Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Manfred L***** hat am 12. 11. 1999 eine auf das Alleinverschulden seiner Ehegattin gestützte Ehescheidungsklage gegen Anna L***** eingebracht. Anna L***** wiederum hat am 24. 11. 1999 eine Widerklage erhoben, die sie darauf stützt, dass die Ehe aufgrund des Alleinverschuldens ihres Ehegatten unheilbar zerrüttet sei. Im Folgenden wird der Kläger und Widerbeklagte als „Kläger", die Beklagte und Widerklägerin als „Beklagte" bezeichnet. Das Bezirksgericht P***** hat vorerst (im ersten Rechtsgang) mit Urteil vom 5. 6. 2000 die Ehe geschieden und ausgesprochen, dass das Verschulden beide Teile trifft. Das Berufungsgericht hat den Berufungen beider Parteien Folge gegeben, das Ersturteil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung (zum Verschuldensausspruch) aufgetragen. Im zweiten Rechtsgang sprach das Bezirksgericht P***** in seinem Urteil vom 29. 11. 2001 aus, dass das Alleinverschulden an der Ehezerrüttung den Kläger treffe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und führte zur Mängelrüge und zur Tatsachenrüge aus, dass das Erstgericht in einer überaus ausführlichen, detaillierten, logischen und daher nachvollziehbaren Beweiswürdigung in seiner über mehr als sechs Seiten reichenden Beweiswürdigung dargelegt habe, wie es zu seinen Feststellungen gelangt sei. In der Berufung könne der Kläger nicht überzeugend darlegen, warum das Erstgericht nicht der Aussage der Beklagten hätte folgen sollen. Die Rechtsrüge hielt das Berufungsgericht für nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sich der Berufungswerber weitgehend von den Feststellungen des Erstgerichts entferne. Unter Zugrundelegung der vom Erstgericht tatsächlich getroffenen Feststellungen könne keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Irgendein Verschulden der Beklagten an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe sei aus diesen Feststellungen nicht ableitbar. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da eine Rechtsfrage der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualifikation nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Der Kläger führt in seiner Zulassungsbeschwerde zur Zulässigkeit der Revision aus, dass das Berufungsgericht in zwei Punkten (Mangelhaftigkeit durch Unterlassung der Beweiswürdigung sowie unrichtige Rechtsbeurteilung wechselseitigen Verschuldens anlässlich der Ehescheidung) eklatant von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei. Das Erstgericht habe die maßgebliche Zeugenaussage Jandl überhaupt nicht verwertet. Diese Unterlassung der Beweiswürdigung sei trotz Aufzeigen in der Berufung vom Berufungsgericht unbeachtet gelassen worden. Im Übrigen seien die Vorinstanzen vom Alleinverschulden des Klägers ausgegangen, obwohl sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen kein Verschulden seinerseits ableiten lasse.
Das Berufungsgericht hat sich in seinem Urteil der Möglichkeiten bedient, die § 500a ZPO einräumt. Zweifellos hat es sich nur verhältnismäßig kursorisch mit der vom Kläger in der Berufung (zum Teil unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens) erhobenen Tatsachenrüge auseinandergesetzt, indem es die erstgerichtliche Beweiswürdigung als ausführlich, detailliert, logisch und daher nachvollziehbar bewertet hat.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge allerdings mangelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS-Justiz RS0043150). Es ist nicht nötig, dass sich das Berufungsgericht mit jedem einzelnen Beweisergebnis und mit jedem Argument des Berufungswerbers auseinander setzen muss (RIS-Justiz RS0043150 [T2]). In diesem Sinn ist die Behandlung der Beweisrüge zwar knapp, aber ausreichend.
Das Berufungsgericht hat die von der Judikatur zur Frage der Zerrüttung der Ehe und des Verschuldens daran (§ 49 EheG) entwickelten Grundsätze zutreffend wiedergegeben und bei seiner Entscheidung beachtet. Wie ausgehend davon unter Berücksichtigung der beiderseitigen Eheverfehlungen das Verschulden zu werten ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Wenn das Berufungsgericht dabei - wie hier - die Grenzen des ihm bei dieser Entscheidung eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (10 Ob 391/97a = EF 85.337).
Die Vorinstanzen haben das (Allein)Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe darin gesehen, dass er eine dauernde Interesselosigkeit sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber den Kindern an den Tag gelegt und anlässlich eines klärenden Gesprächs die Beklagte vor den Kindern bloß gestellt hat. Gerade zu diesen Punkten wurde die Zeugin JM nicht vernommen; speziell bei der Aussprache am 1. 10. 1999 war sie auch gar nicht anwesend. Die nach Ansicht des Revisionswerbers fehlende Auseinandersetzung mit ihrer Aussage ist daher für die entscheidenden Umstände, die das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe begründen, ohne Bedeutung.
Da die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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