OGH 15Os57/02

OGH15Os57/026.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter Laszlo B***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 14. November 2001, GZ 31 BE 75/96-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tiegs, und des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 14. November 2001, GZ 31 BE 75/96-15, mit dem die bedingte Entlassung des Peter Laszlo B***** aus einer Freiheitsstrafe für endgültig erklärt wurde, verletzt § 48 Abs 3 StGB iVm dem aus dem XX. Hauptstück der Strafprozessordnung abzuleitenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Beschluss aufgehoben und der ihm zu Grunde liegende Antrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen.

Text

Gründe:

Peter Laszlo B***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 8. August 1995, GZ 10 EVr 714/95-5, (rechtskräftig seit 7. Februar 1996) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer - unbedingten - Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

Mit Beschluss dieses Gerichtes vom 18. Juni 1996, AZ 31 BE 75/96-3, wurde dem Genannten nach Verbüßung von drei Monaten der über ihn verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 46 Abs 1 StPO der Strafrest (von drei Monaten) für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit (in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichtes Rottenmann vom 26. Februar 1998, AZ 6 U 3/98a, wurde Peter Laszlo B***** neuerlich - und zwar wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB - zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich fasste das Gericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 (und Abs 6) StPO den Beschluss, "vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht (richtig: bedingten Entlassung) zu 31 BE 75/96 des Landesgerichtes Leoben abzusehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern" (GZ 31 BE 75/96-11 des Landesgerichtes Leoben).

Mit (gleichfalls in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil dieses Bezirksgerichtes vom 19. März 2001, GZ 6 U 2/01m-4a, wurde der Genannte wegen des (innerhalb der Probezeit begangenen) Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z 1 und 2) StGB zu einer - unbedingten - Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt. Mit dem unter einem ergangenen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO wurde die "bedingte Strafnachsicht zu 10 EVr 714/95 des Landesgerichtes Leoben" widerrufen und hievon am 22. März 2001 das Erkenntnisgericht verständigt (ON 5).

In Unkenntnis dieses - erst am 12. Dezember 2001 in Form eines Berichtigungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Rottenmann dem Landesgericht Leoben als Vollzugsgericht zugegangenen (ON 16) - Widerrufsbeschluss erklärte das Landesgericht Leoben (als Vollzugsgericht) mit Beschluss vom 14. November 2001, GZ 31 BE 75/96-15, die bedingte Entlassung des Peter Laszlo B***** für endgültig.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss über die endgültige Entlassung aus einer Freiheitsstrafe mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß § 48 Abs 3 erster Satz StGB setzt ein Ausspruch auf endgültige Entlassung voraus, dass die bedingte Nachsicht des Strafrestes nicht widerrufen wurde.

Angesichts der vom Widerrufsbeschluss des Bezirksgerichtes Rottenmann im Verfahren AZ 6 U 2/01m entfalteten, nur durch Aufhebung dieses Beschlusses zu beseitigenden Bindungswirkung hat das Landesgericht Leoben als Vollzugsgericht im Verfahren AZ 31 BE 75/96 durch seine Beschlussfassung vom 14. November 2001 eine ihm nicht (mehr) zustehende Entscheidungskompetenz in Anspruch genommen (EvBl 1989/64 = JBl 1989/400; 15 Os 76/91, 12 Os 87/92, 11 Os 84/94, 15 Os 90, 91/95; vgl Jerabek WK2 § 53 Rz 28).

Der Beschluss auf endgültige Entlassung konnte weder den schon vorher beschlossenen Widerruf der "bedingten Strafnachsicht" (gemeint: der bedingten Entlassung) beseitigen noch sonst irgendwelche rechtserhebliche Wirkungen für den Verurteilten nach sich ziehen (vgl 14 Os 64/02, 12 Os 153, 154/95, 15 Os 95, 96/98, 15 Os 22/02).

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit war er jedoch zu beseitigen.

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