Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Meistbotsverteilungsbeschluss wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei ist schuldig, der Revisionsrekurswerberin die mit 1.084 Euro (darin 166,81 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Strittig ist bei der Verteilung des Meistbots von 3 Mio S aus der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft die Zuteilung an eine näher bezeichnete, der Zwangsversteigerung beigetretene Pfandgläubigerin, zu deren Gunsten zu C-LNR 10 (TZ 2031/86) unter Einräumung eines Vorrangs aufgrund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom 13. März 1986 das Pfandrecht für eine Forderung von 279.400 S samt 9 %, 14 % Verzugszinsen, 10 % Zinseszinsen und eine Nebengebührensicherstellung von 41.900 S einverleibt ist. Die Pfandgläubigerin meldete mit Schriftsatz ON 38 eine Forderung von 185.942,18 S aus dem Darlehenskonto 415889901-2 an; der Anmeldung waren die Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 13. März 1986 in nicht beglaubigter Fotokopie mit dem Aufdruck TZ 2031/86 sowie eine firmenmäßig gefertigte, 36seitige Aufstellung der Kontobewegungen im Original angeschlossen.
In der Meistbotsverteilungstagsatzung hielt die Erstrichterin fest, dass dieser schriftlichen Forderungsanmeldung die Originalurkunden nicht beigelegt seien. Die Pfandgläubigerin erklärte hierauf, sie könne nur eine Kopie der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vorlegen, weil sich deren Original in der Urkundensammlung befinde, und berief sich auf die Urkunde in der Urkundensammlung. Weiters meldete sie Kosten der Meistbotsverteilungstagsatzung von 10.934,80 S an, die nach Punkt 16. der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde von den Verpflichteten zu tragen sind.
Die mit ihrer Forderung nachrangig sichergestellte betreibende Partei erhob Widerspruch, weil die Forderung nicht durch Originalurkunden nachgewiesen worden sei.
Die Erstrichterin wies den Widerspruch der betreibenden Partei ab und wies aus dem Meistbot in der bücherlichen Rangordnung zu III.2 der Pfandgläubigerin 196.877,06 S zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu. Zwar sei der Widerspruch der betreibenden Partei nach § 213 Abs 1 EO zulässig, weil die betreibende Partei durch den Ausfall des bestrittenen Rechts zum Zug gekommen wäre; er sei jedoch nicht berechtigt, weil die der Eintragung im Hauptbuch zugrundeliegenden Urkunden jedenfalls dann zu berücksichtigen seien, wenn der Gläubiger auf die in der Urkundensammlung erliegenden Urkunden verweise.
Das Rekursgericht änderte den erstinstanzlichen Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass dem Widerspruch der betreibenden Partei stattgegeben und der Pfandgläubigerin aus dem Meistbot nichts zugewiesen wurde. Denn die Pfandgläubigerin sei der ihr durchaus zumutbaren Verpflichtung zur Vorlage zumindest einer beglaubigten Fotokopie der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde nicht nachgekommen; die bloß in nicht beglaubigter Fotokopie vorliegende Urkunde sei der Verteilung nicht zugrunde zu legen. Auch eine Zuweisung bis zur Höhe des aus dem Grundbuch ersichtlichen Kapitalsbetrags komme nicht in Betracht, weil dem Grundbuch nur zu entnehmen sei, dass ein Pfandrecht bestehe, nicht aber auch, dass die durch das Pfandrecht sichergestellte Forderung noch nicht erloschen sei, ob also eine sogenannte forderungsentkleidete Hypothek vorliege. Nur ordnungsgemäß angemeldete Forderungen seien somit bei der Verteilung zu berücksichtigen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der zweiten Instanz unter Hinweis auf die Entscheidung 3 Ob 15/01d nachträglich zugelassene Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin ist zulässig und berechtigt.
Mit Bundesgesetz vom 11. Juli 2000 BGBl I 2000/59 (EO-Nov 2000) wurden auch die somit diesem Verfahren zu Grunde zu legenden Bestimmungen der §§ 209 ff EO über die Meistbotsverteilungstagsatzung und die Meistbotsverteilung teilweise geändert. Gemäß seinem Art III Abs 1 trat dieses Bundesgesetz - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - mit 1. Oktober 2000 in Kraft und ist auf Exekutionsverfahren anzuwenden, in denen der Exekutionsantrag nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist. Tritt - wie hier - der betreibende Gläubiger einem anhängigen Versteigerungsverfahren bei, so ist dieses Bundesgesetz nur anzuwenden, wenn der Exekutionsantrag des führenden betreibenden Gläubigers nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist (8 Ob 271/00m). Da hier der Exekutionsantrag des führenden betreibenden Gläubigers vorher, nämlich bereits am 15. September 2000 bei Gericht einlangte, sind die Bestimmungen der EO idF vor der EO-Nov 2000 (im Folgenden nur EO aF) anzuwenden.
Gemäß § 210 EO aF haben die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen zur Meistbotsverteilungstagsatzung die zum Nachweis der Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich dieselben nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, widrigens ihre Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem öffentlichen Buche, den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen.
Im vorliegenden Fall sind nun zwei, von der Pfandgläubigerin bereits mit der schriftlichen Anmeldung ON 38 vorgelegte Urkunden zu beurteilen, nämlich einerseits eine firmenmäßig gefertigte Originalaufstellung, in der alle Bewegungen auf dem Darlehenskonto der beide Verpflichteten in Form einer Kontoentwicklung mit aufgelaufenen Zinsen und vorgenommenen Tilgungen nachzuvollziehen sind, die somit der Formvorschrift des § 210 EO aF unzweifelhaft entsprach und deren Richtigkeit von der in der Verteilungstagsatzung Widerspruch erhebenden betreibenden Partei auch gar nicht bestritten wurde. Die zweite Urkunde war die bloß in nicht beglaubigter Fotokopie vorgelegte Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 13. März 1986 mit dem Antrag auf Einverleibung des Pfandrechts im erstgerichtlichen Grundbuch. Wie sich aus dem Aufdruck der betreffenden Tagebuchzahl TZ 2031/86 darauf ergibt und auch von der Widerspruchswerberin gar nicht bestritten wurde, erliegt das Original der Urkunde in der Urkundensammlung des erstgerichtlichen Grundbuchs. Zwar befreit der Umstand, dass eine Urkunde bei einem anderen Gericht vorgelegt wurde, den Gläubiger nicht von der in § 210 EO normierten Verpflichtung, spätestens bei der Verteilungstagsatzung diese Urkunde in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen (3 Ob 11/95 = SZ 69/285 mwN aus der Rsp). Das Gericht ist also nicht verpflichtet, zum Nachweis eines Anspruchs dienende Urkunden in der Urkundensammlung oder in anderen gerichtlichen Akten aufzusuchen; dies gilt aber jedenfalls nur dann, wenn es sich - anders als hier - um erst beizuschaffende Akten eines anderen Gerichts handelt (SZ 69/285). Bei dieser Sachlage ist die Vorgangsweise des Erstgerichts zu billigen, das - folgend der Entscheidung ZBl 1931/180 - die Verweisung des beigetretenen Pfandgläubigers, der eine Fotokopie der in der Urkundensammlung des Grundbuchs dieses Gerichts erliegenden Urkunde vorgelegt hatte, auf diese Originalurkunde zur Einhaltung der Formvorschrift als ausreichend ansah (ebenso Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 210, 211 Rz 7). Hiebei ist noch hervorzuheben, dass die betreibende Gläubigerin in ihrem Widerspruch die Übereinstimmung der in Fotokopie vorgelegten Urkunde mit dem Original gar nicht bestritten und sich nur auf die Formalvorschrift des § 210 EO aF berufen hat. Schon deshalb war der erstinstanzliche Verteilungsbeschluss wiederherzustellen, weil die Anmeldung der Pfandgläubigerin im vorliegenden Fall als ordnungemäß anzusehen ist. Auf die Fragen der Folgen einer fehlenden oder mangelhaften Anmeldung - der erkennende Senat hatte ua in seiner Entscheidung 3 Ob 15/01d ausgesprochen, ein Buchberechtigter dürfe bei einer mangelhaften Anmeldung nicht schlechter gestellt werden als einer, der überhaupt nicht angemeldet habe - ist daher nicht mehr einzugehen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO. Bei einem durch den Widerspruch einer Partei im Rahmen des Meistbotsverteilungsverfahrens ausgelösten Zwischenstreit sind für die Kostenentscheidung nicht die Grundsätze des Jud 201, sondern die Vorschriften der ZPO maßgebend (RIS-Justiz RS0107415). Die von der betreibenden Partei erstattete Beantwortung des Revisionsrekurses ist zurückzuweisen, weil es sich nicht um einen im Gesetz vorgesehenen Fall eines zweiseitigen Revisionsrekurses handelt.
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