Spruch:
I./ Es verletzen
1./ der Vorgang, dass das Landesgericht Innsbruck von dem gemeinsam mit dem Urteil vom 27. November 2001, GZ 28 Hv 1086/01a-120, verkündeten Beschluss auf Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 5. August 1996, GZ 3 U 225/96-12, gewährten bedingten Strafnachsicht nicht unverzüglich eine Verständigung zum Verfahren AZ 3 U 225/96 des Bezirksgerichtes Hall in Tirol veranlasste, § 494a Abs 7 StPO;
2./ der Beschluss des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 7. Februar 2002, GZ 3 U 225/96-35, auf endgültige Strafnachsicht § 43 Abs 2 StGB.
II./ Der zu 2./ bezeichnete Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Hans Peter G***** wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 5. August 1996, GZ 3 U 225/96-12, rechtskräftig seit 26. November 1996, des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. Aus Anlass einer Nachverurteilung durch das Landesgericht Innsbruck am 9. April 1997 wurde die Probezeit beschlussmäßig auf fünf Jahre verlängert.
Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 27. November 2001, GZ 28 Hv 1086/01a-120, wurde Hans Peter G***** wegen des innerhalb der Probezeit begangenen Vergehens der Kindesentziehung nach § 195 Abs 1 und 2 StGB, des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB sowie des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. März 2002 zu einer einundzwanzigmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Unangefochten in Rechtskraft erwuchs der zugleich mit dem Urteil vom Erstgericht - nach Einsichtnahme (S 133/III) in die Akten über die frühere Verurteilung (§ 494 Abs 3 StGB) - verkündete Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) auf Widerruf der bedingten Nachsicht der zu AZ 3 U 225/96 des Bezirksgerichtes Hall in Tirol verhängten Freiheitsstrafe. Die im § 494a Abs 7 StPO vorgeschriebene unverzügliche Verständigung des Bezirksgerichtes Hall in Tirol zum Akt 3 U 225/96 vom Widerruf ist unterblieben. Diese wurde erst nach Rechtskraft des Urteils im Zuge der Endverfügung am 8. April 2002 (S 298/III) angeordnet.
Die Widerrufsentscheidung des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. November 2001, GZ 28 Hv 1086/01a-120 war jedoch beim Bezirksgericht Hall in Tirol infolge deren Erkennbarkeit aus den Entscheidungsgründen des seit 21. Jänner 2001 zur Verfügung stehenden (im Verfahren AZ 27 Hv 1055/01k des Landesgerichts Innsbruck ergangenen) Urteils des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 12. Dezember 2001 aktenkundig.
Ungeachtet dessen sprach der zuständige Bezirksrichter - mit Einverständnis des Bezirksanwaltes - mit Beschluss vom 7. Februar 2002, GZ 3 U 225/96-35, die endgültige Nachsicht der Strafe aus.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 33 StPO) zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 7. Februar 2002 mit § 43 Abs 2 StGB nicht im Einklang, wonach die bedingte Strafnachsicht (nur dann) für endgültig zu erklären ist, wenn sie nicht widerrufen wird.
Diese Entscheidung konnte weder den schon rechtskräftig beschlossenen Widerruf der bedingten Strafnachsicht - ohne dessen vorangegangene Aufhebung - beseitigen (§ 498 StPO; SSt 56/18; 14 Os 128/92, 15 Os 90, 91/95, 15 Os 185, 187/97, 15 Os 67/00) noch sonst für den Verurteilten irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Die Gesetzesverletzung war auch dadurch bedingt, dass entgegen der Vorschrift des § 494a Abs 7 StPO die Entscheidung auf Widerruf nicht sofort dem Bezirksgericht Hall in Tirol zum Verfahren 3 U 225/96 mitgeteilt wurde. Die in dieser Gesetzesstelle normierte Verständigungspflicht soll nämlich ua sicherstellen, dass das betroffene Gericht keine weitere Entscheidungskompetenz mehr in Anspruch nimmt. Dieser Zweck kann aber nur erreicht werden, wenn die Mitteilung zum betreffenden Akt unmittelbar nach der jeweiligen Entscheidung vorgenommen wird (Foregger-Fabrizy StPO8 § 494a Rz 9). Die Gesetzesverletzungen waren festzustellen und der wirkungslos gebliebene Beschluss des Bezirksgerichtes Hall in Tirol aus Gründen der Rechtsklarheit zu kassieren (EvBl 1989/64 = JBl 1989, 400; 15 Os 90, 91/95, 15 Os 17/97, 15 Os 185, 186/97, 15 Os 67/00, 13 Os 27/00).
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