OGH 4Ob121/89

OGH4Ob121/8917.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Reisebüro C*** Gesellschaft mbH, Wien 5., Margaretengürtel 126, vertreten durch Dr. Johannes Neumayer (37 Cg 179/88 des Handelsgerichtes Wien) und Dr. Karl Arlamovsky (38 Cg 251/88 des Handelsgerichtes Wien), Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Ernst S***, Vorsitzender des Arbeitskreises der österreichischen Reiseveranstalter, Wien 1., Hofburg, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Rechtsanwalt in Wien; 2. Ö*** V*** AG, Wien 1.,

Friedrichstraße 7, und 3. A*** Agentur für Touristik Gesellschaft mbH, Wien 6., Lehargasse 9/1/36, beide vertreten durch Dr. Hans Bichler, Rechtsanwalt in Wien; 4. K*** Reisen Gesellschaft mbH, Wien 7., Lindengasse 56/3/2, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Rechtsanwalt in Wien; 5. M*** Reise und Touristik Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 1., Kärntnerring 17/II, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Rechtsanwalt in Wien; 6. R*** K*** Gesellschaft mbH, Wien 5., Bräuhausgasse 7-9, vertreten durch Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwalt in Wien; 7. P*** R*** Gesellschaft mbH, Wien 1., Seilergasse 16, vertreten durch Dr. Johannes Schriefl und Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien; 8. R*** R*** Gesellschaft mbH, Wien 1., Fleischmarkt 1, vertreten durch Dr. Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien; 9. T*** A*** Unternehmen für Reise und Touristik Gesellschaft mbH, Wien 3., Ungargasse 59-61, und

10. T*** Unternehmen für Reise und Touristik Gesellschaft mbH, Wien 3., Ungargasse 59-61, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner und Dr. Elisabeth Nowak, Rechtsanwälte in Wien;

11. F*** Unternehmen für Reisen und Touristik Gesellschaft mbH, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 9, vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl und andere Rechtsanwälte in Salzburg (37 Cg 179/88);

12. R*** Reisebüro Gesellschaft mbH, Wien 9.,

Alserbachstraße 30, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien; 13. I*** Reisebüro Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 3., Jaquingasse 43, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien (38 Cg 251/88), infolge Revisionsrekurses der erst-, der viert-, der zwölft- und der dreizehntbeklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 16. Juni 1989, GZ 1 R 41/89-100, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. Jänner 1989, GZ 37 Cg 179/88-84, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die am 4.September 1986 gegründete Klägerin wurde am 2.Oktober 1986 zu HRB 16.447 in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen; ihre Geschäftsführer sind Josef R***-L*** und Dkfm. Martin Z***, der Eigentümer der Mehrheit der Stammanteile ist. Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 4. Juli 1988 wurde der Klägerin die Konzession für das Reisebürogewerbe gemäß § 208 Abs. 1 GewO 1973 am Standort Wien 5., Margaretengürtel 126, erteilt; das Konzessionsdekret ist mit 13.Juli 1988 datiert. Mit Vertrag vom 3.März 1988 hatte die das Gewerbe eines Reisebüros ausübende P*** Flug- und Schiffsreisengesellschaft mbH (im folgenden: Firma P***) ihr Unternehmen in Wien 5., Margaretengürtel 126, der Klägerin verpachtet.

Ab April 1988 wurden in mehreren Ausgaben der von der D***-Großmarkt Warenhandelsgesellschaft mbH herausgegebenen Zeitschrift "Tip der Woche" Angebote für Pauschalreiseveranstaltungen mit der Bezeichnung "D***-Reisen" veröffentlicht. Mehrere Angebote bezogen sich auf von der Firma P*** veranstaltete Pauschalreisen. In einem von Josef R***-L*** gezeichneten Artikel über die Angebote der "D***-Reisen" ("Tip der Woche" Nr. 18 vom 29. April 1988) hieß es:

"D***-Reisen bekommen Sie bei DIE R***. Das sind über 100 ausgesuchte konzessionierte Reisebüros überall in Österreich - ganz in Ihrer Nähe also. Bei nächster Gelegenheit werde ich Ihnen DIE R*** mit Namen und Adresse vorstellen. Für die Reiseangebote in dieser Ausgabe können Sie direkt - mit nebenstehendem Antwortkupon - detaillierte Informationen anfordern. Wenn's ganz dringend ist, können Sie uns anrufen: DIE R***, Telefon 54 11 33."

Die Firma P*** bot von ihr veranstaltete Pauschalreisen, insbesondere Flugpauschalreisen, auch in einem Katalog mit dem Titel "DIE R***" an. 25.000 Exemplare dieses Kataloges

übermittelte die Klägerin im März 1988 an 650 österreichische Reisebüros.

Anläßlich einer Generalversammlung des Österreichischen Vereins für Touristik (ÖVT), dem insbesondere Reisebürounternehmen angehören, warb der damalige Vereinsobmann Josef R***-L*** für eine Zusammenarbeit der Reisebürounternehmen mit der Klägerin. Wenig später übermittelte die Klägerin den ÖVT-Mitgliedsbetrieben die Ankündigung einer Zusammenarbeit des ÖVT mit ihr, "welche P*** A*** als Pachtbetrieb betreibe und außerdem touristische Produkte unter dem Namen D***-Reisen anbiete". Weiters hieß es dort:

"Alle ÖVT-Mitglieder erhalten Sonderkonditionen auf diese Produkte. Diejenigen ÖVT-Mitgliedsbetriebe, welche die Corporate Identity DIE R*** verwenden, werden in der wöchentlich an rund 1 Million Haushalte versandten D***-Kundenzeitung exklusiv als Buchungsstellen genannt. ..... In allen Aussendungen und Inseraten von P*** A*** und D***-Reisen werden DIE R***

jeweils gratis mitbeworben. DIE R*** versprechen die genannten Produkte forciert zu verkaufen und in ihren Betriebsstätten prominent zu bewerben. Die vom ÖVT produzierten bzw. angebotenen Werbemittel sind zu verwenden. DIE R*** versichern, keine ähnlich geartete Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltern einzugehen und insbesondere auf jede Direktwerbung und Verkauf in Lebensmittelmärkten zu verzichten. .... Auf neue Produkte der C*** Reisebüro GmbH .. haben DIE R*** jeweils ein garantiertes Zubuchungsrecht zu Sonderkonditionen."

In der Folge übermittelte die Klägerin den ÖVT-Mitgliedsbetrieben ein Vertragsangebot mit dem im wesentlichen oben dargelegten Inhalt.

Die Beklagten, denen in ihrer Gesamtheit überragende Bedeutung auf dem Markt der Anbieter von Flugpauschalreisen zukommt, gehören dem sogenannten "Arbeitskreis Österreichischer Reiseveranstalter" mit dem Sitz im Kongresszentrum, Wien 1., Hofburg, an. Vertreter der Beklagten nehmen an regelmäßig - etwa einmal

monatlich - stattfindenden Zusammenkünften unter dem Vorsitz des Erstbeklagten teil. Diesem obliegt die Organisation der Tätigkeit des Arbeitskreises; er gibt für den "Arbeitskreis" Erklärungen ab.

Das Briefpapier des Arbeitskreises trägt u.a. den Vermerk: "Für alle

Informationen: Gen.Dir.Ernst S***".

Der Erstbeklagte übermittelte am 2.Mai 1988 zahlreichen Reisebüros eine von ihm unterzeichnete "Presseinformation" des Arbeitskreises mit folgendem Wortlaut: "Die Flugreiseveranstalter treffen sich seit über 2 Jahren monatlich, um gemeinsame Probleme einer für die Branche richtigen Lösung zuzuführen. Manche dieser Aktivitäten sind Ihnen sicher in den letzten Jahren aufgefallen (gemeinsame Werbeaktionen, Nettopreise, Agenturverträge etc). Bei der Sitzung der Reiseveranstalter am 26.April 1988 haben sie folgendes einstimmig beschlossen:

1.) Die Sicherung der traditionellen Vertriebswege über Reisebüros ist den Flugreiseveranstaltern auch in Zukunft überaus wichtig. Nur die konzessionierten Reisebüros sind in der Lage, dem Konsumenten eine fachkundige Beratung zu bieten.

2.) Um diese konsumenten-dienliche professionelle Beratung auch weiter zu gewährleisten, sind die Veranstalter bereit, Initiativen zu setzen, um den erfolgreichen Weg der Vergangenheit auch in Zukunft zu sichern. Es werden in der Reisebürobranche Pläne kolportiert, wonach sich einzelne Retail-Reisebüros entschlossen haben, den Vertrieb eines neuen Veranstalterproduktes in der Kundenzeitung eines Supermarkt-Konzerns durch Werbemaßnahmen zu unterstützen. Da die Gefahr besteht, daß in weiterer Folge dieser Flugreiseveranstalter seine Produkte ausschließlich über Supermarktketten zu vertreiben versucht, damit aber auch die Gefahr der Ausschaltung des klassischen konzessionierten Retail-Reisebüros im Raum steht, wurden folgende Maßnahmen beschlossen:

3.) An Reisebüros, bzw. Reiseberater, die für einen solchen Veranstalter als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten, wird die Reisebüro-Provision von den unterzeichnenden Flugreiseveranstaltern auf die Basishöhe von 8 % reduziert. Darüberhinaus werden keine Overriding-Provisionen vergütet.

4.) Die beschlossene Maßnahme zielt allein auf die Erhaltung des klassisch bewährten Vertriebsweges der österreichischen Flugreiseveranstalter über das konzessionierte Reisebüro. Jede Initiative in Richtung Vertrieb unter Ausschaltung der konzessionierten Reisebüros muß im Gegensatz zur erfolgreich beschrittenen Branchenpolitik stehen. Die Förderung und der Ausbau einer fachlich hochstehenden Beratungsqualität in den konzessionierten Reisebüros muß das Anliegen nicht nur der genannten Flugreiseveranstalter, sondern der gesamten Reisebürobranche sein."

Unterhalb der Fertigung durch den Erstbeklagten finden sich die Kurzbezeichnung folgender Reiseveranstalter: A***, F***, I***, K***, K*** A***, NUR-Neckermann, ÖVB, P***,

R*** R***, R***, R***, T*** A***, T***.

Nachdem einzelne Beklagte gegenüber dem Erstbeklagten Einwendungen insbesondere dahin erhoben hatten, daß kein "einstimmiger Beschluß" vorliege, und Pressemeldungen über die Aussendung vom 2. Mai 1988 erschienen waren, verfaßte der Erstbeklagte am 13. Mai 1988 eine weitere "Presseinformation", die er den Empfängern der ersten Aussendung übermittelte. Der Inhalt der neuen "Presseinformation" deckte sich im wesentlichen mit dem der Aussendung vom 2.Mai 1988; an die Stelle der Erklärung, daß bei der Sitzung der Reiseveranstalter "folgendes einstimmig beschlossen" worden sei, trat nun die Formulierung, "einige der Teilnehmer" hätten "gewisse Vorschläge für eine Empfehlung unterbreitet".

Punkt 3) der Aussendung lautete:

"An Reisebüros bzw. Reiseberater, die für einen solchen Veranstalter als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten, die Reisebüroprovision auf die Basishöhe von 8 % zu setzen. Hiebei ist in Erinnerung zu bringen, daß die Basisprovision von 8 % als traditionell im Reisebürogewerbe übliche Usance seit mehr als 20 Jahren Anwendung findet." Im Anschluß an Punkt 4) der Aussendung, wo nicht mehr von einem "beschlossenen", sondern von einer "von einigen Teilnehmern vorgeschlagenen" Maßnahme die Rede ist, fand sich folgende Formulierung: "Es wurde aber auch ausdrücklich und unmißverständlich von allen Beteiligten festgehalten, daß ein derartiger Vorschlag unverbindlich sei, also die wirtschaftlichen freien Dispositionsmöglichkeiten nicht hindert und beeinträchtigt. Eine Beschlußfassung hierüber erfolgte nicht. Wir wollen nicht verfehlen, Sie über diese Entwicklung zu informieren."

Auch diese Aussendung trug neben der Unterschrift des Erstbeklagten die Kurzbezeichnungen der oben erwähnten Reiseveranstalter. Sie wurde mit einem nur vom Erstbeklagten gezeichneten Begleitschreiben übermittelt, wonach dieser "auf Grund verschiedener Einsprüche von Teilnehmern der Sitzung vom 26. April 1988 und auch nach Durchsicht" seiner "eigenen Aufzeichnungen einen Bericht über den Inhalt der Diskussion gebe"; damit sei das Schreiben vom 2.Mai 1988 überholt.

Eine einheitliche Branchenübung hinsichtlich der Reisevermittlerprovisionen steht nicht fest; diese sind teilweise, insbesondere bei umsatzstarken Reisevermittlern, Gegenstand individueller Vertragsverhandlungen zwischen Veranstaltern und Vermittlern. Zahlreiche Vermittler akzeptieren, ohne in individuelle Vertragsverhandlungen einzutreten, die ihnen von den jeweiligen Reiseveranstaltern in Form von Rundschreiben vorgeschlagenen Provisionssätze. In der Mehrzahl der Fälle übersteigen die den Reisevermittlern von den Reiseveranstaltern zufließenden Provisionen 8 % und betragen zwischen 10 und 14 %. Ob die "Selbstkosten" der Reisevermittler - in einigen oder in allen Fällen - 8 % übersteigen und ob ein Reisebürounternehmen gewinnbringend oder kostendeckend geführt werden kann, wenn die auf dem Markt in ihrer Gesamtheit dominierenden Anbieter von Flugpauschalreisen nicht bereit sind, 8 % übersteigende Provisionen zu zahlen, steht gleichfalls nicht fest. Mit der Behauptung, daß die von den Beklagten angekündigte unterschiedliche Behandlung der Reisebüros bei der Provisionszahlung eine sachfremde Diskriminierung bedeute und somit gegen § 1 Abs. 2 NVG verstoße, außerdem aber als unmittelbare Behinderung im Sinn einer Boykottaufforderung auch den guten Sitten im Wettbewerb zuwiderlaufe (§ 1 UWG), begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, "den mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Reisebüros bzw. Reiseberatern anzudrohen und/oder anzukündigen, wenn diese mit der Klägerin in Geschäftsbeziehung treten und/oder diese aufrecht erhalten und/oder für die Klägerin werblich in Erscheinung treten, diese in ihrer vertraglichen Beziehung zu den Beklagten oder in bezug auf von den Beklagten vertretene Reiseveranstaltern gegenüber Unternehmen, die mit der Klägerin in keiner Geschäftsbeziehung stehen, schlechter zu stellen, insbesondere diesen anzudrohen oder anzukündigen, lediglich einen Provisionssatz von 8 % ohne einer weiteren Provision zu vergüten bzw. diese tatsächlich (gegenüber anderen Reisebüros und Reiseberatern) schlechter zu stellen, insbesondere nur noch eine Provision von 8 % für von diesen vermittelte Leistungen und Aufträge auszubezahlen (S. 12 f und 583).

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Der Erst- und die Viertbeklagte machen geltend, daß einzelne Beklagte - "jeder für sich" - der Meinung gewesen seien, es wäre geradezu eine Förderung der marktwidrigen Vorgangsweise der Klägerin, Reisebüros, die die rechtswidrigen Bedingungen der Klägerin akzeptierten, nach wie vor Provisionen in der bisherigen Höhe einzuräumen; die unterschiedliche Behandlung der Reisebüros sei geradezu geboten gewesen.

Die Zwölftbeklagte wendet ein, der Klägerin fehle die Aktivlegitimation. Daß der Erstbeklagte zu den Formulierungen im Schreiben vom 2.Mai 1988 auch von der Zwölftbeklagten ermächtigt worden wäre, sei weder behauptet noch bescheinigt worden. Auch bei Richtigkeit dieser "Presseinformation" läge kein wettbewerbswidriges Verhalten, insbesondere kein sittenwidriger Boykott, vor. Da die Klägerin selbst gegen die guten Sitten verstoße, habe sie kein Klagerecht.

Auch die Dreizehntbeklagte stellt die Aktivlegitimation der Klägerin, die weder ein Reisebürounternehmen gepachtet habe noch das Reisebürogewerbe im eigenen Namen ausübe, in Abrede. Die "Presseinformation" vom 2.Mai 1988 stamme vom Erstbeklagten und müsse das tatsächlich Besprochene nicht unbedingt richtig wiedergeben; sie sei auch nicht geeignet, die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen zu gefährden, weil sich die Klägerin von vornherein einen unmittelbaren Vertriebsweg eröffnet habe, welcher der Mitwirkung der Adressaten der "Presseinformation" gar nicht bedürfe. Gesetzestreuen Reiseveranstaltern müsse ein berechtigtes Interesse daran zuerkannt werden, daß ihre Vertreter nicht auch für die Produkte von Gesetzesbrechern wie der Klägerin bzw. dem als "D***-Reisen" und als "P*** A***" in Erscheinung tretenden Veranstalter werblich in Erscheinung träten.

Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung lägen schon deshalb nicht vor, weil der festgestellte Sachverhalt weitestgehend nicht dem von der Klägerin behaupteten entspreche. Es liege keinerlei Beschlußfassung über Boykottmaßnahmen vor; vielmehr hätten nur Gespräche über allenfalls einzuschlagende Maßnahmen stattgefunden. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, daß die von einzelnen Teilnehmern am Arbeitskreis vorgeschlagenen Maßnahmen für Reisebüros ruinös wären.

Das Rekursgericht verbot mit einstweiliger Verfügung dem Erst-, der Viert-, der Zwölft- und der Dreizehntbeklagten für die Dauer des Rechtsstreites, den mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Reisebüros anzukündigen, sie gegenüber Reisebüros, die mit der Klägerin nicht in Geschäftsbeziehung stehen, schlechter zu stellen, insbesondere ihre Provision auf die Basishöhe von 8 % zu reduzieren, falls sie für die Klägerin als Buchungsstelle werblich in Erscheinung träten. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige. Es nahm über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch als bescheinigt an:

Nach den Darlegungen der Beklagten besteht der Zweck der Zusammenkünfte des Arbeitskreises Österreichischer Reiseveranstalter insbesondere im "Meinungsaustausch über aktuelle Branchenprobleme" sowie in der Erörterung konkreter, mit dem Wettbewerb der Teilnehmer untereinander nicht im Zusammenhang stehender Vorhaben. Es wurde nicht bescheinigt, daß der Arbeitskreis im allgemeinen der Absprache von Wettbewerbsmaßnahmen, der Festlegung einer einheitlichen Geschäftspolitik der Teilnehmer, der Absprache der Preispolitik oder der Vereinheitlichung der den jeweiligen Geschäftspartnern angebotenen Konditionen dient.

Gegenstand der Erörterungen des Arbeitskreises in der Sitzung vom 26. April 1988, an der Vertreter nahezu sämtlicher Beklagter teilnahmen, waren die Aktivitäten der Klägerin, insbesondere die Werbung für ihre Reiseveranstaltungen im Rahmen der Kundenzeitschrift einer Supermarktkette sowie das an zahlreiche Reisevermittler gerichtete Angebot der Klägerin zur Aufnahme von Geschäftsbeziehungen. Die anwesenden Vertreter der Beklagten äußerten übereinstimmend die Absicht, jenen Reisevermittlern, die die Reiseveranstaltungen der Klägerin "bewerben" und Buchungen entgegennehmen, in Hinkunft nur noch die sogenannte "Basisprovision" in der Höhe von 8 % zu zahlen.

Die Beklagten erklärten bisher nicht, daß sie sich vom Inhalt der "Presseinformationen" vom 2.Mai und vom 13.Mai 1988 distanzierten; sie äußerten sich auch nicht dahin, daß der Inhalt der Aussendung nicht den Tatsachen entspreche.

Die Rechtsrüge der Klägerin sei berechtigt: Ob die Beklagten gegen das Kartell- und das Nahversorgungsgesetz verstoßen hätten, könne auf sich beruhen, weil ihr Verhalten als sittenwidrige Behinderung (§ 1 UWG) zu werten sei. Die an ihre Vertragspartner gerichtete Ankündigung einer "Reduktion der Provisionen" sei im Hinblick darauf, daß den Beklagten in ihrer Gesamtheit überragende Marktbedeutung als Anbieter zukomme, als Drohung mit der Zufügung eines erheblichen wirtschaftlichen Nachteils für den Fall der Aufnahme oder Weiterführung von Geschäftsbeziehungen mit einem neuen, auf dem Markt noch nicht bedeutenden Anbieter zu qualifizieren. Dabei komme es nicht darauf an, ob zwischen den Reiseveranstaltern und den Reisevermittlern ein "vertragsloser Zustand" herrscht; als Drohung mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen sei das Verhalten der Beklagten insbesondere im Hinblick auf ihre Marktmacht auch dann zu werten, wenn zwischen Veranstaltern und Vermittlern Verträge bestehen, die auch für die Zukunft die Provisionssätze regeln, liege doch in diesem Fall die Ankündigung eines Vertragsbruches vor, der auch dann einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil bedeute, wenn die vertraglichen Ansprüche allenfalls zwangsweise durchgesetzt werden könnten. Bei dieser Sachlage verwirkliche das Verhalten der Beklagten den Tatbestand des Boykotts bzw. boykottähnlicher Maßnahmen. Der Boykott verstoße als Wettbewerbshandlung grundsätzlich gegen § 1 UWG, weil er nicht auf eine unmittelbare Förderung des eigenen Angebotes, sondern auf eine dem Grundsatz des Leistungswettbewerbes widersprechende Behinderung des Mitbewerbers ziele, die es diesem erschwere oder unmöglich mache, seine Leistung auf dem Markt zur Geltung zu bringen. Wer den Mitbewerber boykottiert, setze im Wettbewerb nicht die eigene Leistung, sondern ausschließlich das Mittel der Behinderung ein. Das Verhalten der Beklagten verwirkliche alle Voraussetzungen des Boykotts. Es liege die für den Boykott im wettbewerbsrechtlichen Sinn kennzeichnende Beteiligung dreier verschiedener Personen(-gruppen) vor; die Adressaten der Ankündigung der Beklagten seien wirtschaftlich selbständig und somit taugliche Adressaten einer Boykottaufforderung; die Ankündigung einer dem Leistungswettbewerb fremden Vorgangsweise durch die Beklagten sei geeignet gewesen, den freien Willen der Empfänger dieser Aufforderung zu beeinflussen. Daß die Klägerin nicht vom Verkehr mit den Endverbrauchern, sondern mit den Vermittlern ausgeschlossen werde, sei hier ohne Bedeutung, weil es sich dabei um den Hauptvertriebsweg handle. Eine Maßnahme sei auch dann als boykottähnlich sittenwidrig, wenn der Geschäftsbetrieb des Mitbewerbers in erheblichem Ausmaß gestört werde. Da die beanstandete Ankündigung der Beklagten subjektiv dazu bestimmt und objektiv dafür geeignet gewesen sei, die Adressaten zur Sperre zu bewegen, liege ein Boykott auch dann vor, wenn eine ausdrückliche Aufforderung, mit dem "Verrufenen" keine Geschäftsbeziehungen aufzunehmen bzw. diese abzubrechen, nicht vorliege. Die Empfänger der Erklärung seien vor die Wahl gestellt worden, eine Verschlechterung ihrer Geschäftsbeziehungen zu bedeutenden Geschäftspartnern und in der Mehrzahl der Fälle auch eine Verminderung ihrer Einkommen hinzunehmen oder die Aufnahme von Geschäftsverbindungen zur erkennbar bezeichneten Klägerin zu unterlassen. Daß die Abwägung der Vor- und Nachteile der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin, einem unbedeutenden Anbieter, bei dieser Sachlage zu deren Nachteil habe ausfallen und somit faktisch einen Ausschluß der Klägerin vom Zugang zu Reisevermittlern bewirken müssen, liege auf der Hand. Möge es auch im allgemeinen durchaus zulässig sein, verschiedenen Abnehmern unterschiedliche Konditionen zu gewähren, so sei doch die Verknüpfung einer Ankündigung, die bisher gewährten Konditionen zu verschlechtern, mit solchen Umständen, die nicht den Leistungswettbewerb, sondern die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen des Angesprochenen zu Mitbewerbern betreffen, unzulässig. Der Verstoß sei schon durch die Presseinformation vom 2.Mai 1988 verwirklicht. Da sowohl dort als auch in der Presseinformation vom 13. Mai 1988 die Absicht der Beklagten geäußert werde, für jene Vermittler, die für die erkennbar bezeichnete Klägerin "als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten", Provision in einer Höhe zu zahlen, die in der Mehrzahl der Fälle die bisher gezahlten Provisionen unterschreitet, sei es ohne Bedeutung, daß in dem einen Fall von einem "einstimmigen Beschluß", im anderen Fall aber von einem "von einigen Teilnehmern unterbreiteten Vorschlag für eine Empfehlung" die Rede sei. Die nur wenig einschränkende Erklärung der Beklagten vom 13.Mai 1988 bedeute keine nach außen hin klar erkennbare Sinnesänderung, die geeignet wäre, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Die gegen den Unterlassungsanspruch vorgetragenen Einwände der Beklagten seien nicht stichhältig. Der Einwand, die Klägerin verstoße selbst gegen verschiedene Vorschriften und mache unwahre Ankündigungen (Einwand der "unclean hands") sei nicht berechtigt; die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches nach § 1 UWG sei nicht schon deshalb mißbräuchlich, weil der Kläger selbst wettbewerbswidrig handle. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die beanstandete Ankündigung eine bloße Abwehrmaßnahme gewesen sei: Lasse sich die Abwehr durch gerichtliche Hilfe, insbesondere das Erwirken einer einstweiligen Verfügung, erreichen, dann dürfe nicht boykottiert werden. Daß die Erlangung gerichtlicher Hilfe hier nicht möglich gewesen oder zu spät gekommen wäre, hätten die Beklagten gar nicht behauptet. Das Verhalten des Erstbeklagten sei den übrigen Beklagten sehr wohl zuzurechnen, habe er doch - offenbar mit Duldung sämtlicher Beklagter - für den "Arbeitskreis" Erklärungen abgegeben; die beanstandeten Äußerungen müßten von den Empfängern auch als Erklärungen der "unterzeichnenden Reiseveranstalter", unter denen sich sämtliche Beklagten befinden, verstanden werden. Daß sich einzelne oder alle Beklagten von den Erklärungen distanziert hätten, sei weder behauptet noch bescheinigt worden. Da die Beklagten als Teilnehmer des Arbeitskreises die rechtliche Möglichkeit gehabt hätten, den Erstbeklagten an der Abgabe von Erklärungen in ihrem Namen zu hindern, hätten sie auch nach § 18 UWG für seine Erklärungen selbst dann einzustehen, wenn ihnen deren Inhalt zunächst nicht im einzelnen bekannt gewesen sein sollte.

Gegen diesen Beschluß wenden sich die Revisionsrekurse des Erst-, der Viert-, der Zwölft- und der Dreizehntbeklagten mit den Anträgen, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keiner der Revisionsrekurse ist berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs des Erst- und der Viertbeklagten:

Zutreffend hat das Rekursgericht die beanstandete Ankündigung als Aufforderung zum Boykott gewertet. Boykott im wettbewerbsrechtlichen Sinn ist die von einer oder mehreren Personen ausgehende, durch Dritte ausgeführte planmäßige Absperrung eines bestimmten Gegners vom Geschäftsverkehr durch die Nichtaufnahme neuer oder den Abbruch bereits bestehender Geschäftsbeziehungen. Er setzt also die Beteiligung von mindestens drei Personen voraus, nämlich 1. eines Verrufers (Boykottierers), der einen anderen zur Sperre auffordert, 2. eines Ausführers (Sperrers), der als Adressat dieser Auffordernung die Absperrung ausführt, und 3. eines Verrufenen (Boykottierten, Gesperrten) als Opfer der Boykottmaßnahme (ÖBl. 1981, 13 mwN; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 660 Rz 244 und 245 zu § 1 dUWG). Wesentlich ist, daß die Aufforderung zum Boykott geeignet ist, den freien Willen des Adressaten zu beeinflussen (ÖBl. 1981, 13 mwN; Baumbach-Hefermehl aaO 661 Rz 246 zu § 1 dUWG) und der Adressat seinerseits eine funktionell selbständige Stellung im Wettbewerb einnimmt, kraft deren er selbst Entscheidungsfreiheit besitzt (ÖBl. 1981, 13; Baumbach-Hefermehl aaO 662 Rz 247). Diese Voraussetzungen hat das Gericht zweiter Instanz mit Recht bejaht, kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß die Ankündigung der Herabsetzung der Reisebüroprovision dem Zweck dienen sollte, die davon verständigten Reisebüros zu veranlassen, ihre geschäftlichen Kontakte zur Klägerin - daß sie nämlich für sie als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten - zu beenden oder eine solche Geschäftsbeziehung erst gar nicht aufzunehmen, um nicht Einnahmenverluste hinnehmen zu müssen. Der Erst- und die Viertbeklagte treten dieser Rechtsauffassung auch gar nicht entgegen; sie meinen aber, ein Boykott sei nicht schlechthin, sondern nur unter gewissen, hier nicht gegebenen Voraussetzungen sittenwidrig, zumal die Beklagten nur den unzulässigen Aktionen der Klägerin entgegengetreten seien. Dem kann nicht gefolgt werden:

Die Frage, ob der Boykott als Wettbewerbshandlung grundsätzlich gegen § 1 UWG verstößt (in diesem Sinne Baumbach-Hefermehl aaO 664 Rz 251 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, Unlauterer Wettbewerb2, 192, FN 46), kann hier offen bleiben, war doch die beanstandete Maßnahme keinesfalls zulässig. Boykott ist nämlich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes grundsätzlich nur dann erlaubt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, wenn er nicht zur Durchsetzung ungerechtfertigter Forderungen benützt wird und vor allem keine solchen Mittel verwendet werden, die geeignet sind, die wirtschaftliche Existenz des Konkurrenten zu gefährden (ÖBl. 1981, 13 mwN; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 74 f). Die in Aussicht gestellte nicht unerhebliche Provisionskürzung für Reisebüros, die mit der Klägerin zusammenarbeiten, war aber im Hinblick auf die schon vom Rekursgericht zutreffend hervorgehobene Marktmacht der Beklagten geeignet, die davon betroffenen Reisevermittler und -berater zur Beendigung ihrer bisherigen oder zur Unterlassung der Aufnahme neuer geschäftlicher Beziehungen mit der Klägerin zu bewegen und damit die wirtschaftliche Existenz der Klägerin selbst, die auf die Zusammenarbeit mit Reisevermittlern angewiesen ist, zu gefährden. Auch kann keine Rede davon sein, daß die Beklagten vorher schon alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hätten. Soweit die Klägerin wettbewerbswidrig gehandelt haben sollte, stand es jedem Mitbewerber frei, dagegen mit Unterlassungsklage vorzugehen. Ein Boykott zur Abwehr eines rechtswidrigen Angriffes kann nur ausnahmsweise zulässig sein, und zwar dann, wenn er zur Abwehr unumgänglich nötig ist; das trifft jedenfalls dann nicht zu, wenn sich das Ziel der Abwehr durch gerichtliche Hilfe erreichen ließe (Baumbach-Hefermehl aaO 668 Rz 258).

Auf die Frage, ob und wie weit die Klägerin selbst wettbewerbswidrig gehandelt hat, ist somit nicht einzugehen; der geltend gemachte Feststellungsmangel liegt deshalb nicht vor. Mag es auch zulässig sein, daß ein Lieferant verschiedene Abnehmer preislich unterschiedlich behandelt, so verstößt es doch - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG), eine Preis-(Provisions-)herabsetzung nur im Hinblick auf die geschäftlichen Beziehungen des Vertragspartners (Reisebüros) zu einem Dritten anzukündigen, der dadurch - entgegen den Grundsätzen des Leistungswettbewerbes - vom Markt verdrängt oder doch zumindest zurückgedrängt werden soll.

Daß ein einheitlicher Beschluß sämtlicher Beklagter im Sinne der Presseinformation vom 2.Mai 1988 nicht als bescheinigt angenommen wurde, ist ohne Bedeutung. Schon auf Grund der Veröffentlichung der im "Arbeitskreis der Österreichischen Reiseveranstalter" erörterten Empfehlungen mußte jedem daran Beteiligten bewußt sein, daß sich die Reisebüros und Reiseberater, die für die Klägerin "als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten", dem Druck der gesamten Marktmacht aller Beklagten ausgesetzt gefühlt haben mußten. Wie weit eine inhaltsgleiche Drohung jedes einzelnen Beklagten für sich allein schon geeignet gewesen wäre, die wirtschaftliche Existenz der Klägerin zu gefährden, ist daher unerheblich; selbst wenn die Marktmacht eines einzelnen Beklagten dafür zu gering gewesen wäre, läge doch auch in diesem Fall kein erlaubter Boykott vor; die (indirekte) Aufforderung an Reisebüros, nicht nur mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, wäre ja trotzdem nicht gerechtfertigt gewesen, weil nach dem oben Gesagten nicht alle anderen Möglichkeiten - insbesondere die Anrufung des Gerichtes - ausgeschöpft worden waren.

Mit Recht hat daher das Rekursgericht die einstweilige Verfügung gegen den Erstbeklagten und die Viertbeklagte erlassen.

II. Zum Revisionsrekurs der Zwölftbeklagten:

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Bemerkt sei, daß die gerügte Feststellung, die Beklagten hätten bisher nicht erklärt, daß sie sich vom Inhalt der Presseinformationen distanzierten und deren Inhalt unrichtig sei, zu der Feststellung, daß einige Beklagte gegen die erste Presseinformation Einwendungen erhoben haben, nicht im Widerspruch steht, muß doch die gerügte Feststellung dahin verstanden werden, daß sich die Beklagten gegenüber den Empfängern der Presseinformationen von deren Inhalt nicht distanziert hätten. Die Zwölftbeklagte hat im übrigen tatsächlich nicht vorgebracht, daß die Presseinformation vom 13.Mai 1988 den Inhalt der Gespräche unrichtig wiedergäbe. Der Hinweis darauf, daß ein Protokoll unrichtig sein könne, ist demgegenüber ohne Gewicht.

Auch die Rechtsausführungen der Zwölftbeklagten sind nicht stichhältig: Die Aktivlegitimation der Klägerin unterliegt keinem Zweifel. Da sie das Gewerbe eines Reisebüros ausübt, ist sie Mitbewerberin der Beklagten (§ 14 UWG). Daß sie erst während des hrens erster Instanz die erforderliche Konzession erworben hat, ist in diesem Zusammenhang rechtlich ohne Bedeutung, hatte sie doch schon vorher als Pächterin eines Reisebürounternehmens dieses Gewerbe ausgeübt. Auch von mangelnder Parteifähigkeit der Klägerin kann keine Rede sein: Abgesehen davon, daß die in der Klage gewählte Bezeichnung - "Reisebüro C*** GmbH, Pächterin der P*** A*** Flug- und Schiffsreisen GmbH" - nach dem Klagevorbringen (S. 3) dahin zu verstehen war, daß die Klägerin das Unternehmen der Firma P*** gepachtet hatte, wurde die Bezeichnung der Klägerin in der Folge richtiggestellt; die Klägerin selbst hat die vom Revisionsrekurs vermißte Klarstellung dadurch vorgenommen, daß sie sich nur noch als "Reisebüro C*** Gesellschaft mbH" bezeichnet (ON 41).

Der geltend gemachte Feststellungsmangel (S 388 f) liegt nicht vor, weil dem Umstand, daß die Zwölftbeklagte manchen Reisebüros allenfalls weniger als 8 % Provision bietet, nichts daran ändert, daß die Ankündigung, die Provision für bestimmte Reisebüros in Hinkunft "auf die Basishöhe von 8 %" zu reduzieren, die Drohung mit einem Nachteil bedeutete. Darauf, ob der Provisionssatz von 8 % für alle oder viele Reisebüros ruinös ist, kommt es nicht an. Die Drohung mit einer Einkommensminderung war jedenfalls - wie schon zu I. ausgeführt - geeignet, Druck auf Reisebüros dahin auszuüben, nicht (mehr) für die Klägerin tätig zu werden; damit war aber eine wirtschaftliche Gefährdung der Klägerin verbunden.

Für die Zwölftbeklagte ist auch daraus nichts zu gewinnen, daß sie in der gegen sie gerichteten Klage 38 Cg 251/88 als "Erstbeklagte" bezeichnet war, in dieser Klage aber, welche wörtlich jener zu 37 Cg 179/88 entspricht, vorgebracht wurde, daß "der Erstbeklagte" die Presseinformationen hinausgegeben habe. Der Zwölftbeklagten mußte bewußt sein, daß es sich dabei um einen offenbaren Schreibfehler handelte. Im übrigen ist ein Klagebegehren nicht schon dann abzuweisen, wenn der festgestellte Sachverhalt den Klagebehauptungen nicht in jeder Einzelheit entspricht, sofern sich die Berechtigung des Klagebegehrens aus den Feststellungen - soweit sich diese im Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes bewegen - ergibt.

Soweit die Zwölftbeklagte meint, es liege kein sittenwidriger Boykott vor, ist sie auf die Darlegungen zu I. zu verweisen. Auch ihren Ausführungen, daß die Klägerin selbst - insbesondere dadurch, daß sie ohne die entsprechenden Berechtigungen als Reisebürounternehmen tätig geworden sei - wettbewerbswidrig gehandelt habe, ist zu erwidern, daß Boykottmaßnahmen in aller Regel auch dann unzulässig sind, wenn sie der Abwehr dienen sollen. Wenn die Zwölftbeklagte mit dem von der Klägerin in Aussicht genommenen Vertriebsweg und deren Vertriebsart nicht einverstanden war, hätte sie das der Klägerin gegenüber zur Sprache bringen und auf gütlichem Wege (Baumbach-Hefermehl aaO 668 Rz 258) Änderungen verlangen oder allenfalls - soweit sie der Klägerin wettbewerbswidriges Verhalten vorwirft - mit gerichtlicher Klage vorgehen können. Die Ankündigung, daß die Reisebüros und Reiseberater, die für die Klägerin werblich in Erscheinung treten, künftig in geringerem Ausmaß honoriert wurden, war aber auch damit nicht gerechtfertigt.

Der Zwölftbeklagten kann auch darin nicht gefolgt werden, daß sich schon aus der Fassung der angefochtenen einstweiligen Verfügung die mangelnde wirtschaftliche Gefährdung der Klägerin ergebe, weil ja die einzelnen Reiseberater ohnehin weiter mit der Klägerin zusammenarbeiten dürften, wenn sie es nur unterließen, für diese "werblich in Erscheinung zu treten". Demgegenüber ist darauf zu verweisen, daß diese vom Rekursgericht aus der beanstandeten Ankündigung wörtlich übernommene Formulierung auf jedes Reisebüro und jeden Reiseberater zutrifft, der für die Klägerin als Buchungsstelle tätig wird; auch das Auflegen von Katalogen oder das Hinweisen auf Angebote der Klägerin bedeuten ein "werbliches In-Erscheinung-Treten" für die Klägerin.

Mit Recht hat das Rekursgericht auch die Haftung der Zwölftbeklagten für die vom Erstbeklagten veröffentlichte Ankündigung der Provisionskürzung für bestimmte Reisebüros bejaht. Selbst wenn sich die Zwölftbeklagte von der Presseinformation vom 2. Mai 1988 distanziert habe, gilt das nach ihren eigenen Behauptungen doch nicht für die Presseinformation vom 13. Mai 1988. Auch diese war aber geeignet, Druck auf alle jene Reisebüros auszuüben, die für einen solchen Reiseveranstalter, dessen Merkmale gerade auf die Klägerin zutreffen, als Buchungsstelle werblich in Erscheinung traten oder zu treten beabsichtigten, mußte doch auch die Mitteilung, daß einige der Teilnehmer eine derartige Empfehlung ausgesprochen hätten, die weitere Tätigkeit für die Klägerin als nachteilig erscheinen lassen. Ob die Zwölftbeklagte selbst zu jenen Teilnehmern gehörte, die entsprechende Empfehlungen gemacht hatten - was im Hinblick auf ihr eigenes Vorbringen, sie habe eine solche Provisionskürzung für Reisebüros, die mit der Klägerin zusammenarbeiten, ins Auge gefaßt (S. 841), keinesfalls ausgeschlossen werden kann -, ist rechtlich ohne Bedeutung, weil die beanstandete Boykottdrohung schon in der Zumittlung der Presseinformation vom 13. Mai 1988 gelegen war.

Auch diesem Revisionsrekurs mußte somit der Erfolg versagt bleiben.

III. Zum Revisionsrekurs der Dreizehntbeklagten:

Auch die in diesem Rechtsmittel geltend gemachten Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Wenn bei der Sitzung des Arbeitskreises der Österreichischen Reiseveranstalter vom 26.April 1988 über den Vertrieb eines neuen Veranstalterproduktes in der Kundenzeitung eines Supermarkt-Konzerns und damit über die unter dem Namen D***-Reisen angebotenen Produkte gesprochen wurde, dann ist die Feststellung, daß die Aktivitäten der Klägerin Gegenstand der Erörterungen waren, nicht zu beanstanden, handelt es sich doch bei den D***-Reisen um solche, welche die Klägerin - damals als Pächterin der Firma P*** - vermittelt und in ihrer Werbung angeboten hatte. Von einer Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens kann ebensowenig die Rede sein; auch ein - der Rechtsrüge zuzuordnender - Feststellungsmangel liegt nicht vor, weil es nach dem zu II. Gesagten nicht darauf ankommt, welche der Beklagten gegen die erste Presseinformation des Erstbeklagten Einwendungen erhoben hatten.

Den Rechtsausführungen der Dreizehntbeklagten kann gleichfalls nicht gefolgt werden:

Die Rechtsmittelwerberin meint, die Wortfolge "als Buchungsstelle werblich in Erscheinung treten" könne nach der maßgebenden Branchenauffassung nur die besondere werbliche Darstellung der Reisebüros nach außen hin, insbesondere in der D***-Kundenzeitung, und den bevorzugten Vertrieb eines Veranstalterproduktes, nämlich jenes der Klägerin, bedeuten, nicht jedoch jedes geschäftliche Tätigwerden. Dem ist zu erwidern, daß - wie zu II. dargelegt - schon jeder Hinweis eines Reisebüros auf die Klägerin, insbesondere auch das Auflegen von Katalogen, eine "werbliche" Tätigkeit für die Klägerin ist; zumindest kann die beanstandete Ankündigung in diesem Sinne verstanden werden. Die Empfänger der Presseinformationen mußten somit damit rechnen, daß ihnen jede geschäftliche Tätigkeit für die Klägerin zum wirtschaftlichen Nachteil gereichen könne. Es ist daher unrichtig, daß im vorliegenden Fall ein Boykott schon deshalb nicht vorliegen könne, weil Punkt 3. der Presseinformationen nicht die Aufnahme oder den Abbruch der Geschäftsbeziehungen der Adressaten zur Klägerin, sondern nur den Fall einseitiger Bevorzugung der letzteren durch Reisebüros zum Gegenstand gehabt hätten.

Sollten die Reisebüros, die mit der Klägerin zu deren Bedingungen zusammenarbeiten, damit - wie der Revisionsrekurs meint (S. 375) - ihre Pflichten gegenüber den anderen Veranstaltern verletzen, dann ist nicht einzusehen, weshalb - wie die Dreizehntbeklagte in der Folge ausführt - gerichtliche Maßnahmen nicht in Frage gekommen wären, weil dafür eine rechtliche Grundlage gefehlt hätte (S. 377). Wo kein Vertragsverhältnis zwischen einem der Beklagten und den Adressaten der Presseinformationen bestanden hatte, kam eine Reduktion des Provisionssatzes schon begrifflich nicht in Frage. In der beanstandeten Ankündigung wurde ja zum Ausdruck gebracht, daß die beklagten Reiseveranstalter den mit der Klägerin zusammenarbeitenden Reisebüros in Zukunft weniger zahlen werden als sie bisher gezahlt hatten. Da die Dreizehntbeklagte nie behauptet hat, daß (auch) die zweite Presseinformation gegen ihren Willen oder ohne ihr Wissen versandt worden sei, ist auch ihr die dort enthaltene Drohung einer Provisionskürzung zuzurechnen. Zu Unrecht stellt der Revisionsrekurs auch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin in Abrede. Weder aus der nur teilweisen Anfechtung des erstrichterlichen Beschlusses noch aus der Fassung des Spruches kann auf ein Fehlen eines rechtlichen Interesses der Klägerin geschlossen werden. Daß die Klägerin nur das Verbot der Ankündigung, nicht aber auch der Durchführung der Provisionskürzung begehrt hat, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, liegt doch das sittenwidrige, von der Klägerin beanstandete Verhalten gerade in dieser Ankündigung, welche die Wirkung einer Boykottaufforderung hatte; ob und wie weit dieser Ankündigung in der Folge tatsächlich entsprochen wurde, ist hingegen nicht entscheidend. Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelwerber gründet sich auf §§ 78, 402 Abs. 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 EO.

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