OGH 4Ob278/02i

OGH4Ob278/02i21.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilse B*****, vertreten durch Dr. Heinrich H. Rösch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Klaus B*****, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Dr. Rose-Marie Rath Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert im Provisorialverfahren 13.860 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. September 2002, GZ 44 R 464/02i-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 27. Juni 2002, GZ 10 C 7/02a-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bestätigten und des nicht angefochtenen Teils wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ab 15. 2. 2002 für die Dauer dieses Rechtsstreits einen monatlichen Unterhalt von 700 EUR zu zahlen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Beschlusses an den Beklagten angefallenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein.

Das Mehrbegehren auf Zuspruch eines weiteren monatlichen Unterhaltsbetrags von 455 EUR wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat 60 % ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen; 40 % ihrer Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 108,39 EUR (darin 18,06 EUR USt) bestimmten anteiligen Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat 80 % ihrer Kosten des Rekursverfahrens und die Hälfte ihrer Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen; ihre jeweils übrigen Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 301,89 EUR (darin 50,31 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die am 22. 12. 1972 geschlossene Ehe der am 24. 10. 1931 geborenen Klägerin und des am 4. 4. 1943 geborenen Beklagten wurde aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin geschieden (Urteil des Bezirksgerichtes Hernals im dritten Rechtsgang ON 68 im Akt 1 C 9/97s vom 9. 3. 2001, abgeändert durch das Berufungsgericht mit Urteil vom 13. 7. 2001, ON 76; außerordentliche Revision mit Beschluss vom 7. 12. 2001, ON 81 zurückgewiesen). Die Streitteile haben keine gemeinsamen Kinder. Im (vom hiesigen Beklagten eingeleiteten) Scheidungsverfahren wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Ehegatten lebten von 1972 bis 1981 gemeinsam in Wien. 1981 kauften sie aufgrund gemeinsamen Wunsches eine Liegenschaft in Oberndorf in der Wachau und vereinbarten, ihren gemeinsamen Wohnsitz dorthin zu verlegen; der Beklagte sollte jedoch seine Beschäftigung in Wien als Angestellter der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (wo er zuletzt Küchenleiter war) nicht aufgeben und zum überwiegenden Teil unter der Woche auch in Wien übernachten. Anfangs fuhr der Beklagte manchmal auch während der Woche in die Wachau, später verbrachte er dort ausschließlich die Wochenenden (vom Freitag früher Nachmittag bis Montag früh). Die Klägerin war bis 1980 halbtags berufstätig; in dieser Zeit half sie dem Beklagten auch in beruflicher Hinsicht in einem geringen Ausmaß, indem sie seine Rezeptsammlung sortierte und ihm bei der Vorbereitung zu Auftritten behilflich war. Nach der Übersiedlung in die Wachau kümmerte sie sich dort ausschließlich um den Haushalt und den gemeinsamen Hund und beschäftigte sich mit Bauernmalerei. Für einzelne Werkstücke, die sie verkaufte, erzielte sie ein geringes Entgelt, das im Wesentlichen die (vom Beklagten ausgelegten) Materialkosten abdeckte. Sämtliche Einkäufe für den Haushalt in der Wachau (zB Lebensmittel, aber auch Materialien für die Bauernmalerei der Klägerin) wurden vom Beklagten erledigt. Von Beginn der Wohnungsnahme in der Wachau an bis 1989 wohnte der Beklagte während der Woche in einem kleinen Studio hinter den Geschäftsräumlichkeiten seines Schwagers. Diese Wohnsituation war für den Beklagten sehr unbequem, sodass die Ehegatten sich nach einer neuen Wohnmöglichkeit für ihn umsahen. In der Folge mietete der Beklagte eine Wohnung von seinem Schwager; dies allerdings nur für zwei Monate, weil ihm die Miete mit 5.000 S monatlich zu hoch war. 1989 mieteten die Ehegatten schließlich eine ca. 40m² große Genossenschaftswohnung in Wien 17 auf den Namen der Klägerin an. Für diese Wohnung wurde eine Doppelcouch angeschafft, die man zu einem Doppelbett ausziehen konnte. Es war nicht geplant, dass die Ehegatten nun während der Woche in Wien und nur zum Wochenende in der Wachau leben sollten; der Beklagte bat seine Frau jedoch, nun wenigstens einmal pro Woche nach Wien zu kommen, damit sie sich öfter sehen könnten, und ihm ein wenig im Haushalt in Wien zu helfen, den er bisher neben seiner beruflichen Tätigkeit immer allein geführt hatte. Die Klägerin lehnte es jedoch ab, regelmäßig nach Wien zu fahren. Sie übernachtete nur ca 3 - 4 Mal pro Jahr in der neuen Wohnung in Wien 17, etwa aus Anlass von Theater- oder Arztbesuchen. Sie fand immer wieder Gründe, warum eine regelmäßige Fahrt nach Wien nicht möglich war, zB wegen des Hundes, den man nicht allein in der Wachau lassen könne. Es wäre ihr jedoch durchaus möglich gewesen, jemanden zu finden, der den Hund beaufsichtigt hätte (Nachbarn hatten dies angeboten). Beiden Ehegatten hat der Hund sehr viel bedeutet, wobei aber die Klägerin eine viel innigere Beziehung zu ihm hatte. Durch die Entfernung, besonders aber durch die Weigerung der Klägerin, wenigstens einen Tag unter der Woche mit dem Beklagten in Wien zu verbringen und ihm dann auch im Haushalt zu helfen, kam es mit den Jahren zu einer gewissen Entfremdung zwischen den Ehegatten, die sich vor allem darin äußerte, dass der Beklagte einen eigenen Freundeskreis in Wien aufbaute und weiterhin Kontakt zum früheren gemeinsamen Freundeskreis hielt. Einladungen dieser Freunde nahm der Beklagte auch größtenteils allein wahr, weil die Klägerin meistens nicht nach Wien fahren wollte. Grundsätzlich genoss der Beklagte die gemeinsamen Wochenenden in der Wachau; es gab jedoch auch häufig Meinungsverschiedenheiten, bei denen es zwar an sich um Kleinigkeiten ging (etwa die - nach Ansicht des Beklagten - mangelhafte Haushaltsführung der Klägerin), wobei die Klägerin aber übertrieben beleidigt reagierte, indem sie etwa während des restlichen Wochenendes nicht mehr mit dem Beklagten sprach. Dies verdarb dem Beklagten dann das Wochenende. Genauso reagierte die Klägerin, wenn der Beklagte versuchte, mit ihr über andere Eheprobleme zu sprechen, so etwa über ihre Weigerung, während der Woche nach Wien zu fahren Auch machte sie dem Beklagten gleich nach dessen Ankunft in der Wachau Vorwürfe, wenn er nicht alles, was sie für ihre Bauernmalerei benötigte, aus Wien mitbrachte, und war danach das restliche Wochenende in schlechter Stimmung. Wenn der Beklagte dann fragte, wozu er überhaupt in die Wachau hinausgefahren sei, antwortete die Klägerin sinngemäß, er könne ruhig schon früher nach Wien zurückfahren, was er dann auch manchmal tat. Dieses Verhalten der Klägerin war für den Beklagten sehr verletzend, die Klägerin allerdings nahm die Situation trotz ihrer eigenen übertriebenen Reaktion nicht sonderlich ernst. Die Art der Klägerin, nach Meinungsverschiedenheiten das ganze Wochenende nicht mehr mit dem Beklagten zu reden und zu sagen, er solle wieder nach Wien fahren, trug entscheidend zur Zerrüttung der Ehe bei. Die Haushaltsführung der Klägerin ist als durchschnittlich zu bezeichnen. Da der große Hund der Ehegatten das untere Stockwerk des Hauses betreten durfte, lagen dort natürlich auch manchmal Hundehaare herum. Der Beklagte hingegen hatte berufsbedingt überzogene Vorstellungen von Sauberkeit. Da die Klägerin vorwiegend in Haus und Garten tätig war und sich um den Hund kümmerte, kleidete sie sich diesen Tätigkeiten entsprechend. Sie war somit weniger sorgfältig angezogen als zu der Zeit, als das Ehepaar noch in Wien gewohnt hatte. Jedoch zog sich die Klägerin, wenn der Beklagte am Wochenende in die Wachau kam, schöner an und schminkte sich auch; es konnte nicht festgestellt werden, dass sie ihre Körperpflege vernachlässigt hätte. Der Hund der Streitteile durfte das obere Stockwerk des Hauses in der Wachau, in dem sich auch das Schlafzimmer befand, nicht betreten. In den letzten beiden gemeinsamen in der Wachau verbrachten Jahren litt der Hund an einer stark juckenden Stoffwechselkrankheit, weshalb die Klägerin ab damals im Wohnzimmer im Erdgeschoß nächtigte, um ihn in der Nacht beaufsichtigen zu können. Dies war zunächst unter den Ehegatten so abgesprochen. Der Beklagte bat die Klägerin aber doch des öfteren, wieder in das gemeinsame Schlafzimmer zu ziehen, was die Klägerin jedoch mit der Begründung ablehnte, sie müsse den Hund weiterhin beaufsichtigen. Wann die sexuelle Beziehung zwischen den Ehegatten geendet hat, kann nicht festgestellt werden. Im Dezember 1990 lernte der Beklagte seine nunmehrige Lebensgefährtin kennen, die damals noch in Lebensgemeinschaft mit einem anderen Mann lebte. Bis April 1991 war diese Beziehung rein freundschaftlich, es gab ab und zu ein Treffen etwa beim Heurigen, wobei der Beklagte die Gelegenheit hatte, sich auszusprechen. Ab Februar 1991 trafen sich die beiden wieder in Lokalen, ungefähr zweimal pro Monat. Ende Jänner oder Anfang Februar wollte der Beklagte mit der Klägerin in der Absicht über ihre Ehe sprechen, die Probleme zu bereinigen und sozusagen einen neuen Anfang zu machen. Es kam jedoch wieder zu einem Streit, im Zuge dessen die Klägerin den Beklagten aufforderte, seine Sachen zu packen, und daraufhin mit dem Hund spazieren ging. Der Beklagte verstand dies als ein endgültiges Hinauswerfen und verließ das Haus. Dies war der Zeitpunkt, zu dem die Ehe aus der Sicht des Beklagten endgültig zerrüttet war, nicht jedoch auch aus der Sicht der Klägerin. Bis Anfang April 1991 gab es dann keinen persönlichen Kontakt mehr zwischen den Streitteilen. Am 1. April fuhr der Beklagte auf Drängen seiner Schwester, die in dieser Zeit als " Botendienst " zwischen den Ehegatten fungiert hatte, ein letztes Mal in die Wachau. Bei dieser Gelegenheit informierte er die Klägerin von seiner Bekanntschaft und darüber, dass er nicht mehr in die Wachau kommen werde. Diese Eröffnung war für die Klägerin überraschend, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass der Beklagte sie tatsächlich verlassen würde. Erst danach begann sich zwischen dem Beklagten und seiner nunmehrigen Lebensgefährtin eine tiefere Zuneigung zu entwickeln. Ende April oder Anfang Mai trennte sich diese von ihrem damaligen Lebensgefährten und nahm eine geschlechtliche Beziehung zum Beklagten auf. Die Klägerin blieb noch bis Sommer 1991 im Haus in der Wachau und hoffte, der Beklagte werde zu ihr zurückkehren, und das Verhältnis zur anderen Frau sei nur etwas "Vorübergehendes". Sie bot ihm in Briefen sogar an, er könne seine Freundin behalten, wenn er weiterhin die Wochenenden in der Wachau verbringen würde. Dazu war der Beklagte jedoch nicht bereit. Die außereheliche Beziehung des Beklagten bewirkte noch eine Vertiefung der Zerrüttung der Ehe. Das Haus in der Wachau wurde im Spätsommer 1991 zum Verkauf angeboten. Zu diesem Zeitpunkt empfand auch die Klägerin die Ehe als völlig zerrüttet. Im Jänner oder Februar 1991 hatte die Klägerin im Einverständnis mit dem Beklagten einen Urlaub in Osttirol für Herbst 1991 gebucht, den das Ehepaar gemeinsam mit der Schwester und dem Schwager des Beklagten verbringen wollte; nach dem endgültigen Auszug des Beklagten stornierte die Klägerin den gebuchten Urlaub Anfang April. Nach der endgültigen Trennung gab die Klägerin ihren Besuchern öfters verschiedene Zahlscheine mit, die sie dann dem Beklagten übergaben, der sie einzahlte. Der Beklagte sorgte weiterhin für seine Gattin, indem er seiner Schwester vorgefrorene Lebensmittel mitgab, wenn diese in die Wachau fuhr. Die Klägerin brachte am 19. 2. 1992 eine Unterhaltsklage gegen den Beklagten ein; das Verfahren endete mit einem Vergleich, in dem sich der Beklagte dazu verpflichtete, für die Monate Februar und März 1992 jeweils 7.000 S nachzuzahlen. Ab April 1992 zahlte er einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 12.000 S. Der Beklagte hat seine Unterhaltsverpflichtung in den Monaten Februar und März 1992 verletzt.

Die Klägerin verbindet mit ihrer am 15. 2. 2002 eingebrachten Unterhaltsklage den Antrag auf Provisorialunterhalt von monatlich

1.155 EUR ab Antragstag. Aufgrund der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft habe sie sich während der Ehe fast ausschließlich der Haushaltsführung gewidmet und ihren Mann zeitweise in seiner beruflichen Tätigkeit unterstützt. Daher und wegen ihres Alters sei es ihr weder zumutbar noch möglich, eine Arbeit zu finden oder sonstwie selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Sie beziehe nur eine monatliche Pension von derzeit 229,67 EUR. Damit könne sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten. Weder habe sie einseitig besonders schwerwiegende Eheverfehlungen begangen noch ihre Bedürftigkeit grob schuldhaft herbeigeführt, noch liege ein gleich schwerwiegender Unbilligkeitsgrund vor. Es könne nicht erwartet werden, dass sie später in der Lage sein werde, ihren Unterhalt selbst zu sichern. Der Beklagte verdiene durchschnittlich mindestens

3.500 EUR netto monatlich und habe keine weiteren Sorgepflichten. Der zuletzt vom Mann geleistete Unterhalt zusammen mit ihrer eigenen Pension hätten es ihr gerade ermöglicht, ihre notwendigsten Ausgaben zur Lebensführung abzudecken. Eine monatliche Unterhaltszahlung von

1.155 EUR sei jedenfalls notwendig, nach dem Lebensbedarf der Frau angemessen und dem Beklagten aufgrund seines Einkommens möglich und zumutbar. Die Frau verfüge über keine finanziellen Reserven und sei aufgrund fehlender Unterhaltszahlungen des Mannes auf Unterstützung aus der Familie angewiesen. Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse seien äußerst angespannt. Darüber hinaus sehe sie sich mit einer (ungerechtfertigten) Forderung des Mannes aus der nachehelichen Aufteilung und einer gewaltigen Kostenforderung aus dem Scheidungsverfahren konfrontiert.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Er bestritt die Höhe der Eigenpension der Klägerin und ein Einkommen von mehr als 2.400 EUR 14 Mal jährlich. Nach dienstgeberseitiger Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin habe sie sich gegen den Willen des Beklagten und gegen dessen Drängen nicht um eine weitere Berufstätigkeit bemüht, obwohl ihr eine solche möglich gewesen wäre. Der Beklagte habe für die Klägerin Pensionsjahre nachgezahlt. Unerwartet hohe Erhaltungskosten und Darlehenstilgungen für das Haus in der Wachau sowie die Notwendigkeit einer Ausweichwohnmöglichkeit für den Beklagten in Wien hätten zu einer angespannten finanziellen Situation geführt. In dieser Zeit habe der Kläger immer wieder angesprochen, dass die Beklagte sich an der finanziellen Sorge für die Familie beteiligen solle, dass entweder gemeinsame wirkungsvolle Sparmaßnahmen getroffen werden müssten oder ein eigenes Einkommen der Klägerin erzielt werden müsse, das ein leichteres Fortkommen der Familie gewährleiste. Die Klägerin habe jede Beschäftigung unter Hinweis auf ihre Verpflichtungen im Haushalt abgelehnt. Die Haushaltsführung sei äußerst mangelhaft erfolgt. Die Klägerin habe ihre Bedürftigkeit grob schuldhaft herbeigeführt, indem sie sich statt einer Erwerbstätigkeit ihren Freizeitbedürfnissen (Bauernmalerei; Hundehaltung) gewidmet habe. Die ihr anzurechnenden Eheverfehlungen seien besonders schwerwiegend. Obzwar nicht berufstätig, habe sie den Beklagten nicht unterstützt. Sie sei nicht bereit gewesen, auch nur ein Mal pro Woche nach Wien zu kommen und dort den Kläger bei der Führung des berufsbedingt notwendigen Haushalts zu unterstützen oder die Freizeit anderswo als im gemeinsamen Haus in der Wachau zu verbringen. Sie habe das gemeinsame Schlafzimmer verlassen, um mit dem Hund, den sie mehr schätze als ihren Mann, im Wohnzimmer zu nächtigen. Sie habe das Gespräch über Eheprobleme ebenso verweigert wie die Gestaltung der Ehe in einer auch für den Beklagten "lebbaren" Weise. Sie habe den Beklagten bei Differenzen durch langanhaltendes Schweigen und durch Verweisung aus der Ehewohnung gestraft. Sie habe ihm das Gefühl vermittelt, ausschließlich für die Bedeckung ihrer materiellen Bedürfnisse wichtig zu sein. Zuletzt habe sie ihn, als er wieder einmal Eheprobleme habe ansprechen wollte, aus dem gemeinsamen Haus geworfen und so die häusliche Gemeinschaft endgültig aufgelöst. Die Klägerin sei in der Lage, ihren Unterhalt aus einer anderen als einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, nämlich durch Bauernmalerei, zu decken. Aus dem nach Trennung erfolgten Hausverkauf sei ihr ein Betrag von 500.000 S zugekommen. Ihren erwerbstätigen Sohn habe sie bis weit über dessen Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus unterstützt. Aufgrund des Sparpakets sei ein Einbruch in der Einkommensentwicklung des Mannes erfolgt, was bei Berechnung des jeweiligen Unterhalts während aufrechter Ehe von der Gegenseite auch akzeptiert worden sei. Die Klägerin könne aufgrund ihrer Einkommenssituation Rezeptgebührenbefreiung, Selbstbehaltsbefreiung, Telefon-, Radio- und Fernsehgebührenbefreiung sowie Mietzinsbeihilfe erlangen. Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts von 900 EUR monatlich und wies den Sicherungsantrag im Mehrbegehren von 255 EUR ab. Es traf folgende Feststellungen: Die Klägerin führte den Haushalt so, wie es bei durchschnittlichem Sorgfaltsmaßstäben, wie sie von der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung vertreten werden, bei einer "Nurhausfrau" in einem Haus dieser Art bei Hundehaltung als völlig ordnungsgemäß empfunden würde. Der Beklagte bezog 2001 ein Nettoeinkommen von insgesamt 493.981,17 S (vor Abzug "Zession/Exekution"), das sind durchschnittlich monatlich 41.165,10 S = 2.991,58 EUR. Von Jänner bis April 2002 bezog er ein Nettoeinkommen von insgesamt 9.899,87 EUR; auf den Vergleichszeitraum des Vorjahres entfielen 133.888,02 S = 9.730,02 EUR. Ausgehend davon, dass sich im gleichen Verhältnis auch das Einkommen des restlichen Jahres erhöhen wird, ergibt dies ein aktuelles Durchschnittseinkommen von 3.043,80 EUR monatlich. Die Klägerin bezieht neben einer Angestellten-Pension von 229,67 EUR 14 mal jährlich netto eine Pension der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung/Schweizer Ausgleichskasse von 70 Schweizer Franken (das entsprach im April 2002 47,31 EUR bzw einem Überweisungsbetrag von 46,88 EUR) 12 mal jährlich, wobei dieser Auszahlungsbetrag kursabhängig ist und im April 2002 eher im oberen Bereich lag. Ausgehend von 46,88 EUR ergibt sich ein aktuelles Durchschnittseinkommen der Klägerin von 314,83 EUR monatlich. Die Klägerin besuchte nach ihrer Pflichtschulzeit eine Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe und lebte danach insgesamt zweieinhalb Jahre in der Schweiz, zuerst als Praktikantin im Fremdenverkehr, danach als Hilfe bei der Betreuung schwer erziehbarer Kinder in einem Kinderheim und schließlich als eine Art Kindermädchen in einer Zürcher Familie. Nach Österreich zurückgekehrt besuchte sie die grafische Lehr- und Versuchsanstalt und absolvierte die Gesellenprüfung im Fach Fotografie. Sie lernte hierauf ihren ersten Mann kennen, welcher im selben Fach die Meisterprüfung absolvierte. Von etwa 1960 bis 1972 arbeitete sie in dem auf Werbefotografie spezialisierten Fotoatelier dieses Mannes mit, war dabei jedoch nur kranken-, nicht aber pensionsversichert. 1972 ließen sich die Ehegatten scheiden, im selben Jahr erfolgte die Heirat der Klägerin mit dem Beklagten, der zu diesem Zeitpunkt über die schlechte pensionsversicherungsrechtliche Situation seiner damals bereits 41-jährigen Gattin Bescheid wusste. Diese blieb auch nach der Scheidung bei ihrem früheren Ehemann beschäftigt, von dem sie im Guten auseinandergegangen war, allerdings nur mehr als Halbtagskraft. Die wirtschaftliche Lage des Betriebs verschlechterte sich zum Ende der 70er-Jahre so sehr, dass sich ihr Dienstgeber die Klägerin als Mitarbeiterin nicht mehr leisten konnte und sie im Einvernehmen ausschied. Die damals fast 50-jährige Klägerin bezog ein halbes Jahr lang Arbeitslosenunterstützung und suchte intensiv nach einer Beschäftigung als Halbtagskraft. Es war damals - wie auch schon zuvor in den Siebzigerjahren - der ausdrückliche Wunsch des Beklagten, dass seine Ehefrau nur nach einer Halbtagsbeschäftigung suche, damit die Klägerin weiterhin schon zu Hause ist, wenn er selbst von der Arbeit heimkommt, und dass dann alle Haushaltsarbeiten erledigt sind und sich die Klägerin voll dem Beklagten widmen könne. Beim Arbeitsamt konnte man der Klägerin aber keine Halbtagsbeschäftigung vermitteln; Möglichkeiten für eine Ganztagsbeschäftigung bestanden damals. Nach einiger Zeit vergeblicher Arbeitssuche entdeckte der Beklagte ein Inserat betreffend ein zum Verkauf angebotenes Haus in der Wachau. Er zeigte es der Klägerin und meinte, dass ihre Suche nach einer geeigneten Arbeit doch wohl weiterhin erfolglos bleiben würde, weshalb der Ankauf dieser Liegenschaft mit Blockhaus und Garten doch eine geeignete Zukunftsperspektive wäre. Bei der Verknüpfung mit dem Hinweis auf die Aussichtslosigkeit der Arbeitssuche der Klägerin ging der Beklagte von der Erwägung aus, dass die mit der Übersiedlung aufs Land verbundene Besiegelung der Abkehr der Frau vom Arbeitsmarkt keine Rolle mehr spiele und ein Blockhaus mit Garten ohnehin umfangreicher Pflege bedürfe. Das in der Folge tatsächlich gekaufte Blockhaus erwies sich für beide Eheleute als genau das, was sie erträumt hatten. Wie erwartet erwies sich aber die Pflege des Blockhauses, das auf nicht ganz 1.000 m² Grund stand, als überaus arbeitsintensiv. Zudem litt die Ehefrau bereits aus einer längst vergangenen Zeit an Bandscheibenproblemen, verrichtete aber bei der Pflege und Betreuung der Liegenschaft auch die traditionellen "Männerarbeiten" in Haus und Garten selbst (mit Ausnahme des Schneeschaufelns durch den Nachbarn). Es wurde auch nie eine Haushaltshilfe oder Raumpflegerin auch nur stundenweise beschäftigt. Es entsprach ab dem Hauskauf der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, dass sich die Klägerin, ohne daneben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, der Haushaltsführung widmete. Auch als sich in der Folge (ua wegen der Hochzinspolitik) die finanzielle Situation besonders belastend darstellte, wurden zwischen den Eheleuten zwar Sparmaßnahmen besprochen und durchgeführt, es war aber auch von Seiten des Beklagten nie die Rede davon, dass die Klägerin wieder ein Erwerbseinkommen erzielen könnte oder sollte. Erst ab 1989, als die Genossenschaftswohnung in Wien angemietet wurde, bestand der Meinungsunterschied, dass die Klägerin die Bitte des Beklagten abschlug, nun wenigstens ein Mal pro Woche nach Wien zu kommen, um ihm im Haushalt ein wenig zu helfen (und einander häufiger zu sehen). Es trifft nicht zu, dass die Klägerin Unterstützung für den Beklagten verweigerte, den Hund mehr schätzte als ihn oder ihm das Gefühl vermittelte, ausschließlich für die Bedeckung ihrer materiellen Bedürfnisse wichtig zu sein. Abgesehen von seinem (frühestens 1989 geäußerten) abgeschlagenen Wunsch, ein Mal in der Woche nach Wien zu kommen, unterstützte die Klägerin ihren Mann, indem sie etwa regelmäßig bei Ankunft am Freitag kurz nach Mittag einen ritualartigen Empfang mit Sekt bereitete und ihm grundsätzlich (mit den im Scheidungsurteil festgestellten Ausnahmen) ein angenehmes, erholsames und sorgenfreies Wochenende verschaffte. Außerdem trug sie dafür Sorge, dass die von ihr weitestgehend allein zu verrichtenden Arbeiten in Haus und Garten bereits allesamt während der Woche in seiner Abwesenheit erledigt waren, wenn er ankam, sodass sie sich in der Zeit, die er in der Wachau verbrachte, wirklich ihm allein widmen konnte. Dies alles veranlasste einen Nachbarn sogar wiederholt zu sinngemäßen Äußerungen, so gut solle es ihm einmal gehen. Dem Beklagten bedeuteten die Wochenenden im Haus in der Wachau sehr viel und er betonte dies ausdrücklich immer wieder ("mein Paradies") gegenüber der Klägerin. Die Klägerin hat keine Möglichkeit einer zumutbaren Erwerbstätigkeit; ihr Hobby Bauernmalerei kann sie finanziell nicht verwerten. Bei Veräußerung der Wachauer Liegenschaft entfiel auf die Klägerin ein Anteil am Verkaufserlös von 500.000 S, den sie bereits verbraucht hat: 50.000 S gingen für Spesen und Notarskosten auf, weiters zahlte sie Schulden für ihren Sohn; rund 100.000 S verwendete sie für Einrichtung und Adaptierung der Wohnung in Wien für ihre Wohnzwecke, den Rest verwendete sie für Fernreisen. Sie wollte diese Reisen noch machen, bevor sie zu alt oder zu wenig gesund dafür sein würde. Der 45-jährige Sohn der Klägerin ist Jurist, jedoch derzeit ohne Beschäftigung. Er ist geldunterhaltspflichtig für zwei schulpflichtige Kinder, von denen er getrennt lebt. Die Klägerin hat monatlich rund 220 EUR für die Wohnung zu zahlen. Sie hat daneben Kosten für Gas, Strom, Telefon, Radio und Fernsehen zu leisten. Aufgrund ihres Bandscheibenleidens, das schon aus der Zeit der ersten Ehe stammt, muss sie regelmäßig schwimmen gehen und sich massieren lassen. Sie muss daher eine Jahreskarte für die Bäder bezahlen. Weiters hat sie Kosten für die Massagen zu bestreiten. Sie beabsichtigt, wieder hie und da ins Theater zu gehen, wofür ihr momentan das Geld fehlt. Sehr lange schon konnte sie sich kein Kleidungsstück mehr kaufen, sodass (vorerst hintangestellte) Kleidungskäufe bevorstehen. Es stehen auch Kosten für Zahnersatz, welche von der Krankenkasse nur teilweise getragen werden, in nächster Zeit bevor. Nur durch leihweise finanzielle Unterstützung durch ihren Cousin und Hintanstellen jeglicher nicht absolut notwendiger Ausgaben kann sich die Klägerin derzeit irgendwie "über die Runden bringen", seitdem der Beklagte ihr keinen Unterhalt mehr zahlt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Bestimmung des § 68a EheG idF des Eherechtsänderungsgesetzes 1999 im vorliegenden Fall wegen des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung am 30. 3. 2000 anwendbar sei. Die Klägerin habe nicht derart schwere Eheverfehlungen begangen, dass der Unterhaltsanspruch grob unbillig wäre. Auch habe sie ihre Bedürftigkeit nicht grob schuldhaft herbeigeführt. Auch andere Gründe, die den Unterhaltsanspruch unbillig machten, lägen nicht vor. Der Unterhaltsanspruch nach § 68a EheG sei höher als der notdürftige Unterhalt (§ 795 ABGB) und niedriger als der sich nach § 66 EheG, § 94 ABGB ergebende Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und könne den Billigkeitsunterhalt nach § 68 EheG ebenso unterschreiten wie übersteigen. Mit dem Lebensbedarf als Orientierungsgröße bestimme sich die Unterhaltshöhe allein nach der eigenen eheunabhängigen Lebensstellung des Berechtigten, soweit diese im Rahmen des ehelichen Lebensstandards bleibe. Im Streitfall sei der Unterhaltsanspruch mit 900 EUR monatlich angemessen (33 % des Einkommens des Beklagten abzüglich 10 %). Dadurch beziehe die Klägerin insgesamt ein Einkommen von 1.215 EUR monatlich, während dem Beklagten 2.144 EUR monatlich verblieben.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die vorläufige monatliche Unterhaltsleistung mit 500 EUR bestimmte und das Mehrbegehren abwies; es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 68a EheG zulässig sei. Die für die Verschuldensaufteilung im Scheidungsverfahren tragenden Feststellungen seien auch im Unterhaltsverfahren zu berücksichtigen. Weder aus den Feststellungen im Scheidungsverfahren noch aus dem ergänzend als bescheinigt angenommenen Sachverhalt im Unterhaltsverfahren ergebe sich ein Hinweis darauf, dass der Klagerin derartig schwere Eheverfehlungen anzulasten seien, dass ihr Unterhaltsanspruch gem § 68a Abs 3 EheG zu mindern wäre oder gar zu entfallen hätte. Gem § 68a Abs 2 EheG könne der sich aus der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft ergebende Mangel an Erwerbsmöglichkeiten zum Entstehen des Unterhaltsanspruchs nach dieser Gesetzesstelle führen. Das Gesetz selbst spreche nur vom Mangel an Erwerbsmöglichkeiten; dazu sei aber auch der Mangel an Pensionsansprüchen zu zählen. Weil es der ausdrückliche Wunsch des Beklagten gewesen sei, dass die Klägerin nur nach einer Halbtagsbeschäftigung suche, liege insoweit eine einvernehmliche Gestaltung der Lebensgemeinschaft (in Form der Haushaltsführung durch die Klägerin) vor. Berechtigt sei der Rekurs, soweit er die Höhe des der Klägerin zugesprochenen Betrags betreffe. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass Personen zur Befriedigung ihrer einfachsten Lebensbedürfnisse eines bestimmten Mindestbetrages bedürften; dieser - als absolutes Minimum angesehene - Betrag ergebe sich aus §§ 293 f ASVG über die Richtsätze für die Gewährung der Ausgleichszulage. Mit dem Betrag für alleinstehende Personen nach § 293 Abs 1 lit a ASVG stimme nunmehr auch gemäß § 291a Abs 1 EO der unpfändbare Freibetrag (Existenzminimum) überein. Dieser betrage im Jahr 2002 unter Berücksichtigung des 3,75 %-igen Abzuges nach § 73 Abs 1 ASVG 708,47 EUR. Ein nach § 68a EheG auszumittelnder Unterhaltsbeitrag müsse jedenfalls so hoch sein, dass dem Unterhaltsberechtigten dieser Betrag zur Verfügung stehe. Ergäbe die Summe aus Eigeneinkommen und Unterhaltsbeitrag dieses Existenzminimum nicht, wäre dadurch in aller Regel die Grenze des Unterhalts nach dem Lebensbedarf des Berechtigten unterschritten. Die absolute Obergrenze sei jener Unterhaltsbeitrag, der sich ergäbe, wenn der Unterhaltspflichtige das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe tragen habe müssen, also der sich aus § 66 Ehe ergebende Unterhaltsbeitrag. Ob der in der Literatur vorgeschlagene Abschlag von 0 - 30 % von dem sich aus § 66 EheG ergebenden Unterhaltsbeitrag in Durchschnittsfällen anwendbar sei, könne dahingestellt bleiben, weil bei den hier vorliegenden überdurchschnittlichen Einkommensverhaltnissen ein derartig geringer Abschlag in der Regel nicht mehr dem Gesetzesauftrag entspreche, dass bloß ein Unterhalt nach dem Lebensbedarf des Berechtigten zu gewähren sei. Gehe man von (gerundet) einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen des Beklagten von 3.000 EUR und einem solchen der Klägerin von 315 EUR aus, ergebe sich aus dem Zuspruch des Erstgerichtes von 900 EUR, dass dem Beklagten nur mehr 2.100 EUR zur Verfügung stünden, während die Klägerin 1.215 EUR monatlich zur Deckung ihres Lebensbedarfes zur Verfügung hätte. Berücksichtige man nun, dass die Klägerin monatlich 220 EUR für die Wohnung zu zahlen und Nebenkosten für Gas, Strom, Telefon, Radio und Fernsehen zu leisten habe, dass sie auf Grund ihres Bandscheibenleidens regelmäßig schwimmen und massieren gehen müsse, beabsichtige, ins Theater zu gehen, Kleidungskäufe schon lange aufgeschoben habe und Ausgaben für einen Zahnersatz bevorstünden, dann stünden ihr mit dem vom Erstgericht zugesprochenen Betrag zuzüglich ihrer Eigenpension mehr Mittel zur Verfügung als es ihrem Lebensbedarf entspreche. Der Unterhalt nach Lebensbedarf gemäß § 68a Abs 2 EheG sei kausal mit der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft und dem dadurch bedingten Mangel an Erwerbsmöglichkeiten eines Eheteils verknüpft. Nach dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt sei nicht das Fehlen von anrechenbaren Versicherungszeiten bis 1972, sondern der Verzicht auf eine Beschäftigung ab etwa 1980 wegen der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft über die Haushaltsführung kausal für den Verlust von Pensionsbeitragsmonaten der Klägerin gewesen. Nur dieser Pensionsverlust sei im Rahmen des Anspruchs auf Unterhalt nach dem Lebensbedarf abzudecken. Bescheinigt sei, dass die Klägerin durch die einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, nämlich den Verzicht auf eine Beschäftigung ab etwa 1980, wenn keine Halbtagsbeschäftigung zur Verfügung stehe, einen Pensionsausfall in Höhe des zugesprochenen Betrags erlitten habe. Wegen des Alters der Klägerin sei mit keiner Veränderung ihrer Einkommenssituation zu rechnen; der Unterhaltszuspruch sei deshalb - und auch im Hinblick auf die offenbar für 2003 geplante Pensionierung des Beklagten und seine danach ungewisse Einkommenssituation - nicht zu befristen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 68a EheG nicht besteht; das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

In dritter Instanz stellen die Streitteile zutreffend nicht mehr in Frage, dass der Klägerin infolge Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung nach ehebedingter Absenz vom Berufsleben ein auf § 68a Abs 2 EheG gestützter Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zusteht; sie haben aber unterschiedliche Auffassungen, was dessen Höhe betrifft. Die Klägerin strebt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an. Der Unterhalt gem § 68a EheG sei nach dem Lebensbedarf auszumessen, habe sich also nach der Lebensstellung zu richten, die der Berechtigte vor der Ehe gehabt habe oder jetzt haben würde, falls er nicht geheiratet hätte. Im Streitfall müsse sich der der Klägerin zustehende Unterhalt zwischen 710 EUR (Ausgleichszulagenrichtsatz) und 1.030 EUR (40 % des Familieneinkommens abzüglich Eigeneinkommen) bewegen. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts lägen überdurchschnittliche Einkommenverhältnisse des Beklagten nicht vor. Der vom Erstgericht ausgemessene Unterhalt nach Anwendung eines Abschlags von rund 13 % liege etwa in Höhe des arithmetischen Mittels zwischen dem Richtsatz für die Ausgleichszulage und dem gesetzlichen Unterhalt nach § 66 EheG und sei sachgerecht. Die Klägerin habe ihren Lebensbedarf über all die Jahre an jenem Betrag ausgerichtet, der ihr vom Beklagten seit ihrer Trennung als Unterhalt zur Verfügung gestellt worden sei; schon der vom Erstgericht zugesprochene Unterhaltsbetrag bedeute demgegenüber eine wesentliche Reduktion.

Dazu ist zu erwägen:

Mit dem Eherechts-Änderungsgesetz 1999 (EheRÄG 1999) BGBl I 1999/125 wurde mit § 68a EheG für Fälle der Verschuldensscheidung ein vom Verschulden an der Scheidung grundsätzlich unabhängiger Unterhaltsanspruch neu eingeführt.

Die Materialien zur Regierungsvorlage des EheRÄG 1999 (RV Blg NR 1653 20. GP 24 ff) führen zum Ausmaß des nach § 68a EheG zu gewährenden Unterhalts aus, dass es sich dabei um eine Unterhaltsgewährung auch an den an der Zerrüttung der Ehe überwiegend oder allein schuldigen Ehegatten handeln kann. Im Hinblick darauf wäre es dogmatisch und rechtspolitisch fragwürdig, wenn sich die Höhe dieses Alimentationsanspruchs (auch) an den Lebensverhältnissen der Ehegatten orientierte, wie dies in § 94 ABGB und § 66 EheG vorgesehen ist. Dies würde nämlich bedeuten, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 68a EheG dem danach Alimentationsberechtigten ein Unterhalt im selben Ausmaß zukäme wie beispielsweise dem schuldlos Geschiedenen. Da aber im Grundsätzlichen die Frage des Verschuldens für den nachehelichen Unterhalt durchaus noch eine Rolle spielt, läge in einer solchen Gleichbehandlung von schuldlos und schuldig Geschiedenen hinsichtlich der Unterhaltshöhe ein Wertungswiderspruch. Auch in der rechtspolitischen Diskussion wurde von maßgeblicher Seite gefordert, dass der Unterhalt nach § 68a EheG in seinem Ausmaß von jenem nach § 66 EheG herabgestuft werden solle. Der nach den Kriterien des § 68a EheG Unterhaltsbedürftige soll aber auch nicht etwa von vornherein auf den notwendigen oder nötigen Unterhalt beschränkt werden, wie er in § 795 und § 947 ABGB vorgesehen ist. Eine solche Beschränkung würde zu einem erheblichen Wertungswiderspruch führen. Der Ehegatte, auf den die besonderen Unterhaltsvoraussetzungen nach § 68a EheG zutreffen, soll daher grundsätzlich (nämlich vorbehaltlich der Einschränkungen, die sich auch der Höhe nach aus den Kriterien der Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung und der Billigkeit ergeben können) Anspruch darauf haben, dass sein Lebensbedarf durch die Unterhaltsleistung nach dieser Gesetzesstelle abgedeckt wird. Um eine diesen spezifischen Anforderungen gerecht werdende Lösung hinsichtlich des Unterhaltsausmaßes zu treffen, muss eine neue Unterhaltskategorie eingeführt werden. Bei der Suche nach dieser vermittelnden Lösung wurde eine Anleihe im deutschen Recht, nämlich beim Unterhalt nach dem Lebensbedarf gem § 1578 BGB, genommen. Nach dieser Bestimmung führt die Ausrichtung am Lebensbedarf des Utnerhaltsberechtigten zu einer gegenüber der Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen herabgesetzten Unterhaltshöhe. Die Scheidung der Ehe wirkt sich diesfalls dahin aus, dass sich der unterhaltsbedürftige Ehegatte nicht mehr in vollem Umfang auf die mit der Ehe verbundenen wirtschaftlichen Vorteile stützen kann. Mit dem Lebensbedarf als Orientierungsgröße bestimmt sich die Unterhaltshöhe nicht mehr nach der Lebensstellung des Berechtigten innerhalb der Ehe, sondern allein nach seiner eigenen eheunabhängigen Lebensstellung, dies allerdings auch nur insofern, als diese unterhalb des ehelichen Lebensstandards bleibt. Diese für das deutsche Vorbild entwickelten Grundsätze können im wesentlichen für das betragliche Ausmaß des neuen Unterhaltstyps angewendet werden. Der Größenordnung nach liegt der nach dem Lebensbedarf zu bemessende Unterhalt jedenfalls unter dem nach den ehelichen Verhältnissen angemessenen Unterhalt. Bei der Unterhaltsermittlung ist - anders als nach sonstigen Unterhaltsnormen - primär von dem in § 68a Abs 1 und 2 EheG näher umschriebenen Bedarf auszugehen; in einem weiteren Schritt ist sodann im Sinn einer (weiteren) Begrenzung der Unterhaltshöhe auf die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen Bedacht zu nehmen.

Im Schrifttum wurden zur Höhe des Unterhalts nach § 68a EheG unterschiedliche Meinungen vertreten.

Hopf/Stabentheiner (Das Eherechtsänderungsgesetz 1999, ÖJZ 1999, 821 ff und 861 ff, 868 f) schlagen eine Unterhaltsbemessung vor, die sich an Prozentsätzen orientiert. Demnach sei als Ausgangsgröße der sich nach der Rechtsprechung (Prozentsatzmethode) für den Unterhaltsanspruch gem § 66 EheG ergebende Betrag zugrunde zu legen und davon - bei einem zumindest überwiegenden Zerrüttungsverschulden des unterhaltsberechtigten Ehegatten - ein "Regelabschlag" von bis zu 30 % abzuziehen; das Ausmaß des Regelabschlags solle vom Grad des Verschuldens des Berechtigten abhängen. Eine weitere Reduktion könne sich aus den Unbilligkeitsgründen des Abs 3 oder durch bloß partielle Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung ergeben; schließlich sei eine Kontrollrechnung mit Blick auf die insgesamt gegebene Möglichkeit zur Deckung des Lebensbedarfs anzustellen.

Knoll (Verschuldensunabhängiger Unterhalt im Ehescheidungsfolgenrecht nach dem EheRÄG 1999, RZ 2000, 104 ff, 109 ff) kritisiert dieses Modell unter Hinweis darauf, dass es sich bei § 68a EheG um einen grundsätzlich verschuldensunabhängigen Unterhalt handle, weshalb das Scheidungsverschulden nicht schon bei Abs 1 und 2, sondern erst bei Abs 3 eine Rolle spielen dürfe. Ein verschuldensbezogener "Regelabschlag" sei daher abzulehnen. Der Unterhalt nach § 68a EheG sei in der Größenordnung des § 66 EheG zu bemessen; befürworte man geringere Ansätze, sollten diese zwischen 30 % und 37 % liegen. Nach Deixler-Hübner (Grundfragen des neuen verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruchs nach § 68a EheG, ÖJZ 2000, 707 ff, 714) sei eine starre schematische Berechnungsmethode weder aus dem Gesetz ableitbar, noch geeignet, um schnell und flexibel - vor allem im Rahmen der Billigkeitsklausel - entscheiden zu können. Sie schlägt vor, in einem ersten Schritt von den ehelichen Lebensverhältnissen vor der Scheidung auszugehen, an dem sich der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten auch zu orientieren habe; freilich sei dabei im Unterschied zu § 66 EheG zu bedenken, dass bei einem einkommensstarken Unterhaltsverpflichteten der Unterhaltsberechtigte nicht proportional an dessen Lebensverhältnissen teilhaben könne, weil ja nur sein eigener Bedarf abgedeckt werden solle. In einem zweiten Schritt sei sodann zur Begrenzung des Anspruchs die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten heranzuziehen, der gem § 67 Abs 1 EheG dann nicht zur vollen Abdeckung des Lebensbedarfs des Unterhaltsberechtigten verpflichtet werden könne, wenn er sonst seinen eigenen angemessenen Unterhalt gefährde. Die neue Unterhaltskategorie des § 68a EheG vertrage sich nicht mit der von der Rechtsprechung entwickelten Prozentmethode, weil ja nicht vom Einkommen des Verpflichteten auszugehen sei und diese Methode ungeeignet sei, den konkreten Bedarf zu ermitteln. Der Unterhaltsbedarf sei vielmehr individuell - allenfalls auch unter Heranziehung des § 273 ZPO - zu ermitteln, wie dies etwa auch bei der Festsetzung des Schmerzengeldanspruchs nach § 1325 ABGB von der Rechtsprechung vertreten werde. Um eine weitgehende Rechtssicherheit und Vorausberechenbarkeit zu gewährleisten, sei in einem ersten Schritt zwar von den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten auszugehen, der Anspruch aber in einem zweiten Schritt gleichsam als Kontrollrechnung mit dem Anspruch nach §§ 66 ff EheG zu vergleichen. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs werde unter Feststellung des konkreten Bedarfs in einem Zwischenbereich der nach der bisherigen Rechtsprechung geltenden Prozentsätze nach § 68 EheG (das sind 10-15 % des Einkommens des Verpflichteten) und § 66 EheG (das sind 33 % des Einkommens des Verpflichteten) auszumitteln sein, wobei der angemessene Unterhalt gem § 66 EheG - den Überlegungen in den Materialien der Regierungsvorlage folgend - tunlichst nicht erreicht werden solle. Fallweise werde es sich - vor allem bei unteren und mittleren Einkommen - nicht vermeiden lassen, dass der Unterhalt im Bereich des § 66 EheG angesiedelt sei; er könne (bei einem Anspruch von 33 % nach § 66 EheG) diesen bei ganz niedrigen Einkommen zuweilen auch übersteigen. Von einem so ermittelten Grundbetrag seien allenfalls im Hinblick auf die Billigkeitsklausel nach der Schwere der Verfehlungen Abschläge nach der Lage des Einzelfalls zu machen. Stabentheiner (in Rummel, ABGB³ § 68a EheG Rz 11) anerkennt die Berechtigung der von Knoll und Deixler-Hübner vorgetragenen Kritik an der Methode eines "Regelabschlags" und schließt sich im Ergebnis der Empfehlung von Deixler-Hübner an.

Aus den Materialen ist die Absicht des Gesetzgebers zu erkennen, mit § 68a EheG einen Unterhaltsanspruch zu schaffen, der dem Grundsatz der Gegenseitigkeit Rechnung trägt und Ausfluss nachehelicher Beistands- und Solidaritätsverpflichtung ist (Deixler-Hübner aaO 710). Diesem erklärten Ziel und dem Wortlaut des Gesetzes, der deutlich die Verschuldensunabhängigkeit des Unterhaltsanspruchs betont, entspricht nach Auffassung des erkennenden Senats die von Deixler-Hübner vorgeschlagene Bemessungsmethode am besten. Der Unterhaltsanspruch nach § 68a EheG ist demnach nach dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten in einem Zwischenbereich der nach der bisherigen Rechtsprechung geltenden Prozentsätze nach § 68 und § 66 EheG von 15 % - 33 % des Einkommens des Verpflichteten auszumitteln, wobei der angemessene Unterhalt gem § 66 EheG tunlichst nicht erreicht werden soll und von dem so ermittelten Grundbetrag allenfalls im Hinblick auf die in der Billigkeitsklausel des § 68a Abs 3 EheG genannten Kriterien Abschläge nach der Lage des Einzelfalls zu machen sind.

Nach diesen Grundsätzen kommt es - entgegen der Auffassung des Rekursgerichts - nicht darauf an, welchen Pensionsausfall die Klägerin dadurch erlitten hat, dass sie infolge der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet hat. Zu fragen ist vielmehr, welchen Betrag die Klägerin zur Deckung ihres Lebensbedarfs monatlich benötigt.

Die Klägerin hat nach dem bescheinigten Sachverhalt für ihre Wohnung monatlich 220 EUR zu zahlen und für Nebenkosten (Gas, Strom, Telefon, Radio und Fernsehen) aufzukommen; zur Behandlung ihres Bandscheibenleidens fallen regelmäßig Kosten für Schwimmbad und Massage an; bisher aufgeschobene Ausgaben für Zahnersatz und Kleidung stehen bevor. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint ein individueller Unterhaltsbedarf von 1.000 EUR monatlich gegeben, bleiben damit der Klägerin doch - nach Abzug der Wohnungskosten - noch rund 26 EUR täglich. Berücksichtigt man die (auf Grund des Umrechnungskurses der Schweizer Pensionsleistung in ihrer Höhe geringfügig schwankende) Eigenpension der Klägerin mit gerundet 300 EUR monatlich, ergibt sich der vom Beklagten auf den Unterhalt der Klägerin gem § 68a EheG zu leistende Differenzbetrag mit 700 EUR monatlich. Die anzustellende Kontrollrechnung ergibt, dass dieser Betrag (bei einem durchschnittlichen Einkommen des Beklagten von rund 3.000 EUR monatlich) den Unterhalt gem § 68 EheG übersteigt und rund 70 % des gem § 66 EheG gebührenden Unterhalts erreicht; auch verbleiben dem Beklagten mit monatlich rund 2.300 EUR überdurchschnittliche finanzielle Mittel, seine eigenen Bedürfnisse angemessen zu befriedigen. Schwerwiegende Gründe, die eine Minderung des Unterhaltsbetrags aus Billigkeitserwägungen durch Abschläge gem § 68a EheG zur Folge hätten, liegen nicht vor.

Dem Revisionsrekurs ist teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat im Sicherungsverfahren erster Instanz mit 60 % ihres Begehrens, im Rekursverfahren mit 80 % und im Rekursverfahren mit 80 % und im Revisionsrekursverfahren mit der Hälfte obsiegt. Der Schriftsatz ON 5 war zur Hälfte dem Sicherungsverfahren zuzuordnen.

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