geringe Preisersparnis allerdings Folge der hohen Netzkosten und nicht der mangelnden Preiswürdigkeit der Leistungen der Beklagten sei, werde in dem Beispiel der Klägerin (bewusst) verschwiegen. Damit wäre es der Klägerin auf geradezu geniale Weise gelungen, die Strompreisliberalisierung ad absurdum zu führen und den Willen des Gesetzgebers zu konterkarieren.

Die Ausführungen der Beklagten überzeugen nicht:

Auch wenn die Beklagte die Gesamtkosten in ihren Preisvergleich einbeziehen muss, ist sie nicht gehindert, die Preiswürdigkeit ihrer Leistung herauszustreichen. Es ist ihr unbenommen, deutlich darauf hinzuweisen, dass ihr günstiger Strompreis nur wegen der hohen Netzkosten die Gesamtkosten nicht in dem Maß verringert, in dem ihr Strompreis niedriger als der des Netzbetreibers ist. Dieser Hinweis wird naturgemäß weit weniger werbewirksam sein als die Beschränkung des Preisvergleichs auf die Stromkosten, weil für den Kunden nur die Gesamtkosten maßgebend sind. Der Kunde hat nämlich nichts davon, dass die Beklagte für den Strom (zB) um 8,4 % weniger verlangt als sein bisheriger Stromlieferant und Netzbetreiber, wenn der Großteil der Preisersparnis durch höhere Netzkosten aufgebraucht wird, die er zahlen muss, weil er den Strom nicht mehr vom Netzbetreiber bezieht. Für ihn ist die Leistung der Beklagten nur insoweit preiswürdig, als seine Energiekosten tatsächlich geringer werden. Gerade darüber täuscht ihn der Preisvergleich, weil die in Prozentsätzen angegebene Ersparnis den Eindruck erweckt, durch einen Wechsel des Stromanbieters erspare er sich die Differenz zwischen den Stromkosten.

Dass ein Wechsel zur Beklagten wesentlich weniger attraktiv erscheinen mag, wenn die Ersparnis auf die Gesamtkosten bezogen werden muss, mag zutreffen. Das kann aber nicht dazu führen, die Irreführung der Kunden in Kauf zu nehmen, um die Liberalisierung des Strommarkts zu fördern. Soweit die Beklagte meint, ihre Strompreise nicht mit denen der Netzbetreiber vergleichen zu können, ohne die Kunden über das Ausmaß der mit einem Wechsel des Stromlieferanten verbundenen Preisersparnis irrezuführen, wird sie Preisvergleiche zu unterlassen haben.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO.

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