OGH 7Ob76/02f

OGH7Ob76/02f12.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ludwig B*****, geboren am *****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Mario Mandl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Erna S*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen Einwilligung in die Einverleibung sowie Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert im Provisorialverfahren EUR 36.336,41), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. Februar 2002, GZ 2 R 26/02v-14, womit der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. Dezember 2001, GZ 17 Cg 209/01d-10, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird, soweit er nicht hinsichtlich des Belastungsverbotes bereits unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, dahingehend abgeändert, dass der erstinstanzliche Beschluss hinsichtlich des Veräußerungsverbotes wiederhergestellt wird. Der Kläger hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die Beklagte die Kosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 19. 2./29. 3. 1996 verkaufte der Gatte der Beklagten seine Liegenschaft EZ *****, GB *****, an den Kläger. Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass der Gesamtkaufpreis vor Unterfertigung des Vertrages vom Käufer bezahlt worden sei, worüber hiemit quittiert werde. Der Gatte der Beklagten richtete bereits am 2. 8. 1996 ein Schreiben an den Rechtsvertreter des Käufers, dass er die von ihm geleistete Unterschrift auf dem Kaufvertrag nicht als rechtsverbindlich anerkenne und bestreite, je den Kaufpreis erhalten zu haben. Am 31. 1. 1997 verstarb der Gatte der Beklagten. Die Beklagte ist seine Rechtsnachfolgerin und ist nunmehr im Grundbuch als Eigentümerin der Liegenschaft eingetragen. Die Liegenschaft ist mit einem Pfandrecht für Dr. Ludwig B***** auf Grund der Schuld- und Pfandurkunde vom 25. 9. 1985 mit einem Betrag von S 6,550.000 belastet.

Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt, jedoch nach Unterfertigung des Kaufvertrages, teilte die Sparkasse W***** dem Rechtsvertreter von Dr. Ludwig B***** und dem Kläger mit, dass die finanzielle Situation der Familie der Beklagten schwierig sei, es jedoch eine Immobilie in K***** gebe, die für die Sparkasse bisher pfandrechtlich nicht belastet sei. Gegenüber der Sparkasse W***** verwies der Rechtsvertreter darauf, dass der Gatte der Beklagten hinsichtlich dieser Liegenschaft als Treuhänder im Grundbuch aufscheine, das wirtschaftliche Eigentum jedoch der Familie B***** zustehe und daher die Liegenschaft nicht zu belasten oder zu veräußern sei. Damals unterblieb die Verpfändung. Mit Pfandausdehnungserklärung vom 6. 3. 2001 bestellte die Beklagte die ihr gehörenden Liegenschaften EZ ***** und *****, je Grundbuch *****, als Nebeneinlagen zur Hypothek der Sparkasse K***** zu den auf der EZ *****, GB *****, als Haupteinlage aushaftenden Pfandrechten über S 3,900.000 und S 2,600.000.

Der Kaufvertrag vom 19. 2./29. 3. 1996 wäre verbücherungsreif, wäre der Gatte der Beklagten grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft.

Der Kläger beantragt zur Sicherung seiner Klage, die Beklagte sei schuldig, in die Verbücherung des Eigentumsrechtes an der genannten Liegenschaft zu Gunsten des Klägers sowie verschiedener Dienstbarkeiten zu Gunsten dieser Liegenschaft einzuwilligen, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Beklagten - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist - verboten werde, die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft zu veräußern und zu belasten, da die Gefahr bestehe, dass die Beklagte die Liegenschaft vorsätzlich, um den Kläger zu schädigen, belaste oder veräußere, um eigene Schulden zu besichern oder zu tilgen. Ohne Anhörung der Beklagten erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung.

Die Beklagte erhob dagegen Widerspruch, in eventu Rekurs und wandte im Wesentlichen ein, dass der Kaufpreis nicht bezahlt worden sei und sie nicht beabsichtige, die Liegenschaft zu belasten oder zu veräußern. Es fehle an der notwendigen Gefährdung des Klägers. Das Erstgericht wies den Widerspruch der Beklagten ab und sprach aus, dass die einstweilige Verfügung vom 9. 10. 2001 aufrecht bleibe. Es erachtete den geltend gemachten Anspruch als bescheinigt. Die Gefährdung sei dadurch bescheinigt, dass die Beklagte die Pfandausdehnungserklärung vom 12. 3. 2001 abgegeben habe. Das Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichtes dahingehend ab, dass dem Widerspruch teilweise Folge gegeben wurde und die einstweilige Verfügung nur hinsichtlich des Belastungsverbotes bestätigt, hingegen hinsichtlich des Veräußerungsverbotes abgewiesen wurde. Es vertrat die Rechtsansicht, dass aus der bloßen Weigerung der Beklagten, den Anspruch des Klägers zu erfüllen, nicht zwingend eine objektive Gefährdung des Anspruches abgeleitet werden könne. Es sei allerdings durch die Pfandrechtseinräumung bescheinigt, dass die Gefahr weiterer Belastungen der Liegenschaft bestünde. Zur behaupteten Gefahr, die Beklagte werde die Liegenschaft auch veräußern, sei keine Bescheinigung erfolgt.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs aber mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss hinsichtlich des Veräußerungsverbots wiederherzustellen.

Die Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet. Nach § 402 Abs 1 EO ist auf die dort aufgezählten Beschlüsse § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden. Auch für die in § 402 Abs 1 EO aufgezählten Beschlüsse beträgt aber - abweichend von §§ 521 Abs 1 und 521a Abs 1 ZPO - die Frist für den Rekurs und dessen Beantwortung 14 Tage (4 Ob 1001/96, 4 Ob 58/00h, 4 Ob 112/01a). Dies folgt aus § 402 Abs 3 EO, der nach seinem klaren Wortlaut und seiner systematischen Stellung im Rahmen des § 402 EO für das Provisorialverfahren eine einheitliche Rekursfrist bestimmt, ohne danach zu unterscheiden, ob das Rekursverfahren einseitig oder zweiseitig ist (Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht2 Rz 525; 4 Ob 87/99v, 4 Ob 58/00h, 4 Ob 112/01a). Da die Revisionsrekursbeantwortung nach Ablauf der vierzehntägigen Frist eingebracht wurde (Beginn der Frist: 10.5.2002, Postaufgabe 28.5.2002), war sie als verspätet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, er ist auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung muss die gefährdete Partei behaupten und bescheinigen, dass ihr Anspruch (objektiv) konkret gefährdet ist, dass also Umstände vorliegen, die nicht bloß eine theoretische, sondern eine konkrete Beeinträchtigung des Anspruchs ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung als wahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005379; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, § 381 EO, Rz 4; Kodek in Angst, Kommentar zur EO, § 381 Rz 5, König, Einstweilige Verfügung im Zivilverfahren2, Rz 2/75; Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung, S 214 ff). Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit der Anspruchsgefährdung soll sich auf Grund der Lebenserfahrung ergeben (Konecny aaO, S 215 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt die bloße Bestreitung des behaupteten Anspruches noch nicht die Annahme, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Anspruchs gefährdet werden könnte (RIS-Justiz RS0005369, König aaO; Kodek in Angst aaO).

Im vorliegenden Fall ist aber ein Sachverhalt bescheinigt, der Eigenschaften und ein Verhalten der Beklagten impliziert, aus denen sich zwanglos und mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitlungshandlungen ableiten lassen (RIS-Justiz RS0005379; 2 Ob 169/00t). Die Beklagte hat nämlich trotz Kenntnis des Umstands, dass ihr Gatte einen Kaufvertrag unterfertigt hat und dass der Vertragspartner den Anspruch erhebt, der Eigentümer der Liegenschaft zu sein, die Liegenschaft durch Pfandausdehnungserklärungen weiter erheblich belastet. Daraus ergibt sich, dass sich die Beklagte wie eine Eigentümerin geriert und gewillt ist, die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zu gefährden. Ist die Beklagte aber bedenkenlos bereit, die Liegenschaft, die Gegenstand des Rechtsstreites ist, erheblich zu belasten, so ist nach der allgemeinen Erfahrung auch wahrscheinlich, dass sie in noch gravierender Weise über ihre Eigentumsrechte verfügen, diese zur Gänze aufgeben, werde, wenn nicht besondere vom Gegner der gefährdeten Partei zu behauptende und zu bescheinigende Umstände vorliegen, aus denen sich im Einzelfall bloß die Gefahr einer Belastung, und nicht auch einer Veräußerung der zu sichernden Liegenschaft ergibt. Das Erstgericht hat zu Recht ein Belastungs- und Veräußerungsverbot erlassen. Der Beschluss war hinsichtlich des Veräußerungsverbotes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich der Klägerin (vorläufige Tragung der Kosten) auf § 393 Abs 1 EO, hinsichtlich der Beklagten (endgültige Tragung der eigenen Kosten) auf §§ 402, 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

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