OGH 8ObA286/01v

OGH8ObA286/01v27.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dieter Fröhlich und Mag. Thomas Maurer-Mühlleitner in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger, Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Michael L*****, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 36.336,42), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. September 2001, GZ 9 Ra 316/01h-9, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. Juli 2001, GZ 33 Cga 133/01x-3, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Verfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden Beklagte) vereinbarte in seinem Dienstvertrag, dass er ein Jahr nach Ausscheiden aus dem Betrieb der Klägerin und gefährdeten Partei (im Folgenden Klägerin) in deren Geschäftszweig und Einzugsgebiet keine Tätigkeit ausüben werde. Für den Fall des Zuwiderhandeln wurde eine Konventionalstrafe vereinbart.

Im Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses zum 30. 4. 2001 wurde die Konkurrenzklausel dahin eingeschränkt, dass sie nur mehr für fünf bestimmte Kunden und damit verbundene Unternehmen gelten sollte. Bereits am 6. 5. 2001 verständigte der Beklagte die Klägerin davon, dass die freiberuflichen Techniker bei einem dieser Kunden seit 1. 5. 2001 für ein anderes Unternehmen und nicht mehr für die Klägerin arbeiten würden und sich auch der Kunde mit 1. 5. 2001 entschieden habe, die von der Klägerin bisher erbrachten IT-Leistungen nicht mehr von dieser in Anspruch zu nehmen. Bei einem Gespräch beim Kunden erklärte dann dieser der Klägerin, dass jenem Unternehmen die Aufträge erteilt werden, zu dem sich die bei diesem Kunden eingesetzten Techniker bekennen würden. Im Zuge der darauf folgenden Unterredung mit den Technikern teilten diese mit, dass sie wiederholt vom Beklagten darauf angesprochen wurden, für ihn zu arbeiten, versicherten jedoch - ausgenommen ein Arbeitnehmer - der Klägerin ihre zukünftige Loyalität.

Die Klägerin begehrt mit ihrem mit einer inhaltsgleichen Unterlassungsklage verbundenen Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung, es dem Beklagten bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, Personalbereitstellung im IT-Bereich, IT-Training und IT-Dienstleistungen bei den genannten Kunden anzubieten oder auszuführen. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen darauf, dass ihr Geschäftszweig in der Personalbereitstellung im IT-Bereich, IT-Training und IT-Dienstleistungen liege und der Beklagte als Projektleiter im Bereich der IT-Dienstleistungen bei den Kunden eingesetzt gewesen sei. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung habe er nicht nur seine Tätigkeit nach dem 30. 4. 2001 bei einem dieser Kunden nunmehr auf eigene Rechnung fortgesetzt, sondern darüberhinaus auch noch während des aufrechten Dienstverhältnisses Gespräche mit dem Kunden und den dort eingesetzten Technikern geführt, um diesen Kunden und die Techniker für sein eigenes Unternehmen abzuwerben. Bei diesen Gesprächen habe er den Technikern auch versichert, dass er den Kunden jetzt abgeworben habe und die Techniker ihre bisherigen Dienstleistungen nur mehr für den Beklagten erbringen könnten. Obwohl er von der Klägerin aufgefordert worden sei, seine Tätigkeit bei dem Kunden einzustellen, sei er dort weiter mit dem einen der Klägerin abgeworbenen Techniker tätig.

Insgesamt stelle sich das Verhalten des Beklagten als sittenwidrig dar, da er über den Bruch der mit der Klägerin vereinbarten Konkurrenzklausel hinaus planmäßig seinen eigenen Wettbewerb bzw den seines Unternehmens gefördert habe. Diesen Unterlassungsanspruch stützt die Klägerin auf § 1 UWG sowie auf jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund.

Das Erstgericht wies, nachdem es dem Beklagten eine von diesen nicht genutzte Frist zur Äußerung eingeräumt hatte, den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Es folgerte dabei rechtlich, ausgehend von den einleitend dargestellten Feststellungen, dass das Herantreten des Beklagten an die Techniker insofern unbeachtlich sei, da diese bis auf einen das Anbot ohnehin ablehnten und dies also kein Grund für den Kunden gewesen sein könne, die Dienstleistungen nicht mehr bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Insgesamt liege kein planmäßiges Vorgehen zum Vorteil des Beklagten also Nachteil der Klägerin im Sinne eines sittenwidrigen Verstoßes gegen § 1 UWG vor. Auch habe die Klägerin keine Gefahr im Sinn des § 381 EO bescheinigt.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Im Hinblick auf die vereinbarte Konventionalstrafe schloss es die Konkurrenzklausel als Anspruchsgrundlage gemäß § 37 Abs 3 AngG aus.

Aber auch § 1 UWG stelle keine ausreichende Anspruchsgrundlage dar. Zwar habe das Erstgericht "implizit" auch festgestellt, dass es dem Beklagten hinsichtlich der von ihm und dem anderen Kundendiensttechniker früher für die Klägerin verrichteten IT-Dienstleistungen per 1. 5. 2000 gelungen sei, den Kunden abzuwerben. Ob der Beklagte aber die zur erfolgreichen Abwerbung führenden Maßnahmen bereits vor diesem Tag, also noch während des aufrechten Arbeitsverhältnisses gesetzt habe, sei nicht maßgeblich. Es sei das Abwerben von Kunden eines Mitbewerbers nicht sittenwidrig, sondern nur dann, wenn verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt würden, etwa das Verleiten zum Vertragsbruch, die Beschaffung von Kundenlisten auf unlautere Weise, das Anschwärzen von Mitbewerbern oder die Anwendung irreführender Praktiken. Es finde sich aber auch in den Behauptungen der Klägerin dafür kein Ansatz. Dass der Beklagte den Kunden bereits während des aufrechten Dienstverhältnisses abgeworben habe, sei nicht ausreichend. Während des aufrechten Dienstverhältnisses gelte nicht die vereinbarte Konkurrenzklausel, sondern das in § 7 Abs 1 AngG normierte Konkurrenzverbot. Bloße Vorbereitungen auf eine erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses konkret einsetzende Konkurrenzierung bildeten jedoch keinen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass dann, wenn der Verstoß gegen die Konkurrenzklausel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG bilde dies auch für einen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot nach § 7 AngG gelten müsse. Ansätze dafür, dass der Beklagte über den Vertragsbruch hinaus den Wettbewerb des neuen Dienstgebers gefördert hätte, lägen nicht vor.

Die Frage des Abwerbens der anderen Mitarbeiter könne dahingestellt bleiben, da die Klägerin ein dahingehendes Unterlassungsbegehren gar nicht gestellt habe.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Berufungsgericht als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und auch berechtigt.

Es ist hier davon auszugehen, dass dem Beklagten vor Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung Gelegenheit zur Stellungnahme ("Einvernahme") im Sinne des § 402 Abs 2 EO geboten wurde. Daher ist auch gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 402 Abs 1 EO letzter Satz der Revisionsrekurs nicht jedenfalls unzulässig. Die vom Beklagten gegen die Zustellung an seine Wiener Wohnung geltend gemachten Bedenken wurden nicht bescheinigt. Die Einvernahme der Zusteller hat ebenso wie die vorgelegte eidesstättige Erklärung sowie Bestellungen des Beklagten Hinweise auf die Anwesenheit des Beklagten an der Abgabestelle ergeben.

Die Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses ergibt sich daraus, dass das Rekursgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Nach § 1 UWG kann jemand, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Passiv klagslegitimiert ist dabei jeder "Störer", also auch der durch eine Konkurrenzklausel gebundene Arbeitnehmer (vgl Reissner, Die arbeitsrechtliche Konkurrenzklausel, 251 mwN; allgemein Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22, 338; OGH 12. 11. 1979, 4 Ob 379/79 = DRdA 1980, 383 ua). Dieser deliktische Anspruch ist von jenem unmittelbar aus der Konkurrenzklausel auf Unterlassung zu unterscheiden (vgl Reissner aaO, 251, ebenso Rummel in der Entscheidungsbesprechung DRdA 1980, 386; Kuderna in FS Weissenberg, Wettsbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen durch eine Konkurrenzklausel gebundene Arbeitnehmer, 288; Reissner, aaO 251). Dementsprechend bleibt auch ein auf § 1 UWG gestützter Unterlassungsanspruch, jedenfalls dann, wenn es sich um ein einheitlich qualifiziertes Verhalten handelt (vgl dazu Reissner aaO, 251, Kuderna aaO, 296), von der durch § 37 Abs 3 AngG vorgesehenen Einschränkung für Unterlassungsansprüche, die sich allein auf die Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen aus der Konkurrenzklausel stützen, unberührt (vgl dazu RIS-Justiz RS0107764, mwN = 4 Ob 2358/96k, 8 ObA 260/98p).

Die bloße Verletzung einer Konkurrenzklausel allein begründet noch keinen Anspruch nach dem UWG. Dieser wird vielmehr nur dann bejaht, wenn zur Verletzung weitere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände hinzukommen (vgl etwa OGH 12. 11. 1979 DRdA 1980/18 [Rummel] etwa zuletzt OGH 23. 2. 1999, 4 Ob 36/99v mwN). Diese sind aber auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer zur Vorbereitung des gegen die Konkurrenzklausel verstoßenden Verhaltens bereits während aufrechten Dienstverhältnisses die von ihm für seinen Arbeitgeber betreuten Kunden im eigenen Interesse abwirbt, um seine Tätigkeit als selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter einer von ihm geplanten Gesellschaft vorzubereiten (vgl RIS-Justiz RS0031669 = 4 Ob 103/94, 4 Ob 2358/96k, 4 Ob 36/99v). Dieses Verhalten ist im Zusammenhang zu sehen. Es stellt einen zweifachen Pflichtverstoß dar. Daher kann auch nicht daraus, dass allein aus dem Verstoß gegen die Konkurrenzklausel noch kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch abgeleitet werden kann, geschlossen werden, dass dies auch für den zweifachen Verstoß gilt.

Insgesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren zu klären sein, ob der Beklagte tatsächlich in Vorbereitung seiner konkurrenzierenden Tätigkeit bereits während des Dienstverhältnisses Abwerbungsgespräche mit dem Kunden geführt hat.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 402, 78 EO, 52 ZPO.

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