OGH 5Ob142/02x

OGH5Ob142/02x1.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Ilse K*****, vertreten durch Dr. Peter Hoffmann-Ostenhof, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft ***** und 2. S***** GesmbH, ***** beide vertreten durch Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 36,34 = S 500,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Endurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 14. März 2002, GZ 3 R 316/01i-19, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 6. September 2001, GZ 5 C 79/00m-14, teilweise bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte zunächst, das Gericht möge feststellen, dass die seit 1. 1. 1995 fortgeführte Praxis der Erhebung von 10 % an Umsatzsteuer auf sämtliche Lohn- und Lohnnebenkosten des Hausbesorgers, die Versicherungsleistungen und die Grundsteuer, die der Klägerin als Mitglied der WEG weiterverrechnet würden und werden, sei gesetzlich nicht erforderlich. Das Feststellungsbegehren bewertete sie mit S 500.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6. 7. 2000 stellte die Klägerin das Eventualbegehren, die Beklagten seien schuldig, Rechnung zu legen über die seit 1. 1. 1995 abgeführte Umsatzsteuer für Lohn- und Lohnnebenkosten des Hausbesorgers, Versicherungsleistungen und Grundsteuer. Die Beklagten seien schuldig, diese Umsatzsteuerbeträge an die Klägerin zu bezahlen. In der Berufung im ersten Rechtsgang verwies die Klägerin noch darauf, dass das Verfahren der Rechtsmittelbeschränkung des § 501 ZPO unterliege (ON 6 S 3 = AS 73) und der Schaden der Klägerin pro Jahr etwa S 600 bis 620 betrage.

Das Berufungsgericht, das mit einem Teilurteil das erstinstanzliche Urteil teilweise bestätigte (Abweisung des Hauptbegehrens gegen Zweitbeklagte) und im Übrigen die Entscheidung aufhob und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies, sprach aus, dass hinsichtlich des bestätigenden Teils der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht S 52.000 übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei (Berufungsurteil 3 R 297/00v-10, S 2).

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren vollinhaltlich ab.

Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil wegen Nichtigkeit insoferne auf, als über die Rechtssache in diesem Umfang bereits rechtskräftig durch das Teilurteil entschieden wurde. Im Übrigen gab es der Berufung keine Folge und bestätigte die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes (Hauptbegehren hinsichtlich der erstbeklagten Partei und Eventualbegehren hinsichtlich beider Parteien). Es sprach nunmehr aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000 übersteige, nicht jedoch EUR 20.000. Obwohl das Berufungsgericht auf S 7 seiner Entscheidung den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit der Begründung abwies, dass das Erstgericht über einen Entscheidungsgegenstand entschieden hat, der an Geld oder Geldeswert S 26.000 nicht übersteige (§ 501 Abs 1 ZPO), begründete es seinen dem widersprechenden Bewertungsausspruch damit, dass im Hinblick auf die Bindungswirkung des Feststellungsurteils für künftige Umsatzsteuerverrechnungen zwischen den Streitteilen der Wert des Entscheidungsgegenstandes mit über EUR 4.000 zu bewerten sei. Die ordentliche Revision ließ es mit der Begründung zu, dass hier eine erhebliche Rechtsfrage zu beantworten sei.

Dagegen richtet sich nun die als "außerordentlich" bezeichnete Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag.

Die Beklagten beantragen, der ordentlichen Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Revision ist - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 4.000 nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO).

Wenn schon das Erstgericht über einen Entscheidungsgegenstand entschieden hat, der an Geldeswert EUR 2.000 nicht übersteigt, ist das Gericht zweiter Instanz an den vom Kläger als Wert des Entscheidungsgegenstandes angegebenen Betrag gebunden und es steht ihm nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, dass eine der im § 500 Abs 2 ZPO genannten Wertgrenzen überschritten werde, außer es liegt eine offensichtliche Unterbewertung vor (9 Ob 1583/94; RIS-Justiz RS0042584, RS0042469). Das Berufungsgericht (im ersten Rechtsgang und bei der Entscheidung über den Antrag auf Anberaumung einer Berufungsverhandlung) und auch die Klägerin sind während des gesamten Verfahrens davon ausgegangen, dass der Wert des Streitgegenstandes EUR 36,34 = S 500 betrage. Trotzdem bewertet es jetzt ohne Änderung der Sach- und Rechtslage den Entscheidungsgegenstand davon abweichend höher. In der Begründung wird auch gar nicht dargelegt, dass hier der Klägerin eine offensichtliche Unterbewertung des Streitgegenstandes unterlaufen sei. An einen unzulässigerweise erfolgten Ausspruch des Berufungsgerichtes im zweiten Rechtsgang über den Wert des Entscheidungsgegenstandes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (vgl. RIS-Justiz RS0042469), zumal auch für den Obersten Gerichtshof keine Unterbewertung zu erkennen ist.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Umstand, dass die Klägerin ein Eventualbegehren gestellt hat. Bei Erheben eines Eventualbegehrens würde es genügen, wenn der dafür bestehende Streitwert die Revisionsgrenze übersteigt (7 Ob 27/00x, RIS-Justiz RS0042305, RS0039370). Die Klägerin hat es unterlassen, das Eventualbegehren gesondert zu bewerten. Wird aber ein Eventualbegehren nicht gesondert bewertet, so entspricht dessen Streitwert jenem des Hauptbegehrens, der in der Klage angegeben wurde. Aus der unterlassenen Bewertung eines Eventualbegehrens lässt sich nämlich nur schließen, dass das Interesse des Klägers an dessen Durchsetzung gleich ist (RIS-Justiz RS0109031).

Da sohin weder Haupt- noch Eventualbegehren EUR 4.000 übersteigen, war die Revision als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Beklagten wiesen auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hin.

Stichworte