OGH 3Ob274/01t

OGH3Ob274/01t19.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtsache der klagenden Partei W***** Versicherung VAG, ***** vertreten durch Dr. Melchior Bechter, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Josef K*****, vertreten durch Dr. Karl Georg Aschaber, Dr. Andreas König und Dr. Andreas Ermacora, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 79.125 S (= 5.750,24 EUR) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Juli 2001, GZ 3 R 110/01b-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 30. März 2001, GZ 9 Cg 17/00k-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,38 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der beklagte, in Südtirol ansässige Tischler stellte 1992/93 als Prototyp einen Fertigteilpavillon aus Holz mit einfacher Plexiglasverglasung in Form eines regelmäßigen Zwölfecks mit einem Durchmesser von 6,90 m, einer Höhe von 2,45 m und einer pyramidenförmigen Dachkonstruktion mit einer weiteren Höhe von 1,40 m her, der zur Verwendung auf Ausstellungen oder für gastronomische Zwecke konstruiert war. Der Beklagte verkaufte den bereits gebrauchten Pavillon am 14. Februar 1996 an ein Unternehmen (im Folgenden nur Eigentümerin), das den Pavillon zur Überlassung an ihre Kunden aus der Gastronomie im Rahmen von Getränkebezugsvereinbarungen benötigte. Der Pavillon wurde in der Folge dazu an verschiedenen Orten aufgestellt und wieder abgebaut.

Am 21. und 22. April 1997 stellten der Beklagte und seine Mitarbeiter den Pavillon im Auftrag der Eigentümerin im tief eingeschnittenen Tal der Bregenzer Ache auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs Lingenau der Bregenzerwaldbahn auf. Der Pavillon diente dort als Club- und Aufenthaltsraum bei Veranstaltungen eines im Bereich Abenteuersportarten tätigen Unternehmens, das den Pavillon im Rahmen einer mit der Eigentümerin abgeschlossenen Getränkebezugsvereinbarung zur Verfügung gestellt erhielt. Dieses Unternehmen schloss als Versicherungsnehmerin (im Folgenden nur Versicherungsnehmerin) - wie mit der Eigentümerin vereinbart - auf Rechnung der Eigentümerin mit dem nun klagenden Sachversicherer u.a. eine Feuer- und Sturmschadenversicherung ab. Der Beklagte warnte nicht, dass der Pavillon nicht winterfest sei oder ortsübliche Schneelasten nicht zu tragen imstande wäre. Im Februar 1999 fielen im Raum Lingenau beträchtliche Niederschlagsmengen, die in den vergangenen 50 Jahren nur noch einmal vorgekommen waren. Gemessen wurden 270 und 320 mm Niederschlag, entsprechend dem 2,4-fachen des mittleren Monatsniederschlags. Vermutlich am 27. Februar 1999 stürzte der Pavillon wegen des auf dem Dach lastenden Schneedrucks ein. Der Einsturz ist darauf zurückzuführen, dass der Pavillon - auch im Vergleich mit den Vorgaben der ÖNORMEN B4100 Teil 2 und B4013 - zu schwach konstruiert war. Zum Schadenszeitpunkt hatte der Pavillon einschließlich der Einbauten einen Zeitwert von rund 150.000 S. Um den Pavillon in den Zustand vor dem Einsturz zurückzuversetzen, wäre ein Aufwand von rund der Hälfte des Zeitwerts erforderlich gewesen; hätte man allerdings den Pavillon soweit verbessert, dass er den örtlichen Anforderungen bezüglich Schneelast entspricht, hätten die Kosten des Wiederaufbaus, bedingt durch Verstärkungen und Verbesserungen der Konstruktion, etwa die Höhe des Zeitwerts von 150.000 S erreicht. Tatsächlich baute der Beklagte den zusammengestürzten Pavillon ab und stellte im April 1999 einen von der Versicherungsnehmerin gewünschten, neuen und größeren Pavillon auf.

Der klagende Sachversicherer begehrte zufolge § 67 VersVG vom Beklagten den Ersatz der von ihm an die Geschädigten (Eigentümerin des Pavillons und Versicherungsnehmerin) erbrachten Versicherungsleistungen. Im Revisionsverfahren ist nur mehr das - von der ersten Instanz zugesprochene und von der zweiten Instanz abgewiesene - Begehren von 75.000 S sA als Verbesserungsaufwand zur Erreichung des mit einer auch dem örtlichen Schneedruck entsprechenden Standfestigkeit des Pavillons strittig. In Ansehung von weiteren 4.125 S liegt - wie darzulegen sein wird - tatsächlich keine klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Das Erstgericht gab dem Klage(teil)begehren von 75.000 S sA statt. Der Beklagte habe für vereinbarte Eigenschaften der gelieferten Sache einzustehen und nicht bloß für mangelhafte Beratung des Werkbestellers. Der Schaden bestehe hier auch im zusätzlichen Aufwand, der erforderlich wäre, um den eingestürzten Pavillon entsprechend den Anforderungen des auftretenden Schneedrucks zu gestalten. Da der Beklagte nach verständiger Auslegung des Vertrags zugesagt habe, zum vereinbarten Preis den Pavillon so zu gestalten, dass er dem an Ort und Stelle auftretenden Schneedruck standhalte, handle es sich bei diesem Verbesserungsaufwand nicht bloß um sogenannte Sowieso-Kosten, sondern um den tatsächlich eingetretenen Schaden.

Das Berufungsgericht wies in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beklagten das Begehren auf Ersatz des Verbesserungsaufwands von 75.000 S sA ab, wobei im Spruch unter Einschluss des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils des Ersturteils ein Begehren von insgesamt 79.125 S sA abgewiesen wurde. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz, soweit hier relevant, aus, entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei zwischen dem Beklagten und der Eigentümerin kein einheitliches, als Werkvertrag zu beurteilendes Rechtsverhältnis begründet worden; vielmehr seien zwischen ihnen sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht jeweils getrennt zu behandelnde Verträge geschlossen worden. Ohne Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 4. Februar 1996 seien die nachfolgend erteilten Aufträge zu sehen. Der Beklagte habe auf Grund eines gesonderten Auftrags im April 1997 den Pavillon in Klösterle abzubauen und in Lingenau wiederum aufzustellen gehabt. Das Rechtsverhältnis sei als Werkvertrag zu beurteilen, aus dem den Beklagten als Nebenverbindlichkeit eine Warnpflicht getroffen habe. Rechtsfolge einer schuldhaften Verletzung der Warnpflicht sei, dass der Unternehmer den Anspruch auf den Werklohn verliere und überdies den durch die Verletzung der Warnpflicht verursachten weitergehenden Schaden zu ersetzen habe. Als Folge einer Warnpflichtverletzung sei der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn den Warnpflichten entsprochen worden wäre. Kosten, welche der Geschädigte auch bei entsprechender Warnung hätte tragen müssen, seien nicht ersatzfähig. Es könnten zwar auch Verbesserungskosten zu dem aus einer Warnpflichtverletzung zu ersetzenden Schaden gehören, allerdings nur solche, die zur Verbesserung des Werkes iS der Herstellung des vertragsmäßig geschuldeten Zustands aufzuwenden seien. Der Verbesserungsaufwand zur Herstellung einer auch dem örtlichen Schneedruck entsprechenden Standfestigkeit des Pavillons sei aus der Verletzung der Warnpflicht schadenersatzrechtlich nicht ersatzfähig, weil die geschädigte Eigentümerin - nach dem Erlöschen des ihr aus dem Kaufvertrag zustehenden Gewährleistungsanspruchs - zur Zeit des späteren Auftrags, den Pavillon in Lingenau wiederum aufzustellen, die zur Herstellung der Wintertauglichkeit erforderlichen Verbesserungskosten auch bei entsprechender Warnung hätte selbst tragen müssen.

Ein allfälliger Anspruch auf Ersatz der Verbesserungskosten aus Gewährleistung aus dem Werkvertrag sei nicht ersatzfähig, weil der Übergang von Schadenersatzansprüchen an den Sachversicherer gemäß § 67 VersVG nicht auch Gewährleistungsansprüche umfasse.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht - mit der Begründung, es fehle gesicherte Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Ersatzfähigkeit von Verbesserungskosten im Rahmen eines aus der Verletzung werkvertraglicher Warnpflichten geschuldeten Schadenersatzes - zugelassene Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig.

a) Soweit die Abweisung eines Teilbegehrens von 4.125 S sA angefochten wird, ist das Rechtsmittel schon deshalb unzulässig, weil insoweit keine Entscheidung des Berufungsgerichts vorliegt; die Abweisung dieses Teilbegehrens durch das Erstgericht (Punkt 2. des Urteilsspruchs) erwuchs vielmehr unangefochten in Rechtskraft.

b) Soweit die Abweisung des Begehrens von 75.000 S sA (Verbesserungsaufwand) bekämpft wird, ist die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Anwendung österr. Rechts war schon im Verfahren der Vorinstanzen unbestritten und wird auch jetzt im Rechtsmittel unter Hinweis auf Art 4 Abs 1 EVÜ gebilligt.

Verletzt der Werkunternehmer schuldhaft seine aus § 1168a ABGB abgeleitete Warnpflicht, verliert er einerseits den Anspruch auf das Entgelt und hat dem Besteller andererseits auch noch einen allfälligen weitergehenden Schaden zu ersetzen (SZ 45/75; 1 Ob 628/91

= EvBl 1992/74 = ecolex 1992, 316 [Wilhelm] u.v.a., zuletzt 1 Ob

170/01h = JBl 2002, 249 = RdW 2002, 82; RIS-Justiz RS0022124). Wer

nicht darüber aufklärt, dass das Werk in seiner vereinbarten Beschaffenheit untauglich ist, haftet nur für den Vertrauensschaden, das heißt dafür, dass der Besteller nicht gleich ein zweckentsprechendes Werk anderer Beschaffenheit herstellen ließ; das Interesse an diesem Werk als solchem ist nicht zu ersetzen. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehören auch die Verbesserungskosten (7 Ob 517/96

= ImmZ 1996, 339; 6 Ob 233/97a = RdW 1998, 189 = ecolex 1998, 315; 9

Ob 342/98d = RdW 1999, 648 = bbl 1999, 241 = ecolex 1999, 823

[Wilhelm], je mwN; RIS-Justiz RS0102085), allerdings nur solche, die zur Verbesserung des Werkes iS der Herstellung des vertragsmäßig geschuldeten Zustandes aufzuwenden sind, sohin nicht jene Kosten, die sie auch bei entsprechender Warnung hätten tragen müssen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre (9 Ob 342/98d mwN; Krejci in Rummel3, § 1168a ABGB Rz 35 f; Rebhahn in Schwimann2, § 1168a ABGB Rz 33, je mwN). Die zur Reparatur des Pavillons notwendigen Kosten (Hälfte des Zeitwert von 75.000 S) wurden der klagenden Partei ohnehin zugesprochen; mit den Herstellungskosten eines angesichts der möglichen Schneelast technisch richtig konstruierten Pavillons begehrt die klagende Partei aber nicht die Kosten der Herstellung des vertraglich geschuldeten Werkes (sachgerechte Aufstellung des Pavillons unter Warnung, dass er für einen Betrieb im Winter bei hoher Schneelast ungeeignet sei), sondern jene Kosten, die der Geschädigte (Eigentümerin oder Versicherungsnehmerin, die zur Errichtung des neuen Pavillons den Auftrag erteilte) auch bei entsprechender Warnung auf jeden Fall hätte tragen müssen (9 Ob 342/98d). Solche sogenannte Sowieso-Kosten sind nicht durch eine allfällige Warnpflichtverletzung verursacht und zählen daher auch nicht zu dem zu ersetzenden Vertrauensschaden. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung diesen Grundsätzen der stRsp zu den Rechtsfolgen einer Warnpflichtverletzung gefolgt. Soweit die Revision nicht auf den Werkauftrag der Eigentümerin zur Aufstellung des Pavillons in Lingenau, sondern auf den lange davor abgeschlossenen Kaufvertrag des Beklagten mit der Eigentümerin abstellt, entfernt sie sich von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, auf deren Grundlage die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, es lägen gesondert zu beurteilende Verträge vor, beruht. In dieser Beurteilung kann angesichts der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz erblickt werden. Eine vom Beklagten zu veranlassende Irreführung war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens.

Demnach ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision ausdrücklich hingewiesen.

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