Normen
ABGB §233
ABGB §249
Entmündigungsordnung §11 Abs2
ABGB §233
ABGB §249
Entmündigungsordnung §11 Abs2
Spruch:
Durch den Tod des zu Entmundigenden wird das Verfahren zur Entmündigung beendet. Der Einstellungsbeschluß hat nur deklarative Bedeutung.
Nach dem Tod des Pflegebefohlenen kann eine gerichtliche Genehmigung des vom Pflegebefohlenen oder in seinem Namen von seinem gesetzlichen Vertreter (vorläufigen Beistand) geschlossenen Geschäftes nicht mehr erteilt werden. Die dennoch erteilte gerichtliche Genehmigung oder deren Versagung ist wirkungslos.
Entscheidung vom 16. September 1959, 5 Ob 391/59.
I. Instanz: Bezirksgericht Judenburg; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Nach Pkt. 1 des Kaufvertrages vom 9. Jänner 1957 hat Johann L. die ihm gehörigen Liegeschaften EZ. 1. 36 und 190 KG. Z. am 1. August 1956 dem Johann H. verkauft und übergeben. Als Kaufpreis wurde die Summe der in Pkt. 3 des Kaufvertrages angeführten Schulden des Verkäufers in der Höhe von 129.955 S 34 g vereinbart. Der Käufer räumte dem Verkäufer ein Fruchtgenußrecht an den der Ausübung des Gastgewerbes dienenden Räumlichkeiten im Hause Z., S.-Gasse 14, ein. Die Aufsandungserklärung hinsichtlich der Eigentumseinverleibung gab Johann L. vertreten durch seinen vorläufigen Beistand Friedrich B. ab. Demgemäß wurde die Urkunde sowohl von Johann L. als auch von Friedrich B. unterfertigt. Eine Anmerkung der Bestellung des vorläufigen Beistandes fand sich zur Zeit der Anbringung des Grundbuchsgesuches am 4. Juni 1959 im Grundbuch nicht mehr vor. Johann L. ist am 22. Februar 1957 gestorben. Das Entmündigungsverfahren wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg vom 21. Oktober 1958, L 27/56-93, eingestellt.
Der Käufer Johann H. beantragte in dem am 4. Juni 1959 beim Grundbuchsgericht eingelangten Gesuch in den oben genannten Einlagezahlen auf Grund des Kaufvertrages vom 9. Jänner 1957 die Einverleibung seines Eigentumsrechtes.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.
Das Rekursgericht wies ihn ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Johann H. Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 249 ABGB., der auch auf die Fälle der Kuratel einschließlich der Beistandschaft anzuwenden ist (§ 282 ABGB.), erlischt jede Pflegschaft durch den Tod des Pflegebefohlenen, ohne daß es hiezu einer gerichtlichen Aufhebung bedarf (Bartsch in Klang 1. Aufl. I/1 S. 1141). Nach dem Tod des Pflegebefohlenen ist daher eine Genehmigung des vom Pflegebefohlenen oder in seinem Namen von seinem gesetzlichen Vertreter (vorläufigen Beistand) geschlossenen Geschäftes nicht mehr möglich. Die dennoch erfolgte gerichtliche Genehmigung ist wirkungslos (vgl. Gschnitzer in Klang 2. Aufl. IV 90 zu § 865 III 3). Ebenso ist die Versagung einer Genehmigung wirkungslos. Denn eine gesetzlich nicht mehr mögliche Genehmigung kann auch nicht versagt werden. Diesen eben wiedergegebenen Standpunkt vertrat der Oberste Gerichtshof bereits in der Verlassenschaftssache nach Johann L. (s. 5 Ob 146/59).
Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz vom 8. Juli 1958, 3 R 123/58, mit der dem Kaufvertrag vom 9. Jänner 1957 die Genehmigung versagt wurde, ist ohne Rechtswirkung. Von einem Verstoß gegen die Rechtskraft zu sprechen, ist unbegrundet. Daß die genannte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz rechtskräftig ist, wird ja nicht in Frage gestellt. Stefanie L. übersieht aber, daß auch rechtskräftige Entscheidungen ohne Rechtswirkung bleiben können.
Als die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Judenburg vom 22. Februar 1957, TZ. 309/57-3, und vom 8. Mai 1958, TZ. 606/58, ergingen (§ 93 GBG. 1955), war im Grundbuch die Bestellung des vorläufigen Beistandes für Johann L. angemerkt. Von diesem Grundbuchsstand ging auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 4. September 1957, 7 Ob 281/57, aus. Johann L. ist nämlich erst nach Anbringung des Vormerkungsgesuches (20. Februar 1957) am 22. Februar 1957 gestorben. Zur Wirksamkeit des Kaufvertrages war am 20. Februar 1957 jedenfalls die Genehmigung nach § 109 Abs. 2 JN. durch das zuständige Pflegschaftsgericht notwendig. Inzwischen ist Johann L. gestorben, und es wurde die Anmerkung der Bestellung des vorläufigen Beistandes im Grundbuch gelöscht. Die Rechtskraft der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 4. September 1957, 7 Ob 281/57, mit der die beantragte Vormerkung des Eigentumsrechtes abgewiesen wurde, steht daher einer Entscheidung, die von der Wirksamkeit des infolge des Todes des Pflegebefohlenen nicht mehr genehmigungsbedürftigen Vertrages ausgeht, nicht entgegen.
Es bestehen auch keine Bedenken, die Bestimmung des § 11 Abs. 2 EntmO. auf den Fall anzuwenden, daß ein Entmündigungsverfahren durch den Tod des zu Entmundigenden beendet wird. Dem Einstellungsbeschluß des Entmündigungsgerichtes selbst kommt nur deklarative Bedeutung zu. Es wird mit ihm nur festgestellt, daß das Verfahren zur Entmündigung nicht mehr fortzusetzen ist. Die Pflegschaft hat jedoch, wie bereits oben ausgeführt, ohne daß es hiezu eines ausdrücklichen Beschlusses bedurfte, mit dem Tod des zu Entmundigenden ihr Ende gefunden. Andernfalls wäre es dem Gericht anheimgegeben, den Zeitpunkt der Beendigung der Pflegschaft festzulegen. Der Oberste Gerichtshof hat daher auch folgerichtig den vom vorläufigen Beistand nach dem Tod des Pflegebefohlenen erhobenen Revisionsrekurs unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 249, 282, 531 ABGB. mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, daß das Amt des vorläufigen Beistandes mit dem Tod des zu Entmundigenden erloschen sei (3 Ob 396/58). Die Bestellung eines vorläufigen Beistandes dient dein Schutz der zu entmundigenden Person, nicht seiner Sorgeberechtigten oder Erben (§ 8 Abs. 1 EntmO.). Wird die Entmündigung nach dem Tode des zu Entmundigenden eingestellt und ist die Pflegschaft bereits mit seinem Tode beendet, dann sind Rechtshandlungen, die der Entmundigte gesetzt hat, nicht deshalb ungültig, weil ihm ein vorläufiger Beistand bestellt worden war, es sei denn, daß sie mit solchen Rechtshandlungen des vorläufigen Beistandes im Widerspruch stehen (§ 11 Abs. 2 EntmO.). Der Kaufvertrag vom 9. Jänner 1957 wurde von Johann L. als Verkäufer unter Mitwirkung seines vorläufigen Beistandes abgeschlossen. Damit ist ein allerdings noch durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung bedingter, aber an sich gültiger Vertrag im Sinne des § 869 ABGB. zustandegekommen (vgl. 5 Ob 146/59).
Da der Verkauf und die faktische Übergabe der Liegenschaften nach dem Inhalt des Kaufvertrages (Pkt. I) bereits am 1. August 1956, also vor dem Tod des Johann L., erfolgt sind, ist nach der neueren Rechtsprechung die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung nicht beizubringen (s. EvBl. 1950 Nr. 536 u. a.). Der Umstand, daß im Verlassenschaftsverfahren noch Erhebungen wegen des Besitzüberganges vor dem Tode des Erblassers angeordnet wurden, steht einer Bewilligung der begehrten Eintragung nicht entgegen, weil der Grundbuchsrichter nur auf Grund der beigebrachten Urkunden die Berechtigung des gestellten Begehrens zu überprüfen hat und diese nur dann abzulehnen berechtigt ist, wenn das Begehren nach dem Inhalte der Urkunden nicht begrundet ist (§ 94 Abs. 1 Z. 3 GBG. 1955). Der Außerstreitrichter hingegen hat die Frage, welche Gegenstände der Erblasser im Zeitpunkt seines Ablebens besessen hat, mit den Mitteln des Außerstreitverfahrens, also durch amtswegige Erhebungen, zu klären (§ 2 Abs. 2 Z. 5 und 6 AußStrG.). Es ist daher möglich, daß der Verlassenschaftsrichter eine Liegenschaft in das Inventar aufnimmt, der Grundbuchsrichter dennoch die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung der Veräußerung dieser Liegenschaft nicht für erforderlich hält und die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erwerbers bewilligt.
Der Käufer erwirbt durch den Abschluß des Kaufvertrages, über dessen Genehmigung die Grundverkehrskommission zu entscheiden hat, einen bedingten Anspruch auf die Übertragung des Eigentums (vgl. SZ. XXVIII 204). Daß jedoch auch hier bereits ein gültiges Geschäft vorliegt, an das die Vertragschließenden gebunden sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 3 GVG. für Steiermark, LGBl. Nr. 24/1954, der bestimmt, daß durch die Versagung der Genehmigung das Rechtsgeschäft ungültig wird. Die Auffassung, daß ein gültiges Rechtsgeschäft erst mit der Genehmigung des Vertrages zustandekomme, ist daher abzulehnen.
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist, wie schon aus dem Wortlaut des § 9 der DV. zum GründerwerbssteuerG. vom 30. März 1940, DRGBl. I S. 395, erhellt, keine materielle Voraussetzung für die Übertragung des Eigentums, sondern nur eine Voraussetzung für die Einverleibung (7 Ob 329/57).
Der Oberste Gerichtshof vermag daher die Ansicht der Stefanie L. nicht zu teilen, daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und die Unbedenklichkeitsbescheinigung bereits am Todestag des Verkäufers vorliegen müßten.
Die Berufung auf erst beizuschaffende Verlassenschafts- und Entmündigungsakten ist nicht geeignet, die Gültigkeit des Vertrages darzutun, weil die Beischaffung von Akten als Vorbescheid in Grundbuchssachen nicht gestattet ist (§ 95 Abs. 1 GBG. 1955). Anders liegt der Fall, wenn sich der Grundbuchsrichter, wie hier, über die erwähnte Gesetzesvorschrift hinwegsetzt, die Akten beischafft und sie zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Da sich aus dem Verlassenschaftsakt A 100/57 des Bezirksgerichtes Judenburg ergibt, daß Johann L. am 22. Februar 1957 gestorben ist und dem Entmündigungsakt L 27/56 des Bezirksgerichtes Judenburg im Zusammenhalt mit dem Kaufvertrag zu entnehmen ist, daß vor dem Tode des zu Entmundigenden kein rechtskräftiger Beschluß über die Genehmigung oder die Versagung der Genehmigung des abgeschlossenen Kaufvertrages vorgelegen ist, bestanden für den Grundbuchsrichter keine Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der an der Eintragung Beteiligten (§ 94 Abs. 1 Z. 2 und 3 GBG. 1955).
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