OGH 4Ob242/01v

OGH4Ob242/01v17.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma R*****, vertreten durch Mag. Claudio Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Andrea S*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig und Mag. Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in Wien, wegen 108.000 S sA (Revisionsinteresse 60.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Mai 2001, GZ 37 R 153/01a-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 29. Dezember 2000, GZ 9 C 1189/99a-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung über die Revision nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ab:

Das Schwergewicht der Revisionsausführungen liegt in der Geltendmachung einer Schadenersatzforderung von 119.590 S. Einen Schaden in dieser Höhe hat die Beklagte zwar in erster Instanz - mit der Begründung, hätte sie über den desolaten Zustand der Heizanlage Bescheid gewusst, hätte sie das Haus nicht gekauft oder den Kaufpreis um die voraussichtlichen Reparaturkosten im Verhandlungsweg reduziert (S. 10) - behauptet, mit keinem Wort aber zum Ausdruck gebracht, dass sie den Schadenersatzbetrag bis zur Höhe der mit Klage geltend gemachten Forderung aufrechnungsweise als Gegenforderung geltend mache. Das hat schon das Erstgericht - ohne daraus freilich bei der Spruchfassung die entsprechenden Folgerungen zu ziehen - richtig erkannt (S. 193). Die Aufrechnungseinwendung im Sinne des § 391 Abs 3 ZPO ist der Antrag des Beklagten auf Aufrechnung der Klageforderung mit einer ihm gegen den Kläger zustehenden Gegenforderung im Urteil, sodass die Klageforderung ganz oder teilweise abgewiesen werden muss; sie ist durch ihren Eventualcharakter gekennzeichnet, weil sie nur für den Fall erklärt wird, dass das Gericht das Bestehen der Klageforderung bejaht (Rechberger in Rechberger, ZPO2 §§ 391, 392 Rz 10 mwN aus Schrifttum und Rechtsprechung). Davon zu unterscheiden ist der auf die außergerichtlich bereits (unbedingt) vorgenommene Aufrechnung gestützte Schuldtilgungseinwand (EvBl 1972/187 uva). Der Wille des Beklagten, mit einer Gegenforderung gegen die Klageforderung, sollte sie bejaht werden, aufzurechnen, muss eindeutig zum Ausdruck gebracht werden. Der Hinweis der Beklagten auf den erwähnten Schaden kann im vorliegenden Fall, insbesondere auch deshalb, weil sie gleichzeitig auch andere wertmindernde Umstände behauptet hat (S. 10/11), zwanglos als Vorbringen verstanden werden, das die Mäßigung der Provision nach § 3 Abs 4 MaklerG rechtfertigen soll.

Hat somit die Beklagte den behaupteten Schadenersatzanspruch nicht als Gegenforderung geltend gemacht, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob sie mit ihrem Vorbringen, in welchem sie für den Fall ihrer Aufklärung über den wahren Zustand der Heizanlage zwei mögliche Folgen wahlweise angeführt hat, einen Anspruch auf Schadenersatz überhaupt schlüssig begründet hat. Soweit die Beklagte auch in der Revision die (weitere) Mäßigung der Provision des Klägers (§ 3 Abs 4 MaklerG) verfolgt, zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Das Berufungsgericht hat den Provisionsanspruch der Klägerin von insgesamt 143.000 S auf 95.000 S gemäßigt, sodass (im Hinblick auf die schon vor dem Prozess erbrachte Zahlung von 35.000 S) die Beklagte zur weiteren Zahlung von 60.000 S verurteilt wurde. Die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Frage, ob es bei einem Verstoß des Maklers gegen die Verpflichtung nach § 30b Abs 2 KSchG, § 3 Abs 3 MaklerG darauf ankomme, ob - wie der 10. Senat des Obersten Gerichtshofs zu einem Verstoß gegen § 30b Abs 1 KSchG

gemeint hat (SZ 71/177 = WoBl 1999, 278 = JBl 1999, 388 = EvBl

1999/64 = MietSlg 50.659/43) - ohne die Pflichtverletzung die Geschäftsabwicklung in anderer Weise erfolgt wäre oder ob sich die verminderte Verdienstlichkeit unmittelbar aus dem Pflichtverstoß ergäbe (in diesem Sinne Fromherz in WoBl 1999, 279), ist durch den Obersten Gerichtshof schon beantwortet worden:

Die festgestelltermaßen (infolge Unvollständigkeit) unrichtige Angabe des Klägers, die Heizanlage sei bereits erneuert worden (obwohl zwar der Allesbrenner neuwertig war und bis auf drei alle Radiatoren sowie Teile der Heizleitungen erneuert waren, der Gaskessel jedoch schon 17 Jahre alt und nicht erneuert worden war) bedeutet zweifellos einen Verstoß gegen die Verpflichtung des Maklers, dem Auftraggeber (hier der Beklagten) die erforderlichen Nachrichten zu geben (§ 3 Abs 3 MaklerG), wozu gemäß § 30b Abs 2 KSchG jedenfalls auch sämtliche Umstände zählen, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Zu derartigen Pflichtverstößen hat schon

der erste Senat in der Entscheidung SZ 71/78 = JBl 1998, 801 = WoBl

1999, 276 = NZ 1999, 335) ausgeführt, dass in einem solchen Fall der Provisionsanspruch zu mäßigen sei. Die Beurteilung der Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (2 BlgNR 20. GP 17). In der Regel wird jedoch von der Wesentlichkeit auszugehen sein, wenn die verletzte Pflicht nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist (Fromherz, Komm z MaklerG § 3 Rz 58). Gerade im Stadium der Geschäftsanbahnung ist es oft schwer - wie der erste Senat in der angeführten Entscheidung unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zutreffend ausführt -, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung des Maklers und einem konkreten Schaden zu beweisen. Die Sanktion der Provisionsermäßigung soll daher unabhängig von einem konkreten beweisbaren Schaden immer schon dann eintreten, wenn wegen Vorliegens einer wesentlichen Pflichtverletzung davon auszugehen ist, dass der Makler nicht voll verdienstlich tätig geworden ist. Für die Mäßigung kommt es daher weder darauf an, ob ein Schaden überhaupt eingetreten ist, noch ob ein allfällig entstandener Schaden gegenüber dem schädigenden Makler geltend gemacht wurde. Im Ergebnis erfüllt das Provisionsmäßigungsrecht für den Auftraggeber die Funktion einer Vertragsstrafe des Maklers.

Es entspricht somit der - auch im Schrifttum gebilligten (Fromherz WoBl 1999, 279) - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass in einem Fall wie dem vorliegenden der Provisionsanspruch des Maklers wegen mangelnder Verdienstlichkeit zu mäßigen ist.

Über den Umfang der Mäßigung enthält das Gesetz keine näheren Vorschriften. Schon aus dem Gesetzeswortlaut ("... Mäßigung nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren Verdienstlichkeit des Maklers") ergibt sich, dass die verletzte Pflicht in ein Verhältnis zur Summe und zum Umfang der sonst vereinbarten Pflichten (einschließlich der nicht geschuldeten, den Provisionsanspruch aber erst begründenden Tätigkeit im vereinbarten Umfang) zu setzen ist, die Mäßigung somit ausschließlich nach der Schwere der vom Makler begangenen Vertragsverletzung vorzunehmen ist (Fromherz, Komm z MaklerG § 3 Rz 78). Nähere Kriterien kann der Oberste Gerichtshof entgegen der Meinung des Berufungsgerichts auch nicht allgemein festsetzen. Das Ausmaß der Mäßigung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und obliegt somit dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Nur im Falle eines groben Ermessensfehlers liegt eine erhebliche Rechtsfrage vor, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss. Davon kann aber hier keine Rede sein:

Aufgrund der Vermittlungstätigkeit des Klägers konnte die Beklagte ein Haus erwerben, dessen Wert - nach den Feststellungen - mindestens so hoch war wie der von der Beklagten ausgehandelte Kaufpreis. Die Beklagte hat diesen Vertrag, obwohl sie dabei vom Kläger als einem Verhandlungsgehilfen der Verkäuferin in einen (wesentlichen) Irrtum geführt wurde, nicht angefochten, hat sich also trotz nachträglichen Hervorkommens ihres Irrtums über den Zustand der Heizanlage, mit diesem Vertrag abgefunden. Im Verhältnis zur Bedeutung dieses Rechtsgeschäfts erscheint die darin gelegene Pflichtverletzung, dass die Heizanlage unrichtigerweise als "erneuert" bezeichnet wurde, nicht so schwerwiegend, dass eine stärkere Minderung des Provisionsanspruchs unbedingt erforderlich erschiene, als sie das Berufungsgericht vorgenommen hat.

Da somit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO fehlen, war die Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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