OGH 8Ob169/02i

OGH8Ob169/02i17.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Rafaela Zenz-Zajz, Rechtsanwältin, 5310 Mondsee, Rainerstraße 5, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Matthias O*****, wegen Feststellung einer Konkursforderung von EUR 36.336,42 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. Mai 2002, GZ 1 R 233/01t-9, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 26. September 2001, GZ 1 Cg 31/01f-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Konkursverfahren über einen Bau- und Möbeltischler, in dem die Beklagte als Masseverwalterin bestellt wurde, übermittelte die Klägerin am 6. 4. 2001 folgendes Schreiben an das Konkursgericht:

Betreff: Konkurs O*****

Sehr geehrte Damen und Herren!

Anbei übersenden wir Ihnen in zweifacher Ausfertigung unsere Forderungsanmeldung die Firma Bau- und Möbeltischlerei Matthias O***** betreffend.

Obengenannte Firma hat im Sommer 1999 in unserer Autobahnraststätte L***** Fenster ausgetauscht. Auf Grund unsachgemäßer Einglasung der Fensterscheiben in die Holzfensterrahmen ist es an diesen zu schweren Schäden gekommen.

Für uns ist die Firma O***** als Vertragpartner auch für die Leistungen ihrer Subunternehmer haftbar.

Die Schadenshöhe an den Fenstern schätzen wir auf ATS 500.000,--". In dem Formular der Forderungsanmeldung gab die Klägerin ebenfalls eine Forderung von S 500.000,-- an und bezeichnete den Schuldgrund mit "Reparaturleistungen". Weiters schloss sie der Forderungsanmeldung ein Sachverständigengutachten an, in dem die verschiedenen Mängel im Detail samt Fotodokumentation festgehalten sind, ferner eine Baumängelanzeige, die sich ebenfalls auf die Mängel bezieht und eine Reaktion des Sachverständigen auf die Stellungnahme des Gemeinschuldners zu den Mängeln.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin nunmehr ebenfalls S 500.000,-- geltend und stützt dies auf die im Zusammenhang mit dem Austauschen der Fenster aufgetreten Mängel, für deren Behebung ein Betrag von S 500.000,-- aufzuwenden sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete ein, dass der Auftrag ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und das von der Klägerin vorgelegte Gutachten nicht nachvollziehbar sei. Die nach Gutdünken der Klägerin festgesetzte Schadenshöhe von S 500.000, sei nicht angemessen. Es sei keine für die Anerkennung der Forderung ausreichende Darlegung des Anspruches in der Forderungsanmeldung erfolgt sei. Die Forderung sei auch überhöht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass entsprechend § 103 Abs 1 KO in der Anmeldung der Forderung im Konkurs neben dem Betrag auch die Tatsachen- und Beweismittel betreffend diese Forderung enthalten sein müssten. Der Anspruch müsse kurz und vollständig angegeben und die Beweismittel genau bezeichnet werden. Es müsste auch dem Masseverwalter, dem Gemeinschuldner und den Konkursgläubigern die Möglichkeit geboten werden, sich über die Forderung zu informieren und sich bei der Prüfungstagsatzung richtig zu erklären. Bei der Geltendmachung mehrerer Ansprüche in einer Klage müsse jeder Anspruch ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein. Fehlendes Vorbringen dazu könne auch nicht durch den Verweis auf Urkunden ersetzt werden. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sei von einer Kombination der Forderungsanmeldung mit dem Begleitschreiben auszugehen. Aus diesem könne einwandfrei abgeleitet werden, dass die Klägerin einen Mangelfolgeschaden aus dem Werklieferungsvertrag mit dem Gemeinschuldner gelten mache und das Deckungskapital für die Reparatur begehre. Es handle sich bei dem Vorschuss um eine einzige Forderung über einen angemessenen Pauschalbetrag. Im Ergebnis seien jene Kosten zuzusprechen, die für eine Behebung nach dem Stand bei Schluss der Verhandlung in erster Instanz notwendig seien. Die Eigenschätzung entspreche dem von § 103 Abs 1 KO geforderten Substantiierungserfordernis.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da der Rechtsprechung keine klaren Aussagen zu entnehmen seien, welche Anforderungen an die Prozessbehauptungen betreffend die Höhe des Deckungskapitals zu stellen seien, und zwar insbesondere inwieweit bei einer Forderungsanmeldung eine Eigenschätzung des für die Behebung von Mängeln erforderlichen Deckungskapitals ausreiche.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Nach § 110 KO können Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben ist, deren Feststellung unter anderem gegen den bestreitenden Masseverwalter geltend machen. Es kann das Klagebegehren aber nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist. § 103 Abs 1 KO bestimmt für die Anmeldung, dass neben dem Betrag der Forderung die Tatsachen, auf die sie gegründet ist, aber auch die Beweismittel zu bezeichnen sind, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden können. Entsprechend diesen Regelungen können im Prüfungsprozess nach § 110 KO eben nur solche bestrittenen Forderungen geltend gemacht werden, die schon in der Anmeldung ausreichend substantiiert und konkretisiert wurden (vgl allgemein RIS-Justiz RS0065597; RIS-Justiz RS0065601; RIS-Justiz RS0111042; Konecny in Konecny/Schubert KO § 110 Rz 9 uva). Dabei wird auch davon ausgegangen, dass die Forderungsanmeldung im Wesentlichen ähnliche Aufgaben wie eine Klage hat und in ihrem Inhalt daher den Erfordernissen des § 226 ZPO der Klage ähnlich ist (vgl RIS-Justiz RS0089657, Konecny aaO § 103 Rz 1 f). Wesentliche Zielrichtung ist es in diesem Zusammenhang, den anderen Beteiligten die Beurteilung der Forderung zu ermöglichen und auch die Identität der in einer darauffolgenden Feststellungsklage nach § 110 KO geltend gemachten Ansprüche feststellen zu können (vgl in diesem Zusammenhang auch OGH 10. 12. 1998, 8 Ob 269/98m mwN; RIS-Justiz RS0089657 insb OGH 9 ObS 12/92). Nur so kann auch beurteilt werden, ob im nachfolgenden Prüfungsprozess nicht eine Änderung über der Forderungsanmeldung vorliegt, die als unzulässig zu beurteilen wäre (vgl RIS-Justiz RS0039281).

Die Frage, ob nun die Anmeldung als ausreichend anzusehen ist, kann nur nach dem Inhalt der jeweiligen Behauptungen im Einzelfall beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl RIS-Justiz RS0042828 mwN, ferner Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Eine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht, die es erfordern würde, dass diese Rechtsfrage hier vom Obersten Gerichtshof zur Wahrung der Rechtssicherheit aufgegriffen wird, liegt nicht vor. Ist doch aus dem gemeinsam eingebrachten Schreiben über die Forderungsanmeldung klar ersichtlich, dass diese auf der unsachgemäßen Erbringung der Werkleistung durch den Gemeinschuldner bzw seinen Subunternehmer beruht. Es wird also nicht bloß auf die angeschlossenen Urkunden verwiesen; darüber hinaus ist aus dem beigelegten Sachverständigengutachten auch genau ersichtlich, welche Mängel aufgetreten sind.

Soweit nun die Rekurswerberin davon ausgeht, dass nur eine "Reparaturleistung" im Betrag von S 500.000,-- angemeldet worden sei, entfernt sie sich insofern von den Feststellungen, als in der Anmeldung gegenüber dem Gericht auch ausgeführt wurde, dass es sich um den Auftrag im Zusammenhang um dem Austausch der Fenster handelte, eine unsachgemäße Einglasung erfolgte und es zu schweren Schäden an den Holzfensterrahmen gekommen ist, woraus sich der geschätzte Schaden ergebe. Zu den Ausführungen des Rekurses, dass auch noch eine Aufschlüsselung für einzelne Fenster erforderlich gewesen wäre, ist auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. 2. 1996 zu 8 Ob 31/95 zu verweisen, wonach die Anmeldung einer Gesamtanzahl von Überstunden als ausreichend erachtet wurde, weil es sich um die nachvollziehbaren Entgeltansprüche aus einem bestimmten Arbeitsverhältnis für einen bestimmten Zeitraum handelte (vgl EvBl 1996/137 = ZIK 1996, 211 mwN etwa auch zum mangelnden Erfordernis der Aufschlüsselung einzelner Forderungen aus einem Kontokorrentkreditverhältnis). Wurden doch auch hier Mängel aus einem ganz konkreten Auftrag geltend gemacht und waren diese umfangreich dokumentiert. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. 12. 1998 zu 8 Ob 269/98m (vgl ZIK 1999, 172), auf die sich die Beklagte beruft, da gerade in dieser Entscheidung etwa die Abrechnung von Treibstoffkäufen zu einem bestimmten Stichtag unter der Bezeichnung "Treibstofflieferungen" als ausreichend erachtet wurde, da sich der Masseverwalter über das Wesen der hinter dieser Bezeichnung stehenden Ansprüchen schon durch einfache Anfrage beim Gemeinschuldner oder beim Konkursgläubiger Klarheit verschaffen konnte.

Schließlich releviert die Beklagte noch, dass nicht nachvollziehbar sei, warum mit der angemeldeten Forderung ein Vorschuss für den Werklohn für die Behebung der Mängel gemeint sein solle, da weder in der Forderungsanmeldung noch dem Begleitschreiben eine derartige Absicht entnehmbar sei und daher die Forderungsanmeldung nicht ausreichend konkretisiert sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass in der Beurteilung des Berufungsgerichtes, bei den beiden Schreiben über die Forderungsanmeldung von einem Begehren für die Deckung der Kosten der erforderlichen Reparatur auszugehen, schon im Hinblick auf die Bezeichnung des Schuldgrundes "Reparaturleistungen" keine Fehlbeurteilung gesehen wurden, kann, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Insgesamt stellte die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, weshalb der Rekurs zurückzuweisen war. Da die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, hat sie die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen (vgl etwa OGH 30. 5. 2000, 1 Ob 130/00b).

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