OGH 1Ob209/02w

OGH1Ob209/02w30.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anica P*****, vertreten durch Dr. Albin Ortner, Rechtsanwalt in Villach, und des Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei Mag. Hannes A*****, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Guido N*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig, Dr. Christian Puswald und Mag. Paul Wolf, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wegen 7.526,73 EUR (= 103.570 S) sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 11. April 2002, GZ 2 R 80/02w-26, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 19. November 2001, GZ 1 C 423/01b-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 665,66 EUR (darin 110,94 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Begründung

Am 2. 10. 2000 kaufte die Klägerin vom Beklagten Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum an einer Wohnung (in der Folge kurz Wohnung) untrennbar verbunden war. Diese Wohnung war ihr von einem Immobilienmakler zum Kauf angeboten worden. Sie unterfertigte ein Kaufanbot, in dem festgehalten war, dass die Übergabe der Wohnung binnen drei Monaten nach Unterfertigung dieses Anbots erfolgen sollte. Diese Übergabsfrist wurde gewählt, weil die Wohnung zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung durch die Klägerin noch vermietet war. Der Mietvertrag war dem Immobilienmakler "zur Verfügung gestellt" worden und er wusste auch über die an der Wohnung haftenden Pfandrechte Bescheid. Den Mietvertrag hatte die Schwägerin des Beklagten für diesen - als Vermieter - abgeschlossen. Diese Schwägerin brachte gegenüber dem Makler, der das Kaufanbot der Klägerin in das Büro des Beklagten brachte, zum Ausdruck, die Kündigung der Mieter stelle kein Problem dar. Der Makler wurde nicht mit der Kündigung bzw Räumung durch die Mieter betraut. Der Beklagte unterfertigte das Kaufanbot, ohne sich mit dem Mieter ins Einvernehmen zu setzen und ohne eine Zustimmung des Kreditinstituts zur Lastenfreistellung einzuholen. Mit der Errichtung des Kaufvertrags wurde der Nebenintervenient beauftragt, wobei der "erste Kontakt" durch den Makler hergestellt wurde. Der Makler teilte dem Nebenintervenienten mit, dass die Übergabe der Wohnung binnen drei Monaten ab Unterfertigung des Vertrags erfolgen sollte, weil noch ein Mietverhältnis aufrecht sei. Er erklärte dem Vertragsverfasser auch, dass der Beklagte für die Räumung der Wohnung bis zum 31. 12. 2000 sorgen werde. Zwischen dem Vertragsverfasser und dem Beklagten fand vor Unterfertigung des Vertrags kein persönliches Gespräch statt. Der Nebenintervenient war davon überzeugt, dass sich der Beklagte "beim Vermieten" auskenne. Den Mietvertrag selbst hatte der Vertragsverfasser damals nicht gekannt. Es wurde ein Kaufpreis von 900.000 S vereinbart und festgelegt, dass die Übergabe bzw Übernahme der Wohnung mit dem Tag der Bestandfreiheit, spätestens aber am 2. 1. 2001, vollzogen werden sollte. Der Beklagte übernahm die Haftung für die Lastenfreiheit. Die Klägerin nahm zur Kenntnis, dass die Wohnung "derzeit" von einem Bestandnehmer benützt und der Beklagte für die Räumung bis längstens 31. 12. 2000 Sorge tragen werde. Es wurde ein Rücktrittsrecht der Klägerin vereinbart, falls innerhalb dieser Frist - nach Setzung einer Nachfrist - die Räumung des Kaufobjekts nicht bewirkt werden sollte. Mit der Lastenfreistellung wurde der Nebenintervenient betraut. Der Kaufpreis wurde bei ihm treuhändig hinterlegt. Die Schwägerin des Beklagten verfasste in dessen Namen ein mit 28. 11. 2000 datiertes Kündigungsschreiben an den Mieter und die Kündigung des Mietverhältnisses wurde zum 31. 12. 2000 ausgesprochen. Mit Schreiben vom 19. 12. 2000 brachte der Mieter zum Ausdruck, dass er nicht daran denke, die Kündigung gegen sich gelten zu lassen. Die Lastenfreistellung konnte der Nebenintervenient nicht bewirken, weil das Kreditinstitut nicht zustimmte. In der Folge erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag, zumal der Mieter nicht bereit war, die Wohnung zu räumen. Im Zuge des Wohnungskaufs bzw durch den Rücktritt von diesem Kauf entstanden der Klägerin Kosten von insgesamt 7.526,73 EUR (= 103.570 S).

Die Klägerin begehrte die Zahlung von 104.806,60 S, weil der Beklagte den Rücktritt vom Kaufvertrag verschuldet habe, habe er doch die von ihm übernommene Verpflichtung zur Räumung der Wohnung - bis längstens 31. 12. 2000 - nicht erfüllt.

Der Beklagte wendete ein, dass er die Aufwendungen der Klägerin bzw deren Schäden nicht verschuldet habe. Die Maklerkosten könne die Klägerin zurückfordern; der Nebenintervenient habe Aufklärungspflichten verletzt und daher den Schaden der Klägerin verschuldet.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin 103.570 S sA zu zahlen und wies das Mehrbegehren von 1.236,60 S ab. Der Beklagte habe die Räumung bzw Lastenfreistellung nicht bewirken können, weshalb er den Rücktritt der Klägerin verschuldet habe und schadenersatzpflichtig sei. Er hätte sich darum kümmern müssen, ob die von ihm übernommene Verpflichtung zur Lastenfreistellung bzw Räumung der Liegenschaft tatsächlich eingehalten werden könne. Demnach habe er der Klägerin deren frustrierte Aufwendungen zu ersetzen. Die Maklerprovision könne die Klägerin nicht zurückfordern, weil der Kaufvertrag unbedingt abgeschlossen worden sei, und der Klägerin sei lediglich ein Rücktrittsrecht zugestanden worden für den Fall, dass die Räumung nicht bewerkstelligt werden könnte. Demnach sei der Vermittlungsanspruch des Maklers entstanden und die Klägerin zur Zahlung der Provision verpflichtet gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese - nur vom Beklagten angefochtene - Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Weder der Makler noch der Vertragsverfasser hätten ihnen obliegende Aufklärungspflichten verletzt. Der Makler habe keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass es dem Beklagten gelingen werde, die Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Aufrechterhaltung des Kaufvertrags zu schaffen; mit der Kündigungsfrage sei er nicht befasst gewesen; es habe für ihn kein weiterer Handlungsbedarf bestanden. Der Nebenintervenient habe seinen Informationen Rechnung getragen und die Verpflichtung des Beklagten zur Bewerkstelligung der Räumung der Wohnung in den Vertrag aufgenommen sowie eine Rücktrittsmöglichkeit für die Klägerin formuliert. Der Beklagte sei "in seltener Unbekümmertheit" um das Gelingen des Rechtsgeschäfts nicht bemüht gewesen. Die Maklerprovision zu zahlen sei die Klägerin verpflichtet gewesen; der Beklagte könne sich auf einen allfälligen Rückersatzanspruch der Klägerin gegen den Makler nicht berufen, zumal es Aufgabe des Beklagten gewesen wäre, unter Beweis zu stellen, dass der Makler bereit und in der Lage wäre, eine (allfällige) Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu erfüllen. Der frustrierte Aufwand sei daher dem Beklagten anzulasten.

Die Revision des Beklagten ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Den Vorinstanzen ist kein Rechtsirrtum anzulasten, soweit sie die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der aus dem Maklervertrag resultierenden Provision bejahten:

Gewiss hat der Makler gemäß § 3 Abs 1 MaklerG die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren und ist verpflichtet, diesem "die erforderlichen Nachrichten" zu geben. Zu diesen erforderlichen Nachrichten zählen sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Der Makler ist Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB, weshalb von ihm erwartet werden kann, über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen (4 Ob 8/02h; 4 Ob 242/01v; JBl 2000, 314 uva). Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (4 Ob 242/01v). Dem haben die Vorinstanzen Rechnung getragen. Nach deren Feststellungen brachte die für den Beklagten tätig gewordene Schwägerin dem Makler gegenüber zum Ausdruck, die Kündigung der Mieter "dürfte kein Problem sein"; mit der Kündigung bzw Räumung durch die Mieter wurde er nicht betraut (S 6 des Ersturteils). In Anbetracht dessen durfte der Makler darauf vertrauen, dass der Beklagte der von ihm übernommenen Verpflichtung, die Wohnung bis 31. 12. 2000 geräumt zu übergeben, entsprechen werde; zu weiteren Nachforschungen oder gar zu einer Aufklärung, die einer anwaltlichen Beratungstätigkeit gleichgekommen wäre, war er nicht verpflichtet (vgl JBl 2000, 314). Die vom Revisionswerber zitierten Fälle, in denen der Oberste Gerichtshof die Haftung des Maklers bejahte, weil er zu weitergehenden Handlungen verpflichtet gewesen wäre (ecolex 1995, 801; ecolex 1995, 799, HS XVI/XVII/8), sind mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

Das vom Makler vermittelte Geschäft (Kaufvertrag) war gültig zustande gekommen und wurde schließlich aus nicht vom Makler zu vertretenden Gründen rückgängig gemacht. Demnach stand dem Makler die vereinbarte Provision zu, weil keine einvernehmliche Auflösung des Vertrags wegen eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden Wurzelmangels (vgl 3 Ob 271/00z; WoBl 1999, 275) erfolgte. Abgesehen davon kann der Beklagte dem Schadenersatzanspruch der Klägerin nicht entgegenhalten, dieser sei nicht berechtigt, weil die Klägerin die Provision vom Makler zurückfordern könne, zumal der Schadenersatzanspruch mit dem Bereicherungsanspruch nur dann nicht konkurriert, wenn der Bereicherungsschuldner zur Leistung fähig und bereit ist (JBl 1987, 388; HS XVI/XVII/8). Dass dem so wäre, hätte aber schon nach den allgemeinen Regeln der Beweislast, wonach der Beklagte die anspruchsvernichtenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat, vom Revisionswerber behauptet und bewiesen werden müssen. Einer Anleitung hiezu - im Sinne des § 182 ZPO (vgl 7 Ob 542, 543/78) - bedurfte es nicht.

Es ist aber auch dem Vertragsverfasser, dessen Honorar die Klägerin beglichen hat, keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht anzulasten, denn er hat auf Basis seiner Informationen den Vertrag lege artis errichtet. Ob das Kreditinstitut letztlich zur Lastenfreistellung bereit sein werde, konnte vom Vertragsverfasser nicht vorweg geprüft werden, und er durfte auf die Übernahme der Verpflichtung zur Lastenfreistellung durch den Beklagten vertrauen, ohne weitwändige Erhebungen anzustellen, zumal für die Nichterfüllung keine Anhaltspunkte bestanden. Dem Wissen von der Vermietung der Wohnung (im Zeitpunkt der Vertragserrichtung) hat er dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass er die Klägerin durch Vereinbarung eines Rücktrittsrechts absicherte; dass der Beklagte seiner Verpflichtung zum Bewirken der Räumung der Wohnung bis zum Jahresende nachkommen werde, musste für ihn nicht zweifelhaft sein.

Der Beklagte zeigt insgesamt keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf - und es liegen solche auch nicht vor -, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Zur Höhe der Kosten ist auszuführen, dass für die Revisionsbeantwortung nur 60 % Einheitssatz gebührt.

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