OGH 7Ob246/02f

OGH7Ob246/02f18.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** registrierte Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Karl Haas & Dr Georg Lugert Rechtsanwaltspartnerschaft in St. Pölten, gegen die beklagte Partei R***** AG, ***** vertreten durch Lenz & Luger, Rechtsanwälte OEG in Dornbirn, wegen EUR 6.094,26 samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 16. Mai 2002, GZ 36 R 167/02f-15, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 22. Februar 2002, GZ 5 C 400/01b-11, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Beklagten auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist der Oberste Gerichtshof nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Zum Verständnis der Rechtsfrage sei der dafür relevante Sachverhalt kurz zusammengefasst:

Die Beklagte ist Lieferantin der Klägerin. Franz H*****, ein Kunde der Klägerin, bestellte wiederholt Waren der Beklagten bei Karl K*****, dem vertretungsbefugten Mitarbeiter der Klägerin. Die Waren wurden direkt an die von H***** genannte Baustelle geliefert und von diesem auch bezahlt. Es kam aber auch zuletzt mehrmals vor, dass Franz H***** Waren im kleineren Ausmaß bei der Beklagten direkt ohne Einschaltung K***** im Namen und auf Rechnung der Klägerin bestellte. Dies wurde von der Klägerin im Nachhinein akzeptiert und die Waren der Beklagten von ihr bezahlt, weil H***** seinerseits bezahlte. Die der Klage zu Grunde liegenden Lieferungen bestellte Franz H***** im Namen und auf Rechnung der Klägerin Waren für eine Baustelle, hat sie aber letztlich nicht der Klägerin bezahlt. Es kann nicht festgestellt werden, ob der vertretungsbefugte Mitarbeiter der Klägerin einem Mitarbeiter der Beklagten erklärte, dass Franz H***** berechtigt sei, in ihrem Namen und auf ihre Rechnung Waren zu bestellen.

Die Klägerin begehrt die Refundierung der von ihr der Beklagten bezahlten Rechnungsbeträge mit der Begründung, rechtsgrundlos bezahlt zu haben.

Die Beklagte wendete dagegen ein, die von der Klägerin bestellte und gelieferte Ware ordnungsgemäß verrechnet zu haben.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, dass der Vertrag zwischen den Parteien infolge Anscheinsvollmacht von Franz H***** zustande gekommen sei. Dadurch, dass die Klägerin die Bestellung von Franz H***** in ihrem Namen akzeptiert und Zahlung geleistet habe, ohne dass sie auf den Mangel der Vollmacht hingewiesen habe, habe sie den Anschein geschaffen, dass sie Franz H***** zu einer derartigen Vorgangsweise bevollmächtigt habe.

In Abänderung seines ursprünglichen Ausspruches erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig, da die Voraussetzungen, die notwendig seien, um den Anschein einer Vollmacht zu begründen, von der oberstgerichtlichen Judikatur nicht so eindeutig dargelegt worden seien, dass nicht auch eine andere rechtliche Beurteilung möglich wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch unzulässig.

Soweit die Revisionswerberin geltend macht, dass das Berufungsgericht das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht geprüft hat, obwohl diesbezüglich von der Beklagten kein Vorbringen erstattet wurde, ist sie darauf zu verweisen, dass die Frage, wie ein Vorbringen zu beurteilen ist, auf welchen Rechtstitel sich die Klagsansprüche stützen und ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht, jeweils Fragen des Einzelfalls sind, denen keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 ZPO zukommt (RIS-Justiz RS0113563, RS0042828). Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren sehr wohl einwendete, Warenlieferungen verrechnet und bezahlt erhalten zu haben, die von Franz H***** im Namen und auf Rechnung der Klägerin selbst bestellt worden seien (AS 12 und AS 57).

Eine Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäftes zu erwecken (RIS-Justiz RS0019609). Die Umstände, die Grundlage für die Überzeugung des Dritten sind, müssen vom Vertretenen selbst geschaffen sein (RIS-Justiz RS0020145). Wie weit die Mitwirkung des angeblichen Vollmachtsgebers an der Erweckung des Scheines eines Vollmachtsverhältnisses gehen und ob sie dem vertrauenden Dritten gegenüber unmittelbar in Erscheinung treten muss, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Anscheinsvollmacht im Hinblick auf die unbeanstandete Bezahlung von Warenlieferungen, die Franz H***** im Namen und auf Rechnung der Klägerin ohne deren weitere Einbindung tätigte, gegeben sind, hält sich innerhalb der Bandbreite der auch von der Revisionswerberin erkannten oberstgerichtlichen Judikatur.

Es liegt sohin keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vor. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Beklagte wies in der Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigeit der Revision hin. Ihre Revisionsbeantwortung war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (7 Ob 183/02s, RIS-Justiz RS0035962, RS0035979).

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