OGH 4Ob103/02d

OGH4Ob103/02d28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter K*****, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagte Partei k***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in Vorchdorf, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 21.801,85 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 18. März 2002, GZ 4 R 39/02m-13, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 25. Jänner 2002, GZ 6 Cg 70/01b-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag des Klägers, der Beklagen zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr unter der Firma "K***** Maschinenbau" aufzutreten, wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 793,62 EUR bestimmten Kosten der Äußerung (darin 132,27 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 2.181,06 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 363,51 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt einen Handel mit Forstseilwinden und Forstgeräten; die Beklagte vertreibt Seilwinden und Forstanhänger. Die Seilwinden beider Streitparteien werden auch in Südtirol verkauft. Die Firma der Beklagten lautete bis 1999 "K***** K***** Gesellschaft mbH".

In den Ausgaben der Druckschrift "Südtiroler Landwirt" vom 2. 3. 2001, 16. 3. 2001, 30. 9. 2001 und 13. 4. 2001 war ein Inserat mit folgendem Text eingeschaltet:

"Original K*****

Forstseilwinden

bei k*****

4 bis 8 to

hergestellt in Österreich

Vorzüge dieser Spezialwinde:

- ein neues wartungsfreies Kupplungssystem

- Ketten und Kettenräder sind zusätzlich gehärtet, um die Qualität und die Langlebigkeit zu erhöhen

- die original K***** Seilwinde gibt es nur bei

K***** Maschinenbau

F***** ...

Vertretung für Südtirol:

Tel...

..."

Die unter "Vertretung für Südtirol" angeführte Telefonnummer ist die eines Landmaschinenhändlers, der von der Beklagten Forstseilwinden kauft und sie in seinem Gebiet weiterverkauft.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der Firma "K***** Maschinenbau" aufzutreten. Die Beklagte erwecke den tatsachenwidrigen Eindruck, dass nur sie K***** Seilwinden vertreibe. An der im Inserat angegebenen Adresse bestehe keine Firma K***** mehr; die Firma der dort ansässig gewesenen und in Konkurs verfallenen K***** Maschinenbaugesellschaft mbH sei gelöscht worden. Die Beklagte habe aus der Konkursmasse die technische Betriebseinrichtung der K***** Maschinenbaugesellschaft mbH erworben.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie habe die Inserate weder in Auftrag gegeben noch sonst veranlasst. Ihr sei das Erscheinen der Inserate nicht einmal bekannt gewesen. Die Beklagte verkaufe ausschließlich an Großhändler.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. In den Inseraten werde der Name "K*****" unbefugt gebraucht. Der Beklagten sei das Verhalten ihres Südtiroler Vertreters gemäß § 18 UWG zuzurechnen. Die Beklagte hätte die wettbewerbswidrigen Inserate durch einen Lieferboykott verhindern können.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Südtiroler Händler handle im Interesse der Beklagten. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, seine wettbewerbswidrigen Handlungen abzustellen. Spätestens mit Zustellung der Klage habe die Beklagte von den Inseraten Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie ihr zumutbare Maßnahmen treffen müssen, um die Wettbewerbsverstöße zu unterbinden. Sie hätte den Händler auffordern müssen, die Inserate nicht mehr zu schalten, und - bei Erfolglosigkeit ihrer Aufforderung - einen Lieferboykott androhen und verhängen müssen. Die Inserate seien wettbewerbswidrig, weil der Name "K*****" unbefugt gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zu § 18 UWG widerspricht; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

§ 18 UWG normiert die Haftung des Unternehmers für Wettbewerbsverstöße, die "im Betriebe seines Unternehmens" begangen wurden. Nach der Rechtsprechung werden "im Betriebe (s)eines Unternehmens" auch Personen tätig, die zwar nicht Arbeitnehmer oder Beauftragte des Unternehmens sind, dennoch aber, wenngleich in lockerer Form, in den Betrieb eingegliedert und, in welcher Form auch immer, dauernd oder vorübergehend für diesen tätig sind. Der Inhaber des Unternehmens haftet damit auch für Personen, die in seinem Auftrag auf Grund eines Werkvertrags, eines Bevollmächtigungsvertrags, eines freien Arbeitsvertrags udgl bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten (4 Ob 394/76 = SZ 49/147 - fingierte Kundenbefragung; 4 Ob 409/82 = ÖBl 1983, 86 - bauMax uva).

Selbst für Handlungen sonstiger "Geschäftspartner" muss der Unternehmer einstehen, vorausgesetzt, dass er auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zu diesen Dritten in der Lage gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Die dafür notwendige rechtliche Möglichkeit, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen, muss sich aus dem Wesen des Rechtsverhältnisses zum Dritten ergeben (4 Ob 64/94 = ÖBl 1995, 78 - Perlweiß II mwN). Dabei ist maßgebend, ob die "andere Person" dem Willen des Unternehmers unterliegt (4 Ob 83/93 = ÖBl 1993, 255 - Vorsicht bei Lockvogelangeboten II mwN).

Hingegen reicht es in der Regel nicht aus, dass eine Tätigkeit im Interesse des Unternehmers entfaltet wurde und diesem zugute kommt (4 Ob 90/91 = ÖBl 1991, 267 - Lotto-Systemplan mwN). Der Unternehmer ist auch nicht verpflichtet, seine vertraglichen Beziehungen zu Dritten so zu gestalten, dass er auf deren Verhalten rechtlich Einfluss nehmen kann (4 Ob 83/93 = ÖBl 1993, 255 - Vorsicht bei Lockvogelangeboten II).

In diesem Sinn wurde die rechtliche Möglichkeit der Verlegerin einer Zeitschrift verneint, die Einlösung von in der Zeitschrift abgedruckten Gutscheinen durch Trafikanten zu verhindern (4 Ob 90/91 = ÖBl 1991, 267 - Lotto-Systemplan); auch ein Vertriebsvertrag wurde nicht für ausreichend erachtet, die Werbemaßnahme einer Lieferantin zu unterbinden (4 Ob 64/94 = ÖBl 1995, 78 - Perlweiß II); das Gleiche wurde auch für einen Kaufvertrag angenommen, mit dem ein Verein aufklärende Plakate verkauft hat, in dem vor unseriösen Praktiken im Teppichhandel gewarnt wurde (4 Ob 83/93 = ÖBl 1993, 255 - Vorsicht bei Lockvogelangeboten).

Im vorliegenden Fall besteht zwischen der Beklagten und dem Auftraggeber der Inserate insoweit eine Beziehung, als dieser als Landmaschinenhändler von der Beklagten Forstseilwinden kauft und in seinem Gebiet weiterverkauft. Damit ist er nicht im Sinne des § 18 UWG in den Betrieb der Beklagten eingegliedert, weil die zwischen einem Erzeuger und einem Großhändler zustandekommenden Kaufverträge regelmäßig keine rechtliche Möglichkeit eröffnen, auf das Werbeverhalten des Großhändlers Einfluss zu nehmen. Mit einem Lieferboykott, wie ihn die Vorinstanzen für möglich erachten, würde keine vertragliche Befugnis ausgeübt, sondern eine Selbsthilfemaßnahme getroffen, auf die es im Zusammenhang mit § 18 UWG nicht ankommt (s 4 Ob 64/94 = ÖBl 1995, 78 - Perlweiß II) und die selbst zur Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs nur ausnahmsweise zulässig ist (s 4 Ob 121/89 = ÖBl 190, 103 - Reiseveranstalter-Boykott II).

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage für das Provisorialverfahren ist der Streitwert des - hier allein streitgegenständlichen - Unterlassungsbegehrens.

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