OGH 8ObA149/01x

OGH8ObA149/01x18.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Herbert Bernold und Dr. Ernst Galutschek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael B*****, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Georg Freimüller, Rechtsanwalt, 1080 Wien, Alser Straße 21, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F***** Gesellschaft mbH (*****) wegen Feststellung (Streitwert EUR 6.953,96 netto), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Februar 2001, GZ 7 Ra 12/01p-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. August 2000, GZ 10 Cga 74/00z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war ab 1. 4. 1990 als technischer Angestellter bei der nunmehrigen Gemeinschuldnerin beschäftigt, wobei ihm Vordienstzeiten seit 8. 8. 1983 angerechnet wurden. Seit 26. 6. 1990 war er Prokurist.

Mit Beschluss vom 1. 3. 1999 wurde über das Vermögen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Am 22. 3. 1999 bewilligte das Konkursgericht die Schließung des Unternehmensteiles, in dem der Kläger arbeitete. Mit Schreiben vom 26. 3. 1999 erklärte der Kläger den vorzeitigen Austritt und meldete im Insolvenzverfahren seine beendigungsabhängigen Ansprüche an. Gleichzeitig beantragte er hinsichtlich derselben Beträge beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld. In der Prüfungstagsatzung am 4. 5. 1999 anerkannte der Masseverwalter angemeldete Forderungen des Klägers im Gesamtbetrag von ATS 423.458,57 netto und bestritt einen Betrag von ATS 95.688,51 netto. Mit Beschluss vom 4. 5. 1999 wurde daraufhin dem Kläger für die Geltendmachung der bestrittenen Ansprüche eine Frist von zwei Monaten gesetzt.

Mit seiner am 23. 3. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Feststellung des vom Masseverwalter bestrittenen Anspruchs als Konkursforderung und brachte vor, sein Dienstverhältnis sei durch berechtigten vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO beendet worden. Die Bestreitung durch den Masseverwalter sei zu Unrecht erfolgt. Der Kläger habe die Ansprüche nicht nur im Insolvenzverfahren angemeldet, sondern sie auch fristgerecht gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen geltend gemacht, sodass Präklusion nicht habe eintreten können. Der Kläger habe bei der späteren Gemeinschuldnerin in einem sehr eingeschränkten Tätigkeitsbereich gearbeitet, weshalb es ihm trotz ständiger Bemühungen nicht möglich gewesen sei, nach seinem Austritt eine andere Beschäftigung zu finden.

Der Beklagte wendete ein, dass der Kläger ausschließlich Ersatzansprüche wegen vorzeitigen Austritts im Sinn des § 29 AngG geltend mache, sodass die Klage innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 34 AngG zu erheben gewesen wäre. Diese Frist sei zwar gemäß § 9 Abs 2 KO für die Dauer der dem Kläger vom Konkursgericht eingeräumten Klagsfrist gehemmt gewesen, doch sei die Klage erst lange nach dieser Frist, nämlich am 20. 3. 2000, bei Gericht eingebracht worden, sodass Präklusion eingetreten sei. Darüber hinaus stünden dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auch deshalb nicht zu, weil es absolut unglaubwürdig erscheine, dass er zwischen 27. 3. 1999 und 30. 9. 1999 keinerlei Beschäftigung habe finden können. Der Kläger sei 35 Jahre alt und bestens ausgebildet, sodass er auf dem Arbeitsmarkt leicht zu vermitteln gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass alle Ansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses gemäß § 34 AngG binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen seien. Gemäß § 9 Abs 2 KO sei diese Frist bis einschließlich 4. 7. 1999 gehemmt gewesen. Der Zeitpunkt der Klagseinbringung am 23. 3. 2000 liege außerhalb der gesetzlichen Frist.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Gemäß § 9 Abs 2 KO stehe dem Gläubiger jedenfalls die Zeit bis zum Ablauf der gesetzten Klagefrist offen, ohne dass er Verjährung oder Präklusion seines Anspruchs befürchten müsse. Die lange nach Ablauf dieser Frist eingebrachte Klage liege außerhalb der auch im Falle eines vorzeitigen berechtigten Austritts des Dienstnehmers gemäß § 25 KO geltenden Ausschlussfrist des § 34 AngG, sodass die damit erhobenen Ansprüche präkludiert seien.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Wird ein Anspruch - wie hier - bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tag der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruchs bestimmten Frist als gehemmt (§ 9 Abs 2 KO). Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Ablaufhemmung (ZIK 1998, 63; ZIK 2000, 58; 1 Ob 115/00v ua). Eine Unterbrechung der Verjährung tritt insoweit nicht ein. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Anordnung der Hemmung des § 9 Abs 2 KO nicht nur auf Verjährungsfristen im eigentlichen Sinn, sondern auch auf Präklusivfristen genauso analoge Anwendung finden muss, wie nach einhelliger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch die Bestimmung des § 1497 ABGB analog auf Ausschlussfristen, so auch jene des § 34 AngG anzuwenden ist (ZIK 1998, 63). Auch in diesem Fall soll die Bestimmung des § 9 Abs 2 KO im Sinn einer Ablaufhemmung lediglich sicherstellen, dass der Anspruch vor Ablauf der Klagefrist nach § 110 Abs 4 KO nicht verloren geht. Die durch die Anmeldung der Forderung und die darauf folgende Bestreitung eingetretene Hemmung der Präklusion erlischt jedoch und die vorher begonnene Frist läuft weiter, wenn nicht innerhalb der nach § 110 Abs 4 KO zu bestimmenden Frist die Forderung durch die gehörig fortgesetzte Prüfungsklage geltend gemacht wird (JBl 1978, 434; 10 Ob 269/99b). Im Gegensatz zur Ausschlussfrist des § 34 Abs 1 AngG ist die Frist des § 110 Abs 4 KO keine Präklusivfrist, sondern eine verfahrensrechtliche Frist. Ihre Versäumung zieht zwar die in der KO angeführten Folgen nach sich (keine Berücksichtigung bei der Verteilung [§ 131 Abs 3], kein Gleichstellungsanspruch [§ 134 Abs 2], keine Notwendigkeit der Zustimmung bei Aufhebung des Konkurses [167 Abs 2]), hat aber für sich noch nicht den Anspruchsverlust zur Folge (1 Ob 115/00v).

Den Vorinstanzen ist zwar darin zuzustimmen, dass die für Ersatzansprüche wegen vorzeitigen Austritts im § 34 Abs 1 AngG normierte sechsmonatige Ausschlussfrist, die ab dem auf die Austrittserklärung folgenden Tag zu berechnen ist (Abs 2), vor Klagseinbringung abgelaufen war, sie haben jedoch übersehen, dass der Kläger innerhalb dieser Frist gleichzeitig mit der Forderungsanmeldung im Konkurs beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Antrag gestellt hat, ihm unter anderem auch für die hier strittigen Ansprüche Insolvenz-Ausfallgeld zu bezahlen. Gemäß § 7 Abs 1 letzter Satz IESG werden durch den fristgerechten Antrag im Sinn des § 6 Abs 1 IESG Verjährungs- und Verfallsfristen unterbrochen. Eine entsprechende Antragstellung bildet somit einen Unterbrechungsgrund, durch dessen Schaffung der Gesetzgeber erreichen wollte, dass eine zusätzliche Klage des Arbeitnehmers zur Wahrung solcher Fristen entbehrlich werde (738 BlgNR 18. GP, 6; EvBl 1994/166).

Da die Vorinstanzen die Anordnung des § 7 Abs 1 letzter Satz IESG nicht beachtet haben, ist der Revision im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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