OGH 1Ob11/03d

OGH1Ob11/03d28.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria ***** M*****, vertreten durch Dr. Hans Leitner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Siegfried ***** S*****, vertreten durch Dr. Wilfried Wetzl, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Anfechtung eines Vertrags (Streitwert 145.347,78 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 11. November 2002, GZ 2 R 130/02d-53, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Schon dem Vorbringen des Beklagten ist die Behauptung einer gemischten Schenkung zu entnehmen, sodass es der Klägerin nicht geboten war, auf das Fehlen der Notariatsaktform in erster Instanz ausdrücklich hinzuweisen (3 Ob 599/83). Von einer unzulässigen Neuerung kann daher, soweit sich die Klägerin erst später darauf berief, keine Rede sein. Damit ist indes für ihren Standpunkt aus nachstehenden, schon vom Gericht zweiter Instanz angestellten Erwägungen nichts gewonnen.

2. An sich bedarf die unentgeltliche Einräumung eines Fruchtgenusses ohne "wirkliche Übergabe" der Notariatsaktform (JBl 2002, 451; 3 Ob 599/83 je mwN). Eine solche ist jedoch, worauf noch unter 4. zurückzukommen sein wird, im vorliegenden Fall in der Tat vollzogen worden.

Die Einräumung eines Vorkaufsrechts ist hingegen wegen dessen bloß vorübergehenden Zwecks, ein entgeltliches Geschäft vorzubereiten, keine formgebundene Schenkung iSd § 938 ABGB (vgl die Nachweise bei Schubert in Rummel3 § 938 ABGB Rz 3).

3. Die Klägerin war nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen bei Vertragsschluss in Kenntnis der Wertverhältnisse (§ 935 ABGB) und verstand damals auch bereits das Wesen des Fruchtgenusses, das ihr vorher auseinandergesetzt worden war. Sie musste deshalb über diese Umstände nicht mehr aufgeklärt werden, weil sie ohnedies über den zur Vermeidung von Willensmängeln erforderlichen Wissenstand verfügte. Schon deshalb kann von einer - gar - arglistigen Verschweigung wesentlicher Tatsachen durch den Vertragspartner keine Rede sein (vgl dazu auch SZ 68/152; JBl 1992, 450).

4. Da Vertragsgegenstand der Fruchtgenuss war, Rechte aber körperlich nicht übergeben werden könne, begnügt sich die Rechtsprechung bei diesen mit der "symbolischen Übergabe" (§ 427 ABGB), die indessen ebenso ein sinnvoller, nach außen hin erkennbarer Akt sein muss, aus dem der ernstliche Wille des Geschenkgebers hervorleuchtet, die Sache sofort und vorbehaltlos in den Besitz des Beschenkten übergehen zu lassen (SZ 70/194, uva; Koziol/Welser II12 116 f und 179 je mwN). Da selbst das Besitzkonstitut (§ 428 ABGB) dem Schutzzweck des § 943 ABGB (Schutz vor Übereilung) nach der Rechtsprechung (JBl 2002, 451; NZ 1992, 230; JBl 1992, 791) dann Genüge tut, wenn der Geschenkgeber durch spätere Erklärungen die Ernstlichkeit des Schenkungswillens bekräftigte, müssen hier die Übergabe bzw Belassung des Haustorschlüssels, der dem Beklagten das jederzeitige Betreten des Hauses ermöglichte, sowie die Überlassung der zur Verwaltung erforderlichen Schriftstücke für die Übergabe durch Zeichen als ausreichend beurteilt werden. Das muss umso mehr dann gelten, wenn der Fruchtgenussberechtigte - wie hier - dem Eigentümer das Wohnungsrecht am Haus auf der Liegenschaft vorbehalten hat. Da die Wirksamkeit der Übergabe durch Zeichen von den Umständen des Einzelfalls abhängt, kann in der eingehend begründeten Entscheidung des Berufungsgerichts, das sich dabei in schlüssiger Weise auf die hier dargelegten Grundsätze berief, keine krasse Fehlbeurteilung erblickt werden, die eine meritorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofes notwendig machte.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte