OGH 1Nd40/00

OGH1Nd40/008.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 260.000,-- s. A. über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, der Oberste Gerichtshof wolle die zu 32 Cg 37/00x beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängigen Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck delegieren, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei zum Rückersatz der Anteile der für die Benützung der Brennerautobahn entrichteten Maut schuldig zu erkennen, die entgegen der Wegekostenrichtlinie und damit EU-rechtswidrig eingehoben worden seien. Sie beantragte gleichzeitig, der Oberste Gerichtshof möge die Rechtssache aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Landesgericht Innsbruck delegieren.

Die beklagte Partei trat in ihrer Äußerung ausdrücklich dem Delegierungsantrag bei und regte an, infolge übereinstimmenden Parteienantrags die Rechtssache gemäß § 31a JN dem Landesgericht Innsbruck zu übertragen.

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung funktionell nicht zuständig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31a Abs 1 JN hat das Gericht erster Instanz die Sache einem anderen Gericht gleicher Art zu übertragen, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragen (SZ 66/92; 10 Nd 502/96; 6 Nd 502/97; Fasching Komm2 Rz 2 zu § 31a JN). Einer Übertragung gemäß § 31a Abs 1 JN können nur die durch die sachliche Eigenzuständigkeit bedingten Prorogationsgrenzen (SZ 66/92), aber nicht örtliche Zuständigkeitsgrenzen entgegenstehen (Fasching aaO). Insoweit bestehen hier gegen eine Delegierung keine rechtlichen Hindernisse (vgl Schragel, AHG2 Rz 252).

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 31a JN dem Grundsatz der Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwands im Falle eines gemeinsamen Antrags der Parteien die Priorität vor den sonst bei der Delegierung nach § 31 JN erforderlichen Zweckmäßigkeitserwägungen eingeräumt (10 Nd 502/96). Im Fall eines solchen gemeinsamen Parteienantrags lässt § 31a Abs 1 JN daher unabhängig von der Begründetheit dieses Antrags keinen Raum mehr für Zweckmäßigkeitsprüfungen. Das Gericht erster Instanz hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31a Abs 1 JN iSd Parteienantrags zu entscheiden. Die vereinfachte Delegierung (Delegation) nach § 31a Abs 1 JN geht daher der beantragten Delegierung aus Zweckmäßigkeitserwägungen nach § 31 JN vor. Eine Delegierung nach § 31a JN ist auch dann zulässig, wenn der übereinstimmende Antrag der Parteien in zwei getrennten Schriftsätzen erfolgt (10 Nd 502/96; 6 Nd 502/97).

Über einen Antrag nach § 31 JN ist damit nicht (mehr) zu entscheiden; zur Entscheidung ist vielmehr gemäß § 31a JN das Erstgericht berufen.

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