OGH 5Ob120/02m

OGH5Ob120/02m28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft*****, vertreten durch die Wohnungseigentum T***** Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH, ***** diese vertreten durch Dr. Christian Fuchs, Rechtsanwalt in Innbruck, wider die beklagte Partei Ulrike D***** B*****, wegen EUR 1.511,56 (S 20.799,46) sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 1. März 2002, GZ 2 R 565/01d-10, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Landeck vom 5. Oktober 2001, GZ 2 C 1468/01w-3, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt von der beklagten Mit- und Wohnungseigentümerin klagsweise den Betrag von EUR 1.511,56 aus dem Titel rückständiger Bewirtschaftungskosten im Zeitraum Mai 2001 bis September 2001 und verband mit dieser Mahnklage einen Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 13c Abs 3 und 4 WEG bei den 94/1369 Anteilen der Beklagten an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****. In der Klage wird das Vertretungsverhältnis der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft durch die hausverwaltende Gesellschaft behauptet. Der diese vertretende Rechtsanwalt Dr. Fuchshuber, der sich als "Klagevertreter" bezeichnet, beruft sich auf eine ihm erteilte Vollmacht.

Das Erstgericht erließ den beantragten Zahlungsbefehl und wies das Begehren auf Klagsanmerkung mit der Begründung ab, im Grundbuchsverfahren (über die Klagsanmerkung) müsse die Vertretungsbefugnis urkundlich mit Bestellungsbeschluss nachgewiesen werden.

Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das Gericht zweiter Instanz nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurück. Dies ebenfalls aufgrund fehlenden Nachweises der Einschreiterbefugnis im Grundbuchsverfahren. Für die Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG hätten die Regeln über die Ersichtlichmachung des Verwalters im Grundbuch nach § 17 Abs 2 WEG zu gelten. Zwar gelte der erleichterte Vollmachtsnachweis nach § 30 Abs 2 ZPO nach ständiger Rechtsprechung auch im Grundbuchsverfahren, auch müsse ein Rechtsanwalt, der eine juristische Person vertrete, nicht angeben und nachweisen, wer als gesetzlicher Vertreter für diese Vollmacht erteilt habe, doch umfasse diese Vollmachtsvermutung nicht auch das Vertretungsverhältnis zwischen der Verwalterin und der Wohnungseigentümergemeinschaft. Anders läge der Fall nur, wenn die Verwalterstellung im Grundbuch nach § 17 Abs 2 WEG angemerkt sei. Mangels Ersichtlichmachung der Verwalterstellung im Grundbuch seien also konkrete Bedenken an der Vollmachtskette angezeigt.

Das Rekursgericht war der Ansicht, dass, weil es beim gesetzlichen Vorzugspfandrecht nach § 13c Abs 3 WEG nicht auf den Pfandrang ankomme, das in § 95 Abs 1 GBG normierte Zwischenerledigungsverbot, das ja der Hintanhaltung ungerechtfertigter Rangverschiebungen diene, nicht anzuwenden sei. Das Rekursgericht führte daher ein Verbesserungsverfahren durch und trug den Nachweis der Verwalterstellung auf. Daraufhin legte die Klägerin eine Bestätigung vom 8. 2. 2001 vor, wonach die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer bestätigt, dass die Wohnungseigentum Tiroler Gemeinnützige Wohnungbau GmbH seit 1. 1. 1979 bevollmächtigte und beauftragte Hausverwalterin im Sinn des § 17 WEG hinsichlich des gegenständlichen Wohnungseigentumsobjekts sei. Dies hielt das Rekursgericht nicht für ausreichend, weil es sich nur um eine Wissenserklärung handle, der zu fordernden Urkunde sich aber entnehmen lassen müsse, dass im Rahmen einer Beschlussfassung durch die Miteigentümergemeinschaft die Mehrheit für die Verwalterbestellung gestimmt habe, selbst wenn in einer solchen Urkunde nicht alle Einzelheiten der für das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses vorzunehmenden Schritte angeführt sein müssten (5 Ob 86/98b). Diesen Anforderungen entspreche die im Verbesserungsverfahren vorgelegte Urkunde nicht, weil sich ihr nicht entnehmen lasse, dass seiner seinerzeit (1979) eine Beschlussfassung erfolgt sei. Das sei insoferne von Belang, als selbst bei einer einen Abstimmungsvorgang dokumentierenden Urkunde die Zustimmung der Mehrheit zur Verwalterbestellung nicht hinreiche, solange nicht eine diesbezügliche Willenserklärung aller Wohnungseigentümer eingeholt sei, weil die Mehrheit vor Beendigung des Abstimmungsverfahrens an die abgegebene Stimme nach § 13 Abs 2 WEG nicht gebunden sei (5 Ob 159/98p). Was für die Ersichtlichmachung der Verwalterbestellung nach § 17 Abs 2 WEG gelte, müsse auch im Grundbuchsverfahren nach § 13c Abs 4 WEG für die Klagsanmerkung gefordert werden.

Die Klägerin habe den Verbesserungsauftrag nicht befolgt, was zur Zurückweisung ihres Rechtsmittels zu führen habe.

Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes zur Frage des Vollmachtsnachweises im Grundbuchsverfahren, insbesondere bei einer Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei, der aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung zulässig ist. Der Rekurs ist auch berechtigt.

Es trifft zu, dass der erkennende Senat ausgesprochen hat, dass für die Ersichtlichmachung des Namens und der Anschrift eines Liegenschaftsverwalters im Grundbuch nach § 17 Abs 2 WEG erforderlich ist, dass sich der für den Grundbuchsantrag vorgelegten Urkunde entnehmen lässt, dass im Rahmen einer Beschlussfassung durch die Miteigentümergemeinschaft die Mehrheit für die Verwalterbestellung stimmte, ohne dass aber darin alle Einzelheiten der für das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses vorzunehmenden Schritte ausgeführt oder gar mit der sonst für das Grundbuchsverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen (etwa durch notarielle Beurkundung) sein müssten (5 Ob 86/98b). Diese aus § 17 Abs 2 letzter Satz WEG abgeleitete Anforderung (die Ersichtlichmachung erfolgt "aufgrund des Bestellungsbeschlusses") hat aber bloß den häufigsten Fall der Verwalterbestellung im Auge, nämlich die Bestellung durch Mehrheitsbeschluss. Daneben kommt etwa noch die Bestellung durch das Gericht in Frage oder auch ein Summenvertrag aller Miteigentümer in der Gründungsphase (vgl Würth in Rummel Rz 2 zu § 17 WEG mwN). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes sind aber im vorliegenden Fall nicht die für § 17 Abs 2 WEG normierten Voraussetzungen zu fordern. Hier geht es um die Einschreitervollmacht in Grundbuchssachen, worauf nach ständiger Rechtsprechung § 30 Abs 2 ZPO anzuwenden ist. Der erkennende Senat hat erst kürzlich ausgesprochen, dass nur dann, wenn Zweifel darüber aufkommen, ob der als Vertreter Einschreitende tatsächlich nach dem Gesetz die Vertretungsbefugnis besitzt, die Vorlage der notwendigen Urkunden aufzutragen und das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen zu klären ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der erleichterte Vollmachtsnachweis nach § 30 Abs 2 ZPO und § 8 Abs 1 Satz 1 RAO im Grundbuchsverfahren für die Einschreitervollmacht gilt, wenn auch nicht für die durch § 31 GBG geregelte Verfügungsvollmacht (SZ 58/74; SZ 69/242; 5 Ob 2223/96i, 5 Ob 227/99i; 5 Ob 10/02k). Nur wenn Zweifel an der Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwalts bestehen, ist ihm die Vorlage der ihm erteilten Einschreitervollmacht im Sinn des auch in Grundbuchssachen geltenden § 37 ZPO aufzutragen (OGH RPflSlgG 2089).

Aus § 30 Abs 2 ZPO ergibt sich, dass dem Rechtsanwalt (oder Notar) grundsätzlich vertraut wird, wenn er ein Vollmachtsverhältnis behauptet. Dieses Vertrauen erstreckt sich im Allgemeinen auch darauf, dass die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person erteilt wurde. Das gilt auch im Grundbuchsverfahren (5 Ob 72/85; RIS-Justiz RS0035835).

Bestehen also im maßgeblichen Zeitpunkt (hier infolge Unmaßgeblichkeit des Rangprinzips für das Vorzugspfandrecht der Entscheidungszeitpunkt) keine begründeten Bedenken gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreiten im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, dann hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - zu bewilligen. So entspricht es etwa ständiger Judikatur des erkennenden Senates, dass die Beibringung eines Firmenbuchauszuges zum Nachweis der Zeichnungsberechtigung der einschreitenden Organe nur zu verlangen ist, wenn begründete Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG bestehen (vgl zuletzt NZ 1995, 94 [zust Hoyer]; 5 Ob 10/02k).

Zusammengefasst ergibt sich also, dass eine Befugnis zum Einschreiten für einen Antragsteller nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG keinen anderen Regeln unterliegt, als dies nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung der Fall ist.

Im Zeitpunkt der Erlassung des Zahlungsbefehls bestand für das Erstgericht offenkundig kein Zweifel an der Einschreiterbefugnis des Rechtsanwalts für die Wohnungseigentümergemeinschaft, sonst wäre der Zahlungsbefehl nicht erlassen worden. Grund für die Abweisung des Antrags auf Klagsanmerkung waren offenkundig auch nicht Zweifel an der Einschreiterbefugnis, sondern unzutreffende Erwägungen über ein Formerfordernis.

Dasselbe trifft auch auf die Entscheidung des Rekursgerichtes zu. Konkrete Zweifel, die sich aus der Aktenlage oder aus Gerichtsnotorietät ergäben, würden eine Prüfungspflicht des Gerichts nach sich ziehen, ob tatsächlich eine Vollmacht erteilt wurde (2 Ob 2388/96g; RIS-Justiz RS0035835).

Die Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Gericht zweiter Instanz erfolgte daher zu Unrecht. Weil allerdings keine Entscheidung in der Sache selbst getroffen wurde, war mit einer Aufhebung vorzugehen.

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