OGH 15Os22/02

OGH15Os22/027.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard M***** wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. Juni 2001, GZ 21 BE 151/98-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 20. Juni 2001, GZ 21 BE 151/98-12, mit dem die bedingte Entlassung des Gerhard M***** aus einer Freiheitsstrafe für endgültig erklärt wurde, verletzt das Gesetz in dem sich aus dem XX. Hauptstück der Strafprozessordnung ergebenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Beschluss aufgehoben.

Text

Gründe:

Gerhard M***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. Juni 1997, GZ 24 Vr 3062/96-29 (rechtskräftig seit 29. Oktober 1997), der Vergehen der versuchte Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB sowie des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer 4 1/2monatigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 42). Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 31. März 1998, GZ 21 BE 151/98-6, wurde der Genannte mit Wirkung vom 3. Mai 1998 gemäß § 46 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren aus dieser Freiheitsstrafe bedingt entlassen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11. Februar 1999, GZ 10 U 300/98g-14, wurde Gerhard M***** wegen des am 23. Juni 1998 (somit innerhalb der Probezeit) begangenen Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür mit Urteil des Landesgerichtes Insbruck als Berufungs- und Beschwerdegericht vom 11. Juni 1999, AZ 11 Bl 130/99 (ON 20), zu einer fünfwöchigen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich mit diesem Urteil widerrief das Rechtsmittelgericht die mit dem oben angeführten Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck angeordnete bedingte Entlassung des Gerhard M***** (§ 179 Abs 2 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO). Obwohl diese Widerrufsentscheidung dem Akt zu entnehmen war (Strafregisterauskunft ON 10), hat das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 20. Juni 2001, GZ 21 BE 151/98-12, die endgültige Entlassung ausgesprochen.

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss über die endgültige Entlassung aus einer Freiheitsstrafe mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil das Landesgericht Innsbruck damit eine gesetzlich nicht gedeckte Entscheidungskompetenz in Anspruch nahm.

Rechtliche Beurteilung

Denn zufolge des im Verfahren zum AZ 10 U 300/98g des Bezirksgerichtes Innsbruck durch das Rechtsmittelgericht gefassten Widerrufsbeschlusses vom 11. Juni 1999 konnte kein Gericht ohne vorangegangene Aufhebung des Beschlusses über den Entscheidungsgegenstand neuerlich absprechen. Daher konnte auch der Beschluss auf endgültige Entlassung weder den bereits zuvor ergangenen, rechtskräftig gewordenen Widerruf der bedingten Entlassung beseitigen noch sonst irgendwelche rechtserhebliche Wirkungen für den Verurteilten nach sich ziehen (vgl 14 Os 64/92, 12 Os 153, 154/95, 15 Os 95, 96/98).

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit war er jedoch zu beseitigen.

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