OGH 9Ob242/02g

OGH9Ob242/02g4.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Erna S*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in Wien, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Oktober 2002, GZ 42 R 488/02d-119, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 21. Juni 2002, GZ 3 P 67/01s-107, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beschluss des Rekursgerichts wurde der Betroffenen am 31. 10. 2002 zugestellt. Sie gab dagegen am 15. 11. 2002, somit nach Ablauf der 14-tägigen Rekursfrist, den vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs zu Protokoll.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG bleibt es dem Ermessen des Gerichts überlassen, auf verspätete Rechtsmittel in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen, in denen sich die (angefochtene) Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, geht es doch um den Antrag der Betroffenen auf Aufhebung der Sachwalterschaft. Die unrichtige Rechtsbelehrung durch das Erstgericht (vgl ON 121) stellt jedenfalls einen berücksichtigungswürdigen Grund für die Verspätung im Sinne der zu § 11 Abs 2 AußStrG ergangenen Judikatur (siehe nur RIS-Justiz RS0007075) dar, sodass eine Berücksichtigung des verspäteten Rechtsmittels an sich in Betracht käme.

Es entspricht aber ganz herrschender Auffassung, dass Voraussetzung für die Ausübung des Ermessens nach § 11 Abs 2 AußStrG zunächst ist, dass der verspätete Rekurs sachlich gerechtfertigt ist; nur wenn dies feststeht, ist er - sofern sich die angefochtene Entscheidung noch ohne Nachteil eines Dritten ändern lässt - wie ein rechtzeitiges Rechtsmittel zu behandeln (RZ 1966, 149, EFSlg 12.671, 37.270, 58.267, 91.532 uva).

Nach ständiger Judikatur (RIS-Justiz RS0106166, zuletzt 8 Ob 144/02p) ist die Beurteilung der Frage, ob genügend und welche Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters vorliegen, immer eine solche des Einzelfalls, aus den dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Grundlagen zu lösen und nach den konkreten Tatumständen jeweils individuell zu beurteilen. Gleiches muss für Entscheidungen über den Antrag auf Aufhebung der Sachwalterschaft gelten. Die Revisionsrekurswerberin zeigt in ihrem Rechtsmittel auch keine in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinausgehende, somit erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG auf. Die begründungslos bleibende Behauptung, es handle sich um einen "besonderen Sachverhalt", lässt nicht einmal erkennen, welche konkrete Fehlbeurteilung dem Rekursgericht vorgeworfen wird. Da sich der vorliegende außerordentliche Revisionsrekurs somit mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage als für den Rechtsstandpunkt der Rechtsmittelwerberin jedenfalls unbeachtlich erweist, war er ungeachtet des § 11 Abs 2 AußStrG als verspätet zurückzuweisen.

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