OGH 4Ob242/02w

OGH4Ob242/02w5.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.702,77 EUR), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. Juni 2002, GZ 1 R 47/02t‑9, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 14. Dezember 2001, GZ 39 Cg 159/01b‑5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.629,18 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 271,53 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin der "Trafikantenzeitung", die sich an Trafikanten und andere Händler mit (ua) Tabakwaren richtet. Die "Trafikantenzeitung" war aufgrund eines Vertrags aus dem Jahr 1948 berechtigt, den Vermerk "Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabakverschleißer" auf der Zeitung anzubringen..

Der leitende Redakteur der "Trafikantenzeitung" und die Leiterin der Anzeigenabteilung lösten im Oktober 2001 ihr Dienstverhältnis zur Klägerin. Beide sind nunmehr für die Beklagte tätig, die seit November 2001 die Zeitschrift "Filterlos - die neue österreichische Trafikantenzeitung" (idF: "Filterlos) herausbringt.

Neben dieser Zeitschrift und der "Trafikantenzeitung" gibt es auf dem österreichischen Markt noch vier weitere Zeitschriften, die sich an die Trafikanten richten und im Abonnement erhältlich sind, und zwar "Trafikjournal", "Der blaue Trafikant", "Kreativ und Kultur" sowie die Gratiszeitschrift "Welltrafik". Bis zum Erscheinen der Zeitschrift "Filterlos" hatte die "Trafikantenzeitung" eine verbreitete Auflage von knapp über 5.000 Exemplaren; die Auflage der anderen (Kauf‑)Zeitschriften betrug zwischen 500 und 1.000 Exemplaren. Die Gratiszeitschrift "Welltrafik" hatte eine Auflage von 9.000 Exemplaren; die Novemberausgabe von "Filterlos" erschien in einer Auflage von 10.000 Stück.

Die Beklagte legte der ersten Ausgabe ihrer Zeitschrift ein Formular bei, dessen einleitender Text wie folgt lautete:

„Liebe Leserin!

Lieber Leser!

Sollten Sie an einem Abonnement unserer Zeitschrift interessiert sein, bitten wir Sie, diesen Abschnitt am Ende der Seite auszufüllen und unter der Telefaxnummer ... oder mittels Post an die ... unterschrieben zu retournieren, sofern Sie an einer fristgerechten Kündigung eines anderen Abonnements einer Fachzeitschrift interessiert sind, so ersuchen wir Sie, das entsprechende Feld anzukreuzen und den Titel der Fachzeitschrift einzufügen. Als Serviceleistung veranlassen wir für Sie gerne die zur Aufkündigung notwendigen Schritte.

..."

An den Einleitungstext schlossen sich zwei Abschnitte an. Im ersten Abschnitt konnte ein Abonnement der Zeitschrift bestellt werden, wobei die Rubrik "Ich bestelle hiemit ein Jahresabonnement der Zeitschrift ..." anzukreuzen und Name, Adresse, Kundennummer, Datum und Unterschrift einzusetzen waren, im zweiten Abschnitt konnte die Rubrik "Kündigung des bisherigen Abonnements durch die Wohlfahrtseinrichtung der Tabaktrafikanten Österreichs erwünscht" angekreuzt werden. Darunter war der "Titel der bisherigen Abozeitung" einzutragen, das Datum einzusetzen und zu unterschreiben.

Die November‑Ausgabe der Zeitschrift der Beklagten trug auf der Titelseite den Vermerk "Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten". Am 7. 11. 2001 schrieb das Bundesgremium der Tabaktrafikanten der Klägerin wie folgt:

"Prädikat

'Mit den offiziellen Nachrichten

des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten'

...

Mit der Änderung des Wirtschaftskammergesetzes und damit der Rahmengeschäftsordnung für die Fachverbände entfällt die Verpflichtung des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten zur Veröffentlichung von Einladungen zu bestimmten Organsitzungen. Soweit entfällt auch der Bedarf der Kennzeichnung eines Mediums 'Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten'.

Wir teilen Ihnen daher mit, dass das vom Bundesgremium der Tabaktrafikanten mit Schreiben vom 1. 8. 1948 bzw 28. 7. 1980 vergebene Prädikat 'Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten' an die 'Österreichische Trafikantenzeitung' obsolet ist.

Die Führung des Prädikats ist daher ab der diesem Schreiben folgenden Ausgabe, noch in ähnlichen Publikationen, nicht mehr gestattet.

..."

Die Beklagte erhielt diese Nachricht, nachdem die Novemberausgabe ihrer Zeitschrift erschienen war. Auf dem Titelblatt der Dezemberausgabe wurde vermerkt "Mit Nachrichten aus Bundesgremium, Landesgremien und Wohlfahrt".

Die Klägerin begehrt, der Beklagten ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu untersagen, 1. Lesern der Zeitschrift "Filterlos" bei der Kündigung von Abonnements von nicht von der Beklagten herausgegebenen Zeitschriften dadurch behilflich zu sein, dass die Beklagte anbietet, die Kündigung des bisherigen Abonnements durchzuführen, 2. auf der Titelseite der Zeitschrift "Filterlos" den Hinweis "Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten" anzubringen. In eventu wird begehrt, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu verbieten, 1. in Exemplare der Zeitschrift "Filterlos" ein Formular einzulegen, auf welchem der Leser die Kündigung von Abonnements von nicht von der Beklagten herausgegebenen Zeitschriften durch die Beklagte beantragen kann, 2. auf der Titelseite der Zeitschrift "Filterlos" den Hinweis "Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten" anzubringen, wenn dieser Hinweis durch eine Gesetzesänderung obsolet ist. Die Beklagte übernehme den gesamten Kündigungsvorgang. Sie werbe dadurch in sittenwidriger Weise Kunden der Klägerin ab. Mit dem durch eine Gesetzesänderung unzulässig gewordenen Vermerk "Mit den offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten" versuche die Beklagte, eine gegenüber der Konkurrenz bessere Stellung auf dem Markt zu erwerben. Darüber hinaus würden die beteiligten Verkehrskreise über den Inhalt der Publikation irregeführt.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Zweck des beigelegten Formulars sei es gewesen, Abonnenten zu werben; die Kündigungshilfe habe die Beklagte lediglich als Serviceleistung angeboten. 69 % der Adressaten der Novemberausgabe ihrer Zeitschrift seien ihre Mitglieder. Die Beklagte habe dem Schreiben vom 7. 12. 2001 sofort entsprochen und werde sich auch in Zukunft daran halten. Eine Irreführung liege nicht vor, weil die Zeitschrift Nachrichten aus dem Bundesgremium enthalte.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Da die ordentliche Kündigung von Verträgen rechtmäßig sei, könne auch die bloße Mithilfe daran nicht sittenwidrig sein. Voraussetzung dafür sei, dass - wie hier - keine irreführenden Angaben gemacht, kein psychischer Druck ausgeübt und der Mitbewerber nicht herabgesetzt werde. Die Beklagte habe das Schreiben des Bundesgremiums vom 7. 11. 2001 bei der Gestaltung ihrer ersten Nummer noch nicht berücksichtigen können. Nach Erhalt des Schreibens habe sie sofort reagiert und den Hinweis in die Dezembernummer nicht mehr aufgenommen. Damit scheine sie ernstlich gewillt, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Ob der Beklagten überhaupt ein Wettbewerbsverstoß anzulasten sei, könne offen bleiben.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Beklagte lege das Formblatt in ihre Zeitschrift ein und biete die Kündigungshilfe damit nur Personen an, die die erste Ausgabe ihrer Zeitschrift angesehen/aufgeschlagen haben. Dass zwei leitende Mitarbeiter von der Klägerin zur Beklagten gewechselt seien, bedeute nicht, dass die Kündigungshilfe eindeutig darauf ausgerichtet sei, Abonnenten der Klägerin abzuwerben. Es liege auf der Hand, dass sich ein Kunde zum Abschluss eines Abonnementvertrags mit einer neuen Zeitschrift eher entschließen werde, wenn ihm gleichzeitig die Möglichkeit vor Augen geführt werde, das bisherige Abonnement zu beenden und ihm dabei geholfen werde. Die Ausnützung dieses Umstands sei aber noch nicht sittenwidrig. Es sei nicht anzunehmen, dass die Beklagte den Hinweis auf die offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums wieder aufnehmen werde. Warum dieser Hinweis wettbewerbswidrig sein solle, sei im Übrigen nicht nachvollziehbar.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten von den bisher entschiedenen Fällen abweicht; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

1. Zur Kündigungshilfe

Die Verleitung zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung ist nach ständiger Rechtsprechung - im Gegensatz zur Verleitung oder zur Beihilfe zum Vertragsbruch - nur dann sittenwidrig, wenn besondere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände hinzutreten (4 Ob 336/86 = MR 1986, 4/86, 26 [Korn] - Abonnementabwerbung I; 4 Ob 92/93 = ÖBl 1993, 159 - Kreditschutzverband; 4 Ob 106/93 = MR 1994, 30 - Abonnementabwerbung II). Solche Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn beim Eindringen in den fremden Kundenkreis verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden (4 Ob 103/92 = ÖBl 1993, 13 - Nissan‑Kundendienst).

Verwerfliche Ziele werden verfolgt, wenn die Aktion nicht darauf ausgerichtet ist, neue Kunden zu gewinnen, sondern wenn dadurch der Mitbewerber behindert werden soll. Das wird nur in Ausnahmefällen der Fall sein; regelmäßig strebt der Werbende an, neue Kunden zu gewinnen, wenn er anbietet, bei der Kündigung eines Vertrags mit einem Mitbewerber behilflich zu sein. Er ist dabei in der Wahl seiner Mittel nicht frei; setzt er "verwerfliche" Mittel ein, so handelt er damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Einigkeit herrscht darüber, dass eine bloße Kündigungsberatung noch nicht sittenwidrig ist (s Gruber, Wettbewerbswidrigkeit der Abwerbung von Kunden und Arbeitnehmern, JBl 2002, 416 [427] mwN); ob dies auch dann gilt, wenn der Werbende dem umworbenen Kunden ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorlegt, das nur noch unterschrieben werden muss und dessen Beförderung der Werbende übernimmt, ist strittig.

Nach der Entscheidung 4 Ob 336/86 handelt der Werbende in einem solchen Fall sittenwidrig, weil die Vorlage bereits vorbereiteter Kündigungsschreiben zwecks Aufkündigung von mit der Konkurrenzzeitung abgeschlossenen Abonnementverträgen nicht den im Geschäftsverkehr anständiger Kaufleute üblichen Handlungen entspreche. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Werber der beklagten Zeitung die umworbenen Kunden mehrmals besucht und zum Wechsel des Abonnements durch Werbegeschenke bewogen.

Die Entscheidung 4 Ob 92/93 nennt als verwerfliche Mittel die Verleitung zum Vertragsbruch, die Anschwärzung eines Mitbewerbers bei einem Kunden oder irreführende Praktiken. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es nicht um die Abwerbung von Abonnenten, sondern um das Abwerbeschreiben eines Kreditschutzverbands, in dem der Kreditschutzverband einem seiner Mitglieder anbot, die durch die Erteilung des Auftrags zur Forderungsanmeldung durch einen anderen Gläubigerschutzverband aufgelaufenen Spesen zu ersetzen. Der Oberste Gerichtshof wertete dieses Verhalten nicht als sittenwidrig.

Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 106/93 war das Versenden vorgedruckter Kündigungsschreiben an einen unbestimmten Personenkreis durch die Verlegerin einer Zeitung, wobei die Kündigungsschreiben nur noch ausgefüllt, unterschrieben und, im gleichfalls adressierten Kuvert, der davon betroffenen Mitbewerberin geschickt werden mussten, um ein Zeitungsabonnement zu kündigen. Der Oberste Gerichtshof beurteilte dieses Verhalten als sittenwidrig. Den Kunden eines bestimmten Mitbewerbers sei damit eine Kündigungshilfe gewährt worden, die über die bloße Beratung über Kündigungsmöglichkeiten weit hinausgehe. Das Verbreiten vorgedruckter, an einen bestimmten Mitbewerber adressierter Kündigungsschreiben durch einen Massenpostwurf sei ein massiver Eingriff in den Kundenkreis des Mitbewerbers, der den Wettbewerb verfälsche. Er sei, anders als die Mittel des lauteren Wettbewerbs, nicht darauf ausgerichtet, den Kunden dadurch zu gewinnen, dass ihm eine bessere und/oder preisgünstige Ware angeboten wird.

Die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit der Kündigungshilfe durch vorbereitete Kündigungsschreiben wird von Koppensteiner (Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 33 Rz 88 Fn 268; ders, Sittenwidrigkeit und Wettbewerbswidrigkeit, Wbl 1995, 1 [4]) kritisiert. Er verweist darauf, dass jedermann mit der ordentlichen Kündigung von Verträgen rechnen müsse. Die bloße Unterstützung zulässigen Verhaltens könne nicht rechtswidrig sein. Gruber (aaO JBl 2002, 420, 426) hält dem entgegen, dass aus der Rechtmäßigkeit der Kündigung noch nicht auf die Zulässigkeit ihrer Unterstützung geschlossen werden könne. Die Wettbewerbswidrigkeit der Unterstützungshandlung sei selbstständig zu prüfen. Die von Koppensteiner kritisierte Rechtsprechung könne aber dennoch nicht überzeugen, weil das Ausmaß der Hilfe allein die Wettbewerbswidrigkeit nicht begründen könne. Das Gleiche gelte für das Ausmaß des drohenden Kundenverlusts, weil das planmäßige und systematische Abwerben von Kunden auch sonst nicht sittenwidrig sei. Das massenweise Zusenden der Kündigungsschreiben könne die Wettbewerbswidrigkeit höchstens wegen Belästigung der Adressaten, nicht aber im Verhältnis zum Mitbewerber begründen. Es bleibe auch offen, worin der Unterschied zwischen der als unzulässig erachteten Kündigungshilfe und der als zulässig beurteilten Beratung über Kündigungsmöglichkeiten liege. Gegen die von Bettin (Unlautere Abwerbung 124f) vorgenommene Qualifizierung als Behinderungswettbewerb spreche, dass der Abwerbende auch sein eigenes Fortkommen fördern wolle. Die Behinderung durch Abwerbung von Kunden sei wettbewerbsimmanent und kein wettbewerbswidriger Behinderungswettbewerb.

Die Kritik der Lehre lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Unterstützung eines erlaubten Verhaltens nicht schon dann sittenwidrig sein könne, wenn sie sich auf an sich unbedenkliche Hilfeleistungen beschränke. Strittig ist daher, ob und aufgrund welcher Erwägungen eine Kündigungshilfe, die über eine Kündigungsberatung hinausgeht, sittenwidrig ist.

Das Sittenwidrigkeitsurteil des § 1 UWG orientiert sich entscheidend an den Funktionsbedingungen des Leistungswettbewerbs, die Unternehmer‑, Verbraucher- und auch Allgemeininteressen zu berücksichtigen haben. Die Beurteilung eines Verhaltens als Leistungs- oder Nichtleistungswettbewerb kann einen Ansatz für seine rechtliche Wertung bieten (4 Ob 56/97g = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 EinldUWG Rz 105; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 23 Rz 43 ff).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewandt, so ist zuerst zu prüfen, ob sich die Beklagte mit der von ihr gewährten Kündigungshilfe im Rahmen des Leistungswettbewerbs gehalten hat:

Die Beklagte hat das Formular für Abonnementbestellung und -kündigung der ersten Ausgabe der von ihr herausgegebenen Zeitschrift beigelegt. Sie hat damit - ganz im Sinne des Leistungswettbewerbs - den Empfänger in die Lage versetzt, sich über die Qualität ihrer Zeitschrift ein Bild zu machen, bevor er seine Entscheidung über das ihm angebotene Abonnement trifft. Für die Zeitschrift der Beklagten wird sich - mangels anderer Lockmittel - nur entscheiden, wem Inhalt, Aufmachung und/oder Preis zusagen; für diese Entscheidung bietet das mit dem Formular versandte Exemplar die beste Grundlage. Angesichts der festgestellten Verbreitung von Fachzeitschriften wird aber der Großteil der Trafikanten und Händler einschlägiger Erzeugnisse bereits Abonnent einer Fachzeitschrift sein. Einer endgültigen Entscheidung für die Zeitschrift der Beklagten wird daher in vielen Fällen entgegenstehen, dass bereits ein Abonnement einer anderen Fachzeitschrift besteht. In diesen Fällen verhindert die von der Beklagten angebotene Kündigungshilfe, dass jemand seiner bisherigen Fachzeitschrift treu bleibt, nur weil er die mit einer Kündigung verbundene Mühe scheut. Für diesen Personenkreis ist die Kündigungshilfe eine willkommene Serviceleistung. Sie ist somit insoweit Teil des Leistungswettbewerbs.

Nicht dem Leistungswettbewerb zuzuordnen wäre die Kündigungshilfe dann, wenn sie geeignet wäre, Personen zur Bestellung eines Abonnements der Zeitschrift der Beklagten und zur Kündigung von Abonnements anderer Fachzeitschriften zu veranlassen, obwohl diese Personen von der Qualität und/oder Preiswürdigkeit der Zeitschrift der Beklagten nicht überzeugt sind. Für eine solche Annahme fehlt aber jeder Anhaltspunkt; wem die Zeitschrift der Beklagten nicht gefällt, der wird sie auch dann nicht bestellen, wenn die Beklagte für ihn ein Abonnement einer anderer Zeitschrift aufkündigt.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Kündigungshilfe - wie die Klägerin fürchtet - zur Kündigung von Abonnements in Fällen verleiten wird, in denen die Kündigung in Wahrheit nicht gewollt ist. Die Klägerin begründet ihre Befürchtung damit, dass ein Mitglied der Beklagten sich scheuen werde, der Beklagten dadurch, dass es die Kündigungshilfe nicht in Anspruch nimmt, mitzuteilen, dass es das - allenfalls - zu einem Konkurrenzverlag bestehende Vertragsverhältnis nicht auflösen wolle.

Diese Befürchtung erscheint schon deshalb unbegründet, weil die Beklagte in diesen Fällen gar nicht erfährt, ob der Besteller (auch) Abonnent einer anderen Fachzeitschrift ist. Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, warum jemandem daran gelegen sein sollte zu verbergen, dass er neben der Zeitschrift der Beklagten auch eine andere Fachzeitschrift bezieht.

Nicht nachvollziehbar ist auch, warum es "psychologisch wesentlich leichter" sein soll, ein Abonnement gemeinsam mit anderen Trafikanten aufzukündigen. Die Hemmschwelle ist, wenn - wie beim Abonnement einer Fachzeitschrift - keine persönliche Bindung besteht, regelmäßig nicht psychischer Natur, sondern hat ihre Ursache in der damit verbundenen Mühe. Diese Mühe nimmt die Beklagte den Interessenten mit der von ihr angebotenen Serviceleistung ab und macht es ihnen dadurch leichter, andere Abonnements zu kündigen. Dass sich der Abonnent dadurch allenfalls auch Kosten erspart, die er für das Kündigungsschreiben aufwenden müsste, fällt nicht ins Gewicht, weil auch die Kostenersparnis niemanden veranlassen wird, ein Abonnement aufzukündigen, das er behalten möchte.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass das Kündigungsformular nicht über Kündigungsfristen informiere, ist ihr zu entgegen, dass das Begehren darauf nicht Bezug nimmt. Im Übrigen wird im Formular ausdrücklich eine "fristgerechte" Kündigung angeboten.

Ist die Kündigungshilfe der Beklagten - wie oben dargelegt - nicht geeignet, den Entschluss der angesprochenen Verkehrskreise, Abonnements anderer Fachzeitschriften aufzukündigen, unsachlich zu beeinflussen, sondern unterstützt sie nur dabei, einen einmal gefassten Entschluss umzusetzen, so bleibt sie im Rahmen des Leistungswettbewerbs und ist auch sonst nicht bedenklich. Dass, wie die Klägerin unter Berufung auf Baumbach/Hefermehl (Wettbewerbsrecht22, 1282) darlegt, die Wettbewerbsrichtlinien der deutschen Versicherungswirtschaft die Verwendung vorgedruckter oder sonst auf mechanischem Wege vervielfältigter Kündigungsschreiben als unzulässig erklären, führt zu keiner anderen Beurteilung:

Zwischen Zeitschriftenmarkt und Versicherungsmarkt bestehen wesentliche Unterschiede. Durch die Werbung von Versicherungsverträgen soll sichergestellt werden, dass unversicherte oder nicht mehr ausreichend versicherte Wagnisse Versicherungsschutz erhalten (Punkt 55 der Gemeinsamen Bestimmungen für die Sach‑, HUK- und Rechtsschutzversicherung; abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl aaO); mit der Werbung um Zeitungs- und Zeitschriftenkunden wird hingegen kein dem geschäftlichen Erfolg des einzelnen Wettbewerbers übergeordnetes Ziel verfolgt. Anders als für dasselbe Risiko eingedeckte Versicherungen können Abonnements für verschiedene (Fach‑)Zeitschriften auch durchaus nebeneinander bestehen. Der Abschluss eines neuen Abonnementvertrags setzt daher - im Gegensatz zum Abschluss eines Versicherungsvertrags für dasselbe Risiko - die Kündigung eines bereits bestehenden Abonnements nicht voraus; das Werben um neue Kunden ist daher nicht immer zwangsläufig ein Abwerben, wodurch auch die Kündigungshilfe einen anderen Stellenwert erhält. Im vorliegenden Fall wurde im Übrigen - anders als in den den Entscheidungen 4 Ob 336/86 und 4 Ob 106/93 zugrundeliegenden Fällen - den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig eine Prüfung des eigenen Angebots ermöglicht und nicht bloß mit der Kündigungshilfe geworben.

2. Zum Vermerk, wonach die Zeitschrift der Beklagten die offiziellen Nachrichten des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten enthalte

Die Klägerin rügt, dass die Vorinstanzen den Unterlassungsanspruch mangels Wiederholungsgefahr verneint haben, ohne zuvor geprüft zu haben, ob der beanstandete Vermerk wettbewerbswidrig ist. Da die Wiederholungsgefahr materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung, also Teil des Anspruchs, sei, könnte sie nur hinsichtlich eines "an sich" wettbewerbswidrigen Verhaltens wegfallen. Die Klägerin habe ihren Anspruch zwar auf § 1 und auf § 2 UWG gestützt; es könne nun tatsächlich dahingestellt bleiben, ob die Ankündigung als Rechtsbruch gegen § 1 UWG verstoße, da sie jedenfalls § 2 UWG verletze.

Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, als die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs - naturgemäß - nur dann zu prüfen ist, wenn ein wettbewerbswidriges Verhalten vorliegt; daraus folgt aber nicht, dass die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens auch dann noch zu prüfen wäre, wenn - wie die Vorinstanzen überzeugend dargelegt haben - feststeht, dass seine Wiederholung ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich ist. In einem solchen Fall kann das begehrte Unterlassungsgebot nämlich unabhängig davon nicht erlassen werden, ob das Verhalten wettbewerbswidrig ist; eine Prüfung, ob dies der Fall ist, erübrigt sich daher.

Damit bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Vermerk, wie die Klägerin nunmehr darzulegen versucht, wegen einer damit behaupteten Alleinstellung zur Irreführung geeignet ist. Soweit die Klägerin ein Weiterbestehen der Wiederholungsgefahr damit begründen will, dass die Beklagte daran festhalte, keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben, ist ihr zu entgegnen, dass die Beklagte nie behauptet hat, den beanstandeten Vermerk auch noch nach Erscheinen der Novemberausgabe 2001 verwenden zu dürfen. Ebensowenig trifft es zu, dass die Beklagte den Vermerk erst aufgrund des drohenden Prozesses geändert hätte. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sie die Klage und den damit verbundenen Sicherungsantrag erst am 29. 11. 2001 und damit zu einem Zeitpunkt zugestellt erhalten hat, zu dem die Dezemberausgabe jedenfalls schon im Druck gewesen sein muss.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage für das Provisorialverfahren ist nur der Streitwert des Unterlassungsbegehrens.

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