OGH 10ObS173/02t

OGH10ObS173/02t18.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christiane H*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Dezember 2001, GZ 10 Rs 397/01b-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Juni 2001, GZ 11 Cgs 193/00b-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor:

Abgesehen davon, dass die Lösung der Frage, ob außer dem bereits vorliegenden ein weiteres Sachverständigengutachten zu demselben Beweisthema einzuholen gewesen wäre, zur Frage der Beweiswürdigung gehört und daher nicht mit Revision bekämpft werden kann (SSV-NF 7/12 uva; Fasching, ZPR2 Rz 1910), hat die Klägerin das Unterbleiben der Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens sowie eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin schon als Mangel des Verfahrens erster Instanz in ihrer Berufung geltend gemacht. Dieser - vom Berufungsgericht verneinte - Mangel kann aber nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32 = SZ 60/197; SSV-NF 5/116; SSV-NF 7/12; 14/22 uva).

Es versagt auch die Rechtsrüge:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt es sich bei der Pensionsversicherung der Angestellten um eine Berufsgruppenversicherung, deren Leistungen bereits einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann. Dabei ist in der Regel von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld: Das sind alle Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 7/51, 7/61, 8/45, 9/21 jeweils mwN). Eine Verweisung auf eine völlig anders gelagerte Sparte ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0108694). Innerhalb seiner Berufsgruppe darf der Versicherte nicht auf Berufe verwiesen werden, die für ihn einen unzumutbaren sozialen Abstieg bedeuten würden (SSV-NF 7/57). In der Regel ist die Verweisung eines Angestellten einer bestimmten Verwendungsgruppe des Kollektivvertrags auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden (SSV-NF 9/103; 9/29 mwN uva). Gewisse Einbußen an Eigenverantwortung, Entlohnung und sozialem Prestige muss ein Versicherter hinnehmen.

Nach den Feststellungen war die 1948 geborene Klägerin in den letzten 15 Jahren in der Leitungswasserschadenabteilung eines Versicherungsunternehmens als Sachbearbeiterin mit Schwerpunkt Anlage und Überweisung tätig, wobei ihre Arbeit ganztags am Computer zu verrichten war und im Manipulieren von bis zu 100 Akten täglich bestand. Vor etwa fünf Jahren wechselte sie in das Konzernlager, wo sie Büromaterialien und Formulare verwaltete, verpackte und verschickte.

Es muss hier nicht geprüft werden, ob sich das Verweisungsfeld der Klägerin nach ihrer Tätigkeit als Versicherungsfachkraft oder nach ihrer ausgeübten Hilfskrafttätigkeit bestimmt. Denn mit ihrem verbliebenen eingeschränkten Leistungskalkül kann die Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen weiterhin zu ihrer Berufsgruppe zu rechnende Versicherungsfachkrafttätigkeiten im Innendienst (Polizzenbearbeitung, fachbezogene administrative und kundenberatende Tätigkeiten), und auch verschiedene Bürohilfskraftberufe (etwa computerunterstützte Datenverwaltungs- und Evidenzhaltungstätigkeiten, Telefondienstberufe) ausüben. Sie ist (entsprechend dem berufskundlichen Gutachten ON 11) kollektivvertraglich als Versicherungsfachkraft mit den angeführten Beschäftigungen in der Beschäftigungsgruppe 3 und als Bürohilfskraft in die Beschäftigungsgruppe 2 einzustufen. Soweit die Klägerin in ihrer Rechtsrüge ausführt, mit der Tätigkeit als Versicherungsfachkraft und als Hilfskraft im Konzernlager seien Arbeiten in tiefer Hocke, im Knien und auf hohen Leitern verbunden, ist ihr zu erwidern, dass nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen, die für das Revisionsgericht bindend sind (RIS-Justiz RS0007070/T 1), mit der zuletzt ausgeübten Hilfskraftbeschäftigung keine Arbeiten in tiefer Hocke, im Knien und auf erhöhten exponierten Arbeitsplätzen verbunden sind. Insofern ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ausgeht (RIS-Justiz RS0043603/T 1 und T 2).

Die Voraussetzungen für einen Kostenersatzanspruch gemäß § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG liegen nicht vor.

Stichworte