OGH 8Ob149/02y

OGH8Ob149/02y29.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Harald K*****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 32.247,58 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2002, GZ 15 R 210/01i-62, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger erbrachte für den Beklagten Werkleistungen, die nahezu (zu 98 %) beendet waren, aber infolge eines “Baustellenverbots" (bzw Rücktrittes vom Vertrag) durch den Beklagten, das nicht vor Ende August 1995 erfolgte, nicht völlig beendet werden konnten. Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass die Entgeltforderung des Klägers fällig und nicht verjährt sei. Die am 16. 11. 1998 erhobene Klage sei rechtzeitig, weil die Verjährungsfrist frühestens mit Ablauf der im Vertrag vereinbarten Dreimonatsfrist zur Rechnungslegung ab Schlussübernahme zu laufen habe beginnen können. Infolge dessen fasste das Erstgericht ein klagsstattgebendes Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Über die erst lange nach Klageerhebung eingewandten Gegenforderungen des Beklagten, denen der Kläger wiederum den Einwand der Verjährung entgegensetzte, wurde nicht abgesprochen, weil diese Gegenforderungen zum Verfahren über die Höhe des Anspruchs gehörten.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte vermag in seinen weitläufigen Revisionsausführungen keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes kann sich auf die oberstgerichtliche Rechtsprechung stützen, bei deren Anwendung auf den konkreten Einzelfall dem Berufungsgericht keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

Bereits in der kürzlich entschiedenen, zwischen denselben Parteien geführten und die gleiche Problematik betreffenden Rechtssache (Entscheidung vom 20. 6. 2002, 2 Ob 137/02i), hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung bei Abbestellung eines Werkes (5 Ob 98/59; 8 Ob 625/88 = ecolex 1990, 212

ua) oder mangelnder Bereitschaft durch den Werkbesteller, den Bau fortführen zu lassen (4 Ob 510/75), die Fälligkeit sofort eintritt, weil das Unterbleiben des Werkes oder die Nichtbeendigung des übernommenen Geschäftes bereits feststeht. Es bleiben aber beim Werkvertrag Vereinbarungen über die Fälligkeit des Werklohns auch bei Abbestellung des Werkes in Geltung (5 Ob 98/59 ua; RIS-Justiz RS0021845). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung 2 Ob 509/89 = JBl 1989, 650, mag auch der dritte Absatz des Leitsatzes in den JBl zuweit gefasst sein; er ist aus der Entscheidung selbst nicht ableitbar (Näheres siehe 2 Ob 137/02i). Soweit der Beklagte in diesem Verfahren in der Revision neu vorbringt, dass der Anspruch schon deshalb verjährt sei, weil der Kläger einen Werklohnanspruch geltend gemacht habe, es sich aber (nach Rebhahn in Schwimann ABGB2 Bd 6 Rz 18 zu § 1168) “wohl um einen Anspruch aus dem Gesetz handeln dürfte", ist festzuhalten, dass der Kläger den ihm nach § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB bei Rücktritt vom Vertrag durch den Besteller zustehenden Anspruch auf das vereinbarte Entgelt geltend gemacht hat; da der Kläger den Anspruch nicht rechtlich qualifizieren muss (und dies auch nicht getan hat), ist es für die Frage der Rechtzeitigkeit der Klageerhebung belanglos, wie dieser nach § 1168 ABGB zustehende Anspruch dogmatisch richtig zu qualifizieren ist; eine Auseinandersetzung mit der zitierten Lehrmeinung erübrigt sich daher.

Wieso die gerichtliche Geltendmachung des nicht verjährten Anspruches sittenwidrig sein sollte (er, der Beklagte, hätte auf die Nichtgeltendmachung der Forderung, insbesondere wegen der Erhebung von Gegenforderungen seinerseits vertrauen dürfen), ist nicht nachvollziehbar: Der Kläger hat eine (wenn auch teilweise mangelhafte) Schlussrechnung übersandt und den sich daraus ergebenden Betrag innerhalb der Verjährungsfrist eingeklagt. Der Beklagte übersieht nämlich offenbar, dass (anders als im Parallelprozess) über seine Gegenforderungen und die dort gegen diese vom Kläger erhobene Verjährungseinrede noch gar nicht entschieden wurde - es erging erst ein Zwischenurteil über den Grund des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs -, sodass sich die dort diskutierbare Frage der Sittenwidrigkeit der Geltendmachung der Verjährungseinrede (hinsichtlich der Gegenforderung) durch den Kläger hier gar nicht stellt.

Zum Einwand der mangelnden Fälligkeit der Forderung infolge mangelhafter Schlussrechnung führt der Beklagte selbst die der Ansicht des Berufungsgerichtes entsprechende oberstgerichtliche Judikatur an, meint aber, dass diese Judikatur auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles nicht hinreichend Rücksicht nehme. Es entspricht der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, dass zwar eine

ordnungsgemäße Rechnungslegung (8 Ob 508/89 = SZ 62/102 ua)

Voraussetzung der Fälligkeit ist (1 Ob 509/94 = ecolex 1994, 317 ua;

zuletzt 8 Ob 8/01m; RIS-Justiz RS0017592), eine mangelhafte Rechnungslegung aber im Prozess - und sei es mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens - behoben werden kann (5 Ob 43/92 = RdW 1992, 400 ua, RIS-Justiz RS0021928) und dies auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung zurückwirkt (4 Ob 525/92 sowie 6 Ob 286/99y = RdW 2000/712). In der Zuhilfenahme eines Sachverständigengutachtens liegt keine unzulässige Verwertung von Beweisergebnissen.

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