OGH 6Ob193/02d

OGH6Ob193/02d29.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei P.***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Christian Harisch ua Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten und widerklagenden Parteien 1. S***** Aktiengesellschaft, ***** und 2. L***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch DDr. Heinz Mück ua Rechtsanwälte in Linz, Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien DI Hermann S*****, vertreten durch Dr. Peter Hallas, Rechtsanwalt in Mödling, und DI Johann R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Schimek, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen Feststellung und Zahlung von 20.929,78 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 6. Mai 2002, GZ 3 R 67/02x-26, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22. Jänner 2002, GZ 4 Cg 170/00p, 4 Cg 26/01p-17, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagten (eine ARGE) errichteten über Anweisung des Bauherrn nach einer Projektänderung über die Lage und die Größe des Bauwerks das für einen Fachmarkt bestimmte Objekt in einer Gemeinde in Niederösterreich. Für die Projektänderung lag keine Baubewilligung vor. Einer nachträglichen Baubewilligung standen zwar nicht die Bestimmungen der NÖ Bauordnung entgegen, wohl aber eine nach der Erteilung der Baubewilligung für das ursprüngliche Bauprojekt eingetretene Änderung des Bebauungsplans der Gemeinde (einer Verordnung), womit die Baufluchtlinien geändert wurden. Ohne diese Änderung der Rechtslage hätte das von den Beklagten errichtete Gebäude eine Baubewilligung erhalten können. Im Werkvertrag haben sich die Beklagten (die Auftragnehmer) zur Prüfung der genehmigten Pläne dahin verpflichtet, ob diese der "jeweils gültigen Bauordnung (Baugesetz) in allen Punkten entsprechen".

Die Vorinstanzen haben eine Verletzung der Warnpflicht des Unternehmers (§ 1168a ABGB) verneint. Der Bauausführung nach den den Beklagten übergebenen Plänen wäre der ursprünglich geltende Bebauungsplan nicht entgegengestanden. Dieser falle nicht unter den im Werkvertrag verwendeten Begriff "Bauordnung (Baugesetz)". Die Beklagten hätten nicht für die Änderung der Fluchtlinien im neuen Bebauungsplan einzustehen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Berufungsentscheidung erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

1. Die Vertragsauslegung des Werkvertrags über die vereinbarte Prüfpflicht des bauausführenden Unternehmens ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Rechtsfrage, die nur bei einer auffallenden rechtlichen Fehlbeurteilung aus den Gründen der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit zu prüfen wäre. Eine derartige Fehlbeurteilung vermag die Revisionswerberin aber nicht aufzuzeigen.

2. Die im § 1168a ABGB normierte gesetzliche Warnpflicht des Unternehmers setzt offenbar unrichtige Anweisungen des Bestellers voraus. Die Warnpflicht erstreckt sich auch auf das Gebiet des Bewilligungsrechts. Im Allgemeinen trägt aber der Besteller das Risiko der Nichterteilung der Baubewilligung (Krejci in Rummel ABGB3 Rz 34b zu § 1168a). Der Unternehmer hat nur vor erkannten und naheliegenden Gefahren zu warnen. Seine Haftung setzt Verschulden voraus (RS0021932; Krejci aaO Rz 30 mwN). Nach den getroffenen Feststellungen hat es die Klägerin (ihre Rechtsvorgängerin) selbst übernommen, mit Vertretern der Baubehörde über die Baubewilligung für die Projektänderung zu verhandeln und hat den Bauauftrag an die Beklagten vor Einreichung eines Gesuches an die Baubehörde erteilt. Entscheidend ist also, ob es für die Beklagten "naheliegend" war, dass die Baubewilligung nicht erreichbar sein werde und sie deshalb die Klägerin darüber aufzuklären gehabt hätten. Die Schadensursache (für künftige Schäden) liegt hier in einer Änderung der Rechtslage (des Bebauungsplans). Die Vorinstanzen haben diese Rechtsänderung ohne Rechtsirrtum als eine nicht naheliegende und daher nicht von der Aufklärungspflicht erfasste Gefahrenquelle qualifiziert.

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