Spruch:
Der Revisionsrekurs des Sachwalters wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24. 7. 2002 (ON 10) wurde Paul L***** gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB der Katharina H***** als Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt. Am 29. 8. 2002 schloss der Sachwalter namens der Betroffenen als Vermieterin mit Sebastian N***** als Mieter einen Mietvertrag über eine Liegenschaft, an der der Betroffenen das Fruchtgenussrecht zustand. Der rückwirkend ab 17. 8. 2002 und befristet auf fünf Jahre abgeschlossene Vertrag wurde dem Erstgericht am 2. 9. 2002 zur pflegschaftsbehördlichen Genehmigung vorgelegt. Noch vor der Entscheidung über ihren Antrag verstarb die Betroffene am 6. 9. 2002.
Das Erstgericht stellte mit Beschluss vom 12. 9. 2002 die Beendigung der Sachwalterschaft infolge Ablebens der Betroffenen fest (Punkt 1 des Spruchs) und verwies hinsichtlich ihres Antrags auf sachwalterschaftsgerichtliche Genehmigung eines Mietvertrags auf diese Entscheidung (Punkt 2 des Spruchs). Im Fall des Todes des Betroffenen sei mit deklarativem Beschluss die Beendigung der Sachwalterschaft festzustellen. Damit ende aber auch die Zuständigkeit des Gerichtes zur Genehmigung von Verträgen, mögen diese auch vor dem Ableben abgeschlossen worden sein. Das Rekursgericht wies den Rekurs des Sachwalters zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage, ob ein schwebend unwirksamer Vertrag nach dem Ableben des Betroffenen noch einem Verfahren auf Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht unterzogen werden müsse, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Sachwalterschaft ende gemäß § 283 Abs 1 ABGB iVm § 249 ABGB mit dem Tod des Vertretenen, ohne dass es einer gerichtlichen Aufhebung bedürfte. Nach dem Tod des Betroffenen könne eine gerichtliche Genehmigung des vom Betroffenen oder in seinem Namen vom gesetzlichen Vertreter (Sachwalter, vorläufiger Beistand) geschlossenen Geschäftes nicht mehr erteilt werden. Eine dennoch erteilte Genehmigung oder deren Versagung wäre wirkungslos. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für den Fall des Todes eines Vertretenen werde § 1022 ABGB, wonach ein angefangenes Geschäft vom (gewillkürten) Gewalthaber dann zu vollenden sei, wenn es sich ohne offenbaren Nachteil der Erben nicht unterbrechen lasse, im Hinblick auf die elterlichen Rechte und die Vormundschaft, nicht hingegen auf den Patientenanwalt analog angewendet, weil letzterer ein gesetzlicher Vertreter sei. Selbst wenn man im vorliegenden Fall eine Anwendung des § 1022 Satz 2 ABGB bejahen wollte, lägen die Voraussetzungen einer Vertretungsbefugnis zur Vollendung eines angefangenen Geschäfts nicht vor, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, dass bei einer mit dem Tod der Betroffenen einhergehenden Beendigung der Geschäftsbesorgung offenbare Nachteile für die Erben befürchtet werden müssten. Es bestehe daher auch keine Rekurslegitimation des Sachwalters im Verfahren zur Genehmigung des schwebend unwirksamen Mietvertrags.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil entgegen dem - den OGH nicht bindenden (§ 16 Abs 3 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG abhängt.
Durch den Tod des Betroffenen ist die Sachwalterschaft und damit die gesetzliche Vertretung durch den bestellten Sachwalter gemäß § 283 Abs 1, § 249 ABGB kraft Gesetzes erloschen (3 Ob 1521/95; 5 Ob 503/95; Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 283 Rz 1; Schlemmer in Schwimann, ABGB² § 283 Rz 1; Maurer/Tschugguel, Sachwalterrecht² § 283 ABGB Rz 2; vgl Knell, Kuratoren, 273). Der Einstellungsbeschluss hat nur deklarative Bedeutung (SZ 32/106 zur Vormundschaft; 3 Ob 110/99v für das Sachwalterschaftsverfahren; vgl auch Maurer/Tschugguel aaO § 243 AußStrG Rz 2).
Nach dem Tod eines Pflegebefohlenen ist daher eine Genehmigung des vom Pflegebefohlenen oder in seinem Namen von seinem gesetzlichen Vertreter geschlossenen Geschäfts nicht mehr möglich (Rummel in Rummel, ABGB³ § 865 Rz 9; SZ 32/106; MietSlg 19.007; 5 Ob 696/77; 4 Ob 537/83; 5 Ob 578/83 zur pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klage; zuletzt 8 Ob 187/99d betreffend eine Genehmigung in einer Sachwalterschaftssache). Eine dennoch erfolgte gerichtliche Genehmigung ist - ebenso wie die Versagung einer Genehmigung - wirkungslos (SZ 32/106; 4 Ob 537/83).
Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Der Sachwalter hält dem entgegen, durch die Nichtgenehmigung des Mietvertrags würden Rechte der Betroffenen und deren Nachlasses beeinträchtigt, was der Sachwalter kraft seines gesetzlichen Auftrags auch im Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen habe. Da ein gültiger und wirksamer Mietvertrag zustandegekommen sei, hätten die Rekurswerberin und ihr Nachlass ein Interesse an der gerichtlichen Feststellung, dass der Vertrag genehmigt werde oder dass eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich sei. Dieses Interesse bestehe gegenüber dem Eigentümer der Liegenschaft und gegenüber dem Mieter. Der Sachwalter habe trotz ortsüblicher Dauer des Mietverhältnisses von fünf Jahren aus Gründen der Vorsicht einen Antrag auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung gestellt. Eine nachträgliche Klärung der Rechtsverhältnisse eines Verstorbenen sei stets in dessen Interesse.
Diese Ausführungen übersehen, dass die Rechtslage insoweit nicht unklar ist. Bedurfte nämlich der Mietvertrag - sollte er eine zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehörige Vermögensangelegenheit iSd § 154 Abs 3, § 282 ABGB betreffen - keiner pflegschaftsbehördlichen Genehmigung, ist er wirksam, weil er vom gesetzlichen Vertreter der Betroffenen noch zu deren Lebzeiten abgeschlossen worden ist. Im gegenteiligen Fall ist zwischen der Betroffenen und dem Mieter kein rechtswirksamer Vertrag zustandegekommen, weshalb es diesfalls allein Sache des Nachlasses nach der Betroffenen ist, den vom Sachwalter abgeschlossenen Mietvertrag gegen sich gelten zu lassen oder nicht. Soweit sich der Sachwalter als gesetzlicher Vertreter der Betroffenen darauf beruft, § 1022 Satz 2 ABGB sei auch auf die Sachwalterschaft analog anzuwenden, ist er auf die Entscheidung 5 Ob 503/95 zu verweisen. Der Oberste Gerichtshof hat dort - im Zusammenhang mit dem Vertretungsrecht des Patientenanwalts - ausgesprochen, dass eine analoge Anwendung der für gewillkürte Vertretung bestehenden Bestimmungen des § 1022 Satz 2 ABGB oder des § 35 Abs 1 ZPO auf den Patientenanwalt nicht angebracht ist, weil es sich bei ihm um einen gesetzlichen Vertreter handelt und daher für eine analoge Anwendung nur die Bestimmungen für Fälle anderer gesetzlicher Vertretungen, insbesondere die Bestimmungen für die artverwandte Sachwalterschaft, in Betracht kommen.
Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
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