Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben, der rekursgerichtliche Beschluss wird aufgehoben und an das Gericht zweiter Instanz zur meritorischen Entscheidung über den Rekurs der Antragsteller zurückverwiesen.
Text
Begründung
Über die verfahrenseinleitenden Anträge der Antragsteller fasste das Erstgericht am 15. 2. 2002 zu GZ 11 Msch 3/00s-32 einen - in einer Ausfertigung enthaltenen - Beschluss und Sachbeschluss folgenden Inhalts:
Mit Beschluss wurde das Verfahren, soweit es Anträge auf Überprüfung von Jahresabrechnungen 1996 bis 1998, "Annuitätenspitze" (Konto 18 der Betriebskostenabrechnung 1996) und Rückzahlung der durch die Abschreibung der Grundkosten zu hoch verrechneten Umsatzsteueranteile inklusive gesetzlicher Zinsen betraf, als nichtig aufgehoben und in diesem Umfang in das streitige Verfahren verwiesen. In der selben Entscheidung erkannte das Erstgericht durch Sachbeschluss über weitere Antragsteile teils abweisend, teils stattgebend.
Gegen diese erstgerichtliche Entscheidung erhoben die Antragsteller zwei Rekurse, und zwar am 5. 3. 2002 zunächst einen Rekurs gegen den in der Entscheidung enthaltenen Beschluss und am 20. 3. 2002 einen Rekurs gegen den Sachbeschluss, in dem meritorisch über einen Teil der Anträge entschieden worden war.
Beide Rekurse wurden innerhalb der gesetzlichen vierwöchigen Rechtsmittelfrist eingebracht.
Das Rekursgericht gab dem ersten Rekurs der Antragsteller Folge, hob den angefochtenen Beschluss im bekämpften Umfang auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf.
Den zweiten Rekurs der Antragsteller vom 20. 3. 2002 ON 36, mit dem der in der Entscheidung vom 15. 2. 2002 enthaltene Sachbeschluss bekämpft wurde, wies das Rekursgericht zurück. Der Zulässigkeit dieses zweiten Rechtsmittels stehe der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegen. Dieser Grundsatz gelte jedenfalls dann, wenn in einer Ausfertigung mehrere Entscheidungen zusammengefasst seien, die innerhalb derselben Rechtsmittelfrist angefochten werden könnten. So habe der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 1063/95 zur Begründung, warum für mehrere in eine Ausfertigung aufgenommene Entscheidungen jeweils die in Frage kommende längste Rechtsmittelfrist gelte, ausgeführt, dass es eben dem Rechtsmittelwerber verwehrt sei, gegen eine Entscheidung sukzessiv mehrere Rechtsmittel zu erheben. Der gesonderten Anfechtung mehrerer getrennt ausgefertigter Entscheidungen zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb der jeweiligen Rechtsmittelfrist stehe der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels jedoch nicht entgegen.
Die Überweisung einer Rechtssache an ein anderes zivilgerichtliches Verfahren, wie durch den erstgerichtlichen "Beschluss" erfolgt, sei nach nunmehriger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Zurückweisung einer Klage (eines Antrags) gleichzuhalten. Unabhängig davon, ob in diesem Fall eine Anfechtung von Konformatsbeschlüssen nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für zulässig erachtet werde, sei das Rechtsmittelverfahren jedenfalls in Analogie zu § 521a Abs 1 Z 3 ZPO zweiseitig. Damit betrage die Rekursfrist gemäß § 521a Abs 1 Z 3 ZPO so wie jene zur Anfechtung von Sachbeschlüssen vier Wochen. Das bedeute im vorliegenden Fall, dass die Rechtsmittelfrist für die Anfechtung beider Teile der erstgerichtlichen Entscheidung gleich lang, nämlich vier Wochen, sei. Damit bestehe aber kein Grund mehr, die sukzessive Einbringung mehrerer Rekurse zuzulassen, zumal in beiden Teilen der Entscheidung, sowohl im Beschluss als auch im Sachbeschluss zum Teil über dasselbe Begehren (Überprüfung der Jahresabrechnung) abgesprochen worden sei. Die Situation stelle sich nicht anders dar, als wenn über mehrere verschiedenartige Begehren der Antragsteller nach § 22 Abs 1 WGG in einer Entscheidungsausfertigung abgesprochen wurde. Nach Ansicht des Rekursgerichtes komme es nicht primär darauf an, ob sich die Rechtsmittel gegen prozessual verschieden geartete Aussprüche des Erstgerichtes richteten, sondern auf die Einheitlichkeit der Rechtsmittelfrist.
Rechtliche Beurteilung
Der von den Antragstellern gegen die Zurückweisung ihres Rekurses erhobene Rekurs ist in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auch ohne Erheblichkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage und ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig (WoBl 1993/48; MietSlg 45.733; 46.473). Das Rechtsmittel ist einseitig, die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage (MietSlg 47.541). Das Rechtsmittel der Antragsteller ist auch berechtigt. Sämtliche, in einem einheitlichen Erkenntnis zusammengefasste Entscheidungen können innerhalb der jeweils zur Verfügung stehenden längeren Rechtsmittelfrist angefochten werden (RIS-Justiz RS0041670; Kodek in Rechberger2 Rz 12 zu vor § 461 ZPO mwN). Diese Rechtsprechung wird u.a. damit begründet, dass es dem Rechtsmittelwerber verwehrt ist, gegen eine Entscheidung sukzessive mehrere Rechtsmittel zu ergreifen (EvBl 1987/169 mwN; 4 Ob 1063/95). Jeder Partei steht nämlich nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist angebracht werden (RIS-Justiz RS0041666).
Immer schon wurde aber die Auffassung vertreten, dass durch die Erhebung eines Kostenrekurses innerhalb der für diesen vorgesehenen 14-tägigen Frist das Anfechtungsrecht in der Hauptsache nicht konsumiert wird, sind doch die beiden Rechtsmittel verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur und richten sich auch gegen prozessual verschieden geartete Entscheidungen (RZ 1988/13; SZ 28/152 ua). Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in jüngerer Zeit ausgesprochen, dass Gleiches für die Erledigung von Prozesseinreden und die Entscheidung in der Hauptsache gelten müsse, weil eine gegenüber dem Kostenrekurs unterschiedliche Behandlung solcher Rechtsmittel sachlich nicht begründbar wäre (8 Ob 547/93). Dieser Entscheidung lag die gesonderte, der Bekämpfung der Entscheidung in der Sache selbst vorangegangene Anfechtung des in die Ausfertigung der Hauptsachenentscheidung aufgenommenen erstinstanzlichen Beschlusses über die Verwerfung von Prozesseinreden zu Grunde, der an sich gemäß § 261 Abs 3 ZPO nur mittels Berufung gegen die Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden könnte. In SZ 67/7 (= 1 Ob 32/93) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass Gleiches auch dann gelten müsse, wenn der Beschluss, mit dem das Gericht zweiter Instanz die Klage im Umfang eines Teilbegehrens zurückwies, gemeinsam mit der meritorischen Erledigung der Berufung über das restliche Begehren ausgefertigt wurde, zumal eine dem § 261 Abs 3 ZPO entsprechende Bestimmung dem drittinstanzlichen Verfahren fremd sei: Auch hier seien die Rechtsmittel verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur gegen prozessual völlig verschieden geartete (berufungsgerichtliche) Entscheidungen zu erledigen. Es entspricht also in Ablehnung von RZ 1982/40 der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels dann nicht zu gelten hat, wenn Rechtsmittel verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur gegen prozessual völlig verschieden geartete, wenn auch in einer Ausfertigung zusammengefasste Entscheidungen zu erledigen sind (RIS-Justiz RS0040202).
In Weiterführung dieser Rechtsprechung ist es nur konsequent, den gegenständlichen Fall wie die zuvor geschilderten zu behandeln. Auch hier sind Rechtsmittel verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur gegen prozessual völlig verschieden geartete erstgerichtliche Entscheidungen zu erledigen. Ob die Entscheidung über die zulässige Verfahrensart in Erledigung einer Prozesseinrede erfolgt oder wie hier von Amts wegen vorzunehmen ist, macht diesbezüglich keinen Unterschied. Ebensowenig steht - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - bereits die Einheitlichkeit der Rechtsmittelfrist der Ausnahme vom Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegen. Der vom Rekursgericht aus der Entscheidung 4 Ob 1063/95 gezogene Umkehrschluss ist nur vordergründig einleuchtend: Wird nämlich die Vereinheitlichung unterschiedlich langer Rechtsmittelfristen mit dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels begründet, so bedeutet dies nicht, dass bei einheitlich langen Rechtsmittelfristen die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen vom Grundsatz der Einmaligkeit ausgeschlossen wären, zumal die Begründung für ein doppeltes Anfechtungsrecht gegen prozessual völlig verschieden geartete Entscheidungen sich nicht in der Unterschiedlichkeit von Rechtsmittelfristen erschöpft. Die dargestellte Rechtsprechung nimmt bloß ihren Ausgang aus den Regelungen der Anfechtung einer Kostenentscheidung gemäß § 55 ZPO (vgl EvBl 1994/59, 280 = RZ 1994/78, 284).
Es war daher dem Rekurs der Antragsteller Folge zu geben und die Rechtssache zur meritorischen Erledigung des Rekurses an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.
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