Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Beide Parteien betreiben Telekommunikationsdienste. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Post und Telekom Austria AG. Die Beklagte wurde 1998 gegründet. Sie wirbt intensiv um Kunden im Festnetzbereich.
Die Beklagte bedient sich bei der Werbung um Kunden der Z*****GmbH, die ihrerseits mit zwei anderen Unternehmen zusammenarbeitet. Die Z*****GmbH hat der Beklagten bisher insgesamt 60.000 Kunden zugeführt.
Sämtliche Vertriebspartner der Beklagten sind angewiesen, bei der Kundenakquisition die vorgeschriebenen Kappen, Leibchen und Sweater zu tragen, auf denen deutlich erkennbar "tele.ring" aufgedruckt ist. Die Z*****GmbH weist ihre Mitarbeiter darüber hinaus an, tele.ring zu präsentieren, sich als für tele.ring tätig zu deklarieren und einen tele.ring- oder TopNet-Ausweis vorzuzeigen. Den Mitarbeitern ist es unter Androhung der Entlassung verboten, sich als Mitarbeiter eines andere Unternehmens, insbesondere als Mitarbeiter der Klägerin, auszugeben.
Die Z*****GmbH unterhält eine Kontrollstelle, von der täglich rund 50 vermittelte Kunden angerufen werden, um Qualität, Betreuung und Auftreten der Außendienstmitarbeiter zu überprüfen. Dabei wird der gesamte Ablauf des Akquisitionsgesprächs kontrolliert. Die über 75 Jahre alten Kunden werden lückenlos angerufen; die übrigen Kunden stichprobenweise. Damit werden täglich rund 20 % der vermittelten Kunden angerufen. Dazu kommen die Kontrollanrufe eines Vertriebspartners der Z*****GmbH, der - bevor er Aufträge weiterleitet - ebenfalls rund 20 % der vermittelten Kunden anruft.
Die Kontrollstelle wurde eingerichtet, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 8. 9. 2000 unsaubere Vertriebspraktiken beanstandet hatte. Auch wenn die Außendienstmitarbeiter nunmehr angewiesen sind, sich als tele.ring-Mitarbeiter vorzustellen, lässt es sich nicht vermeiden, dass sie die Klägerin erwähnen, soweit die Beklagte bei der Erbringung ihrer Leistungen auf die Mitarbeit der Klägerin angewiesen ist. Erklärungsbedarf besteht vor allem gegenüber älteren Kunden, die nicht verstehen, dass sie weiterhin die Grundgebühr an die Klägerin zahlen müssen, obwohl sie nur mehr das Netz der Beklagten nutzen.
Das Schreiben vom 8. 9. 2000 lautete wie folgt:
"...
In Oberösterreich häufen sich Fälle, in denen uns Kunden der Telekom Austria AG berichten, sie werden von Mitarbeitern der Firma tele.ring besucht, die sich als Mitarbeiter der 'Post' ausgeben und mit Tariftabellen der Telekom Austria AG aus dem Jahr 1997 unsere Kunden zu Vertragsabschlüssen mit Ihrer Firma bewegen. Bezeichnenderweise wenden sich Ihre Mitarbeiter in erster Linie an bereits betagte Personen.
Mehrere Personen, die von Ihren Mitarbeitern unter Vorspiegelung der oa. falschen Tatsachen zu Vertragsabschlüssen mit Ihrem Unternehmen bewegt wurden, sind bereit, dies zu bezeugen.
Wir fordern Sie auf, diese unseriösen Werbepraktiken zu unterlassen. Sollten uns weitere derartige Fälle bekannt werden, würden wir uns veranlasst sehen, gerichtliche Schritte gegen Ihr Unternehmen einzuleiten.
..."
Am 18. 9. 2000 suchten für die Beklagte tätige Außendienstmitarbeiter die Ehegattin eines Kärntner Kunden der Klägerin auf und erweckten den Eindruck, mit "tele.ring" ein neues und günstigeres Produkt der Klägerin anzubieten. Auch am 19. und 20. 9. 2000 wurde Kunden erklärt, dass die Beklagte und die Klägerin zusammenarbeiteten, was sich schon aus dem Wort "Telekom" im Kopf des Anmeldeformulars der Beklagten ergebe. In allen drei Fällen wurde ein Anmeldeformular unterfertigt; die Anmeldung aber in der Folge storniert.
Mit Schreiben vom 20. 9. 2000 sicherte die Beklagte der Klägerin zu, alles zu unternehmen, um die von der Klägerin beanstandeten Praktiken in Zukunft zu unterbinden. Am 28. 9. 2000 teilte die Klägerin der Beklagten weitere Einzelheiten mit und wies darauf hin, dass sich ihre Kunden über "keilerische Vertriebspraxis" beschwerten. Am 17. 10. 2000 unterrichtete die Klägerin die Beklagte von weiteren Kundenbeschwerden und forderte sie auf, derartige unseriöse Werbepraktiken zu unterlassen.
Es kam jedoch auch am 5. und 7. 3. 2001 zu insgesamt drei Vorfällen, bei denen für die Beklagte tätige Außendienstmitarbeiter vorgaben, für die Klägerin tätig zu werden und "das Telefon auf billigeres Telefonieren" umstellen zu wollen. Einem Kunden wurde erklärt, dass die Klägerin und die Beklage eine Abmachung hätten, so dass die Beklagte nun im Auftrag der Klägerin die Telefongespräche abwickle. Einem anderen Kunden erklärte der Außendienstmitarbeiter, dass er ein Mitarbeiter der Klägerin sei, die Anschlüsse in der Gegend auf sekundengenaue Abrechnung umgestellt worden seien und eine Unterschrift auf dem vorgelegten Formular notwendig sei, um in den Genuss der billigen Abrechnungsvariante zu kommen. Den Einwand des Kunden, dass es sich um ein Formular der Beklagten handle, versuchte der Außendienstmitarbeiter mit dem Einwand zu entkräften, dass sich mehrere Telefonbetreiber zusammengeschlossen hätten.
Am 12. 4. 2001 wurden bei einem Werbestand der Beklagten in Innsbruck veraltete Tarifblätter der Klägerin zum Vergleich herangezogen. Dem Hinweis der Kunden, dass die Tarife nicht mehr stimmen könnten, wurde mit der wahrheitswidrigen Behauptung begegnet, dass es sich um die aktuellen Tarife handle. In einem anderen Fall richtete die Beklagte bei einer Kundin der Klägerin eine Verbindungsnetzbetreibervorauswahl ein, obwohl die Kundin weder ein Anmeldeformular unterschrieben noch eine derartige Einrichtung gewünscht noch ihr Einverständnis gegeben hatte. Die Beklagte hatte von einem Außendienstmitarbeiter ein Anmeldeformular zur Weiterbearbeitung übermittelt erhalten, das auf den Namen dieser Kundin ausgestellt war und eine deren Namen wiedergebende Unterschrift trug.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen
(i) bei der Anwerbung von Kunden durch die alleinige Verwendung und Betonung der Bezeichnung "Telekom" oder durch den Hinweis auf die "Post" oder ähnliche Verweise wahrheitswidrig ein Naheverhältnis zur Klägerin zu behaupten;
(ii) bei der Anwerbung von Kunden durch die Verwendung nicht aktueller Tariflisten der Klägerin den Eindruck besonders günstiger Preise der Produkte der Beklagten hervorzurufen;
(iii) bei der Klägerin eine VNB-Vorauswahl zu beantragen, ohne dass hiezu die Zustimmung des Endkunden vorliegt.
Eventualiter zu Punkt (i) begehrt die Klägerin, der Beklagten aufzutragen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, bei der Anwerbung von Kunden zu behaupten, man komme "von der Post", "im Auftrag der Telekom", man sei "Mitarbeiter der Telekom" oder "der Post", man würde "im Auftrag der Telekom Telefongespräche abwickeln", man vertreibe "ein neues günstigeres Produkt der Telekom", mehrere Telefonbetreiber bzw tele.ring und "Telekom" hätten sich "zusammengeschlossen", "tele.ring und Telekom" sei "dasselbe" oder man mache "eine Registrierung für die Telekom". Die Beklagte werbe in sittenwidriger Weise Kunden der Klägerin ab. Die Kunden würden vor vollendete Tatsachen gestellt. Dadurch werde psychischer Zwang ausgeübt.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Gesetzgeber habe angeordnet, dass die Klägerin als ehemalige Monopolistin mit den alternativen Netzbetreibern eng zusammenzuarbeiten habe. Um dem Kunden die Vorwahl 1012 für das Netz der Beklagten zu ersparen, werde die Vorwahl bei der Klägerin für den jeweiligen Kunden einprogrammiert. Deshalb unterrichte die Beklagte die Klägerin über jeden Vertragsabschluss. Es wäre schwer möglich, dem Kunden diesen Vorgang wahrheitsgemäß zu erklären, wenn die Beklagte das Wort "Telekom" oder "Post" nicht mehr verwenden dürfte. Das Begehren zu Punkt (i) sei daher unbegründet; es sei auch unschlüssig, soweit es die "alleinige Verwendung und Betonung der Bezeichnung 'Telekom'" erfasse, weil "Telekom" nach dem Vorbringen der Klägerin immer im Zuge eines Gesprächs verwendet worden sei. Die Klägerin habe auf den Unterlassungsanspruch verzichtet, weil sie sich (nur) vorbehalten habe, "bei weiteren derartigen Fällen" gerichtlich vorzugehen. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr. Die Beklagte habe alle Vorkehrungen unternommen und ihre Mitarbeiter angewiesen, die Worte "Telekom" und "Post" jedenfalls zu vermeiden und nur aktuelle Tariflisten zu verwenden. Die Beklagte habe ein rigoroses Kontrollsystem eingerichtet. Bloße "Ausreißer" könnten den Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht begründen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm als bescheinigt an, dass die Außendienstmitarbeiter die Bekleidungsvorschriften einhalten, dass sie ihren tele.ring-TopNet-Ausweis zu zeigen und ihr Auftreten für die Beklagte zu deklarieren haben. Die von der Klägerin zu Punkt (i) behaupteten Äußerungen von Außendienstmitarbeitern nahm es hingegen nicht als bescheinigt an. Nicht bescheinigt sei auch, dass Außendienstmitarbeiter alte Tarife der Klägerin zum Vergleich mit denen der Beklagten verwendeten, um darzustellen, dass tele.ring ein neues - günstigeres - "Produkt" der Klägerin sei. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Anspruch der Klägerin dahin, dass das Begehren zu Punkt (i) unschlüssig sei, soweit der Beklagten die alleinige Verwendung und Betonung der Bezeichnung "Telekom" vorgeworfen werde. Zu Punkt (ii) des Sicherungsantrags sei zu berücksichtigen, dass die rund 200 Außendienstmitarbeiter der Beklagten bisher etwa 60.000 Kunden zugeführt hätten. "Ausreißerfälle" könnten nie zu 100 % verhindert werden. Ein planmäßiges Vorgehen, wie von der Klägerin suggeriert, liege nicht vor. Angesichts des strengen Kontrollsystems sei jedenfalls die Wiederholungsgefahr zu verneinen. Dies gelte auch für die Punkte (ii) und (iii), denen die Klägerin jeweils nur einen einzigen „Vorfall" zugrundelege.
Das Rekursgericht ergänzte die Feststellungen und nahm den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt als bescheinigt an. Es gab den Begehren zu Punkt (ii) und (iii) und dem Eventualbegehren zu Punkt (i) statt, wies das Hauptbegehren zu Punkt (i) ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Hauptbegehren zu Punkt (i) sei unschlüssig; das Eventualbegehren sei aber berechtigt. Das Verhalten der Außendienstmitarbeiter sei der Beklagten nach § 18 UWG zuzurechnen. Nach dem bescheinigten Sachverhalt bestehe kein Zweifel, dass die Außendienstmitarbeiter in den festgestellten Fällen beabsichtigt hätten, Kunden der Klägerin im Unklaren darüber zu lassen, dass sie zum Abschluss eines Vertrags mit einem anderen Netzbetreiber bewogen werden sollten. Die Verwendung veralteter Tariflisten der Klägerin verstoße gegen § 2 UWG. Psychischer Kaufzwang sei in jenem Fall ausgeübt worden, in dem eine Kundin ohne Vertragserklärung als Kundin begrüßt, mit einer Gutschrift bedankt und mit den Leistungen der Beklagten bedacht worden sei. Ein Verzicht der Klägerin auf gerichtliche Schritte wegen bereits bekannter Sachverhalte könne bei vernünftiger Betrachtung nicht angenommen werden. Auch die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen. Schließlich vertrete die Beklagte nach wie vor den Standpunkt, die festgestellten Wettbewerbsverstöße seien nur "Ausreißerfälle", die nicht auszuschließen seien.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, dass sie ein umfassendes Schulungs- und Kontrollsystem eingerichtet habe, um unzulässige Handlungen ihrer Mitarbeiter auszuschließen. "Ausreißer" seien unvermeidbar; die Beklagte könne sie weder rechtlich noch tatsächlich abstellen. Damit bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, weil Wiederholungsgefahr die Möglichkeit voraussetze, Rechtsverletzungen zu verhindern. Die Außendienstmitarbeiter handelten ausschließlich in ihrem eigenen Interesse; sie beabsichtigten nicht, den Wettbewerb der Beklagten zu fördern. Auch die Beklagte beabsichtige nicht, durch die beanstandeten Handlungen ihren Wettbewerb zu fördern; sie unternehme vielmehr alles ihr Mögliche, um diese zu unterbinden. Nach § 18 UWG werde nur für beeinflussbares Verhalten gehaftet; die Beklagte habe ihre Möglichkeiten, für die Abstellung von Wettbewerbsverstößen zu sorgen, voll ausgeschöpft. Eine Unterlassungsverpflichtung sei somit nicht geeignet, die Rechtssphäre der Klägerin zu verbessern, so dass dieser im Grunde ein Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage fehle.
1. Zur Haftung der Beklagten nach § 18 UWG
§ 18 UWG normiert die Haftung des Unternehmers für Wettbewerbsverstöße, die im Betriebe seines Unternehmens begangen wurden. Im "Betriebe (s)eines Unternehmens" werden insbesondere Personen tätig, die im Auftrag des Unternehmers bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten. Handeln sie im Zusammenhang damit wettbewerbswidrig, so hat der Unternehmer für ihre Handlungen einzustehen, wenn er kraft seiner Beziehung zum Handelnden die rechtliche Möglichkeit hat, den Wettbewerbsverstoß abzustellen (4 Ob 394/76 = SZ 49/147 - fingierte Kundenbefragung; 4 Ob 409/82 = ÖBl 1983, 86 - bauMax, ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung uva).
§ 18 UWG stellt damit auf die rechtliche Möglichkeit des Unternehmers ab, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Diese besteht jedenfalls dann, wenn der Handelnde Auftragnehmer des Unternehmers ist und der Unternehmer daher befugt ist, ihm Weisungen zu erteilen. Kommt es zu Wettbewerbsverstößen, weil Weisungen nicht befolgt werden, so hat der Unternehmer dafür einzustehen, auch wenn er faktisch nicht in der Lage war, das wettbewerbswidrige Handeln zu verhindern (ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung mwN).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte Unternehmen beauftragt, für sie Kunden zu werben. Es versteht sich von selbst, dass die Beklagte die rechtliche - und von ihr auch genützte - Möglichkeit hat, durch Weisungen sicherzustellen, dass die Werber die potenziellen Kunden wahrheitsgemäß informieren und nicht versuchen, Interessenten durch wahrheitswidrige oder sonst zur Täuschung geeignete Angaben zum Vertragsabschluss zu bewegen.
Dass es, wie die festgestellten Vorfälle zeigen, dennoch zu Wettbewerbsverstößen kommt, ist darauf zurückzuführen, dass sich Werber in einzelnen Fällen nicht an die Weisungen halten. Die Beklagte hat damit zwar nicht die faktische Möglichkeit, Wettbewerbsverstöße auszuschließen; für ihre Haftung nach § 18 UWG genügt es aber, dass sie auf Grund ihres Rechtsverhältnisses zu den von ihr beauftragten Unternehmen rechtlich dazu in der Lage ist.
Die Haftung nach § 18 UWG ist eine reine Erfolgshaftung (4 Ob 394/76 = SZ 49/147 - fingierte Kundenbefragung mwN). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beklagte selbst ein Verschulden trifft und ob sie, wie sie behauptet, ihre Möglichkeiten voll ausgeschöpft hat, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Die von ihr genannten Möglichkeiten - Einrichtung eines Kontrollsystems verbunden mit der Androhung sofortiger Entlassung - sind faktische Möglichkeiten; sie sind nicht maßgebend, weil § 18 UWG allein auf die rechtliche Möglichkeit abstellt, Wettbewerbsverstöße zu verhindern.
Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt daraus nicht, dass ein Unternehmer auch wettbewerbsrechtlich haftete, wenn er, wie bei einem gewissen Prozentsatz unvermeidlich, fehlerhafte Produkte in Verkehr bringt. Durch die Lieferung eines fehlerhaften Produkts werden Beschaffenheitsangaben im Verkaufsgespräch oder in der Werbung regelmäßig nicht nachträglich zu irreführenden Angaben, sondern durch die Beschaffenheitsangaben wird, wie nunmehr in § 922 Abs 2 ABGB auch ausdrücklich festgelegt, der Vertragsinhalt bestimmt. Das führt zur gewährleistungsrechtlichen, nicht aber auch zu einer wettbewerbsrechtlichen Haftung des Unternehmers.
2. Zur Wettbewerbsabsicht
Ist das weisungswidrige Verhalten eines Außendienstmitarbeiters, dessen Aufgabe es ist, dem Unternehmen Kunden zuzuführen, dem Unternehmer zuzurechnen, so kommt es nicht auf eine - bei weisungswidrigem Verhalten regelmäßig nicht vorliegende - Wettbewerbsabsicht des Unternehmers an, sondern maßgebend ist, ob der Mitarbeiter in der Absicht handelt, den Wettbewerb des Unternehmers zu fördern. Die Beklagte kann sich daher nicht darauf berufen, dass sie durch die Einrichtung eines Kontrollsystems die fehlende Wettbewerbsabsicht dokumentiert habe. Die von ihr in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen (4 Ob 305/87 = ÖBl 1987 - Biodiät Reform-Kost-Magarine II; 4 Ob 96/01y = MR 2001, 318 - Inseratenkontrolle) betreffen Fälle, in denen weder offenkundig war noch behauptet wurde, dass Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmen die wettbewerbswidrigen Handlungen begangen hätten, um den Wettbewerb des Unternehmens zu fördern. Es handelte sich vielmehr um Verstöße (4 Ob 305/87: bei 20.000 importierten Magarinepackungen im Monat in einem Zeitraum von 7 Monaten zwei Packungen ohne Angabe ihrer Mindesthaltbarkeit; 4 Ob 96/01y: Inserat mit Gewinnspielankündigung ohne Angabe alternativer Teilnahmemöglichkeit), in denen, wenn überhaupt, nur eine Wettbewerbsabsicht des Unternehmers in Frage kam, weil für ein Interesse der Mitarbeiter, den Wettbewerb des Unternehmers durch weisungswidrige Handlungen zu fördern, jeder Anhaltspunkt fehlte.
Im vorliegenden Fall liegt ein derartiges Interesse auf der Hand: Jeder für die Beklagte geworbene Kunde bringt dem Außendienstmitarbeiter Provision. Der Mitarbeiter wird daher alles daransetzen, um möglichst viele Kunden zu gewinnen. Sein Interesse, Provisionen zu verdienen, lässt sich nicht von der Absicht trennen, den Wettbewerb der Beklagten zu fördern, weil die Förderung des Wettbewerbs der Beklagten die Voraussetzung für den Provisionsanspruch bildet.
Dass durch Irreführung zustandegebrachte Verträge anfechtbar sind, spricht nicht gegen ein Handeln im Interesse der Beklagten. Nur in einem Teil der Fälle werden sich die Kunden überhaupt bewusst, dass sie durch Angaben, wie sie hier festgestellt wurden, irregeführt worden sind; andere Kunden wieder gestehen sich die Irreführung nicht ein oder scheuen sich jedenfalls, daraus Konsequenzen zu ziehen. Das gilt vor allem dann, wenn, wie beim Abschluss eines Vertrags mit einem alternativen Telefonbetreiber, der vermittelte Vertrag (jedenfalls auch) Vorteile bringt.
3. Zur Wiederholungsgefahr
Ob Wiederholungsgefahr besteht, ist nach ständiger Rechtsprechung danach zu beurteilen, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (stRsp 4 Ob 311/78 = SZ 51/87 - Umsatzbonus II uva). Beruht der Wettbewerbsverstoß auf einem Irrtum, so kann die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn sich der Beklagte von der Gesetzesverletzung distanziert und Maßnahmen ergreift, die geeignet sind, den Fehler zu berichtigen und künftige gleichartige Vorfälle zu verhindern (4 Ob 418/79 = ÖBl 1980, 128 - Kilometerzähler).
Die Rechtsprechung zu bloß irrtümlichen Wettbewerbsverstößen ist entgegen der Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall nicht heranzuziehen: Die für die Beklagte tätigen Außendienstmitarbeiter haben keineswegs irrtümlich potenzielle Kunden durch irreführende Angaben zum Vertragsabschluss bewogen; für das Verhalten dieser Mitarbeiter hat die Beklagte einzustehen.
Aus der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 4 Ob 418/79 (= ÖBl 1980, 128 - Kilometerzähler) folgt nichts Gegenteiliges. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte ein Angestellter den Kilometerstand eines Fahrzeugs unrichtig angegeben, weil er nicht gewusst hatte, dass der Kilometerzähler getauscht worden war und der abzulesende Stand daher nicht auch der tatsächliche war. Der Angestellte hatte daher - anders als die für die Beklagte tätigen Außendienstmitarbeiter - bloß irrtümlich unrichtige Angaben gemacht.
Auch das weitere Argument der Beklagten - Wiederholungsgefahr setze die Möglichkeit voraus, Rechtsverletzungen zu verhindern; im vorliegenden Fall bestehe daher keine Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte „Ausreißer" trotz ihres Kontrollsystems nicht ausschließen könne - ist nicht stichhaltig. Die (rechtliche) Möglichkeit, Rechtsverletzungen zu verhindern, ist die Voraussetzung dafür, dass die Beklagte für die bereits begangenen Wettbewerbsverstöße und die damit begründete Vermutung weiterer Verstöße einstehen muss. Anders als in dem der von ihr zitierten Entscheidung SZ 9/285 zugrundeliegenden Fall, in dem der Beklagte seine Vertreter vor abfälligen Äußerungen über die Konkurrenz gewarnt und die beanstandete wahrheitswidrige Äußerung einer Vertreterin einem Kunden gegenüber zum Anlass genommen hatte, seinen Vertretern gegen die Konkurrenz gerichtete Äußerungen unter Androhung der Entlassung zu verbieten, sind neuerliche Verstöße im vorliegenden Fall nicht höchst unwahrscheinlich. Das zeigt schon das Vorbringen der Beklagten, die sich ja darauf beruft, Wettbewerbsverstöße wie die festgestellten nicht verhindern zu können und daraus sogar ableiten will, dass die Klägerin kein Rechtsschutzbedürfnis habe, weil es trotz eines Titels und darauf gestützter Vollstreckungsmaßnahmen zu weiteren Verstößen kommen werde. Die Beklagte verkennt dabei, dass es kein Recht darauf gibt, eine bestimmte Vertriebsform, wie den Vertrieb von Leistungen eines alternativen Telefonanbieters im Haustürgeschäft, jedenfalls zu verwenden, sondern dass Maßnahmen, deren Durchführung zwangsläufig mit Wettbewerbsverstößen verbunden wäre, zu unterbleiben hätten (s 4 Ob 212/01g zu einem ohne verwirrende Angaben - angeblich - nicht möglichen Preisvergleich).
Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
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