OGH 1Ob261/02t

OGH1Ob261/02t28.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jürgen S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch Beck & Dornhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, wegen 18.804,95 EUR und Feststellung (Streitwert 1.090,09 EUR) sA infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert 4.360,37 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2002, GZ 14 R 181/01t-41, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 3. Juli 2001, GZ 1 Cg 3/00v-35, (teilweise) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde am 23. 4. 1999 von einem Fahrzeug des Bundesheers erfasst und schwer verletzt. Er begehrte letztlich aus dem Titel der Amtshaftung die Zahlung von S 258.761,80 und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für Folgeschäden. Unter anderem forderte er S 60.000, weil er fremde Hilfe bei der Errichtung seines Hauses habe in Anspruch nehmen müssen, zumal er die von ihm geplanten Eigenleistungen nicht habe selbst erbringen können.

Die beklagte Partei wendete ein 50 %-iges Mitverschulden des Klägers am Zustandekommen des Verkehrsunfalls ein und anerkannte lediglich - unter Berücksichtigung der Mitverschuldensquote - Schmerzengeld im Betrag von S 100.000 sowie ihre Haftung für 50 % der zukünftigen Ansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 98.552,90 und eine von der beklagten Partei geltend gemachte Gegenforderung von S 4.290 als zu Recht bestehend und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 94.262,90 sA, wogegen es das Mehrbegehren von S 164.498,90 ebenso abwies wie das über die Haftung der beklagten Partei jeweils zur Hälfte hinausgehende Feststellungsbegehren. Zu dem die Fremdhilfe für den Hausbau betreffenden Teilklagebegehren führte es aus, der Kläger habe im Juni bzw Juli 1999 mit dem Bau beginnen wollen. Da er dazu nicht in der Lage gewesen sei, hätten ihm sein Vater und seine beiden Brüder unter Inanspruchnahme von Urlaubswochen geholfen. Der Kläger habe für diese Hilfe zwar nichts zahlen müssen, er müsse für diese Leistung aber einmal "zurückarbeiten". Auf der Basis dieser Feststellungen sei es völlig unverständlich, weshalb der Kläger S 60.000 für die von Verwandten ausgeübte Hilfe beim Hausbau begehre. Er habe nämlich selbst eingeräumt, dass er für diese Hilfe nichts habe zahlen müssen, sondern diese später in Form von "Familienhilfe abarbeiten" müsse. Er sei insoweit daher nicht schlechter gestellt, als wenn er nicht verletzt worden wäre. Auch dann hätte er selbst Arbeitsleistungen erbringen müssen; der Unfall habe nur eine zeitliche Verschiebung dieser Leistungen, nicht aber auch eine Vermehrung deren Umfangs bewirkt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz mit Teilurteil in der Abweisung von S 60.000 und hob es im übrigen Umfang - ausgenommen den unangefochten gebliebenen Zuspruch von S 44.262,90 - auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei. Für die Hilfe durch Verwandte beim Hausbau gebühre kein Schadenersatz, weil der Kläger selbst eingeräumt habe, dass er für diese Hilfe nichts gezahlt habe, sondern dass er diese später in Form von "Familienhilfe" werde "abarbeiten" müssen. Die Arbeiten, die er späterhin erbringen müsse, habe er sich beim Bau seines Hauses erspart. Er habe somit keinen Nachteil erlitten, weil er keine höheren Ersatzbeträge für seine Gehilfen habe aufwenden müssen und auch keine sonstigen Nachteile - wie Bauverzögerungen - erlitten habe.

Die Revision des Klägers gegen dieses Teilurteil ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gewiss gehört zum Verdienst, dessen Entgang ein Verletzter ansprechen kann, auch die "reine Arbeitsleistung", die etwa auch beim Bau eines eigenen Hauses erbracht wird, weil Verdienstentgang für jede Tätigkeit zu gewähren ist, durch die der Verletzte für sich selbst Vermögen schafft. Der Schaden infolge eines Verdienstentgangs entsteht üblicherweise bereits durch den Verlust oder die Beeinträchtigung der Arbeitskraft in allen Bereichen, in denen der Verletzte nach dem - von ihm zu behauptenden und zu beweisenden - gewöhnlichen Lauf der Dinge seine Arbeitskraft ohne den Unfall und dessen Folgen eingesetzt hätte (ZVR 1999/33; ZVR 1982/188; EFSlg 41.111; SZ 50/77; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 2/42). Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts in dessen Beschluss vom 26. 9. 2002 - auch nicht abgewichen. Im hier zu entscheidenden Fall haben nämlich nach den Feststellungen Verwandte des Klägers die Arbeitsleistungen erbracht, die der Kläger für den Bau seines Hauses hätte selbst erbringen wollen, und sie haben sich damit begnügt, dass er späterhin diese Leistungen "abarbeiten", also gleichwertige Leistungen für seine Verwandten erbringen werde. Dies bedeutet, dass er die Arbeiten, an deren Erbringung er gehindert war, in gleichwertiger Form und ohne jeglichen Vermögensnachteil irgendwann in der Zukunft - also nur zeitverschoben - erbringen kann und muss. Dieser Sachverhalt lässt für sich keinerlei Vermögensnachteil für den Kläger erkennen; besondere Umstände, die doch Nachteile zur Folge haben, hat er nicht vorgebracht.

Der der Entscheidung ZVR 1999/33 zu Grunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem hier zu beurteilenden wesentlich, nämlich darin, dass der Kläger dort angesichts der von ihm beabsichtigten Bauweise einen bestimmten Wertanteil durch eigene Tätigkeit hätte schaffen und dass bei dieser Bauweise auch Verwandtschaftshilfe in Anspruch hätte genommen werden können, wogegen er wegen der Unfallsfolgen eine andere Bauweise wählen musste, bei der ihm die Erbringung dieser verbilligenden Eigenleistungen nicht möglich war. Im vorliegenden Fall ist aber weder eine Verzögerung der Bauführung noch deren Verteuerung behauptet oder gar bewiesen worden, und demnach kein positiver Schaden erkennbar. Auch dass der Kläger die Leistungen nicht werde "zurückarbeiten" können, wurde in erster Instanz nicht behauptet, weshalb auf seine diesbezüglichen Ausführungen in der Revision nicht weiter einzugehen ist.

Erstmals in der Revision behauptet der Kläger eine Aktenwidrigkeit, die in der Feststellung, Verwandte hätten entschädigungslos Arbeitsleistungen für den Kläger erbracht, gelegen sein soll. Eine Aktenwidrigkeitsrüge, die in der Berufung nicht geltend gemacht worden ist, kann aber im Revisionsverfahren nicht nachgetragen werden (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 503 mwN).

Die Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entschieden. Der Kläger zeigte keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf - und es liegen solche auch nicht vor -, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Stichworte