Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl L***** der Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach den §§ 13 Abs 1, 33 Abs 1 FinStrG und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe in der Höhe von
14.500 EUR (im Nichteinbringungsfall zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.
Der in der Hauptverhandlung durch den gewählten Verteidiger Dr. Robert Sch***** vertretene Angeklagte meldete nach der Urteilsverkündung am 28. Februar 2002 Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Am 6. März 2002 wurde dem genannten Verteidiger eine Urteilsausfertigung zugestellt. Innerhalb der Frist zur Ausführung der Rechtsmittel, nämlich am 14. März 2002, beantragte der Angeklagte - ohne aber eine Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zu seinem Wahlverteidiger darzutun - unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 2 StPO zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung (ON 26). Ungeachtet dessen, dass der Angeklagte somit unverändert durch seinen Wahlverteidiger vertreten war, beschloss der Vorsitzende des Schöffengerichtes am selben Tag die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO mit dem Beisatz: "Bisheriger Verteidiger war Dr. Robert Sch*****, ... die Vollmacht wurde bisher nicht gekündigt; es liegt ein Antrag des Angeklagten vor" (ON 27). Mit Bescheid vom 19. März 2002 bestellte die Oberösterreichische Rechtsanwaltskammer den Wahlverteidiger des Angeklagten Dr. Sch***** zum Verfahrenshilfeverteidiger, worauf diesem am 22. März 2002 erneut eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde. Am 17. April 2002 brachte der Verteidiger die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ein.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelausführung erfolgte verspätet, weil dem Antrag auf Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 2 StPO im konkreten Fall keine fristverlängernde Wirkung im Sinn des § 43a StPO zukam. Sinn und Zweck der letztgenannten Bestimmung ist es, die Frist für die Ausführung eines Rechtsmittels oder für eine sonstige Prozesshandlung durch die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO nicht faktisch zu verkürzen (Foregger/Fabrizy StPO8 § 43a Rz 1). Es gilt zu vermeiden, dass sich ein bereits ausgelöster Fristenlauf in einer die Verteidigungsinteressen beeinträchtigenden Weise nachteilig auf die Wirkungsmöglichkeiten eines nachträglich bestellten - mangels Vorbefassung mit dem Sachverhalt mit einem Informationsdefizit belasteten - Verfahrenshilfeverteidigers auswirkt. Zweck der Bestimmung ist es hingegen nicht, dem ohnehin ständig durch einen Verteidiger vertretenen Angeklagten eine Verlängerung der Frist zu ermöglichen. Nach neuerer Rechtsprechung tritt somit ein Fristenneulauf im Sinne des § 43a StPO nicht ein, wenn der Angeklagte während der gesamten ursprünglichen Frist bereits durch einen Verteidiger vertreten ist (15 Os 179/01, 13 Os 182/01, 2/02, 15 Os 55/02). Dies gilt umso mehr, wenn ein und dieselbe Person als Wahlverteidiger und in weiterer Folge auch als Verfahrenshilfeverteidiger einschreitet. Eine Beendigung des Vollmachtsverhältnisses zwischen dem Angeklagten und seinem Wahlverteidiger wird durch die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers weder bewirkt noch dargetan (vgl hingegen § 41 Abs 6 StPO).
Nach der Aktenlage war der Angeklagte zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 41 Abs 2 StPO wie auch in der Folge bis zum Ablauf der Frist zur Rechtsmittelausführung ständig durch einen Wahlverteidiger vertreten. Somit vermochte der gestellte Antrag einen Fristenneulauf iSd § 43a StPO nicht herbeiführen. Die Rechtsmittelausführungsfrist begann zufolge rechtswirksamer Zustellung an den Wahlverteidiger am 7. März 2002 und endete mit Ablauf des 3. April 2002. Die erst am 17. April 2002 eingebrachte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist daher verspätet. Weil auch bei deren Anmeldung keiner der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde, war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO). Amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe haften dem angefochtenen Urteil nicht an.
Gemäß § 285i StPO wird das Oberlandesgericht Linz über die (angemeldete) Berufung des Angeklagten zu entscheiden haben.
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