OGH 8ObA259/01y

OGH8ObA259/01y27.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dieter Fröhlich und Mag. Thomas Maurer-Mühlleitner als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Elfriede G*****, und

2.) Rosa S*****, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Stabauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen zu 1.) EUR 3.054,49 brutto sA und Feststellung (Streitwert EUR 6.197,51), zu 2.) EUR 2.500,11 brutto sA und Feststellung (Streitwert EUR 5.932,57), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Juli 2001, GZ 12 Ra 210/01s-46, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. März 2001, GZ 11 Cga 127/98g-40, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Revisionsverfahren wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über den in der Revision enthaltenen Ablehnungsantrag der klagenden Parteien betreffend den Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. P***** unterbrochen.

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz mit dem Auftrag zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag der klagenden Parteien zurückgestellt.

Text

Begründung

Eingangs ihrer das klagsabweisende Berufungsurteil bekämpfenden Revision brachten die Klägerinnen vor, es sei der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO gegeben, weil an der angefochtenen Entscheidung der im Spruch genannte Richter mitgewirkt habe, der nach § 20 Z 2 JN von der Ausübung des Richteramtes in diesem Verfahren ausgeschlossen gewesen sei. Die Ehegattin dieses Richters sei in der Funktionsperiode 1999-2004 als Versicherungsvertreter Mitglied der Generalversammlung der Beklagten. Zu den Aufgaben der Generalversammlung gehöre gemäß § 434 ASVG unter anderem die Beschlussfassung über den Jahresabschluss sowie über den Jahresbericht des Vorstandes und über dessen Entlastung. Die Ehegattin des Richters sei somit Mitglied des höchsten Entscheidungsgremiums der Beklagten. Dieser Umstand sei den Klägerinnen erst nach Zustellung des angefochtenen Urteils bekannt geworden. Hilfsweise werde der Richter gemäß § 19 Z 2 JN wegen Befangenheit abgelehnt.

Rechtliche Beurteilung

Es ist zweckmäßig, vor Entscheidung über die geltend gemachte Nichtigkeit die Beschlussfassung über die Ablehnung des Richters wegen Befangenheit durch den gemäß § 23 JN zuständigen Gerichtshof herbeizuführen.

Die Ablehnung eines Richters ist auch noch nach Schluss der Verhandlung und nach Urteilsfällung, aber nicht mehr nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens zulässig. Werden erst im Rechtsmittelverfahren Gründe bekannt, die die Ablehnung eines Richters der unteren Instanz rechtfertigen würden, dann müssten sie mittels Ablehnungsantrags, der auch in den Rechtsmittelschriftsatz aufgenommen werden kann, geltend gemacht werden. Das Rechtsmittelverfahren ist sodann bis zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag durch die dafür zuständige Unterinstanz zu unterbrechen (9 ObA 277/92; ÖBl 1977, 76; 1 Ob 26/02h; Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 21 JN; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 477). Der Ansicht Faschings (Lehrbuch2 Rz 161), die Ablehnung müsse mit "besonderem Antrag" beim Gericht unterer Instanz geltend gemacht werden, wird ebensowenig beigetreten wie der Meinung Ballons (in Fasching I2 Rz 3 zu § 21 JN), ein erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung oder nach Urteilszustellung bekannt gewordener Befangenheitsgrund könne nurmehr im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden, über diesen Antrag habe nicht der Ablehnungssenat der unteren Instanz zu entscheiden. Es genügt, in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von Kodek (aaO) sowie auf den Text des § 23 JN zu verweisen (1 Ob 26/02h).

Stichworte