OGH 1Nc115/02f

OGH1Nc115/02f6.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef E*****, vertreten durch Dr. Gerhard Sarlay, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen EUR 6.478,74 s. A. über die Delegierungsanträge beider Parteien in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Oberlandesgericht Innsbruck unerledigt zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt aus dem Titel der Amtshaftung, die Beklagte zum Ersatz der durch rechtswidrige Führung eines Strafverfahrens verursachten Verteidigerkosten in der Höhe des Klagsbetrags schuldig zu erkennen. Der Kläger sei mit Urteilen des Bezirksgerichts Hall und des Landesgerichts Innsbruck wegen § 170 Abs 1 StGB schuldig gesprochen worden. Der Oberste Gerichtshof habe in der Folge erkannt, dass die beiden Urteile das Gesetz verletzten, und den Kläger freigesprochen.

Nach Erstattung der Klagebeantwortung beantragte der Kläger aus von ihm dargestellten Zweckmäßigkeitrsgründen, die Rechtssache an ein Landesgericht außerhalb des Oberlandesgerichtsspregels Innsbruck zu delegieren (ON 3). Danach stellten beide Parteien den Antrag, die Rechtssache gemäß § 31a JN dem Landesgericht Salzburg zu übertragen (ON 5).

Das Oberlandesgericht Innsbruck, das vom Landesgericht Innsbruck gemäß § 9 Abs 4 AHG angerufen worden war, legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die beiden Delegierungsanträge vor. Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung funktionell nicht zuständig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31a Abs 1 JN hat das Gericht erster Instanz die Sache einem anderen Gericht gleicher Art zu übertragen, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragen (SZ 66/92; 10 Nd 502/96; 6 Nd 502/97; Ballon in Fasching Komm2 Rz 2 zu § 31a JN). Einer Übertragung gemäß § 31a Abs 1 JN können nur die durch die sachliche Eigenzuständigkeit bedingten Prorogationsgrenzen (SZ 66/92), aber nicht örtliche Zuständigkeitsgrenzen entgegenstehen (Ballon aaO). Insoweit bestehen auch im Amtshaftungsverfahren gegen eine Delegierung gemäß § 31a JN keine rechtlichen Hindernisse (vgl Schragel, AHG2 Rz 252; ders. Erg.Heft 22; Fasching, Komm. I, 392; Ballon aaO). Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 31a JN dem Grundsatz der Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwands im Falle eines gemeinsamen Antrags der Parteien die Priorität vor den sonst bei der Delegierung nach § 31 JN erforderlichen Zweckmäßigkeitserwägungen eingeräumt (10 Nd 502/96; 1 Nd 40/00). Im Fall eines solchen gemeinsamen Parteienantrags lässt § 31a Abs 1 JN daher unabhängig von der Begründetheit dieses Antrags keinen Raum mehr für Zweckmäßigkeitsprüfungen. Das Gericht erster Instanz hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31a Abs 1 JN iSd Parteienantrags zu entscheiden. Die vereinfachte Delegierung (Delegation) nach § 31a Abs 1 JN geht daher der beantragten Delegierung aus Zweckmäßigkeitserwägungen nach § 31 JN vor.

Über einen Antrag nach § 31 JN ist damit nicht (mehr) zu entscheiden; zur Entscheidung ist vielmehr gemäß § 31a JN das Erstgericht berufen, das vom Oberlandesgericht Innsbruck gemäß § 9 Abs 4 AHG zu bestimmen sein wird.

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